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William Louis Stern geboren als Ludwig Wilhelm Stern 1 29 April 1871 in Berlin 27 Marz 1938 in Durham North Carolina war ein bedeutender deutscher Psychologe Begrunder der Differenziellen Psychologie und Entwickler des ersten Intelligenzquotienten Er war Mitbegrunder der Universitat Hamburg der Deutschen Gesellschaft fur Psychologie DGPs und der Zeitschrift fur angewandte Psychologie Als Philosoph vertrat er den Personalismus William Stern war der Vater der Ubersetzerin und Widerstandskampferin gegen den Nationalsozialismus Hilde Marchwitza 1900 1961 des Philosophen Essayisten Prosadichters und Lyrikers Gunther Anders 1902 1992 und der Mitbegrunderin und Leiterin der Arbeitsgemeinschaft fur Kinder und Jugend Alijah in Berlin spater London und Widerstandskampferin Eva Michaelis Stern 1904 1992 2 Der Gestaltpsychologe und Psychoanalytiker Erwin Levy war sein Neffe Hannah Arendt fur eine Zeit seine Schwiegertochter William Stern um 1931William als Sohn 1884 William als Vater Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wissenswertes 3 Nachlass 4 William Stern Gesellschaft e V 5 Schriften Auswahl 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWilliam Stern Sohn von Sigismund Stern 1837 1890 und Rosa Stern geb Stern 1839 1896 und Enkelsohn des judischen Reformers Sigismund Stern 1812 1867 entstammte einem assimilierten judischen Elternhaus in Berlin Er promovierte 1893 an der Universitat Berlin bei Moritz Lazarus und habilitierte sich 1897 unter der Anleitung des Psychologen Hermann Ebbinghaus 3 Er heiratete Clara Joseephy die Tochter eines beguterten Berliner Elternhauses mit der er drei Kinder hatte Hilde 1900 1962 Gunther 1902 1992 und Eva 1904 1992 Die von ihm und seiner Frau in der Zeit von 1900 bis 1918 akribisch gefuhrten Tagebucher haben als Tagebuchmethode fur die Entwicklungspsychologie grosse Bedeutung erlangt Die Computer Transkription dieser Aufzeichnungen ist uber die Datenbank CHILDES heute weltweit zuganglich Stern war 1904 Grundungsmitglied der Deutschen Gesellschaft fur Psychologie Gemeinsam mit Otto Lipmann 1880 1933 grundete Stern 1906 das Institut fur angewandte Psychologie und psychologische Sammelforschung Ein Jahr spater erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift fur angewandte Psychologie die Stern ebenfalls zusammen mit Lipmann veroffentlichte Er beschaftigte sich in seinem Lehrstuhl fur Padagogik in Breslau eingehend mit der theoretischen Weiterentwicklung der Psychologie des Kindes Aus der wissenschaftlichen Auswertung der von den Eheleuten Stern gemeinsam betriebenen Langzeitstudie der Beobachtungs Tagebucher entstanden die noch heute beachteten Fachbucher Die Kindersprache 1907 Erinnerung Aussage und Luge in der ersten Kindheit 1908 sowie Psychologie der fruhen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr 1914 Stern war ebenfalls ein Neuerer darin wissenschaftliche Methoden zur Untersuchung der Glaubwurdigkeit von jugendlichen Zeugenaussagen zu entwickeln Hierin wurde Stern 1903 als erster Gerichtspsychologe in Deutschland uberhaupt und spater haufig bei Gerichtsverfahren tatig Eher kritisch verhielt er sich gegenuber Freuds Psychoanalyse Er verfasste 1913 eine Warnung vor dem Ubergriff der Jugend Psychoanalyse sowie kritische Stellungnahmen in Zeitschriften auf wissenschaftlicher Ebene 1909 erhielten Freud Carl Gustav Jung und Stern gemeinsam die Ehrendoktorwurde der Clark University Sie trafen sich erneut 1928 auf einem Wiener Kongress aber die Gegnerschaft blieb Heinz Werner sollte hier spater die personalistische Tradition Sterns fortsetzen 1911 begrundete Stern mit seinem gleichnamigen Fachbuch gleichsam die Differenzielle Psychologie Stern beschaftigte sich zunehmend mit Fragen der Intelligenzforschung wobei er insbesondere auf die hauptsachlich von Alfred Binet