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Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Die Zwangsarbeit wahrend des Ersten Weltkrieges zu Gunsten der deutschen Industrie und Landwirtschaft betraf vor allem Arbeitskrafte aus den eroberten Ostgebieten Generalgouvernement Warschau und Ober Ost sowie aus dem ebenfalls besetzten Generalgouvernement Belgien Dabei war die Intensitat und Dauer der Zwangsarbeit unterschiedlich ausgepragt Im Generalgouvernement Warschau und in Belgien waren offene Zwangsmassnahmen auf die Zeit Ende 1916 und Anfang 1917 beschrankt Davor und danach setzte man auf Anwerbemassnahmen In Ober Ost war Zwangsarbeit dagegen ein dauerhafter Aspekt der Besatzungspolitik Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrunde 2 Ruckkehrverweigerung fur polnische Arbeiter 3 Zwangsarbeit in Ober Ost 4 Zwangsarbeit im Generalgouvernement Warschau 5 Zwangsarbeit im Generalgouvernement Belgien 6 Beurteilungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHintergrunde Bearbeiten nbsp Propagandakarte von Ober OstBereits zu Beginn des Krieges eroberten die Deutschen Belgien und errichteten mit dem Generalgouvernement Belgien ein Besatzungsregime Im Sommer 1915 gelang es den Deutschen und dem verbundeten Osterreich Ungarn im Osten das russische Polen Litauen Kurland und Teile von Belarus zu erobern In Russisch Polen errichteten die Deutschen das zivil verwaltete Generalgouvernement Warschau unter Generalgouverneur Hans von Beseler Im Suden richtete Osterreich Ungarn das Generalgouvernement Lublin ein Im Baltikum und ostlich des Generalgouvernements wurde ein militarisch verwaltetes Besatzungsgebiet eingerichtet Eine Begrundung fur die andauernde militarische Kontrolle war die Nahe zur Ostfront Dieses Gebiet unterstand dem Befehlshaber Ost und wurde daher als Ober Ost bezeichnet 1 Alle Kriegsgesellschaften litten infolge der Einberufungen unter massivem Arbeitskraftemangel Dies sollte durch eine Verstarkung der Frauenarbeit oder der Heranziehung von Jugendlichen ausgeglichen werden Frankreich und England konnten zusatzlich auf das Arbeitskraftereservoir ihrer Kolonien zuruckgreifen oder Arbeiter etwa in China anwerben 2 Zum Teil wie an der Palastinafront wo die Briten hinter der Front massenhaft agyptische Arbeiter einsetzen kam es zu regelrechter Zwangsarbeit 3 Beim Krieg in Afrika setzten alle Kriegsparteien auch die Deutschen bei der Rekrutierung der fur die Kriegsfuhrung unabdingbaren Trager zumindest im Verlauf des Krieges auf Zwangsmassnahmen Trager in Ostafrika im Ersten Weltkrieg 4 Diese Moglichkeiten standen den Mittelmachten durch die Isolation der deutschen Kolonien und die alliierte Seeblockade nicht mehr zur Verfugung Ein Arbeitskraftepotential boten die Kriegsgefangenen Vor allem seit 1915 wurden diese vermehrt in der deutschen Wirtschaft eingesetzt Ausgehend von grossen Zwangsarbeiterlagern z B Lager in Meschede wurden die Gefangenen in Arbeitstrupps in verschiedenen Wirtschaftsbereichen eingesetzt Der Einsatz von Kriegsgefangenen stand dabei im Einklang mit der Haager Landkriegsordnung und wurde von den meisten kriegsfuhrenden Staaten betrieben Im Sommer 1916 arbeiteten sowohl in Frankreich wie in Deutschland etwa drei Viertel der Kriegsgefangenen in der Wirtschaft 5 Im Jahr 1916 arbeiteten von etwa 1 6 Millionen Kriegsgefangenen uber 700 000 in der Landwirtschaft 45 und uber 300 000 in der Industrie und im produzierenden Gewerbe 20 Hinzu kamen weitere kleinere Beschaftigungsbereiche Nur etwa 180 000 Gefangene wurden nicht zur Arbeit herangezogen 6 Dies alles reichte aber nicht um den Arbeitskraftemangel in Deutschland zu kompensieren Es lag nahe daneben auch auf auslandische Beschaftigte zuruckzugreifen Dabei konnte man auf Vorkriegstraditionen der