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Adolf Ivar Arwidsson 7 August 1791 in Padasjoki Finnland 21 Juni 1858 in Viipuri war ein finnischer politischer Journalist Schriftsteller und Historiker In seinem politischen Wirken profilierte sich Arwidsson als Kritiker der Situation Finnlands als Grossfurstentum unter dem russischen Zaren Aufgrund seiner Publikationstatigkeit verlor er sein Amt als Lektor an der Akademie in Turku und musste nach Schweden emigrieren wo er seine politische Tatigkeit fortsetzte Der finnischen Nationalbewegung galt Arwidsson als nationaler Erwecker und Vordenker eines unabhangigen Finnlands Adolf Ivar Arwidsson in einer Lithographie von Johan Elias Cardon Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politisches Wirken 2 1 Erste politische Artikel 2 2 Herausgabe des Abo Morgonblad 2 3 Weitere Tatigkeit in Turku und Verbannung 2 4 Finnlanddebatte in Stockholm 3 Wissenschaftliches Werk 4 Rezeption 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAdolf Ivar Arwidsson wurde 1791 als Sohn eines Kaplans in Padasjoki in Sudfinnland geboren spater siedelte die Familie nach Laukaa in Mittelfinnland uber Diese Gemeinde wurde von den Erschutterungen des Finnischen Krieges 1808 1809 schwer getroffen und Arwidsson war seither gegenuber dem Russischen Reich zu welchem Finnland als autonomes Grossfurstentum fortan gehorte kritisch eingestellt Als Schuler am Gymnasium von Porvoo wurde Arwidsson 1809 Zeuge des Landtages von Porvoo an welchem die finnischen Stande dem Zaren die Treue schworen Nach Studium an der Akademie zu Turku wurde er 1814 Magister der Philosophie An gleicher Stelle promovierte er 1817 mit einer geschichtswissenschaftlichen Dissertation und trat sodann ein Amt als Dozent an der Akademie an Arwidssons Muttersprache war Schwedisch in welcher Sprache er auch seine samtlichen Werke verfasste wenn er auch fliessend Finnisch beherrschte Nach seiner Dissertation unternahm Arwidsson eine einjahrige Reise nach Schweden wahrend welcher er Kontakt mit den Exilfinnen in Uppsala und Stockholm knupfte Nach seiner Ruckkehr ging Arwidsson der sich bisher der Lyrik verschrieben hatte 1820 zur Veroffentlichung politischer Texte uber deren scharfer und radikaler Tonfall bald fur Aufsehen bis in die Reichshauptstadt Sankt Petersburg sorgte Als Konsequenz wurde ihm 1822 schliesslich das Dozentenamt entzogen und er aus der Universitat verbannt Eine seiner Ausbildung entsprechende Karriere war Arwidsson in seinem Heimatland damit verbaut Im Jahr 1823 emigrierte Arwidsson nach Stockholm wo er 1825 die schwedischen staatsburgerlichen Rechte und eine Anstellung als Bibliotheksassessor in der koniglichen Bibliothek erhielt 1827 unternahm Arwidsson eine antiquarische Forschungsreise nach Finnland wurde jedoch von den Behorden umgehend wieder nach Schweden ausgewiesen Diese Erfahrung fuhrte zu einer weiteren Radikalisierung des politischen Wirkens Arwidssons und in der Folge nahm er an verschiedenen offentlichen Debatten in Schweden teil in welchen er jeweils die Verhaltnisse und die Verfassungslage in Finnland in einem dusteren Licht darstellte aber gleichzeitig versuchte Anstosse zu einer positiven Entwicklung der finnisch nationalen Identitat zu geben Neben seinem politischen Wirken entfaltete Arwidsson auch verdienstvolle historische