entwickelten Testverfahren zuruckgriff 1912 schlug Stern eine von Binet abweichende neue Art der Berechnung des Intelligenzgrades eines Kindes vor und pragte dabei den Begriff des Intelligenzquotienten Dieser Begriff setzte sich in den folgenden Jahren durch und wurde als IQ einer der bekanntesten psychologischen Begriffe uberhaupt Einen Ruf an die Berliner Universitat also in seine Heimatstadt lehnte er ab da er obligatorisch mit dem Ubertritt zur christlichen Konfession verknupft wurde Am 1 Marz 1916 ubernahm er nach dem Tode von Ernst Meumann einen Lehrstuhl am Allgemeinen Vorlesungswesen in Hamburg 4 Als im November 1918 die Soldaten darunter viele Studenten aus dem Ersten Weltkrieg zuruckkehrten rief William Stern zusammen mit den Professoren des zu dieser Zeit bestehenden Hamburgischen Kolonialinstituts eine Universitat gab es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht private Universitatskurse ins Leben Diese Kurse fanden einen enormen Zuspruch was schliesslich 1919 zur Grundung der Universitat Hamburg fuhrte William Stern ubernahm die Leitung des Philosophischen zusammen mit Ernst Cassirer und des Psychologischen Instituts zusammen mit Heinz Werner der Universitat Hamburg Denn in der weltoffenen liberalen Hansestadt herrschten weniger Vorurteile gegen seine Konfession Zu seinen standigen Wissenschaftlichen Mitarbeitern am Psychologischen Institut gehorte ab 1919 der sich mit Intelligenzforschung Berufpsychologie Berufseignung und der Berufsberatung Hirnverletzter beschaftigende Erich Stern 5 Einer seiner Studenten war Gordon Allport Von 1918 bis 1924 publizierte er seine Reihe Person und Sache Band I III die sich speziell mit dem Personalismus befasste Er definierte die Psychologie als Schnittpunktwissenschaft als Anteil habend an allen drei Bereichen namlich der Geistes Sozial sowie Biowissenschaften Ab 1921 gehorte Stern zum Vorstand der 1904 gegrundeten Deutschen Gesellschaft fur Psychologie wurde 1929 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewahlt 1931 tagte der Kongress der Gesellschaft in Hamburg und Stern wurde zum Vorsitzenden der Gesellschaft gewahlt Am 31 Oktober 1933 verlor er seine Professorenstelle unter unwurdigen Umstanden als er von den Nationalsozialisten aus dem Universitatsdienst entfernt wurde 6 1933 floh das Ehepaar Stern gewarnt von seinem 31 jahrigen Sohn Gunther hinsichtlich der Vernichtungsdrohung vor der einsetzenden Judenverfolgung des Naziregimes ins Exil zunachst in die Niederlande In der Emigration verfasste er Die allgemeine Psychologie auf personalistischer Grundlage die er 1935 bei einem niederlandischen Verlag in seiner Muttersprache drucken liess Spater flohen die Sterns wegen der drohenden deutschen Besetzung der Niederlande weiter in die USA Im Staat North Carolina erhielt Stern an der Duke University in Durham eine Professur die er bis an sein Lebensende 1938 ausfullte Wissenswertes BearbeitenStern ist auch bekannt fur seine 1905 erstmals eingefuhrte Bezeichnung des Deutungspfuschers mit der er Psychologen beschrieb die ihren Beruf dazu nutzen ihre Privatmeinung und ihre personlichen Einstellungen und Vorurteile als psychologische wissenschaftliche Erkenntnis zu verkaufen Mit der geistlosen Anwendung des von ihm erfundenen Intelligenzquotienten als Schnelltest fur die Intelligenz sei er so erinnerte sich Sohn Gunther nicht einverstanden gewesen Die Annahme dass Anstreichenkonnen Denkenkonnen beweise verrat den tiefsten IQ und ein totales Bildungsmanko 7 Nachlass BearbeitenDer wissenschaftliche Nachlass William Sterns wird an der National Library of Israel aufbewahrt William Stern Gesellschaft e V BearbeitenZu Ehren von William Stern hat sich die 1982 gegrundete William Stern Gesellschaft e V an der Universitat Hamburg seinen Namen gegeben und fordert mathematisch hochbegabte Jungen und Madchen ab Klassenstufe 7 Die