Auslanderbeschaftigung aufbauen Die eroberten ostlichen Gebiete waren seit den 1890er Jahren Herkunftsgebiete landwirtschaftlicher Saisonarbeiter in Deutschland Damit diese nicht in die besser bezahlte Industriearbeit abwandern konnten durften Arbeiter aus Osteuropa vor 1914 nicht jenseits der preussischen Ostprovinzen ausserhalb der Landwirtschaft arbeiten Im Westen kamen auslandische Arbeitskrafte insbesondere aus Italien und Osterreich Ungarn Die Zahl auslandischer Arbeitskrafte die um 1913 immerhin 700 000 betragen hatte ging nach Beginn des Krieges um etwa 400 000 zuruck Schon kurz danach wurde es polnischen Arbeitskraften erlaubt auch industrielle Arbeit anzunehmen 7 Seit dem Spatherbst 1915 machte sich der Arbeitskraftemangel nicht nur in der Landwirtschaft sondern auch in der Industrie bemerkbar Von Seiten der Industrie wurde daher auf die Heranziehung auslandischer Arbeitskrafte gedrangt Traditionelle Anwerbelander wie Osterreich Ungarn und Italien fielen kriegsbedingt aus Neben Polen bot das besetzte Belgien nicht zuletzt wegen der dort herrschenden hohen Arbeitslosigkeit ein beachtliches Arbeitskraftepotential Auch konnten die Militarbehorden durch das Ausuben von Druck auf die Arbeitslosen das Anwerben erleichtern Zunachst begann man von deutscher Seite dort ab 1915 Arbeitskrafte anzuwerben 7 Ruckkehrverweigerung fur polnische Arbeiter BearbeitenInsbesondere in Osteuropa war der Ubergang von freiwilliger Anwerbung und Zwangsarbeit fliessend Nach Kriegsbeginn wurde etwa 200 000 bis 300 000 landwirtschaftlichen Saisonarbeitern vorwiegend aus dem russischen Teil Polens die Ruckkehr in ihre Heimat verwehrt Diese Bestimmungen wurden kurze Zeit spater auf alle im Reich lebenden polnische Arbeiter ausgedehnt Insgesamt waren davon etwa eine halbe Million polnische Arbeitskrafte betroffen 7 5 Der Zwangscharakter der Arbeit hatte soziale Verschlechterungen fur die Arbeiter zur Folge Die Real und teilweise die Nominallohne sanken wenn nicht die Arbeitgeber nur mit Lebensmitteln oder nach dem Krieg einzulosenden Gutscheinen bezahlten Wenn eine Bezahlung erfolgte behielten militarische Stellen die Halfte des Lohnes fur die Zeit des Krieges ein Zwar reagierten viele Arbeiter mit Kontraktbruch auf die Verschlechterung ihrer Lage aber die Zwangsmittel der Militarbehorden zur Kontrolle und Repression war deutlich grosser als die der Arbeitgeber in der Vorkriegszeit 8 Wahrend man in Belgien die Phase der Anwerbung und der Phase der Zwangsrekrutierung klar unterscheiden kann war dies in Polen nicht der Fall Die Arbeitslosigkeit in Polen wuchs noch an weil die deutschen Behorden weitere Betriebe stilllegten oder durch die Beschlagnahme von Rohstoffen oder Maschinen schwachten Andere Betriebe mussten schliessen weil ihnen die Absatzmarkte wegbrachen oder wegen Rohstoffmangel nicht mehr produzieren konnten Dadurch entstand erheblicher Druck auf die Arbeitslosen sich anwerben zu lassen In Polen wurden innerhalb eines Jahres etwa 50 000 Arbeiter fur die Industrie und weitere 70 000 Arbeiter fur die Landwirtschaft angeworben 9 10 Der rechtliche Status der angeworbenen polnischen Arbeiter wurde bereits 1915 denen der 1914 an der Ruckkehr in die Heimat gehinderten Beschaftigten angeglichen Nach ihrer Ankunft in Deutschland konnten auch die neu Angeworbenen nicht wieder zuruckkehren und auch die Freizugigkeit innerhalb Deutschlands war eingeschrankt Nach Ablauf ihres Arbeitsvertrages konnten die Arbeiter auch durch Androhung von Haft zum Abschluss eines neuen Vertrages gezwungen werden Organisiert wurde die Anwerbung polnischer Arbeitskrafte im Generalgouvernement Warschau von der Deutschen Arbeiterzentrale Diese eroffnete insgesamt etwa 29 Buros zur Anwerbung 11 10 Die mehr oder weniger zwangsweise