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Adrian Hsia chinesisch 夏瑞春 Pinyin Xia Ruichun 25 November 1938 in Chongqing Republik China 22 November 2010 Montreal Quebec Kanada 1 war ein chinesischer Literaturwissenschaftler Germanist und Anglist der sich besonders mit kulturellen Transformations und Transferprozessen in der Literatur Chinas und Europas beschaftigte Er war an den Asian German Studies beteiligt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Forschungsfelder 2 1 Chinesische Kulturrevolution 2 2 Hermann Hesse und China 2 3 Chinabild in der europaischen Literatur 3 Veroffentlichungen Auswahl 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach der Schulausbildung in Chongqing Hongkong und Jakarta in Indonesien begann Adrian Hsia 1957 in Deutschland an der Universitat Koln ein Studium der englischen und deutschen Literatur der Soziologie und Sinologie 1962 fuhrte er sein Studium an der Freien Universitat Berlin fort an der er 1965 mit einer Dissertation uber die Kurzgeschichten von D H Lawrence fur eine Promotion zum Dr phil abschloss Darauf folgte ein Studienjahr in Basel Nach drei Jahren als Lehrbeauftragter fur Deutsch und Englisch an der Universitat Koln wechselte er 1968 an die McGill University in Montreal an der er in verschiedenen Funktionen ab 1998 als ordentlicher Professor am Institute for German Studies bis zu seiner Emeritierung 2007 tatig war Nach Krankheit starb Hsia fur viele uberraschend im November 2010 in Montreal 2 Forschungsfelder BearbeitenChinesische Kulturrevolution Bearbeiten In der ersten wissenschaftlichen Veroffentlichung nach seiner Dissertation ging Hsia 1971 in Die Chinesische Kulturrevolution den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in seiner Heimat in der zweiten Halfte der 1960er Jahre nach Darin arbeitete er den Vorlauf die Ausloser der Kulturrevolution also die Widerspruche in der Deutungshoheit uber die ideologischen Grundlagen der kommunistischen Entwicklung heraus 3 Er untersuchte die Rolle der verschiedenen Protagonisten dieser Zeit wie der kommunistischen Partei der Jugend den roten Garden den Arbeitern und Bauern und den Intellektuellen 4 Er analysierte die Bedeutung der vorherrschenden Ideologie des Maoismus als Grundlage fur die Kulturrevolution 5 Die Chinesische Kulturrevolution gehort bis heute zu den Standardwerken fur ein profundes Verstandnis dieser Periode welche die Volksrepublik China bis heute pragt obwohl zum Publikationszeitpunkt die Kulturrevolution gerade erst ihren Hohepunkt erreicht hatte Hermann Hesse und China Bearbeiten In seinem einflussreichsten Werk Hermann Hesse und China von 1974 zeigte Hsia beispielhaft an mehreren Werken Hesses darunter Damien Siddharta Der Steppenwolf Narziss und Goldmund und Das Glasperlenspiel wie dessen Beschaftigung mit der Philosophie Chinas sein Denken und literarisches Werk beeinflusste Im ersten Teil des Buches verfolgte Hsia wie Hesse als Sohn eines protestantischen Missionars aus dem badischen Kleinstadtidyll uber die indischen zur chinesischen Philosophie fand bevor dieser 1911 mit einem Freund nach Hinterindien reiste und eigene Begegnungen mit der asiatischen Kultursphare machte Es wird jedoch deutlich dass Hesses Chinabild sehr verfremdet war da er auf seiner Reise nur Auslandschinesen traf die versuchten eine Stufe der chinesischen Kultur aufrechtzuerhalten die zu dieser Zeit in China womoglich gar nicht mehr existierte 6 Hsia machte deutlich dass Hesse in der chinesischen Philosophie das gefunden habe was ihm in der indischen fehlte Hsia fuhrte dies auch darauf zuruck dass Hesses Sicht auf die chinesische Philosophie im Gegensatz zur indischen nur die eines Konsumenten war und jegliche kritische Distanz vermissen liess 7 Hsia beschrieb weiterhin Einflusse und Entwicklung in