Zielsetzung dieser Forderung liegt im Sinne des Namensgebers primar in der Entwicklung der mathematischen Kreativitat und Intelligenz und nur untergeordnet auch in der Vermittlung von formalen Verfahren zur Losung mathematischer Aufgaben Aus der Forderung der William Stern Gesellschaft sind zahlreiche Sieger nationaler und internationaler Mathematikwettbewerbe wie dem Bundeswettbewerb Mathematik der Deutschen Mathematikolympiade der Europaischen Mathematikolympiade und der Internationalen Mathematikolympiade hervorgegangen Schriften Auswahl Bearbeiten Kindersprache 1907 Kindheit 5 Auflage 1928 Verlagsanzeige 1928 chronologisch nach Erstausgabejahr Die Analogie im volkstumlichen Denken Eine psychologische Untersuchung von Dr L William Stern Philos Histor Verlag Dr R Salinger Berlin 1893 Psychologie der Veranderungsauffassung Verlag Preuss und Junger Breslau 1898 Uber Psychologie der individuellen Differenzen Ideen zu einer differentiellen Psychologie Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1900 Beitrage zur Psychologie der Aussage Mit besonderer Berucksichtigung von Problemen der Rechtspflege Padagogik Psychiatrie und Geschichtsforschung Herausgegeben von L William Stern Zweite Folge Drittes Heft Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1905 Helen Keller Die Entwicklung und Erziehung einer Taubstummblinden als psychologisches padagogisches und sprachtheoretisches Problem Verlag von Reuther amp Reichard Berlin 1905 Die Kindersprache Eine psychologische und sprachtheoretische Untersuchung Monographien uber die seelische Entwicklung des Kindes Von Clara und William Stern Band I Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1907 Nachdruck Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1987 1 2 Vorlage Toter Link www frauenbuch de 1 Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Juli 2021 Suche in Webarchiven Die differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen Nachdruck der 2 Auflage Barth Leipzig 1911 Huber Bern u a 1994 Die psychologischen Methoden der Intelligenzprufung und deren Anwendung an Schulkindern Sonderabdruck aus Bericht uber den V Kongress fur experimentelle Psychologie Berlin 1912 Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1912 The Psychological Methods Of Testing Intelligence Die Psychologische Methode der Intelligenzprufung Englische Ubersetzung von Guy Montrose Whipple Cornell University January 1st 1914 Vorwort von William Stern Breslau 1912 Psychologie der fruhen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahre Mit Benutzung ungedruckter Tagebucher von Clara Stern Verlag Quelle amp Meyer Leipzig 1914Neuausgabe Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft Leipzig 1993 Die Intelligenz der Kinder und Jugendlichen und die Methoden ihrer Untersuchung An Stelle einer dritten Auflage des Buches Die Intelligenzprufung an Kindern und Jugendlichen Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1920 Allgemeine Psychologie auf personalistischer Grundlage 2 Auflage Nijhoff Haag 1950 Zeitschrift fur angewandte Psychologie und psychologische Sammelforschung Zugleich Organ des Institut fur Angewandte Psychologie und Psychologische Sammelforschung Herausgegeben von William Stern und Otto Lipman Erweiterte Fortsetzung der Beitrage zur Psychologie der Aussage Erster Band Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1908Siehe auch BearbeitenTestpsychologieLiteratur BearbeitenStefan Buttner Stern William In Neue Deutsche Biographie NDB Band 25 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 11206 7 S 283 Digitalisat Martin Tschechne William Stern Ellert amp Richter Verlag Hamburg 2010 ISBN 978 3 8319 0404 4 James T Lamiell William Stern 1871 1938 A Brief Introduction to His Life and Works Pabst Science Publishers Lengerich Berlin 2010 ISBN 978 3 89967 589 4 Gunther Stern Anders Bild meines Vaters In