verpflichteten oder an der Ruckkehr gehinderten Arbeitskrafte versuchten sich dem Dienst immer ofter durch Flucht zu entziehen Zwischen Oktober 1915 und November 1916 verliessen uber 11 200 Polen ihre Arbeitsplatze Ein Jahr spater lag diese Zahl bereits bei fast 24 400 12 Zwangsarbeit in Ober Ost Bearbeiten nbsp Hindenburg und Ludendorff im Grossen Hauptquartier in Bad Kreuznach 1917Oberbefehlshaber in Ober Ost war bis 1916 Paul von Hindenburg und danach Prinz Leopold von Bayern Zur Zeit Hindenburgs war Erich Ludendorff die eigentlich massgebliche Personlichkeit in diesem Gebiet wahrend Hindenburg eher eine reprasentative Funktion hatte Erich Ludendorff und seine Untergebenen hatten das Gebiet zu einer Ausbeutungskolonie gemacht Auch nach der Bildung der dritten OHL behielt Ludendorff grossen Einfluss auf Ober Ost Infolge der militarischen Verwaltung bestand fur dieses Gebiet kaum eine offentliche oder parlamentarische Kontrolle Eine nennenswerte Tradition zur Saisonarbeit in Deutschland gab es im Baltikum kaum Zudem waren Teile des Gebietes fast entvolkert weil die Menschen vor der 2 Russischen Armee geflohen waren oder wegen angeblicher Kollaboration von den Russen nach Kriegsbeginn deportiert worden waren Dies machte es schwierig etwa fur militarischen Infrastrukturprojekte genugend Arbeitskrafte zu bekommen Diese wurde durch die schlechte Bezahlung und insgesamt schlechte Arbeitsbedingungen noch erschwert Die Bereitschaft freiwillig fur die Deutschen zu arbeiten war daher gering Zwangsarbeit schien diese Problematik zumindest zu verringern 10 Grundsatzlich gab es in Ober Ost zwei Formen der Zwangsarbeit So wurden zunachst fur Arbeiten in der naheren Umgebung der jeweiligen Wohnorte Arbeiter herangezogen Die lokale Bevolkerung wurde etwa bei der Bewirtschaftung verlassener und beschlagnahmter Guter eingesetzt Auch fur Strassenbauarbeiten bei der Waldarbeit oder zur Trockenlegung von Mooren wurden sie herangezogen Teilweise mussten zwei bis drei Tage in der Woche Zwangsarbeit in dieser Form geleistet werden Im Laufe der Zeit wurden immer grossere Teile der Bevolkerung fur solche Arbeiten herangezogen 13 Ein Befehl vom Mai 1916 verpflichtete die Militarverwaltung Personen in zerfetzter Kleidung zur Zwangsarbeit heranzuziehen Im Herbst 1916 wurde eine allgemeine Arbeitspflicht fur Manner eingefuhrt Dies ging einher mit der Errichtung von Arbeitsbataillonen fur Arbeiten ausserhalb der Heimatgemeinden Fur diese Einheiten kam es zu massenhaften Zwangsrekrutierungen In Razzien wurden wahllos Menschen zur Zwangsarbeit gezwungen Dabei wurde haufig nicht gepruft ob die Aufgegriffen auch arbeitslos waren oder nicht Die Arbeits und Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter in den Arbeitsbataillonen waren noch schlechter als bei denen im Generalgouvernement Anders als im Gebiet des Generalgouvernements sind derartige Abteilungen aus allen Teilen von Ober Ost bekannt 14 Nicht zuletzt die judischen Einwohner wurden in die Arbeitseinheiten gezwungen Dabei spielten antisemitische Einstellungen eine Rolle 15 Es gibt das Beispiel eines Eisenbahnbaus fur den Arbeiter zu schlechten Bedingungen verpflichtet wurden Als diese sich dem Dienst entziehen wollten wurden sie militarischem Befehl unterstellt Auch hier erwies sich die Zwangsarbeit als wenig effektiv Proteste dagegen blieben ungehort Daher hielt die Verwaltung an ihrer Politik fest Als Hindenburg und Ludendorff die dritte OHL bildeten versuchte diese die Zwangsarbeitsmassnahmen auf das Reich und die anderen besetzten Gebiete auszudehnen Im Reich sollte das Gesetz uber den vaterlandischen Hilfsdienst in diese Richtung gehen In anderen besetzten Gebieten wurde versucht ahnliche Formen von Zwangsrekrutierungen wie in Ober Ost zu etablieren 16 17 