Forschungstatigkeit 1843 wurde er zum Leiter der koniglichen Bibliothek ernannt Im gleichen Jahr wurde ihm auch der Besuch seines Heimatlandes wieder erlaubt Diese Moglichkeit nahm er allerdings erst 1858 wahr als er eine Rundreise durch Finnland unternahm Wahrend dieser Reise erkrankte Arwidsson an Lungenentzundung und starb am 21 Juni in Viipuri Er wurde in seiner Jugendheimat Laukaa beigesetzt In seinen Grabstein wurden spater die folgenden von Elias Lonnrot verfassten Verse eingeritzt Des eigenen Landes Liebe fuhrte ihn aus dem Land und brachte ihn zuruckJetzt verbirgt ihn als sein ganz Eigenes das eigene Land Politisches Wirken BearbeitenDas politische Wirken Adolf Ivar Arwidssons verkorperte sich in erster Linie in seinen politischen Publikationen wahrend zweier Hauptphasen Die erste Phase fiel in seine Zeit als Lektor an der Akademie in Turku die zweite Periode intensiver politischer Aktivitat folgte nach seiner Emigration nach Schweden wo Arwidsson intensiv an der Debatte uber die Situation seines Heimatlandes teilnahm Erste politische Artikel Bearbeiten Seine fruhesten Einflusse erhielt Arwidsson wahrend seiner Gymnasialzeit von den Lehren der deutschen Philosophen Schelling und Hegel sowie von der Romantik in der schwedischen Gesellschaft Seine schriftstellerische Karriere begann er mit dem Verfassen von vaterlandischer Lyrik Einige seiner Gedichte wurden in schwedischen Zeitschriften veroffentlicht in kunstlerischer Hinsicht waren sie jedoch in erster Linie Imitationen und haben keine besondere Bedeutung erlangt Um so grossere Bedeutung wurde seinem politischen Schreiben beigemessen 1 nbsp Als Lektor an der Akademie in Turku begann Adolf Ivar Arwidsson seine politische Tatigkeit Zu Beginn seines politischen Wirkens war eine offentliche Diskussion finnisch innenpolitischer Themen praktisch inexistent insbesondere da diese aus Sicht der staatlichen Aufsicht als besonders problematisch angesehen wurde Die grosste Zeitschrift des Landes die schwedischsprachige halboffizielle Abo Allmanna Tidning ab 1820 Finlands Allmanna Tidning berichtete von politischen Ereignissen des Auslandes in der Regel in Form von Ubersetzungen aus der auslandischen Presse ohne eigene Stellungnahmen abzugeben Die 1820 von Reinhold von Becker gegrundete finnischsprachige Zeitschrift Turun Wiikko Sanomat wagte auch politische Stellungnahmen im liberalen Geist beschrankte sich aber ebenfalls ausschliesslich auf das Geschehen im Ausland Die in Finnland viel gelesenen Zeitungen Schwedens gaben ein Bild von innenpolitischen Fragestellungen die der Situation in Finnland in vieler Hinsicht vergleichbar waren Gerade aus diesem Grund richtete sich die fruheste Pressezensur im unter russischer Herrschaft stehenden Finnland gegen den Import von einzelnen schwedischen Zeitungen 2 Adolf Ivar Arwidsson war wahrend seines Schwedenaufenthalts mit dem lebhaften politischen Leben Stockholms in Beruhrung gekommen Dort machte er auch die Bekanntschaft des einflussreichen finnischen Politikers Johan Fredrik Aminoffs der nach Arwidssons Ruckkehr nach Turku dessen politische Ansichten mitpragte Im Jahr 1819 erschien in der Abo Allmanna Tidning ein von Daniel Myreen verfasster Artikel der die neue Lage Finnlands unter dem russischen Zaren in hochsten Tonen pries Diesem Artikel der den ersten