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Heimatkunde Aufsatze und Reden ist ein Band Martin Walsers aus dem Jahr 1968 bestehend aus neun Reden und Aufsatzen Walser schildert kritisch die Wirklichkeit der Bundesrepublik zwischen 1965 und 1968 und reflektiert die Geschehnisse und Zustande des Auschwitzprozesses und des Vietnamkriegs analysiert Heimat Dialekt die politische Sprache und thematisiert ebenfalls das Theater die Rolle Amerikas im Vietnamkrieg sowie das gesellschaftliche Verhaltnis eines Schriftstellers Der Titel Heimatkunde ist zugleich auch der Titel eines darin enthaltenen Aufsatzes Heimat bedeutet fur Martin Walser eine Art sprachlich orientierte Verbundenheit Walser ist eng verbunden mit seiner Heimat und ist von seiner Muttersprache dem Alemannischen gepragt worden Mit Heimat und Dialekt verbinden sich zwei wichtige Themen denen Walser sich haufig in seinem Werk widmet Ihre Bedeutung fur Walser wird durch den Titel des Bandes widergespiegelt Inhaltsverzeichnis 1 Beitrage 1 1 Unser Auschwitz 1 2 Praktiker Weltfremde und Vietnam 1 3 Auskunft uber den Protest 1 4 Heimatkunde 1 5 Bemerkungen uber unseren Dialekt 1 6 Die Parolen und die Wirklichkeit 1 7 Ein weiterer Tagtraum vom Theater 1 8 Amerikanischer als die Amerikaner 1 9 Engagement als Pflichtfach fur Schriftsteller 2 Werkkontext 3 Ausgaben 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBeitrage BearbeitenUnser Auschwitz Bearbeiten Martin Walser beschaftigte sich in diesem erstmals 1965 in der ersten Ausgabe des Kursbuches erschienenen politischen Essay intensiv mit den Geschehnissen in Auschwitz und den anschliessenden Reaktionen und Prozessen und ist einer der wenigen der sich offentlich mit dem Umgang des Holocaust auseinandergesetzt hat Im ersten Teil seines Aufsatzes Unser Auschwitz thematisiert er zunachst die Distanz die wir Menschen zu Auschwitz aufbauen Durch Medien und Zeitungsberichte wurde niemand mit Einzelheiten verschont und je scheusslicher die Einzelheit desto genauer wurde sie uns mitgeteilt 1 Doch ebenso galt Je furchtbarer die Auschwitz Zitate sind desto deutlicher wird ganz von selbst unsere Distanz zu Auschwitz Mit diesen Geschehnissen haben wir nichts zu tun 2 Die Angeschuldigten werden mehrfach in den Medien als Teufel oder Raubtiere beschimpft In einem Interview vom 8 Mai 2015 fur die Sendung Aspekte sagte Walser dass man die Schuldigen nicht als Teufel bezeichnen konnte viel mehr handelte es sich um eine deutsche Organisation gefuhrt und realisiert mit allen unseren Eigenschaften 3 So schrieb er auch in seinem Aufsatz dass die Folterer keine phantastischen Teufel waren sondern Menschen wie du und ich 4 Auschwitz ist jedoch vor allem wegen der Haftlinge wichtig geworden und problematisch fur unsere Nationalitat Allerdings sind es auch nur die Haftlinge die wissen was Auschwitz wirklich war 5 Im zweiten Teil geht es vor allem um die Ahnungslosigkeit der Deutschen und den Begriff der Kollektivschuld Ein Hauptproblem das Walser beschreibt liegt darin dass wir den Brutalitaten gegenuber vollig ahnungslos waren und uns als Mitwisser ausschlossen Damit verlieren wir den Rest von nationaler Solidaritat mit den Tatern Wir vergessen dass wir zumindest geduldige Zeugen waren als sich von 1933 bis 1943 ein Schritt nach dem anderen sichtbar vor uns vollzog 6 Dennoch ist Kollektivschuld ein Begriff den Walser in dem Zusammenhang