Insbesondere die Aufstellung der Arbeitsbataillone sorgte fur erheblichen Unmut in der Bevolkerung Es kam dagegen sogar in manchen Orten zu Widerstandshandlungen Es bildeten sich aus geflohenen Zwangsarbeitern Banden Diese verubten Ubergriffe auf Dorfer und Einrichtungen der Besatzungsmacht Auch aus dem Ausland kam Kritik Hinzu kam dass sich die deutschfreundliche Haltung der judischen Bevolkerung in ihr Gegenteil verwandelt hatte Obwohl das System der Zwangsarbeit das Arbeitskrafteproblem nicht gelost hatte hielt man in Ober Ost im Gegensatz zu anderen Gebieten auch 1917 noch daran fest Im September 1917 wurden die Arbeitsbataillone zwar offiziell aufgelost aber an den Grundprinzipien der Zwangsarbeit anderte sich kaum etwas 18 19 20 Zwangsarbeit im Generalgouvernement Warschau BearbeitenDie neue dritte Oberste Heeresleitung unter Hindenburg und Ludendorff ubertrug die rigide Politik der Zwangsrekrutierung entgegen der Skepsis der Zivilverwaltung auch auf das Generalgouvernement Warschau 21 Im Oktober 1916 wurde der Zwangscharakter endgultig sichtbar Mit der Verordnung zur Bekampfung der Arbeitsscheu wurde die juristische Basis fur die Verstarkung der Zwangsarbeit noch vergrossert Die Quellenlage ist schwierig Informationen liegen im Wesentlichen aus dem Gebiet Lodz und Warschau vor Der zustandige Polizeiprasident Ernst Reinhold Gerhard von Glasenapp ordnete an dass in Warschau und Lodz Sammelplatze fur Zwangsarbeiter eingerichtet werden sollten Entweder sollte den dort zusammen gefuhrten Arbeitern eine Beschaftigung zugewiesen werden oder Mitarbeiter der Deutschen Arbeiterzentrale sollte sie fur Arbeit in Deutschland anwerben 22 In Warschau weigerte sich die polnische Stadtfuhrung die notigen Unterlagen uber Unterstutzungsempfanger an die Deutschen zu ubergeben Daraufhin wurde dort offenbar auf Zwangsrekrutierungen verzichtet Aus der Gegend von Lodz wurden allerdings etwa 5000 Personen zwangsverpflichtet Etwa die Halfte wurden in Arbeitsbataillone gesteckt und etwa beim Eisenbahnbau in Ostpreussen eingesetzt 22 Neben diesem bekannten Fall aus Lodz gab es weitere Zwangsrekrutierungen im Generalgouvernement Zahlen lassen sich fur sie nicht angeben Die Zivilarbeiterbataillone ZABs dienten zur Durchfuhrung von Infrastrukturprojekten etwa zum Eisenbahn Strassen oder Bruckenbau Die dort Eingesetzten wurden ahnlich wie Kriegsgefangeneneinheiten behandelt und waren oft in Barackenlagern untergebracht Das Verlassen der Lager war untersagt Eine Entlassung fand nur statt wenn die Beschaftigten arbeitsunfahig wurden oder sich anwerben liessen Die Lebens und Arbeitsbedingungen waren hart und der Lohn war sehr niedrig Dafur hatten die Arbeiter neun Stunden am Tag harte korperliche Arbeit zu leisten 23 Die meisten der in Lodz zwangsverpflichteten Menschen waren Juden Deren Auswahl erfolgte offenbar willkurlich Unter den Deportierten waren auch Alte Kranke und Jugendliche Nur etwa die Halfte von ihnen konnte zur Arbeit eingesetzt werden Die Emporung uber diese Massnahme unter den Polen war gross und war auch mit Blick auf die Proklamation des Konigreichs Polen im November 1916 kontraproduktiv Auch wenn die direkten Zwangsmassnahmen sich als wenig wirkungsvoll erwiesen hatten hatten sie indirekt aus Sicht der Deutschen positive Effekte Nunmehr meldeten sich deutliche mehr Freiwillige als zuvor zur Arbeitsaufnahme in Deutschland 12 Uber das weitere Vorgehen gab es in Deutschland unterschiedliche Ansichten Preussisches Kriegsministerium und Reichsamt des Innern waren zu Zugestandnissen bereit um ein Ausweiten der Fluchtbewegungen zu verhindern Die Besatzungsbehorden im Generalgouvernement Warschau schlossen sich dem seit Herbst 1916 ebenfalls an Landwirtschaftliche Interessenvertreter Behorden wie das