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Zunbil Zunbil war in fruhislamischer Zeit d h bis ins 9 Jh der lokale Herrschertitel der nichtmuslimischen Fursten von Zabulistan und Zamindawar dem antiken Arachosien arab ar Ruḫḫaǧ im heutigen Afghanistan Genau wie das benachbarte Ghur und andere unzugangliche Gebiete Irans konnte sich das Zunbil Furstentum einer Unterwerfung durch die Araber siehe islamische Expansion lange Zeit erfolgreich erwehren und wurde infolgedessen auch erst sehr spat islamisiert In den arabischen historischen Quellen wird der Herrschertitel meist in der Form Rutbil bzw Ratbil wiedergegeben 1 Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Geschichte 2 1 Chronologie der wichtigsten Ereignisse 3 Alternative Deutungsversuche 4 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenVermutlich handelt es sich um einen theophoren Titel der das Wort Zun bzw Zun beinhaltet 2 den Namen des angeblichen Gottes einer mysteriosen Religionsgemeinschaft in der Region Zamindawar nordwestlich des heutigen Kandahar uber die in arabischen und saffaridischen Quellen berichtet wird Der Glaube und Kult dieser Gemeinschaft ist nur wenig erforscht Nach der Interpretation chinesischer Quellen durch Marquarts und de Groots 1915 soll der Konig von Ts ao eine Krone mit goldenem Fischkopf getragen haben und mit den Sogdiern verwandt gewesen sein Der Tempel des Zun sei durch ein grosses ausgestelltes Fischskelett zu erkennen gewesen sein dies deute auf eine Handelsgottheit hin 3 Es steht fest dass die Zunbils mit Sicherheit keine Zoroastrier und auch keine Buddhisten waren 4 Ein anderer Vorschlag ist die Ableitung von dem persischen Cognomen zanda pil lebhafter Elefant den angeblich die arabischen Eroberer dem Zunbil gegeben haben als sie ihm auf dem Schlachtfeld gegenuberstanden Diese Herleitung ist zwar historisch belegt aus diversen Grunden aber eher unglaubwurdig 1 Die wenigen historischen auf Arabisch verfassten Quellen sind unsicher bezuglich der korrekten Aussprache des Wortes Es werden verschiedene Ausspracheformen angegeben die allesamt auf die mittelpersische Schreibweise ZNBYL bzw ZUBYL zuruckzufuhren sind Die unterschiedliche Lesung der ersten beiden Silben als ZU oder ZN ergibt sich aus der Ligatur der ersten beiden Zeichen in der mittelpersischen Pahlavi Schrift Bevorzugt man die Lesung mit ZU kann die Endsilbe L durch einen Rhotazismus zum R werden was aber nicht die Regel ist 5 Somit ist auch eine Lesung als Zubil oder Zubir arabisiert Zubair problemlos moglich 6 Geschichte Bearbeiten nbsp Eine ins spate 7 oder fruhe 8 Jahrhundert datierte Munze aus der Region Baktrische Beschriftung Sero Die mit den Kabul Schahs verbundeten Zunbil welche moglicherweise mit den historischen Hephthaliten verwandt waren gehorten rund 200 Jahre lang vom 7 bis zum 9 Jahrhundert christlicher Zeitrechnung zu den erbittertsten Gegnern des muslimischen Kalifats und waren als solche immer wieder das Ziel von Feldzugen So wurde das Territorium des Zunbils zwar wiederholt besetzt und der Furst zeitweilig gezwungen Tribut zu entrichten doch gelang es weder den Umaiyaden noch den Abbasiden die gebirgige Region im Osten des heutigen Afghanistans dauerhaft unter die Herrschaft des Islams zu bringen Erst mit dem Aufstieg der persischen Saffariden in Chorasan und dem militarischen Siegeszug des Yaqub ibn al Laith as Saffar nach Kabul fand die Zunbil Herrschaft praktisch ihr Ende und die Region konnte in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich islamisiert werden 1 Chronologie der wichtigsten Ereignisse Bearbeiten 661 unter Muawiya I nachdem er bereits unter dem dritten Kalifen Uthman weite Teile des Gebiets ostlich von Sistan unterworfen und dabei in Zamindawar eine goldene Statue des Gottes Zun mit zwei Rubinen als Augen erbeutet hatte erobert Abd ar Rahman ibn Samura im Auftrag Abdullah ibn Amirs des umaiyadischen Gouverneurs von Basra Bust und andere Besitzungen des Zunbils zuruck und nimmt zudem auch Kabul ein nach 665 die arabische Herrschaft uber das Zunbil Furstentum geht wieder verloren 673 der Zunbil muss sich bereit erklaren 1 Mio Dirham Tribut an das Kalifat zu zahlen 681 ein arabisches Heer unter Yazid ibn Ziyad wird vom Zunbil geschlagen 685 der Zunbil kann geschlagen und getotet werden nachdem er zuvor nach 683 Sistan angegriffen hatte 693 94 der neue Zunbil kann ein arabisches Heer zuruckschlagen 698 auch eine Strafexpedition nach Zabulistan unter Ubaidallah ibn Abi Bakra scheitert am erbitterten Widerstand des Zunbils 699 Abd ar Rahman ibn al Aschath versucht das Territorium des Zunbils systematisch