ablehnt denn dort wo das Schamgefuhl sich regen wo Gewissen sich melden musste bin ich nicht betroffen 7 In dem Interview verdeutlicht er ausserdem dass Schuld allgemein ein sehr problematisches Wort ist da sich stets uber Schuld oder Unschuld diskutieren lasst Schande hingegen ist ein Begriff ohne Absolution Schande ist nicht abwaschbar sondern etwas das bleibt 8 Mit all diesen Schwierigkeiten der KZ Prozesse sehnen wir uns letztendlich doch nach Ruhe die den schonen Namen Gerechtigkeit tragt 9 Tatsache ist dennoch dass Auschwitz fur die Opfer stets prasent bleibt und nicht vergessen werden kann Wir jedoch konnen Auschwitz vergessen es wird keine weiteren Folgen haben sofern wir nicht beteiligt waren 10 Praktiker Weltfremde und Vietnam Bearbeiten Der Aufsatz Praktiker Weltfremde und Vietnam verdeutlicht dass Walser seine Stimme nicht nur gegen die Unterdruckung der nationalsozialistischen Vergangenheit erhob sondern auch gegen die des Vietnamkrieges 11 So schreibt Walser Das ist unser Krieg Die Amerikaner sind unsere engsten Verbundeten unsere engsten politischen Freunde Sie fuhren diesen Krieg auch in unserem Namen 12 Es ist ein Krieg der nicht mit dem Zufall verbunden ist sondern viel mehr zusammenhangt mit den USA der Bundesrepublik und der ganzen Welt Demnach sollte man sich nicht einfach heraushalten Walser bezeichnet Deutschland jedoch als einziges Land welches noch keine offentliche politische Kritik an diesem Krieg geaussert hat Seine moralische Verurteilung wird weitergefuhrt zur Kritik der stillschweigenden Duldung dieses Krieges durch die Bundesregierung und einer Offentlichkeit die immer noch am freundlichen Amerika Bild der funfziger Jahre festhalten mochte 13 Am Ende dieses Essays ruft Walser auf fur die SPD und fur alle Praktiker und Taktiker einzuspringen und die eigene Kritik am Vietnamkrieg auszudrucken Auskunft uber den Protest Bearbeiten Auskunft uber den Protest ist ein kurzer Aufsatz uber den Sinn den Zweck und auch den Erfolg von Protesten Es ist oft der Fall dass wir trotz Protesten nichts bewirken Also warum protestieren wir Nur fur das Gefuhl etwas nicht unversucht gelassen zu haben Stellt uns dieses Gefuhl allein wirklich zufrieden Diese Fragen stellt sich Walser und betont dass Proteste aus Fakten entstehen vor allem aber im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg von den Kriegfuhrenden selber erzeugt werden Heimatkunde Bearbeiten Martin Walsers Essay Heimatkunde stammt aus dem Jahre 1967 Walser beschaftigt sich mit dem Thema Heimat welches er auch in anderen Werken immer wieder aufgreift 14 Er ist nicht als Heimatschriftsteller anzusehen wohl aber als ein Autor der Heimatkunde betreibt der feststellt analysiert und erkundet 15 Zur Zeit der Entstehung des Essays war Heimatkunde noch ein Unterrichtsfach in dem fur die Schuler die unmittelbare Anschauung ihrer Umgebung zum Ausgangspunkt des Lernens werden sollte 16 und welches dem heutigen Fach Erdkunde sehr ahnlich ist Dazu gehort durchaus die Beschaftigung mit der Geschichte dem Land und den Menschen aus der Umgebung und so versuchte der Nationalsozialismus seine Ideologie hiermit zu verbinden und zu verbreiten 17 Der Titel Heimatkunde ist somit nicht in einem folkloristischen oder vereinsmeierischen Sinne programmatisch gemeint Heimatkunde ist ein durchaus zeitkritisches Unterfangen das auch die Auschwitz Prozesse oder den