Kriegsernahrungsamt und die stellvertretenden Generalkommandos lehnten dies ab weil sie um die landwirtschaftliche Produktion furchteten 24 Gegen die Zwangsarbeit erhoben sich Proteste im In und Ausland Dabei spielten insbesondere judische Organisationen eine wichtige Rolle Gerade vor dem Hintergrund der Proklamation eines polnischen Staates trug dies zusammen zu Zugestandnissen auf deutscher Seite bei 21 Letztlich kam es zur Ruckkehr zur Anwerbepolitik Auch die Arbeitsbedingungen der angeworbenen Arbeiter wurden gelockert Seit Dezember 1916 wurde der Wechsel von Wohnort und Arbeitsstelle erleichtert Es wurden Schlichtungsstellen geschaffen und die Moglichkeit von Heimaturlaub der in Deutschland Arbeitenden ausgeweitet Diese Massnahmen reichten aber nicht aus um die Fluchtbewegungen zu stoppen Daher wurden 1917 weitere Zugestandnisse gemacht Es wurden die Urlaubsmoglichkeiten verbessert sowie Kontroll und Fursorgestellen eingerichtet Die Zahl der Anwerbungen stieg bis Kriegsende auf 140 000 an Gegen Kriegsende lebten zwischen 500 000 und 600 000 Arbeitskrafte in Deutschland Gleichwohl blieb die Zahl der Arbeitsentziehungen durch Flucht hoch und die Behorden berichteten in den letzten beiden Kriegsjahren uber eine wachsende Aufsassigkeit der polnischen Arbeiter 25 Zwangsarbeit im Generalgouvernement Belgien Bearbeiten nbsp Gedenktafel in GemblouxIn Belgien war die Bereitschaft in Deutschland zu arbeiten deutlich geringer ausgepragt als im Generalgouvernement Warschau In Belgien gelang es bis Oktober 1916 lediglich 30 000 Arbeiter anzuwerben die vorwiegend in der rheinisch westfalischen Industrie Beschaftigung fanden Organisiert wurden die Anwerbungen in Belgien von einem so genannten Deutschen Industrieclub 9 Die Situation der angeworbenen Belgier war vergleichsweise gunstig Sie konnten im Urlaub ihre Familien besuchen Ebenso durften sie den Gewerkschaften in Deutschland beitreten Es gab Handgelder und Unterstutzungsleistungen fur ihre Familien Arbeitszeit und Lohne entsprachen denen deutscher Arbeiter Auch war die Ernahrungslage in Deutschland besser als in Belgien 25 nbsp Carl Duisberg um 1930 auf einer Fotografie von Nicola PerscheidDie Freiwilligen reichten auf Dauer nicht aus Insbesondere die Schwerindustrie ubte Druck auf die Behorden aus Zwangsmassnahmen zu ergreifen Carl Duisberg Generaldirektor der Bayer Werke appellierte im September 1916 an den preussischen Kriegsminister Offnen Sie das grosse Menschenbassin Belgien Er wie auch andere fuhrender Industrielle etwa Hugo Stinnes die Krupp AG oder Walther Rathenau wollten die Deportation von belgischen Arbeitern zur Verringerung des Arbeitskraftemangels in der Industrie erreichen 26 Diese Forderung aus der Industrie stand in Ubereinstimmung mit der Politik der neuen OHL unter Hindenburg und Ludendorff Gegen den Widerstand der zivilen Verwaltung des Generalgouvernements und auch das Zogern der zivilen Reichsleitung kam der Beschluss zustande arbeitslose Belgier fur die Arbeit in der deutschen Industrie zwangszuverpflichten 26 Seit Oktober 1916 griff man von deutscher Seite zu Zwangsmassnahmen Dies geschah unter Verletzung des Volkerrechts Insgesamt waren davon etwa 61 000 belgische Arbeiter betroffen 9 5 Die Aktion erwies sich aus verschiedenen Grunden als Fehlschlag In Belgien verstarkte sie den Widerstand gegen die deutsche Besatzung Im Ausland loste das Vorgehen der Deutschen Proteste aus Die alliierte Propaganda griff dies umgehend auf und verstarkte damit das durch die Ubergriffe wahrend der Besetzung Belgiens gezeichnete negative Bild der Deutschen Rape of Belgium weiter Besonders negativ waren die Wirkungen auf die offentliche Meinung in den Vereinigten Staaten Dort verstarkten sie die antideutschen Stimmungen Dies war angesichts der