zu unterwerfen Einrichtung von Garnisonen zieht sich dann aber gegen al Haddschadsch ibn Yusuf rebellierend wieder zuruck 711 Qutaiba ibn Muslim zwingt den Zunbil Tribut zu entrichten unter Umar II reg 717 20 der Zunbil stellt die Tributzahlungen an das Kalifat wieder ein 865 Sklaven und grosse Reichtumer erbeutend erobert der Saffaridenherrscher Yaqub ibn al Laith auch den Osten des heutigen Afghanistans und totet dabei den mit Salih ibn an Nadr verbundeten Zunbil namens Kabk wahrend andere Mitglieder der Herrscherfamilie gefangen genommen werden 867 ein Cousin des Zunbils welcher zum Statthalter der Saffariden in Ruḫḫaǧ ernannt worden war versucht erfolglos gegen Yaqub zu rebellieren 869 dem Sohn des Zunbils Firuz ibn Kabk gelingt es aus Bust zu fliehen und ein Heer aufzustellen muss sich jedoch nach Kabul zuruckziehen wo ihn Yaqub 870 oder 872 bei der Eroberung der Stadt schliesslich doch wieder zu fassen bekommtAlternative Deutungsversuche BearbeitenDem deutschen Numismatiker und Iranisten Volker Popp zufolge dessen Arbeiten im Rahmen der Forschungsgruppe Inarah um Karl Heinz Ohlig und Christoph Luxenberg veroffentlicht werden 7 bildet der Titel Zunbil der in der mittelpersischen Form ZNBYL an zum Zunbil gehorend mit dem mittelpersischen Patronym Suffix an uber mehrere Jahre hinweg 53 69 AH auf Inschriften in der Region Kirman nachweisbar ist die ursprungliche Rahmengeschichte des Gegenkalifats von Abdallah ibn az Zubair in der traditionellen islamischen Geschichtsschreibung Dieser neuen aber in der Islamwissenschaft nur wenig beachteten These zufolge die im krassen Gegensatz zur traditionellen Geschichtsschreibung steht basiert die Geschichte des Gegenkalifats auf einer Fehllesung und interpretation mittelpersischer Quellen indem der Titel der Widersacher des Kalifats von spateren muslimischen Geschichtsschreibern nicht als Zunbil sondern arabisiert Zubair missinterpretiert wurde und dementsprechend eine neue Rahmengeschichte diesmal in Mekka und nicht im Osten Irans um den fiktiven Abdallah ibn az Zubair erfunden wurde um gewisse historische Ereignisse erklaren zu konnen Diese Beobachtung korreliert zum Teil mit Munzfunden im Osten des ehemaligen Kalifats aus der alten sassanidischen Pragungsstatte Darabgard arab Darabdschird die traditionell Abdallah ibn az Zubair zugeschrieben werden Auf den Munzen ist zwar ein nicht naher bezeichneter Abdallah ʿAbd Allah bezeugt dieser als Knecht Gottes zu ubersetzende Titel war die ubliche Bezeichnung der Herrscher und findet sich auch auf allen umaiyadischen Munzen dieser wird aber in den zeitgleich fertiggestellten Inschriften von Kirman eindeutig als ein ZNBYL an bestatigt d h der den Zunbil zugehorige Knecht Gottes Auch eine kurzzeitige Oberherrschaft der Hephthaliten im nunmehr umaiyadischen Marw ist durch Munzpragungen historisch gesichert 8 Hinzu kommt die Beobachtung dass sich das Herrschaftsgebiet az Zubairs im Iran gemass der traditionellen Geschichtsschreibung mit dem der ZNBYL an deckt Ausserdem gibt es auch gemass der etablierten Islamforschung keine archaologischen oder von der traditionellen muslimischen Geschichtsschreibung unabhangigen Belege fur das Wirken oder fur die Existenz eines Abdallah ibn az Zubair auf der arabischen Halbinsel 6 Einzelnachweise Bearbeiten a b c C E Bosworth Zunbil In Encyclopaedia of Islam EI2 Brill Leiden CD Version Joseph Marquart Johann Jakob Maria de Groot Das Reich Zabul und der Gott Zun vom 6 9 Jahrhundert In Gotthold Weil Hrsg Festschrift Eduard Sachau zum siebzigsten Geburtstage gewidmet von Freunden und Schulern Reimer Berlin 1915 S 248 292 H Miyakawa und A Kollautz Ein Dokument zum Fernhandel zwischen Byzanz und China zur Zeit Theophylakts In Byzantinische Zeitschrift S 14 Anhang De Gruyter Januar 1984 ISSN 1868 9027 C E Bosworth Zun In Encyclopaedia of Islam EI2 Brill Leiden CD Version Henrik Samuel Nyberg A Manual of Pahlavi Harrassowitz Wiesbaden 1964 S 158 a b Volker Popp Biblische Strukturen in der islamischen Geschichtsdarstellung In Markus Gross Karl Heinz Ohlig Hrsg Schlaglichter Die beiden ersten islamischen Jahrhunderte Inarah Schriften zur fruhen Islamgeschichte und zum Koran Bd 3 Schiler Berlin 2008 ISBN 978 3 89930 224 0 S 35 92 hier S 87 ff vgl Inarah Institut zur Erforschung der fruhen Islamgeschichte und des Koran Saarbrucken 2011 Homepage der offiziellen Website vgl John Walker Some New Arab Sassanian Coins In The Numismatic Chronicle and Journal of the Royal Numismatic Society 6th Series Bd 12 1952 ISSN 0078 2696 S 106 110 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zunbil amp oldid 222837455