Vietnamkrieg betreffen muss 18 Das Essay beginnt kritisch mit den Worten Wenn es sich um Heimat handelt wird man leicht bedenkenlos Heimat das ist sicher der schonste Name fur Zuruckgebliebenheit 19 Der Begriff der Zuruckgebliebenheit als Kontrast zu Fortschritt leitet uns nun in die Problematik Walsers denn trotz aller Liebe zum geistesgeschichtlichen Fortschritt seit der Aufklarungszeit trotz aller Liebe zum demokratisch politischen Fortschritt in Deutschland achtet Walser die verborgene Substanz die in der Zuruckgebliebenheit liegt verehrt sie sogar ein wenig 16 Walser sieht das Hauptproblem in der modischen Progressivitat 16 die eine zwanglose Mobilitat einschliesst In dem Zusammenhang reflektiert Walser seinen eigenen Wohnort die Umgebung am Bodensee an dem er selbst geblieben ist Er beschreibt sein grosses Interesse an Spaziergangen welches er darauf zuruckfuhrt dass es ihm schwerfallt von seiner Umgebung ganz wegzukommen Doch sind seine Aussagen uber Spaziergange auch als Denkprozesse zu sehen mit denen er die Vergangenheit reflektiert 20 Seine Leidenschaft und sein Interesse an Heimatkunde formuliert er deutlich Jetzt gehe ich dafur spazieren Zwischen Eiszeit Karfreitag und Pfingsten Auf diesen schweren anziehenden Wegen Offenbar bin ich interessiert An Heimatkunde 21 Die Erkundung seiner Heimat ist ein grundlegendes Thema in Walsers Werken sowohl historisch als auch zeitgeschichtlich 22 Seine literarische Sesshaftigkeit 23 hat ihren Ursprung im Wasser dem Bodensee und damit beginnt und endet der letzte Absatz des Essays Heimatkunde mit dem Bodensee einem freundlichen Gewasser in dem sicher auch regelmassig Menschen ertrinken und man trotzdem oft vergisst wie fremd man dem Wasser doch werden kann 24 Dem Wasser das zugleich der Grund ist warum man die Heimat noch nicht verlassen hat Bemerkungen uber unseren Dialekt Bearbeiten Bemerkungen uber unseren Dialekt ist ein Aufsatz Walsers von 1967 Geboren und aufgewachsen am Bodensee ist es fur Walser fast notwendig sich mit der Sprache und dem Dialekt auseinanderzusetzen Heimat ist fur ihn ebenfalls sehr stark auf seine sprachliche Pragung zuruckzufuhren Wahrend sich das Munchener Bairisch und das Stuttgarter Schwabisch zu Standesmerkmalen entwickelt haben wurde das Alemannische die Muttersprache Walsers fortwahrend als Zeichen mangelnder Bildung gedeutet und war somit vom Aussterben bedroht Dennoch wird man auch wenn man aufhort den Dialekt zu sprechen die eigene Muttersprache nie los 25 Walser beschreibt den Dialekt als stets konkrete Sprache die das Unhaltbare aufdeckt Der Dialekt ist dagegen dass man Worter gebraucht die man nicht versteht oder Worter die keinen rechten Anlass haben in einem selbst als man namlich den Dialekt lernte als Muttersprache da hatte alle Ausserung einen rechten Anlass und einen triftigen Grund 26 Walser beobachtet eine Art Spannung zwischen Dialekt und Hochsprache und empfindet den Dialekt als unentfremdet unbestechlich 27 Dieter Wellershoff hingegen argumentiert dass genau das Gegenteil der Fall sein kann Denn als man Dialekt lernte als Muttersprache da urteilte man noch kaum und verstand wenig sondern ubernahm nachplappernd die Vorurteile seiner Umgebung Walser verschatzte sich weil auch der Dialekt wie alles gesellschaftlich Nichtetablierte fur ihn oppositionellen Reizwert hat 27 Walser endet seinen Aufsatz indem er einen Vergleich