innenpolitischen Beitrag in einer finnischen Zeitung darstellte wollte Arwidsson eine Erwiderung folgen lassen Nachdem er in Finnland kein geeignetes Medium vorfand erreichte er schliesslich im September 1820 uber seine Kontakte zu dem schwedischen Literaturkritiker Lorenzo Hammarskold eine Veroffentlichung seines Artikels in drei Teilen in der wenig bedeutenden schwedischen Zeitung Nya Extra Posten 3 Der als Briefe eines reisenden Schweden aus Finnland betitelte Artikel wurde anonym veroffentlicht und Arwidssons Urheberschaft wurde wahrend seiner Zeit in Turku auch nicht aufgedeckt Arwidsson artikuliert scharfe Kritik an der Tatigkeit des Landtages zu Porvoo 1809 insbesondere an dessen Zustimmung zu der vorlaufigen Auflosung der finnischen Streitkrafte Besonderes Ziel seiner Kritik ist der finnische Senat dessen Mitglieder er fur ungebildet und unstaatsmannisch halt Sie seien zwar gute Verwalter aber schlechte Gesetzgeber Als konkrete politische Frage schenkt Arwidsson der Wahrungspolitik besondere Aufmerksamkeit und kritisiert ausfuhrlich die durch die Koexistenz der Wahrungen zweier Staaten Russlands und Schwedens hervorgerufenen Missstande In der Wirtschaftspolitik tritt er Bestrebungen zur Einschrankung des traditionellen Handels mit Schweden entgegen 4 Die Kritik Arwidssons war sachlich keineswegs neu und entsprach den von zahlreichen wichtigen Personlichkeiten in privatem Schriftwechsel geausserten Ansichten Erstmals wurden diese Meinungen nun aber veroffentlicht eine Vorgehensweise die vielfach auch von denjenigen verurteilt wurde die sachlich Arwidssons Meinungen teilten Die betroffenen Ausgaben der Nya Extra Posten wurden nach Erscheinen des letzten Teiles von den schwedischen Behorden beschlagnahmt der Herausgeber Johan Imnelius wegen Verunglimpfung eines auslandischen Staates angeklagt und in einem offentlich vielbeachteten Prozess zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt In Finnland gelangten dennoch zahlreiche Kopien der Artikel in Umlauf 5 Herausgabe des Abo Morgonblad Bearbeiten nbsp Die erste Ausgabe der von Arwidsson herausgegebenen kurzlebigen Zeitschrift Abo Morgonblad vom 5 Januar 1821 Noch vor der Veroffentlichung seiner Artikel in der Nya Extra Posten beantragte Arwidsson am 5 Juli 1820 die Genehmigung zur Herausgabe einer eigenen Zeitschrift unter dem Titel Abo Morgonblad Die Genehmigung wurde am 20 Oktober erteilt und so erschien ab dem 5 Januar 1821 einmal wochentlich die erste politische Zeitschrift Finnlands Einziger regularer Redakteur neben Arwidsson war der junge Jurist Gustaf Idman Idestam der in erster Linie wirtschaftliche und wissenschaftliche Themen besprach wahrend Arwidsson fur die staatlichen und nationalen Themen verantwortlich zeichnete 6 Die politischen Botschaften Arwidssons beschaftigten sich mit Finnland als Staat seinem Volk und seinen Burgern Wahrend die mit Arwidsson befreundeten von den Ideen der Aufklarung geleiteten Kreise im Umfeld der Kulturzeitschrift Mnemosyne den Nationalsinn als vom Staat weitgehend isoliertes Thema begriffen stellte Arwidsson eine klare Verbindung zwischen der Nationalitat des Volkes und dessen staatlicher Existenz her Als wichtigsten Ausdruck der Nationalitat sah Arwidsson der in diesen Fragen Einflusse von Johann Gottlieb Fichte Christian Molbech und vor allem