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Die Versiera der Agnesi auch Versiera der Maria Agnesi ist eine spezielle ebene Kurve eine algebraische Kurve 3 Ordnung die mit Hilfe konstruktiver Methoden auf der Grundlage eines Kreises erzeugt wird Die Kurve an sich entspricht der Kurve der Cauchy Verteilung Die Kurve wurde bereits 1653 von Pierre de Fermat und 1703 von Guido Grandi untersucht Sie ist benannt nach der Mathematikerin Maria Agnesi die sie 1748 veroffentlichte Die italienische Bezeichnung la versiera di Agnesi ist angelehnt an lateinisch versoria Schot bei Segelschiffen und an den Sinus versus Das wurde vom Cambridge Professor John Colson als l avversiera di Agnesi gelesen wobei avversiera Frau die gegen Gott gerichtet ist bedeutet und als Hexe witch interpretiert wurde weshalb die Kurve im Englischen witch of Agnesi Hexe von Agnesi heisst 1 2 3 Inhaltsverzeichnis 1 Konstruktion 2 Gleichungen der Versiera der Agnesi 3 Eigenschaften 4 Variante 5 Geschichte 6 Anwendungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseKonstruktion Bearbeiten nbsp Die Versiera der Agnesi mit benannten PunktenBeginnend mit einem festen Kreis wird ein Punkt O auf dem Kreis gewahlt Fur jeden anderen Punkt A auf dem Kreis wird die Sekante OA gezeichnet Der Punkt M ist diametrisch gegenuberliegend zu O Die Linie OA schneidet die Tangente in M am Punkt N Die Linie parallel zu OM durch N und die Linie rechtwinklig zu OM durch A schneiden sich in P Wird der Punkt A geandert so ist der Weg von P die Versiera der Agnesi Die Kurve ist asymptotisch zu der Tangente an den Kreis im Punkt O Gleichungen der Versiera der Agnesi Bearbeiten nbsp Eine Animation die die Konstruktion der Versiera der Agnesi darstelltAngenommen das kartesische Koordinatensystem habe den Ursprung in O und M liege auf der positiven y Achse weiter sei der Durchmesser des Kreises gleich a Dann ergeben sich folgende Gleichungen der Versiera der Agnesi Kartesische Koordinaten x 2 a 2 y a 3 0 displaystyle x 2 a 2 y a 3 0 nbsp oder y a 3 x 2 a 2 displaystyle y frac a 3 x 2 a 2 nbsp Parametergleichung x a t y a t 2 1 displaystyle x at y a over t 2 1 nbsp Parametergleichung mit dem Winkel 8 displaystyle theta nbsp wenn 8 displaystyle theta nbsp der Winkel zwischen OM und OA ist gemessen im Uhrzeigersinn x a tan 8 y a cos 2 8 displaystyle x a tan theta y a cos 2 theta nbsp Parametergleichung mit dem Winkel 8 displaystyle theta nbsp wenn 8 displaystyle theta nbsp der Winkel zwischen OA und der x Achse ist zunehmend im Gegenuhrzeigersinn x a cot 8 y a sin 2 8 displaystyle x a cot theta y a sin 2 theta nbsp Hierbei ist der Parameter a R displaystyle a in mathbb R nbsp Eigenschaften Bearbeiten nbsp Die Versiera der Agnesi mit Parametern a 2 a 4 a 8 und a 16Asymptote y 0 displaystyle y 0 nbsp Flacheninhalt zwischen Kurve und Asymptote p a 2 displaystyle pi a 2 nbsp Rotationsvolumen der Kurve um ihre Asymptote 1 2 p 2 a 3 displaystyle frac 1 2 pi 2 a 3 nbsp Krummungsradius am Scheitelpunkt x y 0 a displaystyle x y 0 a nbsp R a 2 displaystyle R frac a 2 nbsp Zwei Wendepunkte x y a 3 3 a 4 displaystyle x y left pm frac a sqrt 3 frac 3a 4 right nbsp Stellt man die Darstellung in kartesischen Koordinaten nach y um so erhalt man y x a 3 x 2 a 2 displaystyle y x frac a 3 x 2 a 2 nbsp Damit ist Y x a 2 arctan x a displaystyle Y x a 2 arctan frac x a nbsp eine Stammfunktion von y x also Y x y x displaystyle Y x y x nbsp Variante BearbeitenGelegentlich wird die waagrechte Gerade oben MN nicht durch den Nordpol des Kreises sondern durch seinen Mittelpunkt gelegt Die Versiera verlauft dann fur Punkte oberhalb dieser Geraden im Innern des erzeugenden Kreises ihre Gleichung in kartesischen Koordinaten lautet y 2 r 3 x 2 r 2 displaystyle y frac 2r 3 x 2 r 2 nbsp wobei r der Radius des Kreises ist Es ergibt sich die erstaunliche Tatsache dass das Volumen des Rotationskorpers der entsteht wenn die Kurve sich um die x Achse dreht genauso gross ist wie das des Torus den der Kreis bei Drehung um die x Achse erzeugt namlich gleich 2 r 3 p 2 displaystyle 2r 3 pi 2 nbsp 4 Geschichte BearbeitenPierre de Fermat studierte die Kurve 1659 in seiner Abhandlung zur Quadratur Darin berechnet Fermat die Flache unterhalb der Kurve und behauptet ohne Details dass sich die angewandte Methode auch fur die Zissoide des Diokles eignet Fermat schreibt dass ihm die Kurve von einem ausgebildeten Geometer ab erudito geometra vorgeschlagen worden sei Paradis Pla Viader 2008 