zieht zwischen Kindheit und Dialekt Er halt den Dialekt fur genauso wichtig wie die untergegangene Kindheit deren Nachwirkung die grosste Wirkung im Dialekt zeigt Die Parolen und die Wirklichkeit Bearbeiten Die Parolen und die Wirklichkeit ist eine Rede Walsers aus dem Jahr 1967 Walser geht zunachst auf die Wahlspruche und deren Verganglichkeit ein und macht darauf aufmerksam dass man sich uber fruhere Parolen lustig macht allerdings vergisst dass auch unsere heutigen Wahlspruche in Zukunft komisch wirken werden 28 Heutige Parolen behaupten weder ein Ziel bereits erreicht zu haben noch wollen sie als Vorhersage kommender Jahre dienen sie gehen stets von der Entwicklung und Fortschreibung des in der Verfassung Gewollten 29 aus Es gibt durchaus gute und schone Parolen die zu wachsamem und kritischem Verhalten aufrufen doch auch diese bleiben lediglich Parolen Redensarten die im Schwange sind ohne dass sich deshalb etwas andert 30 Dabei wird die Idee der Demokratie betont und es wird uns versichert dass jeder von uns fur die Durchsetzung einer Demokratie wichtig ist Dennoch fragt Walser hier kritisch Bleiben wir beim Abhangigen beim Arbeitnehmer da die Mehrheit der Bevolkerung in Abhangigkeit existiert musste in einer Demokratie das Interesse dieser Mehrheit ausschlaggebend sein fur die Einrichtung der Demokratie Ist das so 31 Walser unterscheidet zwischen einerseits das Recht haben seine Meinung frei auszudrucken und andererseits auch die Moglichkeit zu besitzen von diesem Recht Gebrauch zu machen 32 Idee und Wirklichkeit entfernen sich voneinander wenn eine Gesellschaft die Idee der Demokratie laut aussert sich die Interessen machtiger Gruppen jedoch unterscheiden Hier wird Walsers Widerspruchsgeist sichtbar der in seinen Werken immer wieder zum Vorschein kommt So aussert Walser seine eigene Parole indem er uns aufruft uns unser Interesse weder ausreden noch abkaufen zu lassen Vielmehr sollen wir uns stetig bewusst machen was in unserem Interesse ist auch wenn dies nicht immer leicht zu bestimmen ist 33 Schliesslich beendet Walser die Rede indem er einerseits konstatiert dass die Bundesrepublik Deutschland von der Demokratie noch weit entfernt ist doch er schliesst mit der Hoffnung dass sich dieses vitale Interesse der Mehrheit durchsetzen moge 34 Ein weiterer Tagtraum vom Theater Bearbeiten Walser hat sich viel mit dem Theater beschaftigt und mit der zusammenhangenden Thematik der Kunst die anhand des vielseitigen Vokabulars sehr schwer zu beschreiben ist Er stellt kritisch fest dass sich das gegenwartige Theater stark im Abbildungsdienst 35 befindet dem sowohl das Illusions bzw Imitationstheater als auch das Brechtsche Beispiel und Parabeltheater huldigen 36 Die Darstellungen auf der Buhne sind harmlose Abbilder der Realitat Walser kritisiert den bisherigen Charakter des Theaters und begrundet diese Kritik erstens mit dessen Trennung von Wirklichkeit und Kunst zweitens damit dass die Theater Stucke aus fruheren Jahrhunderten so auffuhren als gingen sie den heutigen Zuschauer noch genauso viel an wie den Zuschauer aus der Zeit in welcher das Stuck entstanden ist und drittens damit dass mit Hilfe eines verbrauchten aus der idealistischen Asthetik stammenden Vokabulars Stucke mit Handlungen geschrieben werden die den verborgenen und offenen Konditionierungen des Bewusstseins in der heutigen Gesellschaft in gar keiner Weise