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Als Wundervolker Fabelvolker oder monstrose Volker wurden die in der Antike beschriebenen fremdartigen Volker und monstrosen Menschenrassen lat monstra zusammengefasst Wundervolker der Schedelschen Weltchronik Vierbeinige und Zweikopfige Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung in Zeitgeist und Zeitgeschichte 2 Vertreter 3 Karten 4 Theologie 5 Skandinavien 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEinordnung in Zeitgeist und Zeitgeschichte BearbeitenQuellen des Wissens um die Wundervolker waren unter anderem die Alexanderromane die Naturalis historia 77 n Chr von Plinius die Collectanea rerum memorabilium Gesammelte Denkwurdigkeiten von Solinus Das wichtigste Buch hierzu ist das spatantike Buch Physiologus Auch im Mittelalter wurde das Wissen um die Wundervolker kritiklos ubernommen Die Wundervolker unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den normalen Menschen So zeichnen sie sich teils durch einen Uberschuss teils durch einen Mangel an Armen und Beinen Kopfen und Augen sowie durch die ungewohnlichen Proportionen einzelner Gliedmassen oder deren offenkundig falsche Platzierung aus Sie weisen besondere korperliche Merkmale auf wie etwa Gliedmassen die um ein Vielfaches grosser sind als die normaler Menschen oder denen von Tieren gleichen Wundervolker unterscheiden sich von gewohnlichen Menschen in ihrem Wohnort ihren Brauchen ihren sexuellen Gewohnheiten oder ihren Essgewohnheiten Die Geschichte der Wundervolker sowie der Glaube an ihre tatsachliche Existenz reicht weit bis in die Antike zuruck Die Wundervolker sind ein typischer Beleg fur das traditionsbehaftete Denken im vormodernen Weltbild das nicht zwischen realistischen und fabulosen Beschreibungen unterschied Uberlieferte Nachrichten wurden nicht einer realistischen Einschatzung unterworfen In jungeren Untersuchungen werden die Berichte uber die Wundervolker des Ostens auch als Ausdruck eines pra rassistischen Denkens interpretiert 1 Der Begriff der monstrosen Volker Wundervolker wurde im Mittelalter anders als heute interpretiert er war auch mit dem Wunderbaren verknupft Im Gegensatz zum heutigen Begriff Monster dem ausschliesslich eine negative erschreckende oder beangstigende Qualitat zugeschrieben wird Nach Jean Ceards hatte der Terminus Monster in der Antike drei verschiedene Bedeutungen Er bezeichnete 2 Fehler der Natur von den Gottern gesandte Vorzeichen aussergewohnliche fremde VolkerVertreter BearbeitenZu den Wundervolkern zahlen unter anderen Acephale Kopflose siehe auch Blemmyer Mittelalter Amazonen Antipoden Volk ihre Fusse sind nach hinten gerichtet weshalb sie nur ruckwarts gehen konnen Arimaspen Einaugige Monoculi Astomi Mundlose Hippomolgi Pferdemelker leben nur von Pferdemilch Ichthyophagen Fischfresser Kynokephale Hundskopfige Mantikor Menschlowe Panoti Ohrenmenschen Pygmaen Mythologie ca 50 cm gross Skiapoden Einfussler Troglodyten Hohlenbewohner Vogelmenschen Menschen die Elefanten uberspringen konnenDiese Vorstellungen uber fremdartige Volker leiteten sich aus der antiken Mythologie her aus den Fabelwesen des Orients und aus erfundenen orientalischen Reiseberichten insbesonderen indischen und Berichten von Seefahrern Megasthenes beschrieb Einaugige Arimaspen und Mundlose Astomi ebensolche Beschreibungen gibt es von Ktesias von Knidos und Skylax Besonders Indien uber das bis zum Alexanderzug nur wenige zuverlassige Informationen vorlagen galt den Griechen als ein Wunderland am Rande der Welt In diversen antiken Werken wurden bezuglich Indien neben zutreffenden Aussagen auch Fabelgeschichten verarbeitet In der Vorstellungswelt der Antike uber fremdartige Volker wurden Wundervolker und mythisch marchenhafte oder mythisch exotische Fabelwesen Riesen Zwerge Drachen Monster Ungeheuer an das Ende der Welt lokalisiert Sie gehorten zur geglaubten Realitat und waren noch bis ins Mittelalter ein fester Bestandteil der Vorstellungswelt Eine klare Unterscheidung zwischen den vielfaltig verwendeten tiermetaphorischeren Beschreibungen der Wundervolker Waldmenschen Monster Meerwunder und monstroser Ungeheuer ist nicht immer moglich In der Alexanderdichtung Alexanderroman wurde den Wundervolkern auf Alexanders Weg nach Indien ein breiter Raum gegeben sie wurden auf dem Weg dorthin oder in Indien angesiedelt Karten Bearbeiten nbsp Wundervolker in Afrika sudlich des Nils auf der um 1280 entstandenen Weltkarte von Hereford Ein und Vieraugige sowie Kopflose mit Augen und Mund in der BrustIn der Kartografie vor und nach der Zeit der grossen Entdeckungen wurden solchen Wundervolker und Fabelwesen in bis dahin noch nicht kartografierten Regionen angesiedelt gemeinsam mit exotischen Tieren Fabeltieren wie z