Diskussionen uber den Kriegseintritt der USA von erheblicher Bedeutung Auch in Deutschland selbst loste das Vorgehen Kritik etwa von Reichstagsabgeordneten aus 26 5 9 Insgesamt wurden etwa 60 000 arbeitslose Belgier nach Deutschland verbracht Davon musste man aus unterschiedlichen Grunden etwa ein Drittel wieder zuruckschicken Letztlich wurden nur etwa ein Viertel der Zwangsarbeiter in der Industrie eingesetzt Ihre Arbeitsleistungen wurden von den Vorgesetzten als sehr mangelhaft eingeschatzt Die Zwangsarbeiter lebten in Lagern mit schlechten Lebens und Arbeitsbedingungen Etwa 12 000 von ihnen starben Bereits im Februar 1917 wurden diese Massnahmen wieder aufgegeben 9 26 Ulrich Herbert hat an Beispielen aus dem Ruhrgebiet gezeigt dass es Unterschiede zwischen der offiziellen Ebene und der Praxis vor Ort gab Wahrend man insgesamt zu einer Politik des Arbeitsanreizes zuruckkehrte wurden die Arbeiter in den Betrieben und von untergeordneten Verwaltungsstellen desto harter behandelt Es entwickelte sich ein Prozess mit eigener Dynamik 27 Eine grosse Zahl belgischer Zwangsarbeiter war auch im Kriegsgefangenenlager Meschede untergebracht 28 Nach dem Ende der Zwangsrekrutierungen und bestimmten Zugestandnissen nahm die Zahl der Belgier die in Deutschland freiwillig arbeiteten zu 25 Trotz der recht kurzen Dauer blieb die Zwangsarbeit in Belgien als ein besonderes Kennzeichen der deutschen Besatzungspolitik im kollektiven Gedachtnis 29 Beurteilungen BearbeitenUlrich Herbert sah seine Untersuchung der Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg auch als Frage nach der Vorgeschichte der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg Die Massnahmen seit 1914 stellten danach das einzige Erfahrungsfeld dar auf das die deutschen Behorden seit 1939 zuruckgreifen konnten und dies auch taten 30 In seiner Geschichte des Ersten Weltkrieges urteilt Oliver Janz dass zwar die ideologischen Rahmenbedingungen wahrend des Zweiten Weltkriegs ganzlich andere waren gleichwohl konnen die Zwangsarbeitereinsatze wahrend des Ersten Weltkrieges als Erfahrungsraum fur den Zweiten Weltkrieg gesehen und damit als eine Etappe in der bis zum Aussersten gefuhrten Entgrenzung des Krieges gesehen werden 31 Am deutlichsten waren die Parallelen zur Politik des Nationalsozialismus in Ober Ost Der Historiker Christian Westerhoff meint Ober Ost lasst sich somit als ein wichtiges Laboratorium der Zwangsarbeit und des totalen Kriegs bezeichnen ein Umstand dem die Forschung zukunftig mehr Rechnung tragen sollte 32 Literatur BearbeitenLudger Heid Im Reich Ober Ost In Die Zeit 9 2014 Onlineversion Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In Archiv fur Sozialgeschichte 14 1984 S 285 304 Onlineversion Eberhard Kolb Katastrophale Lebensbedingungen Zwangsarbeit von Belgiern in Deutschland wahrend des Ersten Weltkrieges In Frankfurter Allgemeine Zeitung 11 August 2008 Onlineversion Kai Rawe wir werden sie schon zur Arbeit bringen Auslanderbeschaftigung und Zwangsarbeit im Ruhrkohlenbergbau wahrend des Ersten Weltkrieges Klartext Essen 2005 ISBN 3 89861 460 3 Jens Thiel Menschenbassin Belgien Anwerbung Deportation und Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Klartext Essen 2007 ISBN 978 3 89861 563 1 zugleich Dissertation an der Humboldt Universitat zu Berlin 2003 Jens Thiel Slave Raids During the First World War Deportation and Forced Labor in Occupied Belgium historikerdialog eu Memento vom 15 August 2014 im Internet Archive PDF Jens Thiel Christian Westerhoff Forced Labour In Ute Daniel u a 1914 1918 online International Encyclopedia of the First World War Berlin 2014 doi 10 15463 ie1418 10380 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Rekrutierung von Arbeitskraften aus Polen und dem Baltikum fur die