Ernst Moritz Arndt aufnahm die gemeinsame Sprache als Inbegriff des gemeinsamen nationalen Erbes an Er prangerte an dass die Bevolkerung insbesondere an den Gerichten nicht in ihrer Muttersprache kommunizieren konnte und forderte die Schaffung eines Lehrstuhls fur finnische Sprache an der Universitat 7 In seinen die Natur des Staates behandelnden Artikeln zeichnete Arwidsson ein Bild des uber das Individuum erhabenen Staates der jedoch gemeinsam mit dem Volk einen lebenden Organismus bildet und der einer unaufhorlichen Fortentwicklung unterworfen ist Das Gesetz sei durch den Einzelnen unbedingt zu befolgen gleichzeitig sei die Kritik am Gesetz und das Betreiben seiner Anderung aber nicht nur berechtigt sondern stelle geradezu eine Burgerpflicht dar Praktisch folgerte Arwidsson hieraus unter anderem die Forderung nach der Offentlichkeit der Verwaltung und nach Pressefreiheit In sozialer Hinsicht trat er fur eine grossere Durchlassigkeit der Standesgrenzen ein 8 Direkte Kritik an der Tatigkeit finnischer Behorden prasentierte Arwidsson in erster Linie durch die Veroffentlichung von Dokumenten aus Gerichts und Verwaltungsakten oft erganzt durch wertende Kommentare Vehement trug er vor dass dieses Vorgehen von den geltenden Gesetzen zur Pressefreiheit gedeckt sei Im Mai 1821 kam es zu einem offenen Konflikt mit dem Mitglied des finnischen Senats Carl Johan Walleen der Arwidssons Meinung keineswegs teilte und diesen zu sich zitierte und verwarnte Im Anschluss veroffentlichte Arwidsson sogleich eine ausfuhrliche Erwiderung auf dieses Gesprach 9 Die Tatigkeit des Abo Morgonblad traf zusammen mit einer Periode eines angespannteren politischen Klimas Zar Alexander I hatte sich von der liberalen Politik fruherer Jahre zunehmend entfernt und sich die konservative Politik der Heiligen Allianz zu eigen gemacht In Turku hatte es 1819 wegen der Frage der universitaren Disziplinargewalt studentische Unruhen gegeben und auch 1821 war es zu einigen Konflikten gekommen die zwar fur sich betrachtet geringe Bedeutung hatten im Rahmen der Gesamtentwicklung aber die Nervositat unter den Entscheidungstragern zu steigern geeignet war In diesem Klima wurden Arwisson in besonderer Weise einige eher romantisch verklarten Ausfuhrungen in der Ausgabe vom 30 Juni 1821 zur Last gelegt in welchen er von den segensreichen Zeiten des Sturmes spricht 10 Wahrend sich diese Worte sachlich auf die gesamteuropaischen Zeitlaufte bezogen wurden sie doch auch als potenziell aufruhrerisch verstanden Auf Initiative des Senators Walleen und Vorlage des Ministerstaatssekretars fur finnische Angelegenheiten in Sankt Petersburg Robert Henrik Rehbinder verfugte der Zar am 4 September 1821 die Einstellung des Abo Morgonblad Die Verfugung wurde Arwidsson am 2 Oktober bekanntgegeben Die 40 und letzte Ausgabe des Blattes erschien am folgenden Tag und musste bereits im Geheimen an die Abonnenten verteilt werden 11 Weitere Tatigkeit in Turku und Verbannung Bearbeiten nbsp R H Rehbinder Ministerstaatssekretar fur finnische Angelegenheiten nahm eine Schlusselstellung sowohl bei der Einstellung des Abo Morgonblad als auch bei der Verbannung Arwidssons ein Als Entschadigung fur die Abonnenten seines Blattes veroffentlichte Arwidsson noch 1821 das achtzigseitige Heft Oskyldigt Ingenting Dieses enthielt neben