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Die Villa Lehmann war eine 1855 1857 nach Planen des Architekten Gustav Adolph Linke erbaute Villa in Berlin auf dem Grundstuck Sigismundstrasse 4 in der unteren Friedrichsvorstadt Tiergarten Viertel Langjahriger Besitzer war Stadtgerichtsrat Julius Carl Lehmann der 1859 auch die anstossende Regentenstrasse anlegen liess Nach seinem Tod wurde die Immobilie 1892 verkauft 1893 die Villa und das Nebengebaude abgebrochen und das grosse Grundstuck neu parzelliert Von den Nachfolgebauten uberstand einzig die Villa Parey Sigismundstrasse 4a 1 die Zerstorungen des Zweiten Weltkriegs Der ehemaligen Standort der Villa Lehmann ist mit weiteren Nachbargrundstucken heute vom 1998 fertiggestellten Neubau der Gemaldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin uberbaut Ansicht der Villa Lehmann mit Garten von der Sigismundstrasse 1864 hinter der Villa das Wirtschaftsgebaude Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Bauherren 1 1 Parzellierung Tiergartenstrasse 8 1 2 Parzellierung Tiergartenstrasse 9 2 Baubeschreibung 3 Kauf durch Julius Carl Lehmann 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage und Bauherren Bearbeiten nbsp Lageplan von etwa 1875 gelb unterlegt Grundtsuck der Villa LehmannIn seiner auch fur die damalige Zeit ungewohnlichen Grosse vereinigte das Grundstuck der Villa Lehmann mehrere kleinere Parzellen die aus Bau und Parzellierungsplanen der beiden benachbarten Grundstucke Tiergartenstrasse 8 und 9 hervorgingen Beide erstreckten sich zu Beginn der 1850er Jahre noch von der Tiergartenstrasse bis zur Grabenstrasse dem heutigen Reichpietschufer am Landwehrkanal Parzellierung Tiergartenstrasse 8 Bearbeiten Der Kaufmann Dr jur Hermann Jacobsohn war seit dem 1 Oktober 1851 Eigentumer des Grundstucks Tiergartenstrasse 8 Bereits 1853 liess er seine Parzelle aufteilen Den von der Grabenstrasse erschlossenen sudlichen Teil verkaufte er an den Nahnadelfabrikanten Carl Schleicher Den mittleren Teil erwarb der Geheime Sanitatsrat Georg Wilhelm Werth 2 Dieser mittlere Teil war zwar bis dahin noch nicht erschlossen es gab jedoch eine seit Planung und Bau der Matthaikirche und des Matthaikirchplatzes Mitte der 1840er Jahre vorgesehene Verbindungsstrasse zur Bendlerstrasse der heutigen Stauffenbergstrasse die das Grundstuck in zwei Halften zerteilte Von dieser Verbindung war vorerst nur eine unbefestigte Abzweigung als Erschliessung der 1847 1848 neu erbauten viergeschossigen Wohnhausern auf den bereits ausparzellierten Grundstucken der kunftigen Verbindungsstrasse entstanden Die Hauser erhielten die Hausnummern Matthaikirchstrasse 4 5 6 und 7 Georg Wilhelm Werth verkaufte das Teilgrundstuck nordlich der geplanten Strasse an Obermedizinalrat Stephan Friedrich Barez 30 August 1790 12 Januar 1856 der 1855 einen Bauantrag zur Errichtung einer freistehenden Villa stellte Die Plane stammten vom Architekten Gustav Adolph Linke Noch wahrend des Baus starb Barez und der Kaufmann Maximilian Behrend ubernahm das Grundstuck mit der im Bau begriffenen Villa die er mit einigen Veranderungen bis 1857 fertigstellen liess 3 Erschlossen war die Villa uber die unbefestigte Abzweigung der Matthaikirchstrasse Sie erhielt die Hausnummer Matthaikirchstrasse 2l 4 Parzellierung Tiergartenstrasse 9 Bearbeiten Auch der Besitzer der Nachbarparzelle Tiergartenstrasse 9 C W Trunck Inhaber eines Mobelgeschafts mit Spiegel und Polsterwarenfabrik Hoflieferant beabsichtigte sein Grundstuck mit einer Strasse zu erschliessen und in kleinere Parzellen