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Die Arabische Reise auch Reise nach Arabien des Mathematikers und Kartographen Carsten Niebuhr und seiner Kollegen in den Jahren von 1761 bis 1767 war die erste wissenschaftlich begrundete und konzipierte Expedition in die Lander des arabischen und vorderasiatischen Raums Sie beruhte auf einer Idee und einer Konzeption des Gottinger Orientalistik Professors Johann David Michaelis der dabei auch drei seiner fruheren Arabisch Studenten in die Teilnehmer Gruppe berief Finanziert wurde die Reise durch den danischen Konig Die Reise fuhrte von Kopenhagen mit dem Schiff nach Konstantinopel und Kairo von dort in den Jemen und bis nach Indien Als einziger Uberlebender kam Carsten Niebuhr nach Kopenhagen zuruck der auf der Basis seiner eigenen Aufzeichnungen und der seiner Mitreisenden in mehreren Publikationen das Wissen Europas uber den Orient vermehrte Carsten Niebuhr in Arabien Inhaltsverzeichnis 1 Idee und Konzeption 1 1 Teilnehmer 2 Verlauf der Reise 3 Ergebnisse 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseIdee und Konzeption Bearbeiten nbsp Niebuhr Kriegsubungen der Araber in Yemen nbsp Aus dem Fragenkatalog von Michaelis 1762Johann David Michaelis beschaftigte sich als Professor an der Philosophischen Fakultat der Universitat Gottingen in Lehre und Forschung mit der hebraischen und der arabischen Sprache Obwohl er nicht der Theologischen Fakultat angehorte betrachtete er es als wesentliches Ziel seiner Tatigkeit ein tieferes Verstandnis fur die biblischen Texte des Alten Testaments zu entwickeln Dem Geist seiner Zeit folgend versuchte er sein Wissen durch empirische Forschung also durch Abgleichung mit der Realitat zu erweitern und sich von der reinen Buchweisheit zu losen Bei der Erforschung des Alten Testaments gab es verschiedene Schwierigkeiten mit der Deutung von Vokabeln die sich auf die materielle Kultur und die Lebensverhaltnisse des alten Orients bezogen wie auf Geratschaften des taglichen Lebens aber auch auf Architektur Botanik und Zoologie Vorschriften uber die Reinheit und Unreinheit bestimmter Tierarten zum Beispiel aus dem 5 Buch Mose konnten nur dann verstanden werden wenn man die Tierwelt des Orients kannte Es ist uberliefert dass Michaelis Gottinger Professoren der Naturwissenschaften schriftlich nach den Eigenarten bestimmter Tierarten befragte um biblische Textstellen besser zu verstehen 1 Diese Vorgehensweise war fur die damalige Philologie und Theologie geradezu revolutionar Zusatzlich war man im 18 Jahrhundert der Auffassung dass die Kultur des Orients deutlich weniger dynamisch war als die Kultur Europas die damals durch die Aufklarung massive Fortschritte in den Naturwissenschaften und beginnende Industrialisierung gepragt war Die europaische Wissenschaft ging davon aus dass die Kultur des Orients noch die Kultur der biblischen Erzvater und des Propheten Mose reprasentierte man dort also durch blosse Anschauung die Welt des Alten Testaments erforschen konne Im Jahre 1753 entwickelte Michaelis die Idee eine Expedition von Fachleuten verschiedener Disziplinen in die Lander des Vorderen Orients zu schicken damit sie dort die Fragen klaren konnten die die Wissenschaft beschaftigten Zu diesem Zweck stellte Michaelis einen Fragenkatalog zusammen der moglichst viele dieser Problemstellungen abdeckte Dazu forderte er Wissenschaftler in ganz Europa auf weitere Fragen einzureichen Das nahm so viel Zeit in Anspruch dass der vollstandige Katalog mit hundert