literarischen Beitragen den Abdruck der Einstellungsverfugung gegen das Abo Morgonblad sowie die Schlussteile einiger wegen der Einstellung unvollendet gebliebener mehrteiliger Artikel 12 Seine journalistische Tatigkeit setzte Arwidsson nun in der Zeitschrift Mnemosyne fort in welcher am 28 Februar 1822 sein ausfuhrlicher Artikel Betraktelser Betrachtungen erschien 13 Es sollte sein letzter Beitrag in einer finnischen Zeitung bleiben Obwohl die Betrachtungen ohne Autorenangabe veroffentlicht wurden war den finnischen Betrachtern die Urheberschaft Arwidssons schnell klar Der Artikel ahnelte insgesamt seinen fruheren Veroffentlichungen und wiederholte viele dort vorgebrachte Thesen Im Zusammenhang mit einer allgemeinen Kritik an der Qualifikation und Ausbildung finnischer Beamter enthielt der Artikel auch eine beilaufige spottische Bemerkung uber den Zustand der militarischen Fuhrung uber die Oberflachlichkeit der Offiziere und deren Hang zum Fluchen Der Artikel und im Besonderen die genannten Ausserungen losten in der Offentlichkeit Turkus allgemeine Unruhe aus Der ehemalige Landeshauptmann Knuut von Troil hielt den Artikel fur geradezu umsturzlerisch 14 Die Initiative zur Entlassung Arwidssons aus dem Amt des Lektors und zu seiner Verbannung aus der Universitat ging schliesslich von Johan Fredrik Aminoff aus der inzwischen zum Vizekanzler der Universitat ernannt worden war Ministerstaatssekretar Rehbinder unterstutzte den Vorschlag und auf seine Vorlage verfugte der Zar Alexander am 20 Mai 1822 die dauerhafte Verbannung Arwidssons aus der Universitat 15 Die fur die Verbannung entscheidenden Protagonisten Aminoff und Rehbinder waren zwar in vielen kulturpolitischen Fragen einer Meinung mit Arwidsson und waren sich auch der Missstande in der Verwaltung durchaus bewusst Sie hielten aber den nach ihrer Auffassung revolutionaren Stil und die gegen die Zarenmacht gerichtete Einstellung Arwidssons fur gefahrlich Daruber ob diese Einschatzung zutreffend war gehen die Meinungen unter Historikern auseinander Einerseits wurde die Propaganda Arwidssons vom grosseren Publikum nicht sehr ernst genommen er wurde eher fur einen ungefahrlichen Idealisten gehalten was ihm den Spitznamen Fantastengranat Phantastenbombe einbrachte 16 Andererseits ubte Arwidsson bedeutenden Einfluss auf viele junge Studenten der Akademie aus unter ihnen der spater als ausserst unbequem empfundene Philosoph Johan Vilhelm Snellman Diese Studenten erhielten durch das Schicksal Arwidssons ein klares Signal dass politische Tatigkeit an der Akademie vorlaufig nicht in Frage kam 17 Finnlanddebatte in Stockholm Bearbeiten nbsp Israel Hwasser Professor der Medizin an der Universitat Uppsala war der Hauptwidersacher Arwidssons in der Finnlanddebatte 1838 1841 Auch nach seiner Emigration nach Stockholm blieb Arwidsson politisch tatig vor allem in Form von meist anonymen oder unter Pseudonymen veroffentlichten Zeitungsbeitragen zu Themen der schwedischen Innenpolitik Fur nachhaltige Aufmerksamkeit sorgte aber vor allem seine Beteiligung an einer Debatte uber die nationale Lage seines Heimatlandes die Natur der finnischen Autonomie und deren Verhaltnis zu den Zielen und Hoffnungen des finnischen Volkes Der Streit wurde in den Jahren 1838 bis 1841 vor allem uber in Broschurenform herausgegebene Streitschriften