Rechnung tragen 36 Hier knupft Walser an die Aussagen seiner vorherigen Rede Die Parolen und die Wirklichkeit an da fur ihn unter anderem das Bewusstseinstheater fur die Durchsetzung der Demokratie verantwortlich ist indem es zwar nicht direkt einen Teil der Politik darstellt dennoch zur Realisierung der Wirklichkeit zwingt 37 Schliesslich aussert er seinen Wunsch in der Befreiung des Theaters von jeglichen Kunstzwangen und Abbildungslasten 38 sowie in der Bewegung eines Teils in Richtung Zukunft Er mochte das Theater als Ort selbstandiger Handlungen welche unser ungluckliches Bewusstsein genauer ausdrucken 39 konnten Des Weiteren pladiert Walser fur eine Buhnenfigur die so schwer verstandlich ware wie jeder wirkliche Mensch wie jedes wirkliche Bewusstsein 40 Das Bewusstsein sollte dabei stets im Vordergrund stehen als elementarer Teil einer Gesellschaft Walser sehnt sich nach einem Bewusstseinstheater welches nicht die Kunst sondern auch das Leben auf der Buhne darstellt und doch zeigt sich diese Vorstellung bisher noch als sehr vage 41 Amerikanischer als die Amerikaner Bearbeiten Amerikanischer als die Amerikaner ist eine Rede Walsers zum Internationalen Vietnam Tag im Jahr 1967 in der er sich gegen den amerikanischen Vietnamkrieg wendet Im ersten Teil seiner Rede involviert Walser viele Zitate und unterscheidet zunachst zwischen zwei Kriegen innerhalb des Vietnamkrieges clear and destroy oft auch verbrannte Erde genannt und Pacification ubersetzt als Befriedigung 42 Walser stellt fest dass zwar die Mehrzahl der Europaer die amerikanische Haltung gegenuber dem Krieg kritisiert dieser dennoch in der Bundesrepublik am meisten Zuspruch findet Er bringt Ausserungen verschiedener meistens bekannter Personlichkeiten in seine Rede ein und kritisiert unter anderem die Aussage Heinrich Lubkes uber die Amerikaner als Vorkampfer der Freiheit 43 Des Weiteren zitiert er Klaus Mehnert der die Haltung Amerikas als Verpflichtung versteht und die Weltpolitik stets als glaubwurdig bezeichnet Auch bezieht sich Walser auf amerikanische Stimmen wie die Martin Luther Kings der 1967 deutlich macht dass die Amerikaner und nicht die Vietnamesen den eigentlichen Feind darstellen Ferner kritisiert er Kardinal Spellmann der behauptete das Menschenleben sei fur alle Amerikaner stets das kostbarste Gut denn Walser stellt die Vermutung auf dass der Kardinal nur das amerikanische oder das weisse Leben als menschliches Leben bezeichnet und gelb ist nun mal nicht weiss 44 Mit der Darlegung verschiedener Zitate und Aussagen nimmt Walser stets eine Position gegen den Krieg ein jedoch halt er die Amerikaner langst fur Gefangene einer antikommunistischen Tradition 45 Schliesslich verweist er auf einen sehr tiefgrundigen Satz den Jawaharlal Nehru 1956 sagte Es gibt nichts Gefahrlicheres als wenn ein Land mit Gewalt andern Landern Gutes tun will 46 Hier bedauert er dass diese Aussage auch von Lubke zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat Damit beginnt der zweite Teil seiner Rede in dem er sich den Folgerungen widmet Auffallig ist dass Walser von den positiven Seiten und Handlungen der Amerikaner spricht die fur ihn nicht zu vergessen sind von der Befreiung Kubas dem Sieg uber den Kaiser und Hitler und letztendlich auch ihrer Akzeptanz Deutschland gegenuber Walser schlussfolgert dass es offensichtlich mehrere Amerikas gab womit sich die Frage