deutsche Kriegswirtschaft 1914 1918 In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 143 163 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Deutsche Arbeitskraftepolitik im besetzten Polen und Litauen 1914 1918 Schoningh Paderborn 2012 ISBN 978 3 506 77335 7 33 Weblinks BearbeitenZwangsarbeit wahrend des Ersten Weltkrieges auf den Seiten des BundesarchivsEinzelnachweise Bearbeiten Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 144 f Volker Weiss Die Arbeitskraft als Kriegsbeute In Jungle World 22 2014 Onlineversion Jorn Leonhard Die Buchse der Pandora Munchen 2014 S 720 Michael Pesek Das Ende eines Kolonialreiches Ostafrika im Ersten Weltkrieg Frankfurt am Main 2010 S 159 a b c d Oliver Janz 14 der grosse Krieg Frankfurt am Main 2013 S 129 Ulrich Herbert Fremdarbeiter Politik und Praxis des Auslandereinsatzes in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches Neuauflage Bonn 1999 S 31 a b c Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 288 f Ulrich Herbert Fremdarbeiter Politik und Praxis des Auslandereinsatzes in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches Neuauflage Bonn 1999 S 33 a b c d e Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 289 a b c Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 145 f Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 290 a b Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 291 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 181 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 152 Ludger Heid Im Reich Ober Ost In Die Zeit 9 2014 Onlineversion Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Deutsche Arbeitskraftepolitik im besetzten Polen und Litauen 1914 1918 Buchvorstellung auf recensio net A Strazhas Deutsche Ostpolitik im ersten Weltkrieg Der Fall Ober Ost 1915 1917 Wiesbaden 1993 S 38 f Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 156 f Oliver Janz 14 der grosse Krieg Frankfurt am Main 2013 S 139 Ludger Heid Im Reich Ober Ost In Die Zeit 9 2014 Onlineversion a b Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 158 a b Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 149 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg In Dieter Bingen Peter Oliver Loew Nikolaus Wolf Hrsg Interesse und Konflikt Zur politischen Okonomie der deutsch polnischen Beziehungen 1900 2007 Wiesbaden 2008 S 150 Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 292 a b c Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 293 a b c d Eberhard Kolb Katastrophale Lebensbedingungen Zwangsarbeit von Belgiern in Deutschland wahrend des Ersten Weltkrieges In Frankfurter Allgemeine Zeitung 11 August 2008 Onlineversion bei Kolbs Beitrag handelt es sich um eine Rezension zu Jens Thiel Menschenbassin Belgien Anwerbung Deportation und Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Essen 2007 vergl Jens Thiel Slave Raids During the First World War Deportation and Forced Labor in Occupied Belgium historikerdialog eu Memento vom 15 August 2014 im Internet Archive PDF Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 301 Werner Neuhaus Belgische Zwangsarbeiter im Kriegsgefangenenlager Meschede im Ersten Weltkrieg Munster 2020 Jorn Leonhard Die Buchse der Pandora Munchen 2014 S 284 Ulrich Herbert Zwangsarbeit als Lernprozess Zur Beschaftigung auslandischer Arbeiter in der westdeutschen Industrie im ersten Weltkrieg In AfS 14 1984 S 285 287 503 f Oliver Janz 14 der grosse Krieg Frankfurt am Main 2013 S 128 Christian Westerhoff Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg Deutsche Arbeitskraftepolitik im besetzten Polen und Litauen 1914 1918 Buchvorstellung auf recensio net Buchvorstellung auf recensio net Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg amp oldid 225412892