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Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau ist ein Wahlkampfslogan der auf einem bekannten antikommunistischen Wahlplakat der Unionsparteien zur Bundestagswahl 1953 erschien Wahlplakat der CDU aus dem Jahr 1953 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Deutung 3 Entstehung und Vorlagen 4 Kritik 5 Nachwirkung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDas Plakat ist in zwei Teile geteilt wobei der obere etwa ein Drittel umfasst Oben ist der obere Teil des Kopfes eines Mannes dargestellt der eine Schirmmutze tragt die den Mutzen der Roten Armee ahnelt Auf ihr ist das rote Symbol Hammer und Sichel dargestellt Der Mann blickt den Betrachter mit starrem Blick an Im unteren Teil sind rote und graue Linien dargestellt die auf das Gesicht des Mannes als Fluchtpunkt zulaufen Quer zu den Linien befindet sich in zwei Zeilen und weisser Schrift der Slogan Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Darunter ist in einer eigenen Zeile der Slogan Darum CDU bzw Darum CSU 1 zu finden Deutung BearbeitenFur Angelika Plum ist die Darstellung des Feindes als ein uber den Horizont blickender Riese in ihrer Monumentalitat kaum zu steigern 2 Fur Hermann Burkhardt ruckt der Betrachter des Plakats an die Stelle des Opfers einer Maus eines kleinen hilflosen Tieres eines winzigen Menschleins das den Krallen und dem Maul eines ubermachtigen Ungeheuers ausgeliefert ist 3 Christoph Hamann sieht in der Uniformsmutze eine Symbol fur eine militaristische Gesellschaft 4 Fur Gerhard Paul sind zwei Deutungen der auf den Mann zufuhrenden Linien moglich Zum einen konnten sie darlegen dass der Marxismus unweigerlich in die Tiefe des Raums und damit in den Bolschewismus fuhre Zum anderen konnten sie auch als Bannstrahlen interpretiert werden die vom hypnotischen Blick des Mannes ausgingen Dieser Blick aktiviere daruber hinaus auch mit dem Sowjet System assoziierte Uberwachungs und Bespitzelungsangste 5 Auch fur Plum ziehen die Linien den Betrachter in den Bann des Mannes 2 Die vertikal zu den Linien angeordnete Schrift bildet Paul zufolge einen Riegel durch den die Union als einziger Hoffnungstrager gegen den kommunistischen Totalitarismus dargestellt wird 5 Diese Alternativlosigkeit wird auch mit dem Slogan betont der durch die Wendung Alle Wege die Programme von linksstehenden Parteien generell abwertet 6 Ziel war dabei vor allem die SPD die grosste Oppositionspartei Zudem sollte der Slogan die Angst vor dem Kommunismus Marxismus und der Sowjetunion auslosen Dies sei laut Fritz Hermanns jedoch nur moglich gewesen da diese Angst bereits in weiten Teilen der Bevolkerung vorgeherrscht habe und nur erneut aktiviert werden musste Zudem sei der Slogan auch als eine rationale Argumentation zu lesen Aus den beiden Pramissen Sozialismus fuhrt zu Stalinismus und Den Stalinismus wollen wir nicht liesse sich der logische Schluss folgern dass man eine Partei wahlen musse die den Sozialismus nicht wolle 7 Neben der Aussage dass eine SPD Regierung zu Verhaltnissen wie in der Sowjetunion fuhren wurde ist fur Gerd Muller auch die Interpretation moglich dass die SPD Verbindungen nach Moskau hat und von dort fremdbestimmt ist 8 Entstehung und Vorlagen Bearbeiten nbsp NS Propagandaplakat 1943 zum Massaker von Winnyzja Das Plakat soll von zwei Grafikern aus Wuppertal namens Bonk und Brandt auf Grundlage einer Propaganda Postkarte des Volksbundes fur Frieden und Freiheit entworfen worden sein Der Entwurf dieser Postkarte wiederum soll auf Eberhard Taubert und Rudolf Fust zuruckgehen