ausgetragen Ihren Ausgang nahm die Debatte im September 1838 von einer Streitschrift des 1830 aus Finnland emigrierten Professors Israel Hwasser Er vertrat die Auffassung Finnland habe sich von Schweden emanzipiert und im Zarenreich eine eigene Identitat gefunden man sei in Finnland im Wesentlichen mit dem gefundenen Status quo zufrieden Gleichzeitig sei Finnland die historische Aufgabe zugefallen die westliche Zivilisation im Zarenreich zu vertreten und so die Gegensatze zwischen der russisch asiatischen und der westeuropaischen Kultur zu uberbrucken 18 Als Antwort erschien im November desselben Jahres unter dem Namen Pekka Kuoharinen das von Arwidsson verfasste Pamphlet Finnland und seine Zukunft Finland och des Framtid in welchem der Autor das in Finnland herrschende System in dusteren Farben beschrieb Finnland habe beim Landtag zu Porvoo 1809 keineswegs einen Sonderfrieden mit Russland geschlossen sondern habe als eroberte Provinz die vom siegreichen Zaren diktierten Beschlusse gefasst Die Verbindung mit Russland habe keine wirtschaftlichen Vorteile wohl aber ein strenges Zensursystem mit sich gebracht 19 Es folgte eine Reihe von kompromissbereiten Zeitungsartikeln des Professors fur Geschichte Erik Gustaf Geijer der jedoch vielen Aussagen Kuoharinens zustimmte und im September 1839 eine weitere Streitschrift Hwassers Das angebliche Streben des finnischen Volkes zuruck zu Schweden betrachtet Hwasser in erster Linie als Erfindung der in Schweden lebenden Exilfinnen Der unter dem Namen Kuoharinen auftretende Autor gebe wahrheitswidrig vor heute finnischer Staatsburger zu sein und agiere damit in der Maske derer gegen deren Interessen er argumentiere Kuoharinen reagierte 1840 mit einer zweiten gegenuber der ersten noch pessimistischeren Schrift Anhand zahlreicher Beispiele zeigte er auf wie unbestimmt die autonomen Rechte Finnlands in der Praxis sind und vertrat nachdrucklich die Meinung dass ein reines Versprechen des Monarchen ohne tatsachliche Absicherung keine Grundlage fur einen gesicherten staatlichen Status Finnlands sei 20 Im Mai 1841 schliesslich wurde eine weitere Schrift Die heutige Staatsverfassung Finnlands Finlands nuvarande Stats Forfattning unter dem Namen Olli Kekalainen veroffentlicht in der positive Aspekte des finnischen Systems ebenso wie aus diesem entstehende Gefahren fur die Zukunft in vermittelnder Weise dargestellt wurden Kekalainen spricht Hwasser in erster Linie das Verdienst zu das Thema aufgegriffen und dargestellt zu haben wie die Lage Finnlands sein musste wahrend Kuoharinen die Lage so dargestellt habe wie sie tatsachlich sei ohne dabei aber hinreichend auf die zu wunschende Entwicklung einzugehen Der Throneid Alexanders I in Porvoo sei eine nicht wegzudiskutierende Tatsache die den Eingriff in die Rechte Finnlands zumindest erschwere Vom finnischen Volk sei als eigener Beitrag das unbedingte Festhalten an den staatsrechtlichen Vereinbarungen sowie das geduldige Erarbeiten einer gunstigen Entwicklung zu verlangen Der Wahlspruch jedes vaterlandischen Finnen musse sein Treue und Wachsamkeit 21 Uber die Urheberschaft der Schrift Kekalainens ist bis heute keine endgultige Einigkeit erzielt worden und sie ist noch heute Gegenstand historischen Streits Die widerstreitenden Meinungen in der Debatte die bereits 1874 in