Hesses Auseinandersetzung mit der Philosophie Chinas so dessen anfangliche Begeisterung fur den Buddhismus die sich spater dem Konfuzianismus zuwendete 8 Im zweiten Teil analysierte Hsia wie Hesse seine Einsichten die er aus der chinesischen Philosophie gewann literarisch in seinen Werken verarbeitete 9 Dabei erarbeitete Hsia fur jedes von Hesses Werken in welchen er Elemente der chinesischen Philosophie entdeckte eine eigene Analyse Aus diesem Werk ergaben sich zahlreiche wissenschaftliche Kooperationen und Projekte In der erweiterten Neuausgabe der 2 Auflage von 2002 fugte Hsia noch ein Kapitel uber die Hesserezeption in Taiwan an um den Bruckenschlag nach China zuruckzuverfolgen Im gleichen Jahr war er Grundungsmitglied der internationalen Hermann Hesse Gesellschaft e V in Calw in deren Zeitschrift er spater mehrere Artikel veroffentlichte Chinabild in der europaischen Literatur Bearbeiten In den 1980er und 1990er Jahren dehnte Hsia sein Forschungsspektrum auf die gesamte mitteleuropaische und englische Literatur aus und untersuchte wie sich China als Kulturphanomen in der Literatur Europas niedergeschlagen hat Dabei erkannte er dass es uber die Jahrhunderte hinweg mehrere entscheidende Veranderungen im Bild gegeben habe welches die grossen Autoren Europas von China zeichneten von Johann Wolfgang von Goethe uber Hegel und Kant bis zu Schriftstellern des 20 Jahrhunderts wie z B Hesse und Kafka Hsia setzte einen Zentralpunkt dieser Forschung u a auf das chinesische Theaterstuck Zhao shi gu er de da baochou 赵氏孤儿的大报仇 Die grosse Rache des Waisenkindes der Familie Zhao aus der Zeit der chinesischen Yuan Dynastie Er verfolgte wie das Stuck in Europa mehrfach adaptiert und dabei jeweils an andere Schauplatze verlegt wurde von China wie bei Voltaire 1753 uber Indien wie bei Christoph Martin Wieland 1772 bis nach Griechenland wie bei Goethes unvollendetes Dramafragment Elpenor 1783 10 Dabei wurde fur Hsia immer deutlicher dass die Bilder mit welchen die europaischen Autoren China beschrieben ob positiv oder negativ mit dem realen China zu ihrer Zeit nur wenig gemein hatten und China eher als Projektionsflache eigener Idealvorstellungen und Kritik gegenuber der eigenen Gesellschaft und somit als Mittel zur Selbstbespiegelung diente Die Gemeinsamkeit aller Beschreibungen von China sei so Hsia dass solch ein China niemals real existiert hatte sondern die Beschreibungen nur Elemente einer kulturellen Konstruktion oder einer Vision von China gewesen waren Um den Unterschied zwischen dem realen China und der Gesamtheit der Chinabilder zu verdeutlichen fasste er letztere unter dem Begriff Sinismus bzw Sinism im Englischen zusammen Seine Definition eines Sinismus lehnte er dabei an den Orientalismus an von dem er zeigte dass dieser mit dem Orient in welchem auch China platziert wird ein Agglomerat von Kulturen zusammenfasse denen ahnlichen Charakterzugen zugeschrieben werden welches es aber so nicht gabe und daher sei der Orient schlicht eine Nichtidentitat Um China daraus zu losen fuhrte er den Begriff Chinesien bzw Chinesia im Englischen ein um darzustellen wie willkurlich das chinesische Konstrukt der europaischen Literatur sei 11 Europa sei in vieler Hinsicht besonders wahrend der Aufklarung von diesen Chinabildern gepragt worden Hsia war der Auffassung dass die moderne europaische Geistesgeschichte ohne die Beschaftigung mit dem realen oder fiktiven China undenkbar ware 12 Um dem Leser einen Gesamteindruck dieser Einflusse zu geben veroffentlichte Hsia 2010 mit China Bilder in der europaischen Literatur sein wissenschaftliches Gesamtwerk in welchem er die Ergebnisse aller englisch und deutschsprachigen Veroffentlichungen zum europaischen Chinabild in einem Band zusammenstellte Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenD H Lawrence Die Charaktere seiner Kurzgeschichten in Handlung und Spannung zugleich Dissertation an der Universitat Koln 1965 Bouvier Koln 1968 Die Chinesische Kulturrevolution Zur Entwicklung der Widerspruche in der chinesischen Gesellschaft Luchterhand Neuwied Berlin 1971 Hermann Hesse und China Darstellung Materialien und Interpretationen Suhrkamp Frankfurt am Main 1974 als Hrsg Hermann Hesse im Spiegel der zeitgenossischen Kritik Francke Bern Munchen 1975 als Hrsg Hermann Hesse Heute Bouvier Bonn 1980 als Hrsg Deutsche Denker uber China Insel Frankfurt am Main 1985 Als E Book 2018 neu erschienen im WandTiger Verlag als Hrsg Kafka and China Peter Lang Bern u a 1996 Chinesia The European Construction of China in the Literature of the 17th and 18th Centuries Communicatio Studien zur Europaischen Literatur und Kulturgeschichte Band 16 Niemayer Tubingen 1998 als Hrsg The Vision of China in the English Literature of the 17th and 18th Centuries The Chinese University Press Hongkong 1998 China Bilder in der europaischen Literatur Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2010 Literatur BearbeitenRuppin Jens Christof Das selbst im Fremden Zur Erinnerung an Adrian Hsia in Konig Christoph und Lepper Marcel Hg Geschichte der Germanistik Mitteilungen 2012 41 42 Gottingen Wallstein 2012 S 109 115 Schmitz Emans Monika Hg Transkulturelle Rezeption und Konstruktion Festschrift fur Adrian Hsia Heidelberg Syncron 2004 Einzelnachweise Bearbeiten Traueranzeige fur Adrian Hsia Obituary The Gazette vom 29 November 2010 Schmitz Emans Monika Hg Transkulturelle Rezeption und Konstruktion Festschrift fur Adrian Hsia Heidelberg Syncron 2004 S 204 205 Hsia Adrian Die Chinesische Kulturrevolution Zur Entwicklung der Widerspruche in der chinesischen Gesellschaft Neuwied und Berlin Hermann Luchterhand 1971 S 12 40 Hsia Adrian Die Chinesische Kulturrevolution Zur Entwicklung der Widerspruche in der chinesischen Gesellschaft Neuwied und Berlin Hermann Luchterhand 1971 S 41 248 Hsia Adrian Die Chinesische Kulturrevolution Zur Entwicklung der Widerspruche in der chinesischen Gesellschaft Neuwied und Berlin Hermann Luchterhand 1971 S 248 266 Hsia Adrian Hermann Hesse und das nicht so ferne Asien in Hermann Hesse Jahrbuch Bd 1 hg von Mauro Ponzi im Auftrag der Internationalen Hermann Hesse Gesellschaft Tubingen 2004 S 22 Hsia Adrian Hermann Hesse und die orientalische Literatur in Hermann Hesse Heute hg von Adrian Hsia Bonn 1980 S 70 Hsia Adrian Hermann Hesse und China Darstellung Materialien und Interpretationen Frankfurt Main Suhrkamp 1974 S 9 150 Hsia Adrian Hermann Hesse und China Darstellung Materialien und Interpretationen Frankfurt Main Suhrkamp 1974 S 151 319 Hsia Adrian Chinesia The European Construction of China in the Literature of the 17th and 18th Centuries Bd 16 der Reihe Communicatio Studien zur Europaischen Literatur und Kulturgeschichte Tubingen Niemayer 1998 S 88 91 Hsia Adrian Chinesia The European Construction of China in the Literature of the 17th and 18th Centuries Bd 16 der Reihe Communicatio Studien zur Europaischen Literatur und Kulturgeschichte Tubingen Niemayer 1998 S 7 16 Hsia Adrian China as Ethical Contructor and Reflector of Europe s Self Perception A Historical Survey up to Kafka s Time in Hsia Adrian Hg Kafka and China Bern u a Peter Lang 1996 S 5 Normdaten Person GND 107465248 lobid OGND AKS LCCN n84806467 VIAF 64131484 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hsia AdrianALTERNATIVNAMEN 夏瑞春 chinesisch Xia Ruichun Pinyin KURZBESCHREIBUNG chinesischer Literaturwissenschaftler Germanist und AnglistGEBURTSDATUM 25 November 1938GEBURTSORT Chongqing Republik ChinaSTERBEDATUM 22 November 2010STERBEORT Montreal Quebec Kanada Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adrian Hsia amp oldid 238988949