William Stern Allgemeine Psychologie auf personalistischer Grundlage 2 Auflage Nijhoff Haag 1950 S XXIII XXXII Gerald Buhring William Stern oder Streben nach Einheit Beitrage zur Geschichte der Psychologie Bd 13 Hrsg Helmut E Luck Frankfurt am Main u a 1996 ISBN 3 631 49695 8 Werner Deutsch Hrsg Uber die verborgene Aktualitat von William Stern Lang Frankfurt am Main 1991 ISBN 978 3 631 43397 3 H Behrens W Deutsch Die Tagebucher von Clara und William Stern In H E Luck R Miller Hrsg Theorien und Methoden psychologiegeschichtlicher Forschung Hogrefe Gottingen 1991 S 67 76 Zeitschrift fur Psychologie Mit Zeitschrift fur angewandte Psychologie ISSN 0044 3409 Norbert Kleinefeld Wiederentdeckung der Ganzheit Zur Bedeutung idealistischer Ganzheitsansatze im Deutschen Reich am Ende des 19 Jahrhunderts und zum Begriff der Ganzheit bei William Stern BIS Oldenburg 1997 Utz Maas Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933 1945 Eintrag zu William Stern abgerufen 15 April 2018 Stern William in Werner Roder Herbert A Strauss Hrsg International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933 1945 Band 2 2 Munchen Saur 1983 S 1128Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber William Stern im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber William Stern in der Deutschen Digitalen Bibliothek William Stern auf der Human Intelligence Website 1 2 Vorlage Toter Link psypost psych nat tu bs de William Stern Projekte zur Entwicklungspsychologie 2004 Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Juli 2021 Suche in Webarchiven 1 2 Vorlage Toter Link www rrz uni hamburg de Geschichte des Fachbereichs Psychologie an der Universitat Hamburg Kap 3 Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Juli 2021 Suche in Webarchiven William Stern Gesellschaft fur Begabungsforschung und Begabtenforderung an der Uni Hamburg Stern bei Utz Maas Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933 1945 Version 2018 Christian Bittner und Werner Deutsch William Stern und die Experimentelle Psychologie James T Lamiell Ursprungsmythos William Stern 1871 1938 und der Ursprungsmythos der Differentiellen Psychologie Helmut E Luck und Theodor Katz Ein bemerkenswerter Brief von William Stern an David Katz Paul Probst Um den Bedurfnissen des praktischen Lebens entgegenzukommen ein Einblick in Biografie und Werk William Sterns 100 Jahre akademische Psychologie in Hamburg Eine Festschrift Herausgegeben von Martin Spiess Hamburg 2014 Karl Heinz Renner und Lothar Laux William Sterns unitas multiplex und das Selbst in der Postmoderne Wilfred Schmidt Sehnsucht nach Weltanschauung William Stern um die JahrhundertwendeEinzelnachweise Bearbeiten Deutsche Biographie Stern William Deutsche Biographie Abgerufen am 7 Januar 2018 Jewish Women s Archive Eva Michaelis Stern 1904 1992 Deutsche Biographie Stern William Deutsche Biographie Abgerufen am 8 April 2020 Universitat Hamburg 1919 1969 Selbstverlag der Universitat Hamburg Hamburg 1969 S 224 Gernot Huppmann Reinhold Ahr Erich Stern 1889 1959 und die Medizinische Psychologie eine ergobiographische Skizze In Medizinhistorische Mitteilungen Zeitschrift fur Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung Band 34 2015 S 137 155 hier S 139 f Paul Probst Geschichte des Fachbereichs Psychologie an der Universitat Hamburg s Weblinks Kalenderblatt Dradio 19 April 2012Normdaten Person GND 118798758 lobid OGND AKS LCCN n86844610 VIAF 37006697 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Stern WilliamALTERNATIVNAMEN Stern Wilhelm Louis Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutscher Psychologe und Begrunder der Differenziellen PsychologieGEBURTSDATUM 29 April 1871GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 27 Marz 1938STERBEORT Durham Abgerufen von https de wikipedia org w index php title William Stern amp oldid 235190252