stellt welches Amerika nun politisch regiert 47 Denn Amerikas brutales Verhalten als Weltmacht ist ebenso Angelegenheit Deutschlands Auch wenn viele die Meinung vertreten die Deutschen hatten nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Grund den Amerikanern Vorwurfe zu machen so halt Walser stets dagegen Gerade wir mussen dem Amerika das den Krieg fuhrt mehr als Vorhaltungen machen Wir haben schliesslich Erfahrung mit Selbstverblendung 48 Seine Rede beendet Martin Walser damit die Menschen zum Nachdenken anzuregen Sie sollen nachdenken uber die Frage ob das Schweigen innerhalb der Bundesrepublik wirklich genugt und richtig ist Engagement als Pflichtfach fur Schriftsteller Bearbeiten Engagement als Pflichtfach fur Schriftsteller ist ein Radio Vortrag aus dem Jahr 1968 mit insgesamt vier Nachschriften In dem Vortrag wird das Engagement der Schriftsteller und dessen Position in der Gesellschaft thematisiert Walser konsolidiert dass jeder weiss wo ein engagierter Schriftsteller heute steht beziehungsweise zu stehen hat 49 der Engagierte miteinbezogen Damit kritisiert er sowohl die offentlichen Erwartungen als auch die stetigen politischen Ausserungsdrange der Menschen wobei er sich selber keineswegs ausschliesst 50 Der Schriftsteller soll die Provokationen des Lebens die zur Dichtung fuhren verfolgen Aber nicht die von der Offentlichkeit immer wieder angemahnten Ein und Auslassungen die nur den allgemeinen Reizlarm erhohen 51 Der Reizlarm selber als Ausdrucksform der Politik wird vom Engagierten geliefert durch ihn wird die Kluft zwischen Behauptung und wirklichem Bewusstsein deutlich 52 Der Engagierte liefert demnach was von ihm erwartet wird ohne etwas in der Wirklichkeit zu verandern und so entsteht eine Art Spiel Ist Engagement etwas was man so einfach verlangen kann Walser ist der Meinung dass die politische Einstellung eines Autors meist in literarischen Werken als vertrauenswurdig einzuordnen ist jede weitere Art von Einmischung ist lediglich ein Zeichen von Provokation das zur Aufklarung fuhrt 53 In seinem Radio Essay verdeutlicht Walser dies an dem Beispiel dass ein Schriftsteller durch amerikanische Zeitungen zu der Ansicht gelangen kann dass die Deutschen schlecht uber den Vietnamkrieg informiert werden und den Krieg weitestgehend unterstutzen So ein Sachverhalt kann zu Aufklarung und zu Engagement fuhren Der gesamte Krieg kann provozieren sodass Aufklarung oft fur notig gehalten wird Aufklarung ist inhaltlich Teil des Engagements 54 Es sind nicht immer nur Schriftsteller die engagiert sind und protestieren sondern auch oft Studenten Pfarrer Rechtsanwalte Dozenten usw die Protest verbreiten engagiert sind und damit gleichzeitig auch teilnehmen an einer Bewegung zur Veranderung Diesem Radio Vortrag folgen vier Nachschriften In der ersten Nachschrift betont Walser dass Protest allein nicht reichen wird und greift auf die Idee der Demokratisierung der Arbeit zuruck die stets das wichtigste Ziel auch fur jedes Engagement bleiben sollte 55 In der zweiten Nachschrift geht es um Schriftsteller die ihre eigenen Schwierigkeiten auf Papier bringen um so vielleicht damit fertig zu werden Das Hauptinteresse dieser Schriftsteller liegt dementsprechend bei ihnen selbst Mit der dritten Nachschrift macht Walser ein weiteres Mal auf die Demokratie aufmerksam die nach Meinung vieler Zeitgenossen seit Jahren stagniere