die beide zuvor bereits fur die Propaganda der Nationalsozialisten tatig waren 5 9 Als weitere Vorlagen konnten zwei US amerikanische anti deutsche Kriegspropagandaplakate gedient haben 5 Zum einen das von Frederick Strothmann entworfene Plakat aus dem Ersten Weltkrieg Beat back the Hun with Liberty Bonds auf dem ein am Horizont lauernder deutscher Soldat mit Pickelhaube sowie blutverschmierten Handen und Bajonett die Welt bedroht 10 Zum anderen das von Glenn Grohe entworfene Plakat He s watching you aus dem Jahr 1942 auf dem der obere Teil des Kopfes eines stahlhelmtragenden Wehrmachtsoldaten zu sehen ist der den Betrachter mit starrem Blick fixiert 11 Gerhard Paul erinnert das Plakat daruber hinaus auch an ein nationalsozialistisches Propagandaplakat aus dem Jahr 1943 das das Massaker von Winnyzja als judisch kommunistisches Verbrechen darstellt Darauf ist uber dem Foto der exhumierten Leichen ein Mann zu sehen der mit einem Revolver direkt auf den Betrachter zielt Er tragt eine Mutze mit rotem Stern und hat die in der NS Propaganda typischen judischen Gesichtszuge 5 Angelika Plum sieht in den roten Linien Ahnlichkeiten zu den roten Sonnenstrahlen der japanischen Militarflagge Kyokujitsuki die haufig in anti japanischen Propagandaplakaten im Zweiten Weltkrieg verwendet wurden 2 Der Slogan des Plakats soll auf die Redewendung Alle Wege fuhren nach Rom zuruckgehen 12 Kritik BearbeitenKritik an dem Plakat richtet sich neben dem Missbrauch der Angst vor dem Bolschewismus fur parteipolitische Ziele auch gegen die Diffamierung der SPD durch die unterstellte Nahe zur Sowjetunion Dadurch wurde der antitotalitare Konsens der demokratischen Parteien der jungen Bundesrepublik in Frage gestellt 13 Diese Unterstellungen seien auch unwahr da die SPD zu dieser Zeit antikommunistischer gewesen sei als jemals zuvor und sich darin auch nicht von anderen Parteien habe ubertreffen lassen 14 Allerdings beseitigte die SPD erst 1959 mit dem Godesberger Programm die letzten marxistischen Bezuge aus ihrer Programmatik Nachwirkung BearbeitenDas Plakat und der Slogan entfalteten ihre Wirkung uber den Bundestagswahlkampf 1953 hinaus So gingen der Slogan in die Alltagssprache und das Motiv in die Bildsprache der Bundesrepublik ein Zudem ist das Plakat haufig in Schulbuchern und Ausstellungen als Schlagbild der fruhen Bundesrepublik dargestellt 15 Friederike Hohn bezeichnet es als Ikone 16 Das Motiv wurde auch mehrfach adaptiert So verwendete die NPD 1972 ein sehr ahnliches Motiv auf einem ihrer Wahlplakate Der darauf dargestellte Mann hat ein anderes Gesicht und tragt eine russische Pelzmutze Der Slogan des Plakats lautet Verzicht ist Verrat sagte selbst Brandt 1963 Wehrt euch gegen die rote Gefahr NPD Es war damit gegen die Ostpolitik Willy Brandts gerichtet 15 Auch ein Cover des Spiegels aus dem Jahr 2007 adaptierte das Plakat Darauf ist der russische Prasident Wladimir Putin zu sehen der eine Pelzmutze tragt Die roten Linien wurden durch Gasrohre ersetzt Im Hintergrund sind Bohrturme und Tiefpumpen zu sehen Der Titel der Ausgabe ist Der Staat Gasprom Putins Energie Imperium 17 Am 16 Marz 2014 erschien auf der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung uber dem Aufmacher Moskau nimmt Ukraine in die Zange der sich mit der Annexion der Krim 2014 durch Russland beschaftigte ein Ausschnitt des Wahlplakats In derselben Ausgabe wurde neben dem Artikel Steinmeier grosse Illusion ein Bild Frank Walter Steinmeiers gezeigt in dessen Hintergrund sich grau rote Streifen ausbreiten Die Rheinische Post verwendete einen Ausschnitt des