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Unergrundlichkeit mhd unergruntlich gegentheil des durch ruckbildung gewonnenen ergrundlich 1 ist ein Ausdruck der zuerst in der mystischen Literatur des Mittelalters verwendet wurde und der Wiedergabe unterschiedlicher griechischer und lateinischer Begriffe und theologischer Topoi diente 2 Unergrundlich Ludwig Thiersch 1874 Religion BearbeitenIn Rom 11 33 pries Paulus in der Ubersetzung Martin Luthers die Wunderwege Gottes Rom 11 33 EU und sprach hymnisch von der Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes Wie unbegreiflich und unerforschlich seien seine Wege In der Vulgata wurden Ausdrucke wie incomprehensibilia Luther unbegreiflich und investigabiles unerforschlich verwendet An sie sowie an den in altlateinischen Bibelubersetzungen vorkommenden Terminus inscrutabilis schlossen sich in der Patristik Aussagen uber die Unerforschlichkeit der Gerichte der Ratschlage der Weisheit Gnade und Tiefe Gottes an Nach Gregor von Nyssa habe der Apostel zeigen wollen dass menschlichen Gedanken der Weg zur Erkenntnis des gottlichen Wesens unzuganglich sei 2 Im Mittelalter wurde die Stelle im Romerbrief eingeschrankt verstanden Die Vollendung der gottlichen Absichten konne nicht erkannt werden solange deren Vollzug noch andauere 3 Philosophiegeschichte BearbeitenImmanuel Kant sprach von der Unergrundlichkeit in einem ethischen Zusammenhang Er stand immer wieder vor der Frage ob die Triebfeder den kategorischen Imperativ zu befolgen die Vorstellung des Gesetzes selbst sei oder aus anderen sinnlichen Antrieben herruhre Da fur ihn die Tiefen des menschlichen Herzens unergrundlich waren sei dies nicht eindeutig zu beantworten Es konnten durchaus Motive im Spiel seien die sich am eigenen Vorteil orientierten 4 Die uneinheitliche Stromung der Lebensphilosophie die sich Ende des 19 Jahrhunderts etablierte und in zwei Richtungen von Henri Bergson und Wilhelm Dilthey vertreten und formuliert wurde gab dem Begriff eine neue Bedeutung Die Wesen des Lebens wurde hier nicht im Hinblick auf ein gegenuberstehendes Transzendentes bestimmt sondern als immanente Bewegung des uber sich hinausdrangenden Lebens selbst Diese Bewegung kam etwa im Symbol der Flamme oder des Flusses zum Ausdruck im Ubermenschen bei Friedrich Nietzsche oder im Sich Uberschreiten bei Rainer Maria Rilke So gewann die haufig betonte Unergrundlichkeit des Lebens einen besonderen Sinn Nicht nur negativ kann das Leben durch die groben Maschen des Verstandes nicht eingefangen werden und bleibt unbegreiflich Auch positiv ist es ein schopferisches Prinzip das sich selbst erweitert und jeden vorgegebenen Bestand uberschreitet 5 Einzelnachweise Bearbeiten So belegt im Deutschen Worterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm a b Historisches Worterbuch der Philosophie Unergrundlichkeit Bd 11 S 147 Historisches Worterbuch der Philosophie Unergrundlichkeit Bd 11 S 147 148 Immanuel Kant Die Metaphysik der Sitten Zweiter Teil Metaphysische Anfangsgrunde der Tugendlehre Von der Pflicht gegen sich selbst 22 Werkausgabe Band 8 S 583 Die Religion in Geschichte und Gegenwart Lebensphilosophie Band 4 S 255 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unergrundlichkeit amp oldid 224250462