Fragen der Expedition in mehreren Teilen erst wahrend der Reise ubermittelt werden konnte Der Fragenkatalog erschien zusammen mit den Anweisungen die der danische Konig den Teilnehmern gegeben hatte im Jahre 1762 im Druck und wurde in den nachsten Jahren in andere europaische Sprachen ubersetzt 2 Michaelis war damals ein in ganz Europa anerkannter Wissenschaftler So gelang es ihm im Jahre 1756 den aus Hannover stammenden danischen Staatsminister Johann Hartwig Ernst von Bernstorff fur den Plan einer wissenschaftlich motivierten Orient Expedition zu gewinnen Dieser sorgte dafur dass der danisch norwegische Konig Friedrich V die Finanzierung ubernahm nbsp Ideengeber Johann David Michaelis nbsp Unterstutzer Graf Johann Hartwig Ernst von Bernstorff nbsp Erster Finanzier Konig Friedrich V von Danemark und Norwegen nbsp Zweiter Finanzier Konig Christian VII von Danemark und NorwegenTeilnehmer Bearbeiten Professor Friedrich Christian von Haven 1727 1763 als Philologe und Kenner der arabischen Sprache Professor Peter Forsskal 1732 1763 als Zoologe und Botaniker Doktor Christian Carl Cramer 1732 1764 als Arzt Georg Wilhelm Baurenfeind 1728 1763 als Zeichner und Kupferstecher Carsten Niebuhr 1733 1815 als Mathematiker und Kartograph Berggren 1763 ein schwedischer Dragoner als DienerDie Expeditionsteilnehmer von Haven Forsskal und Niebuhr hatten bereits in Gottingen bei Michaelis Arabisch studiert Cramer und Baurenfeind sowie der Diener Berggren stiessen in Danemark kurz vor Reisebeginn zur Gruppe nbsp Carsten Niebuhr Mathematiker und Kartograph nbsp Peter Forsskal Zoologe und Botaniker nbsp Georg Wilhelm Bauernfeind Zeichner und KupferstecherVerlauf der Reise BearbeitenDie Expedition begann mit einer Reise auf dem danischen Kriegsschiff Gronland von Kopenhagen durch Ostsee Nordsee Atlantik und Mittelmeer nach Konstantinopel Dort gab es erste Unstimmigkeiten in der Gruppe die per Korrespondenz mit Kopenhagen geklart wurden da die Gruppe keinen Leiter hatte Alle Expeditionsteilnehmer waren gleichberechtigt so musste die danische Regierung Anweisungen per Post schicken Bald fuhr die Gruppe nach Kairo weiter Hier gab es weitere Fragen mit Kopenhagen zu klaren Dies nahm jedoch rund zwei Jahre in Anspruch einen Zeitraum den die Gruppe fur Forschungen Aufzeichnungen und Vermessungen in Unteragypten und auf dem Sinai nutzte sowie fur den Ankauf wertvoller Handschriften in verschiedenen Sprachen und Schriften Danach ging es per Schiff weiter nach Dschidda und al Luhayya im Jemen Von dort reiste die Gruppe uber Land nach Bayt al Faqih das als Ausgangspunkt fur Forschungen und Vermessungen verwendet wurde Hier machten sich bei den Reisenden die ersten Krankheitserscheinungen bemerkbar Sie litten an Fieber Magenkrampfen und Erbrechen Keiner der Reisenden auch nicht der Arzt Cramer konnte die Malaria diagnostizieren Niebuhr spricht in seinen Erinnerungen von Erkaltungen nbsp Jacques Nicolas Bellin Karte der Hafenstadt Mokka 1764 nbsp Carsten Niebuhr Haus in SanaaAm 25 Mai 1763 starb Friedrich Christian von Haven in Mokka an Malaria Peter Forsskal starb sechs Wochen spater am 10 Juli in Yarim auf dem Weg nach Sanaa Vier der Reisenden kamen schwerkrank in der Hauptstadt an Hier wurden sie freundlich und fursorglich empfangen und erhielten eine Audienz beim Imam Ihnen wurde erlaubt ein ganzes Jahr als Gaste des Herrschers zu bleiben sie zogen es aber vor so schnell wie moglich aus der gefahrlichen Region aufzubrechen und nach Mokka zu reisen wo in gewissen