B das Einhorn Erst spater wurde auf ihre Darstellung in Karten verzichtet und noch nicht erforschte Gebiet als weisse Flecken dargestellt Auf der Hereford Weltkarte sind zahlreiche Vertreter der Wundervolker abgebildet In Afrika befinden sich im Sudwesten ein Leopard und ein Basilisk in Athiopien ein Einhorn und im Suden fabelhafte Menschenrassen Sudlich von Afrika werden nackte Gangines vieraugige Maritimi kopflose Blemmyae die Psilli Hermaphroditen Mundlose Einfusser Ohrenlose im Osten links davon schon in Asien die gehornten Satyren und die Lippenschattler abgebildet In Asien findet man ein Krokodil das von einem Mann geritten wird zwei Drachen auf Ceylon in Ostindien einen Elefant mit einem Turm auf dem Rucken einen Kranichschnabler ein Mensch mit Gesicht und Hals eines Kranichs mit Stock einen Pelikan der sich die Brust aufreisst einen Minotaurus Greife die gegen Pygmaen kampfen und zwei kannibalische Anthropophagen die menschliche Gliedmassen zerstuckeln und verzehren 3 Auf der Ebstorfer Weltkarte sind in Afrika Anthropophagen vieraugige sowie nasen oder zungenlose Menschen Kynocephali und Troglodyten dargestellt Theologie BearbeitenSeit der Antike gab es theologische Auseinandersetzungen mit der Frage ob es die Wundervolker gebe und wenn ja ob sie Menschen seien 4 Davon hing aus kirchlicher Sicht ab ob auch ihnen das Wort Gottes verkundet werden musse Eine fruhe und sehr einflussreiche Position formulierte Augustinus Man musse zwar nicht glauben dass es alle Wundervolker gebe aber er ging davon aus dass Gott Wundervolker ebenso wie einzelne monstrose Menschen geschaffen habe Wenn diese menschlich seien so mussten sie auch von Adam und Noah abstammen Nach der Auffassung der Kirchenvater und Gelehrten waren diese homini monstrosi letztlich Gottes Werk und auch ihnen musste das Evangelium gebracht werden Haufig wurde eine Abstammung von Kai vermutet dessen Verfluchung durch Gott an seinen Nachkommen in Form von Anomalien sichtbar geworden sei Skandinavien BearbeitenDie Altnordische Kosmographie zahlt zahlreiche Wundervolker auf die man in Skandinavien aus der Stjorn das im 14 Jahrhundert ins Altnorwegische ubersetzte Alte Testament kannte 5 Unter anderem Menschenfresser Anthropophagi das aus dem alten Testament bekannte Doppelvolk der Gog und Magog Elternmaster oder Elternfresser Patrophagi sind auch Menschenfresser Strohhalmtrinker Astomi oder Mundlose Astomes Kleinmundler Apfelriecher sonst Astomi sie leben vom Geruch der Apfel Allesfresser Panphagi Giftimmune Weissgebarende Macrobii werden mit weissen Haaren geboren dunkeln spater nach identisch mit den Achtfingrigen Langlebige werden 200 Jahre alt Pilosi Ippopodes mit Perdefussen Arhines Flachgesichter ohne Nase Amycteres Lippenschattler Zungenlose Gramantes in Afrika Siehe auch BearbeitenListe von Fabelwesen FabelwesenLiteratur BearbeitenRudolf Simek Monster im Mittelalter Die phantastische Welt der Wundervolker und Fabelwesen Bohlau Koln Weimar Wien 2015 ISBN 978 3 412 21111 0 John Block Friedman The Monstrous Races in Medieval Art and Thought Syracuse University Press 2000 ISBN 9780815628262 Marion Michaela Steinicke Apokalyptische Heerscharen und Gottesknechte Wundervolker des Ostens vom Untergang der Antike bis zur Entdeckung Amerikas Dissertation Humboldt Universitat Berlin Berlin 2005 Werner Wunderlich Damonen Monster Fabelwesen Eine kleine Einfuhrung in Mythen und Typen phantastischer Geschopfe In Ulrich Muller Werner Wunderlich Mittelalter Mythen 7 Bde Bd 2 Damonen Monster Fabelwesen Verlag UvK St Gallen 1999 ISBN 9783908701040 S 11 38 Weblinks BearbeitenAbbildungen verschiedener Wundervolker Wikisource Wundervolker in der Schedelschen WeltchronikEinzelnachweise Bearbeiten Greta Austin Marvelous Peoples or Marvelous Races Race and the Anglo Saxon Wonders of the East In Thomas S Jones Hrsg David A Sprunger Hrsg Marvels Monsters and Miracles Studies in Medieval and Early Modern Imaginations Studies in Medieval Culture Bd 42 Nach Jean Ceards La Nature et les prodiges in Travaux d Humanisme et Renaissance Bd 158 Genf 1977 S 32 Ivan Kupcik Alte Landkarten Von der Antike bis zum Ende des 19 Jahrhunderts Verlag Dausien Werner 7 Auflage 1998 ISBN 9783768418737 Marina Munkler Die Worter und die Fremden Die monstrosen Volker und ihre Lesarten im Mittelalter In Hybride Kulturen im mittelalterlichen Europa Akademie Verlag 2010 ISBN 978 3 05 004966 3 S 27 49 doi 10 1524 9783050049663 27 Rudolf Simek Altnordische Kosmographie Studien und Quellen zu Weltbild und Weltbeschreibung in Norwegen und Island vom 12 bis zum 14 Jahrhundert Walter de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012181 6 bei google books Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wundervolker amp oldid 231658692