zum Bau von Wohnhausern zu unterteilen Er hatte bereits einen entsprechenden Bebauungs und Parzellierungsplan in Auftrag gegeben Anfang 1859 erwarb Stadtgerichtsrat Julius Carl Lehmann das Grundstuck und hielt an den Planen des Vorbesitzers fest Zielstrebig schloss er mit dem Koniglichen Polizeiprasidium am 23 April 1859 einen entsprechenden Vertrag 5 Auf Antrag Lehmanns erhielt die neue Strasse die heutige Hitzigallee durch konigliche Kabinettsorder vom 23 September 1860 den Namen Regentenstrasse zu Ehren von Wilhelm I der seit Oktober 1857 als Prinzregent fur seinen erkrankten Bruder Friedrich Wilhelm IV die Regierungsgeschafte fuhrte Einen Teil der 21 Parzellen verkaufte Lehmann direkt einige bebaute er selber und verkaufte sie spater weiter 5 Der Parzellierungsplan von Julius Carl Lehmann 1864 geadelt zu Julius Carl von Mannlich Lehmann berucksichtigte auch die geplante Verbindungsstrasse zur Matthaikirche und liess sie auf einen kleinen achteckigen Platz mit Brunnen einmunden von dem aus weiterhin die Moglichkeit einer spateren Verlangerung zur Bendlerstrasse bestand Die Sigismundstrasse wurde durch konigliche Kabinettsorder 1863 genehmigt und 1864 gepflastert Ihren Namen erhielt sie per koniglicher Kabinettsorder vom 7 Januar 1865 3 zu Ehren des 1862 geborenen vierten Sohns des Prinzregenten Wilhelm Damit war gleichzeitig das eigene Villengrundstuck erschlossen auch wenn weiterhin Baustellen die Umgebung pragten Georg Wilhelm Werth beschwerte sich im Juli 1865 in einem Brief an den Polizeiprasidenten Die ganze Regentenstrasse soweit dieselbe noch nicht bebaut und von Herrn von Mannlich Lehmann verkauft ist gleicht einer Wuste und erregt das nicht unbegrundete Erstaunen der anwohnenden Hohen Herrschaften Im Weiteren beklagte er sich uber den 12 Fuss hohen Bretterzaun den Herr von Mannlich Lehmann ohne polizeiliche Genehmigung zwischen Sigismund und Regentenstrasse aufgestellt hat 6 Erst mit Bebauung der letzten Grundstucke nach 1870 verbesserte sich der Zustand Baubeschreibung Bearbeiten nbsp Grundriss Erdgeschoss 1 Kinderzimmer 2 Schlafzimmer 3 Toilette 4 Flur 5 Vestibul 6 Gemaldesaal mit Oberlicht 7 Oberlicht 8 Schlafzimmer 9 Zimmer des Herrn 10 Wintergarten 11 Wohnraum 12 Salon 13 Loggia 14 Wohnraum Bemassung in FussArchitekt Linke gliederte im ursprunglichen Entwurf fur Stephan Friedrich Barez die Villa in einen dreiachsigen Mittelteil und zwei Seitenflugeln mit je zwei Achsen Der klassische Portikus mit ionischen Saulen betonte die Mittelachse der Hauptfront und offnete das Gebaude zur Gartenseite hin Uber dem Fries mit Lorbeerkranzen folgte der mit Palmetten Akrotere bekronte Giebel Sein reich geschmucktes Giebelfeld stand im Kontrast zu den ruhigen glatten Putzflachen des Hauptgeschossen mit den grossen gerade verdachten Fenstern Das leicht rustizierte Sockelgeschoss mit niedrigen schmucklos ausgeschnitten Fenstern nahm die Wirtschafts und Nebenraume auf Das langgestreckte Stall und Remisengebaude an der nordlichen Grundstucksgrenze war als Wirtschaftsgebaude einfacher ausgefuhrt Der Entwurf der Villa erinnert an das Potsdamer Schloss Charlottenhof und stand ganz in der Tradition der klassischen Tiergartenvillen der 1830er und 1840er Jahre die meist nur im Sommer bewohnt waren An diesem idealen streng symmetrischen Entwurf liess Maximilian Behrend einige praktische Veranderungen vornehmen 2 Ein seitlicher dreiachsiger Anbau an der Westseite storte zwar die Symmetrie verschaffte aber zusatzlichen Wohnraum im Hauptgeschoss durch ein zusatzliches Kinderzimmer und