zahlreichen Zeitungsartikeln gefuhrt wurde werden in der heutigen Forschung im Wesentlichen von zwei finnischen Historikern reprasentiert Matti Klinge ist der Auffassung dass die Schrift grosstenteils aus der Feder Johan Jacob Nordstroms stammen muss 22 wahrend Olavi Junnila die lange vorherrschende These verteidigt dass Kekalainen ebenso wie Kuoharinen niemand anders als Adolf Ivar Arwidsson ist Die Unterschiede zwischen den Schriften beider Pseudonyme in Stil und Tiefgang erklart Junnila mit einem planvollen Vorgehen Arwidssons der die finnische Offentlichkeit zunachst durch das polemisierende Vorgehen Kuoharinens aufrutteln und dann die gewonnene Aufmerksamkeit durch einen in die Zukunft gerichteten Aufruf zur Starkung der finnischen nationalen Identitat nutzen wollte 23 Nach diesem Schlagabtausch beruhigte sich das politische Wirken Arwidssons und erfuhr nur noch einmal wahrend des Krimkrieges 1854 1856 eine Belebung als die finnische Frage in Schweden nochmals lebhaft diskutiert wurde Wissenschaftliches Werk BearbeitenAls Historiker machte Arwidsson erstmals im zweiten Jahrzehnt des 19 Jahrhunderts durch die schwedische Ubersetzung des Werkes Finnland und seine Bewohner von Friedrich Ruhs auf sich aufmerksam Auch die zweite Ausgabe des Werkes gab er 1827 in schwedischer Sprache heraus nachdem er es bearbeitet und durch eine eigene Darstellung der Geschichte Finnlands ab 1809 erganzt hatte 1819 unternahm er eine Reise zur Sammlung von finnischer Volksdichtung eine spater von Elias Lonnrot aufgegriffene Arbeit 1832 schrieb Arwidsson ein Lehrbuch uber die Geschichte und Geographie Finnlands Larobok i Finlands historia och geografi Ungeachtet seiner Verbannung aus Finnland wurde dieses Werk neben Schweden auch in Finnland an den Schulen benutzt allerdings ohne Autorenangabe Spater konzentrierte sich Arwidsson auf die Veroffentlichung historischer Quelldokumente mit Bezug zu Finnland deren mangelnde Zuganglichkeit er als grosses Hindernis bei der Entwicklung der finnischen Geschichtsschreibung erkannt hatte In den Jahren von 1846 bis 1858 erschien mit Unterstutzung der Finnischen Literaturgesellschaft eine Sammlung von grosstenteils aus dem 16 Jahrhundert stammenden Dokumenten in zehn Banden Handlingar till upplysning av Finlands hafder Weiterhin stellte er Sammlungen vorzeitlicher schwedischer Gesange zusammen und schrieb biographische Darstellungen uber schwedische Konige insbesondere 1850 uber Karl XIV Johann Rezeption BearbeitenDas Wirken Arwidssons stellte einen Auftakt fur das ab den Dreissigerjahren des 19 Jahrhunderts eintretende Erwachen des finnischen Nationalbewusstseins dar Wahrend Arwidssons fruhe Versuche die Finnen zu einer nationalen politischen Aktivitat zu bewegen zunachst wenig Wirkung zeigten wurden doch die treibenden Krafte der Nationalbewegung um Johan Vilhelm Snellman Elias Lonnrot und Johan Ludvig Runeberg entscheidend von ihm beeinflusst Ihnen und ihren Nachfolgern galt Arwidsson als nationaler Erwecker Der einflussreiche Politiker und fennomanische Zeitungsmacher Agathon Meurman schrieb 1878 uber das politische Klima der Zeit Man begann zu denken ob es fur uns moglich sei ein Volk zu bleiben unter dem gewaltigen Druck den unsere Beschutzer ungewollt fur uns darstellten Es entstand Furcht und entwickelte sich zu Nervositat In diesem