Abstanden englische Schiffe auf dem Weg nach Indien anlegten Sie erreichten auch tatsachlich das letzte Schiff das in diesem Jahr noch nach Indien abfuhr Aber die Krankheit liess sie nicht los Auf dem Schiff starb am 29 August Georg Wilhelm Baurenfeind am 30 August der Diener Berggren Im September 1763 gingen Niebuhr und Cramer in Bombay von Bord Sie wohnten dort in einem komfortablen Haus und wurden von einem englischen Arzt behandelt Trotzdem starb Christian Karl Cramer am 10 Februar 1764 Im Herbst des Jahres fuhlte sich Niebuhr gesund genug um seine Reise fortzusetzen Trotz seiner schlimmen Erfahrungen wollte er den Forschungsauftrag nun allein ausfuhren und reiste tatsachlich uber Land nach Westen Seine Erfahrungen bewogen ihn aber nun zu einer grundlegenden Anderung Er nahm Abstand von europaischen Handlungsweisen und Attituden und erkannte dass er sich an die Gegebenheiten der Lander durch die er reiste anpassen musste Er kleidete sich wie ein Einheimischer nahm die einheimischen Gebrauche an und benahm sich diskret So nahm er auch nicht mehr wie fruher jeweils Kontakt mit den offiziellen Stellen in den jeweiligen Regionen auf sondern reiste unauffallig was sich als deutlich angenehmer und effizienter erwies Spater schrieb er dass die Weigerung der Reisegruppe sich den ortlichen Gegebenheiten anzupassen seiner Ansicht nach der Hauptgrund fur das Scheitern und die gesundheitlichen Probleme der Gruppe war Auch verlief der Umgang mit der einheimischen Bevolkerung und den ortlichen Behorden viel reibungsloser jedenfalls nicht schwieriger als in Europa Niebuhr schaffte es unter anderem umfangreiche Aufzeichnungen von der damals bereits beruhmten aber bisher nur unzureichend beschriebenen Ruinenstatte Persepolis der persischen Residenzstadt das wichtigste Denkmal des Orients zu machen Seine Kopien der persischen Keilschrift Denkmaler waren so aussagekraftig dass es 40 Jahre spater Georg Friedrich Grotefend gelingen sollte auf der Basis seiner Aufzeichnungen eine Ubersetzung vorzulegen die auf seinem kurz zuvor erfolgten Entzifferungsversuch der persischen Keilschrift beruhte Weihnachten 1765 kam Niebuhr nach Nadschaf im Januar 1766 nach Bagdad im Marz nach Mosul und im Juni nach Aleppo Hier in Syrien luftete Niebuhr sein Inkognito und nahm Kontakt mit dem danischen Konig auf Friedrich V war inzwischen gestorben auf dem Thron sass sein Sohn Christian VII Niebuhr bot dem Konig an das Katharinenkloster auf dem Sinai zu erforschen und den Nil aufwarts zu reisen Aber das wurde nicht gestattet Uber Zypern Jerusalem und Damaskus kehrte Niebuhr nach Konstantinopel zuruck Von Konstantinopel reiste er auf dem Landweg uber den Balkan nach Gottingen und von dort nach Kopenhagen Ergebnisse BearbeitenNiebuhr brachte seine Aufzeichnungen und die seiner Reisegefahrten mit nach Hause Im Jahre 1772 erschien der erste Reisebericht von Niebuhr unter dem Titel Beschreibung von Arabien dem zwei Jahre spater eine reich illustrierte Prachtausgabe Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Landern Kopenhagen 1774 1778 in drei Banden folgen sollte deren letzter Band Reise nach Syrien und Palastina jedoch erst nach seinem Tode 1837 in Hamburg herausgegeben wurde Diese Werke enthalten umfassende Darstellungen Karten und Abbildungen von den Landschaften und ihren Bewohnern sowie von Maschinen Munzen und Inschriften Daruber hinaus lieferte Niebuhr die ersten zuverlassigen Karten vom Roten Meer und dem Jemen Letztere waren uber 200 Jahre wichtiges