einen Wintergarten mit raumhoher Verglasung der Wohnzimmer und Salon erweiterte Das Schlafzimmer im westlichen Flugel verlor durch die Plananderung sein Fenster und erhielt neu das Licht durch ein Oberlicht Der neue Eingang an der Ostseite des Gebaudes bekam einen dorischen Portikus vorgesetzt der den Eingangsbereich reprasentativer hervorhob Die anschliessende Treppe reichte ins Vestibul im Hauptgeschoss Ein Flur fuhrte zu den privaten Wohnraumen im hinteren Teil des ostlichen Seitenflugels und des Anbaus In diesem Bereich erschloss auch eine schmale Nebentreppe die Bedienstetenzimmern im Obergeschoss die durch kleine quadratische Fenster in der Fassade erhellt wurden Ein zweiter Flur verband im rechten Winkel das Vestibul mit dem Herrenzimmer und den Gesellschaftsraumen Vor dem Salon in der Mittelachse lag die Loggia die uber eine dreilaufige Freitreppe mit Viertelpodest in den Garten fuhrte Hinter dem Salon lag im Zentrum des Gebaudes der hohe fensterlose Gemaldesaal Ein grosses Oberlicht erhellte diesen eher ungewohnlichen Raum Kauf durch Julius Carl Lehmann BearbeitenWahrscheinlich 1863 erwarb Julius Carl Lehmann die Villa von Behrend und erweiterte den Garten um die nicht verkauften Parzellen I II und III seines Bebauungsprojekts Regentenstrasse 18 und 19 7 Der Garten der Villa wurde so zu einem kleinen Park mit Springbrunnen Wegenetz und differenziert angeordneten Pflanzengruppen und Baumen Abgesehen von einer 1865 angebauten Holzveranda blieb die Villa selbst unverandert 8 Im Gemaldesaal mit Oberlicht fand von Mannlich Lehmann Platz fur seine Kunstsammlung Seine Frau Adelheid war ein Enkelin des Hofmalers Johann Christian von Mannlich und rund ein Drittel seiner Gemalde und die Halfte seiner Zeichnungen befanden sich in Familienbesitz 9 Daneben sammelte er niederlandische Kunst darunter ein Knabenportrait von Cornelis de Vos das er 1890 fur die Ausstellung von Werken der niederlandischen Kunst des 17 Jahrhunderts verlieh 10 und ein Kinderportrat 11 Zur Sammlung gehorten weiterhin Gemalde von Ferdinand Schauss 12 Gottlieb Schiffner 13 und Johann Heinrich Tischbein dem Alteren 14 Nach dem Tod Julius Carl Lehmanns ging die Sammlung uber seinen Sohn Maximilian von Mannlich Lehmann 1851 1912 an die Enkel Lili und Maximilian Lili Lenz Schwanzara verheiratet mit dem Schriftstelle Leo Lenz liess 1943 und 1944 den Grossteil der Familiensammlung aus Berlin nach Schloss Kuhna und Schloss Carolath in Schlesien auslagern Die Sammlung gilt als Kriegsverlust 15 nbsp Johann Christian von Mannlich Herzog Christian IV von Zweibruecken ehemals Sammlung von Mannlich Lehmann Kriegsverlust nbsp Johann Christian von Mannlich Herzog Karl II August von Zweibrucken ehemals Sammlung von Mannlich Lehmann Kriegsverlust Im Haus Regentenstrasse 20 anstossend an den Park der Villa Lehmann verbrachte der Kunstkritiker Max Osborn seine Jugendzeit Sein taglicher Schulweg zum Wilhelms Gymnasium fuhrte ihn zu Beginn bis Mitte der 1880er Jahre durch die Regentenstrasse In einem Beitrag in der Vossischen Zeitung erinnerte er sich 1929 an die Villa und den Park Uppig rauschten die Kronen der alten Baume aus den Garten zu beiden Seiten die damals noch erheblich mehr Raum einnahmen als heute So war es namentlich an der Ecke der Sigismundstrasse wo das ganze Riesengrundstuck Nummer 19 aus einem einzigen dicht versponnenen wie verwunschen dreinschauenden Park bestand durch dessen dichtes Unterholz man die im Hintergrund schlafende kleine Villa kaum erkennen konnte Die Einmundung der Sigismundstrasse trug einen besonderen