allgemeinen Zustand war die einsame merkwurdige Ausnahme Adolf Ivar Arwidsson Er allein war bereit die neue Stellung des Landes vollig zu akzeptieren und auf deren Grundlage aufzubauen 24 Gerne wurde Arwidsson auch als ein Vordenker fur die spatere staatliche Unabhangigkeit Finnlands betrachtet Neuere Untersuchungen heben allerdings die oft spekulative Natur von Arwidssons Betrachtungen hervor Ein mogliches unabhangiges Finnland schien zwar als Option wenn auch nie offen ausgesprochen durch die Stellungnahmen Arwidssons durch stellte aber aus seiner Sicht nur einen von vielen moglichen geschichtlichen Ablaufen dar 25 Zu den identitatsstiftenden Zitaten der nationalen Bewegung im Grossfurstentum Finnland im spaten 19 Jahrhundert gehorte der Arwidsson zugeschriebene Ausspruch Svenskar aro vi icke mera ryssar kunna vi icke bli derfor maste vi vara finnar Schweden sind wir nicht mehr Russen wollen wir nicht werden lasst uns also Finnen sein Dieses Zitat stammt tatsachlich nicht von Arwidsson sondern stellt eine von Johan Vilhelm Snellman 1861 formulierte Zuspitzung dar 25 Es gibt daher zwar nicht unbedingt zutreffend die Gedankenwelt Adolf Ivar Arwidssons wieder gibt aber Aufschluss uber seine Bedeutung fur die unmittelbare Nachwelt Heute ist eine Strasse auf dem Universitatscampus in Turku nach Arwidsson benannt Literatur BearbeitenLiisa Castren Adolf Ivar Arwidsson Nuori Arwidsson ja hanen ymparistonsa Otava Helsinki 1944 Liisa Castren Adolf Ivar Arwidsson isanmaallisena herattajana Suomen Historiallinen Seura Helsinki 1951 Olavi Junnila Ruotsiin muuttanut Adolf Iwar Arwidsson ja Suomi Suomen Historiallinen Seura Helsinki 1972 Kari Tarkiainen Adolf Ivar Arwidsson in Matti Klinge Hrsg Suomen kansallisbiografia 1 SKS Helsinki 2003 ISBN 951 746 442 8 Eino Karhu Nation building in Finnland und Ingermanland Herne 2007 v a S 53 63 Weblinks BearbeitenWerke von und uber Adolf Ivar Arwidsson in der Deutschen Digitalen Bibliothek Digitale Sammlung der Universitat Helsinki Alle Ausgaben des Abo Morgonblad Einzelnachweise Bearbeiten Tarkiainen S 403 Castren 1951 S 32 53 Castren 1951 S 54 61 Castren 1951 S 62 113 Castren 1951 S 114 130 Castren 1951 S 131 141 Castren 1951 S 141 168 Castren 1951 S 173 197 Castren 1951 S 206 219 Castren 1951 S 203 f Castren 1951 S 356 373 Castren 1951 S 372 f Castren 1951 S 383 f Castren 1951 S 260 263 und 383 386 Castren 1951 S 384 389 Tarkiainen S 404 Raija Majamaa Leeni Tiirakari J V Snellman Valtioviisas vaikuttaja SKS Helsinki 2006 S 21 Junnila S 15 17 Junnila S 17 19 Junnila S 19 25 Junnila S 25 28 Matti Klinge Adolf Ivar Arwidsson eller Johan Jakob Nordstrom 1968 zitiert bei Tarkiainen S 405 Junnila S 28 73 Meidan liberaalit In Uusi Suometar Zeitschrift Ausgabe 47 1878 zitiert bei Junnila S 138 f Ubersetzung durch den Verfasser a b Tarkiainen S 406 nbsp Dieser Artikel wurde am 11 April 2007 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 118848232 lobid OGND AKS LCCN n80113800 VIAF 8184878 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Arwidsson Adolf IvarKURZBESCHREIBUNG finnischer Politiker Schriftsteller und HistorikerGEBURTSDATUM 7 August 1791GEBURTSORT Padasjoki FinnlandSTERBEDATUM 21 Juni 1858STERBEORT Viipuri Finnland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adolf Ivar Arwidsson amp oldid 236087074