Plakats auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 14 Mai 2016 unter der Schlagzeile Russland greift im Netz an Hammer und Sichel wurden darauf durch die Flagge Russlands ersetzt 18 Literatur BearbeitenGerhard Paul Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Schlagbilder antikommunistischer Bildrhetorik In Gerhard Paul Hrsg Das Jahrhundert der Bilder 1949 bis heute Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2008 ISBN 978 3 525 30012 1 S 88 97 PDF bei der Karls Universitat Einzelnachweise Bearbeiten Bild des CSU Plakats bei der FU Berlin a b c Angelika Plum Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen Shaker Aachen 1998 ISBN 3 8265 4159 6 S 154 PDF bei der RWTH Aachen Hermann Burkhardt Politische Plakate Klett Schulgalerie Lehrerhilfe Band 5 Klett Stuttgart 1974 Zitiert in Gerhard Paul Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Schlagbilder antikommunistischer Bildrhetorik 2008 S 96 Christoph Hamann Fluchtpunkt Birkenau Stanislaw Muchas Foto vom Torhaus Auschwitz Birkenau In Gerhard Paul Hrsg Visual History Ein Studienbuch Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2006 ISBN 978 3 525 36289 1 S 283 302 hier 296 Digitalisat bei Google Books a b c d e Gerhard Paul Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Schlagbilder antikommunistischer Bildrhetorik 2008 S 90 Monika Toman Banke Die Wahlslogans der Bundestagswahlen 1949 1994 Springer Fachmedien Wiesbaden 1996 ISBN 978 3 8244 4189 1 S 161 Digitalisat bei Google Books Fritz Hermanns Slogans und Schlagworter In Jochen A Bar Thorsten Roelcke Anja Steinhauer Hrsg Sprachliche Kurze Konzeptuelle strukturelle und pragmatische Aspekte Walter de Gruyter Berlin 2007 ISBN 978 3 11 017542 4 S 459 478 hier 465 466 Digitalisat bei Google Books Gerd Muller Das Wahlplakat Pragmatische Untersuchung zur Sprache in der Politik am Beispiel von Wahlplakaten aus der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Max Niemeyer Verlag Tubingen 1978 ISBN 3 484 10307 8 S 204 Digitalisat bei Google Books Klaus Korner Erst in Goebbels dann in Adenauers Diensten In Die Zeit Nr 35 1990 online Bild bei Lebendiges Museum Online Bild beim Museum of Modern Art Wolfgang Mieder The Politics of Proverbs From Traditional Wisdom To Proverbial Stereotypes The University of Wisconsin Press Madison 1997 ISBN 0 299 15454 8 S 113 Digitalisat bei Google Books Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Wahlplakat der Christlich Demokratischen Union 1953 In Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern Abgerufen am 15 August 2018 Edgar Wolfrum Die gegluckte Demokratie Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfangen bis zur Gegenwart Klett Cotta Stuttgart 2006 ISBN 978 3 608 94141 8 S 67 Digitalisat bei Google Books a b Gerhard Paul Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau Schlagbilder antikommunistischer Bildrhetorik 2008 S 96 Friederike Hohn Zwischen Adenauer Jugend und christlichem Pazifismus Die Debatte um die westdeutsche Wiederbewaffnung in den fruhen 1950er Jahren in Jugendmedien der katholischen und evangelischen Kirche In Aline Maldener Clemens Zimmermann Hrsg Let s historize it Jugendmedien im 20 Jahrhundert Bohlau Verlag Koln Weimar 2018 S 97 130 hier 113 Digitalisat bei Google Books 5 Marz 2007 Betr Titel In Der Spiegel Nr 10 2007 online Gregor Mayntz Cyber Kriminalitat Russland greift im Netz an In RP online 14 Marz 2016 abgerufen am 11 August 2018 Bild der Ausgabe auf trotat de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alle Wege des Marxismus fuhren nach Moskau amp oldid 229852329