Schmuck Sie war nicht nur wie noch heute durch die gerundete Einbuchtung der westlichen Hauserseite sondern auch durch eine kreisrunde Brunnenanlage mitten in der Achse der Regentenstrasse betont Der Springbrunnen ein Aufbau aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts lief zwar nie und war ziemlich verrottet aber er machte einen so anmutig vertraumten Eindruck dass man ihn eigentlich hatte stehen lassen sollen 16 Den zur Ruine gewordenen Springbrunnen liess von Mannlich Lehmann 1883 auf eigene Kosten beseitigen 17 Nachdem seine Frau Adelheid 1882 gestorben war bewohnte er die Villa noch bis zu seinem Tod 1889 Die Erben verkauften das Grundstuck 1892 an das Architekturburo Kayser amp von Grossheim das 1893 Villa und Nebengebaude abreissen und das Gelande neu parzellieren liess Auf den nun funf Grundstucken entstanden vier Stadtvillen darunter die heute noch erhaltene in die Gemaldegalerie integrierte Villa Parey die Stadtvilla Regentenstrasse 19 fur Wilhelm Joest spater langjahriger Wohnsitz von Eduard Arnhold sowie das Hofmann Haus Diese Neubebauung widerspiegelt typisch die zunehmende Verdichtung der Bebauung im Tiergarten Viertel das sich durch das Wachstum Berlins zu einer zentralen Lage entwickelte Mit Ausnahme der Villa Parey wurden alle Nachfolgebauten im Zweiten Weltkrieg zerstort und ihre Reste in der Nachkriegszeit beseitigt Den ehemaligen Standort der Villa Lehmann mit weiteren Nachbargrundstucken belegt heute der 1998 fertiggestellte Neubau der Gemaldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin Literatur BearbeitenHartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels Die Bauwerke und Kunstdenkmaler von Berlin Beiheft 4 Gebruder Mann Berlin 1981 ISBN 3 7861 1277 0 S 195 und S 351 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Villa Lehmann Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Villa Parey In denkmaldatenbank berlin de Abgerufen am 20 November 2023 a b Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 195 siehe Literatur a b Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 351 siehe Literatur Berliner Adressbuch fur das Jahr 1865 Hayn Berlin 1865 II Teil Nachweis jedes einzelnen numerirten Hauses des engeren Polizeibezirks mit Angabe seiner Bewohner und des Eigenthumer S 85 digital zlb de a b Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 190 siehe Literatur Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 197 siehe Literatur Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 194 siehe Literatur Hartwig Schmidt Tiergartenviertel Baugeschichte eines Berliner Villenviertels S 352 siehe Literatur Edith Sichel Der Hofkunstler Johann Christian von Mannlich Ein kunst und kulturhistorisches Charakterbild aus dem 18 Jahrhundert Werkverzeichnis Gemalde und Zeichnungen Otto Leibold Forchheim 1932 S 85 90 Katalog der Ausstellung von Werken der niederlandischen Kunst des 17 Jahrhunderts Mitter Berlin 1890 S 69 Katalog der Ausstellung von Werken der niederlandischen Kunst des 17 Jahrhunderts Mitter Berlin 1890 S 24 Lost Art ID 5000002373 1 Lost Art ID 5000002369 2 und Lost Art ID 299976 3 Lost Art ID 5000002368 4 Studien zur deutschen Kunstgeschichte 1959 Heft 324 S 88 Max Osborn Schulweg durch die Tiergartenstrass in Vossische Zeitung Nr 224 vom 26 Mai 1929 Morgenausgabe Erste Beilage Norddeutsche Allgemeine Zeitung Abend Ausgabe von Dienstag 13 November 1883 S 2 52 508483 13 364601 Koordinaten 52 30 30 5 N 13 21 52 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Villa Lehmann Berlin amp oldid 239304135