jedoch wird diese Meinung noch nicht politisch geaussert Politiker sind stets uberzeugt von ihren Aussagen und zweifeln nicht Intellektuelle sind nicht fahig genug politisch tatig zu werden und reden nur noch um recht zu haben 56 Sollte sich ein neuer politischer Stil entwickeln Wie muss er sich entwickeln sodass auch Intellektuelle politisch mitwirken konnen Die vierte Nachschrift tragt den Titel Ein Besuch in Bonn und fuhrt uns zuruck in die Vietnam Thematik mit der sich Walser in vielen Werken und vor allem in Aufsatzen intensiv beschaftigte Er zitiert Bundeskanzler Kiesinger der 1968 sagte dass gerade wir nicht den geringsten Grund haben uns zu Schulmeistern Amerikas aufzuwerfen 57 Fur Walser bedeutet dieser Satz lediglich dass Deutschland Volkermord begangen hat und nun auch Amerika Volkermord begeht und eine Krahe soll der anderen kein Auge aushacken 57 Walser lehnt sich ein weiteres Mal gegen den Vietnamkrieg auf und pladiert fur mehr Aufmerksamkeit mehr Kritik und mehr Eifer der Burger auch im Sinne des obersten Ziels aller Regierung der Wiedervereinigung Deutschlands Werkkontext BearbeitenDas Werk Heimatkunde Aufsatze und Reden enthalt Aufsatze Essays und Reden aus den Jahren 1965 bis 1968 Die Thematik umfasst somit den Zweiten Weltkrieg vor allem die Problematik der Auschwitz Prozesse in der Nachkriegszeit Kollektivschuld Scham und Schande stehen als Schlusselbegriffe im Vordergrund Die Situation des Vietnamkrieges der zur Zeit der Entstehung Walsers Heimatkunde im Zentrum der offentlichen Aufmerksamkeit stand wird im zweiten Aufsatz detailliert geschildert doch auch in weiteren Aufsatzen immer wieder aufgegriffen um dessen Bedeutung kontinuierlich zu betonen Neben diesen zwei wichtigen historischen und politischen Ereignissen der deutschen Geschichte versucht Walser auch mit anderen Themen wie dem Theater dem Dialekt dem Engagement der Schriftsteller und auch der Identitatsfindung und der Heimat die bundesrepublikanische Wirklichkeit zwischen 1965 und 1968 darzustellen Ausgaben BearbeitenHeimatkunde Aufsatze und Reden Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1968 edition suhrkamp 269 DNB 458569186 Heimatkunde Aufsatze und Reden Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1996 edition Suhrkamp 3315 einmalige Sonderausgabe ISBN 3 518 13315 2 Literatur BearbeitenWilfried Barner Hrsg Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart Beck Munchen 2006 ISBN 978 3 406 54220 6 Georg Braungart Ich habe nicht das Gefuhl dass ich mich bewegt hatte Martin Walsers Wende zwischen Heimatkunde und Geschichtsgefuhl In Walter Erhart Dirk Niefanger Zwei Wendezeiten Blicke auf die deutsche Literatur 1945 und 1989 Max Niemeyer Verlag Tubingen 1997 ISBN 3 484 10762 6 Wilhelm Gossmann Heimatkunde in den Romanen Martin Walsers In Hans Georg Pott Hrsg Literatur und Provinz Das Konzept Heimat in der neueren Literatur Ferdinand Schoningh 1986 Gerhard Kluge Hrsg Studien zur Dramatik in der Bundesrepublik Deutschland Rodopi Amsterdam 1983 ISBN 90 6203 625 2 Matthias N Lorenz Wir kommen ohne einander aus Walter Boehlichs und Martin Walsers Entfremdung als Resultat In Walter Boehlich Hrsg Kritiker Berlin 2011 S 143 165 Martin Oehlen Die Begegnung fremder Welten In Kolner Stadt Anzeiger 11 November 2001 online Stuart Taberner The Triumph of Subjectivity Martin Walser s Novels of the 1990s and his Der Lebenslauf der Liebe