Hilfsmittel fur die Erforschung des Landes Auch Niebuhrs Kopien von Inschriften in Altarabisch Hieroglyphen und Keilschrift waren fur die Wissenschaftler in Europa ausserst wertvoll Seine Werke wurden in den folgenden Jahren in verschiedene Sprachen ubersetzt so ins Englische Franzosische und Niederlandische Im Jahre 1775 veroffentlichte Niebuhr die zoologischen und botanischen Aufzeichnungen seines Kollegen Peter Forsskal der dadurch ebenfalls zu verdientem Ruhm kam Der Initiator der Reise der Gottinger Orientalist Johann David Michaelis war offenbar mit dem Ergebnis der Expedition nicht zufrieden Eine positive Reaktion auf die Ergebnisse von Niebuhr ist nicht uberliefert Aus seiner Autobiographie geht hervor dass er seine Idee nach dem Tode der meisten Expeditionsteilnehmer als gescheitert angesehen hatte Abgesehen von den Publikationen seiner Ergebnisse trat Niebuhr nach seiner Ruckkehr wissenschaftlich nicht mehr in Erscheinung Er machte eine Karriere in der danischen Verwaltung und starb 1815 in Meldorf in Dithmarschen Seine Messinstrumente sind heute im Dithmarscher Landesmuseum zu besichtigen Seine handschriftlichen Aufzeichnungen befinden sich in seinem Nachlass in der Universitatsbibliothek Kiel Literatur BearbeitenErnst Doblhofer Zeichen und Wunder Die Entzifferung verschollener Schriften und Sprachen Taschenbuchausgabe Munchen 1967 1 Auflage 1957 S 87ff Mirijam Hahnle Wann war Arabien Historische Zeiterfahrung im Kontext einer Forschungsreise 1761 1767 Dissertation Bohlau Verlag Koln 2021 S 462 ISBN 978 3 412 52400 5 Wolfgang Griep Durchs gluckliche Arabien In https www zeit de index Die Zeit 20 Dezember 2006 abgerufen am 30 Juni 2023 Carola Klaus Tilman Nagel Forschungsreisen nach Arabien In Tilman Nagel Hrsg Begegnung mit Arabien 250 Jahre Arabistik in Gottingen Gottingen 1998 Maurice Pope The Story of Decipherment From Egyptian Hieroglyphs to Maya Script Revised edition New York 1999 S 94ff ISBN 0 500 28105 X Fragen von Michaelis Johann David Michaelis Fragen an eine Gesellschaft Gelehrter Manner die auf Befehl Ihro Majestat des Koniges von Dannemark nach Arabien reisen Frankfurt am Main 1762 Digitalisat Veroffentlichungen von Niebuhr Beschreibung von Arabien Aus eigenen Beobachtungen und im Lande selbst gesammleten Nachrichten abgefasset Kopenhagen 1772 Digitalisat Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Landern 2 Bande Kopenhagen 1774 1778 Band 3 Reisen durch Syrien und Palastina Hamburg 1837Niebuhrs Publikationen der Arbeiten von Forsskal Descriptiones Animalium Avium amphiborum insectorum vermium quae in itinere orientali observavit Petrus Forskal 1775 Digitalisat in der Google Buchsuche Flora AEgyptiaco Arabica sive descriptiones plantarum quas per AEgyptum Inferiorem et Arabiam felicem detexit illustravit Petrus Forskal 1775Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Arabian expedition 1761 1767 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Carsten Niebuhr Quellen und Volltexte Wolfgang Griep Orient und Okzident Durchs gluckliche Arabien Die ZEIT 20 Dezember 2006Einzelnachweise Bearbeiten Zum Beispiel in dem Brief an Georg Christoph Lichtenberg von 1781 siehe Datei Michaelis Brief 1781 jpg Fragen an eine Gesellschaft Gelehrter Manner die auf Befehl Ihro Majestat des Koniges von Dannemark nach Arabien reisen Frankfurt M Johann Gottlieb Garbe 1762 franzosische Ausgabe auf www archive org Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arabische Reise Carsten Niebuhr amp oldid 235055974