spekulieren dass der vorschlagende Geometer Antoine de Laloubere gewesen sein konnte Die oben beschriebene Konstruktion der Kurve wurde 1718 von Grandi entwickelt dieselbe Konstruktion hatte zuvor schon Isaac Newton gefunden sie wurde allerdings erst 1779 also nach Newtons Tod veroffentlicht Im Jahre 1748 veroffentlichte Maria Gaetana Agnesi Instituzioni analitiche ad uso della gioventu italiana ein fruhes Lehrbuch der Infinitesimalrechnung Dieses Buch enthielt anschliessend an die Betrachtung von zwei anderen Kurven eine Studie zur Versiera Sie definiert die Kurve geometrisch als geometrischen Ort von Punkten die eine bestimmte Bedingung erfullen bestimmt die algebraische Gleichung den Scheitel die Asymptote und die Wendepunkte Anwendungen BearbeitenEine skalierte Version der Kurve entspricht der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Cauchy Verteilung Dies ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zufallsgrosse x displaystyle x nbsp die durch das folgende Zufallsexperiment definiert ist Fur einen festen Punkt P displaystyle P nbsp oberhalb der x displaystyle x nbsp Achse wird zufallig Gleichverteilung eine Gerade durch P displaystyle P nbsp gewahlt x displaystyle x nbsp sei die Koordinate des Schnittpunkts dieser Geraden mit der x displaystyle x nbsp Achse Die dadurch bestimmte Cauchy Verteilung ahnelt der Normalverteilung aber aufgrund der Heavy tailed Verteilung gibt es keinen Erwartungswert gemass den ublichen Definitionen trotz der Symmetrie Das bedeutet dass die x displaystyle x nbsp Koordinate des Schwerpunkts der Flache zwischen der Kurve und ihrer Asymptote nicht wohldefiniert ist obwohl die Flache symmetrisch und ihr Inhalt endlich ist In der Numerischen Mathematik bei der Approximation von Funktionen durch Polynome Polynominterpolation mit gleichmassig verteilten Stutzstellen kann es bei manchen Funktionen vorkommen dass die Verwendung von mehr Punkten schlechtere Naherungen liefert Dieses paradoxe Verhalten wird Runges Phanomen genannt Es wurde zuerst von Carl Runge fur die Runge Funktion y 1 1 25 x 2 displaystyle y 1 1 25x 2 nbsp entdeckt eine weitere skalierte Version der Versiera der Agnesi und zwar bei der Interpolation der Funktion uber dem Intervall 1 1 displaystyle 1 1 nbsp Dasselbe Phanomen tritt auf fur y 1 1 x 2 displaystyle y 1 1 x 2 nbsp wenn man das grossere Intervall 5 5 displaystyle 5 5 nbsp zugrunde legt Die Versiera der Agnesi beschreibt die Energieverteilung von Spektrallinien insbesondere bei Rontgenstrahlen Der Querschnitt eines sanften Hugels ahnelt der Versiera Kurven dieser Art wurden verwendet bei der mathematischen Modellierung von Landschaften Solitonen im tiefen Wasser konnen ebenfalls diese Form haben Eine Version der Kurve wurde von Gottfried Wilhelm Leibniz verwendet um die Leibniz sche Formel fur die Kreiszahl p displaystyle pi nbsp herzuleiten Diese Formel die unendliche Reihe p 4 1 1 3 1 5 1 7 1 9 displaystyle frac pi 4 1 frac 1 3 frac 1 5 frac 1 7 frac 1 9 cdots nbsp ergibt sich aus der Flache zwischen der Kurve und ihrer Asymptote also aus dem Integral der Funktion 1 1 x 2 displaystyle 1 1 x 2 nbsp wenn man die geometrische Reihe 1 x 2 x 4 x 6 displaystyle 1 x 2 x 4 x 6 cdots nbsp als Taylor Reihen Entwicklung dieser Funktion aufstellt und die Reihenglieder einzeln integriert Literatur BearbeitenUlrike Klens Mathematikerinnen im 18 Jahrhundert Maria Gaetana Agnesi Gabrielle Emilie du Chatelet Sophie Germain Fallstudien zur Wechselwirkung von Wissenschaft und Philosophie im Zeitalter der Aufklarung Centaurus Pfaffenweiler 1998 ISBN 3 89085 826 0 Zugleich Dissertation an der Universitat Augsburg 1992 Weblinks BearbeitenJohn J O Connor Edmund F Robertson Witch of Agnesi In MacTutor History of Mathematics archive Eric W Weisstein Witch of Agnesi In MathWorld englisch DynaGeoX Applet der Kurve The Witch of Agnesi Mathforum org Java Applet englisch Einzelnachweise Bearbeiten Lynn M Osen Women in Mathematics MIT Press Cambridge MA 1975 ISBN 0 262 15014 X S 45 Simon Singh Fermat s Enigma The quest to solve the world s greatest mathematical problem Walker Books New York 1997 ISBN 0 471 27047 4 S 100 David J Darling The universal book of mathematics From Abracadabra to Zeno s paradoxes Wiley International Hoboken NJ 2004 ISBN 0 8027 1331 9 S 8 Hermann Schmidt Ausgewahlte hohere Kurven Kesselringsche Verlagsbuchhandlung Wiesbaden 1949 S 64 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Versiera der Agnesi amp oldid 235303114