In Stuart Parkes Fritz Wefelmeyer German Monitor Seelenarbeit an Deutschland Martin Walser in Perspective Rodopi Amsterdam 2004 ISBN 90 420 1993 X S 429 443 Martin Walser Heimatkunde Aufsatze und Reden Frankfurt am Main 1968 Dieter Wellershoff Der Schriftsteller und die Offentlichkeit Martin Walsers politisierende Aufsatze In Frankfurter Allgemeine Zeitung 12 November 1968 S 3 5 Die Reue des Martin Walser Aspekte ZDF Deutschland 2015 Einzelnachweise Bearbeiten Martin Walser Heimatkunde Aufsatze und Reden Frankfurt am Main 1968 S 8 Walser Heimatkunde S 8 Die Reue des Martin Walser aspekte ZDF Deutschland 2015 00 01 50 00 02 00 Walser Heimatkunde S 11 Vgl Walser Heimatkunde S 10 Walser Heimatkunde S 17 Walser Heimatkunde S 18 Vgl Die Reue des Martin Walser 00 00 40 00 10 53 Walser Heimatkunde S 21 Vgl Walser Heimatkunde S 21 Vgl Stuart Taberner The Triumph of Subjectivity Martin Walser s Novels of the 1990s and his Der Lebenslauf der Liebe In Stuart Parkes Fritz Vefelmeyer German Monitor Seelenarbeit an Deutschland Martin Walser in Perspective Rodopi 2004 S 429 Walser Heimatkunde S 28 Dieter Wellershoff Der Schriftsteller und die Offentlichkeit Martin Walsers politisierende Aufsatze In Frankfurter Allgemeine Zeitung 12 November 1968 S 3f Vgl Wilhelm Gossmann Heimatkunde in den Romanen Martin Walsers In Hans Georg Pott Hrsg Literatur und Provinz Das Konzept Heimat in der neueren Literatur Ferdinand Schoningh 1986 S 87 Vgl Gossmann Heimatkunde S 85 a b c Gossmann Heimatkunde S 88 Vgl Gossmann Heimatkunde S 88 Georg Braungart Ich habe nicht das Gefuhl dass ich mich bewegt hatte Martin Walsers Wende zwischen Heimatkunde und Geschichtsgefuhl In Walter Erhart Dirk Niefanger Zwei Wendezeiten Blicke auf die deutsche Literatur 1945 und 1989 Max Niemeyer Verlag 1997 S 100 Walser Heimatkunde S 40 Vgl Gossmann Heimatkunde S 89 Walser Heimatkunde S 45 Vgl Gossmann Heimatkunde S 89 Gossmann Heimatkunde S 89 Vgl Walser Heimatkunde S 50 Vgl Walser Heimatkunde S 51f Walser Heimatkunde S 56 a b Wellershoff Der Schriftsteller und die Offentlichkeit S 4 Vgl Walser Heimatkunde S 58 Gerhard Kluge Hg Studien zur Dramatik in der Bundesrepublik Deutschland Amsterdam 1983 S 122 Walser Heimatkunde S 60 Walser Heimatkunde S 61 Vgl Walser Heimatkunde S 61 Vgl Walser Heimatkunde S 64 67 Kluge Studien zur Dramatik S 123 Walser Heimatkunde S 73 a b Kluge Studien zur Dramatik S 84 Vgl Kluge Studien zur Dramatik S 123 Walser Heimatkunde S 75 Walser Heimatkunde S 80 Walser Heimatkunde S 82 Vgl Wellershoff Der Schriftsteller und die Offentlichkeit S 3 Walser Heimatkunde S 86 Walser Heimatkunde S 87 Vgl Walser Heimatkunde S 89 92 Walser Heimatkunde S 96 Walser Heimatkunde S 97 Vgl Walser Heimatkunde S 99 Walser Heimatkunde S 100 Walser Heimatkunde S 103 Wilfried Barner u a Hg Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart Darmstadt 2006 S 593 Martin Oehlen Die Begegnung fremder Welten In Kolner Stadt Anzeiger 11 November 2001 Vgl Walser Heimatkunde S 104 Vgl Matthias N Lorenz Wir kommen ohne einander aus Walter Boehlichs und Martin Walsers Entfremdung als Resultat In Walter Boehlich Hg Kritiker Berlin 2011 S 160 Vgl Walser Heimatkunde S 111 112 Vgl Walser Heimatkunde S 116 119 Walser Heimatkunde S 121 a b Walser Heimatkunde S 122 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heimatkunde Aufsatze und Reden amp oldid 220200194 Unser Auschwitz