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Undue influence unangemessene Beeinflussung ist im europaischen Privatrecht ein umfassender Grundsatz der Privatautonomie Danach soll jeder seine Rechtsbeziehungen eigenverantwortlich und selbstbestimmt regeln durfen frei von widerrechtlichen Beeinflussungen der Willensbildung Storgrossen in diesem Sinne sind Tauschungshandlungen Drohungen oder die widerrechtliche Ausnutzung einer Vertrauens oder Nahestellung gegenuber dem Vertragspartner etwa geschaftsunerfahrenen Angehorigen In diesen Fallen kann die Rechtsordnung verletzt sein weil Rechtsgeschafte nicht rational sondern aufgrund einer rein emotionalen Entscheidung vereinbart werden Insoweit ermangelt es regelmassig an einem adaquaten Interessensausgleich unter ausgeglichenen Marktbedingungen Vor und Nachteile eines Geschafts konnten nicht abgewogen werden Liegt eine missbrauchliche Wahrnehmung von Eigeninteressen einer Partei vor sollen die nachteiligen Rechtsfolgen fur die andere Partei wegen unangemessener Beeinflussung undue influence beseitigt werden beziehungsweise von vornherein nicht entstehen Inhaltsverzeichnis 1 Dogmatische Einordnung 2 Rechtsentwicklungen 3 Literatur 4 AnmerkungenDogmatische Einordnung BearbeitenIn dogmatischer Hinsicht wird die Problematik in den Rechtsordnungen unterschiedlich bewertet Sofern einerseits von einem Marktmodell ausgegangen wird wird unterstellt dass jeder selbstverantwortlich ist weil er stets zweckorientiert und insoweit kontrolliert handelt Auf Willensmangel kann konsequenterweise nicht abgestellt werden da sie nicht bestehen Ein Rechtsgeschaft kann nur einer Inhaltskontrolle unterzogen werden die etwa eine Uberprufung auf Sittenwidrigkeit zulasst Sofern andererseits auf das voluntative Element des Willensbildungsprozess abgestellt wird wird eine materiell rechtlichen Uberprufung des Geschafts zwangslaufig abgelehnt denn das Ergebnis einer Verhandlung ist diesbezuglich irrelevant Diese Betrachtungsweise spielt eine bedeutende Rolle im englischen Recht In der Rechtspraxis ist dieser dogmatische Ansatz problematisch da Nachweisprobleme entstehen insbesondere wenn die Verletzung einer Vertrauensbeziehung behauptet wird Begegnet werden kann dieser Problematik nur durch die Gewahrung von Beweiserleichterung Diese mussten in typische Fallgruppen unterteilt werden und es mussten Vermutungsregeln greifen damit im Bild einer undue influence verblieben werden kann Andernfalls musste auf Regelungen ausserhalb der undue influence gesetzt werden Regelungen die gezielt vor strukturellen Ungleichheiten schutzen 1 Rechtsentwicklungen BearbeitenDas kasuistisch gepragte romische Recht hatte seit der fruhen Kaiserzeit Schutzvorschriften erarbeitet die wirtschaftlich schwacher gestellten Personen insbesondere Ehefrauen Minderjahrige und Freigelassene helfen sollten 2 Das der romische Senat verstarkt in die gesetzgebende Kompetenz eingebunden wurde erlangten diverse Senatskonsulte Bedeutung die teils bis in die heutigen Rechtsordnungen fortwirkt so etwa das SC Velleianum und das nahezu zeitgleich ergangene SC Macedonianum mit Verbotsregelungen und strengem Formzwang zum Schutze von Frauen und Hauskindern Mit dem Auftreten der Glossatoren wurde das romische Recht in Kontinentaleuropa weitgehend rezipiert Im Mittelalter erhielt eine Regel zum Schutz von Freigelassenen 3 eine neue Deutungsqualitat denn neben Furcht und Drohung genugte blosse Ehrfurcht des Opfers metus reverentialis fur eine Verletzungshandlung jedenfalls dann wenn zudem eine schwere wirtschaftliche Ubervorteilung laesio enormis hinzutrat Diese Regel verschwand im Zeitalter des sakularen Naturrechts dem Vernunftrecht und dem spaten usus modernus wieder Dem Zustandekommen eines Vertrages konnten dann allenfalls wieder deliktische Fehlverhalten wie Tauschung und Drohung entgegenstehen Seit dem 20 Jahrhundert sind die sogenannten Ehegattenburgschaften Sicherungen gegenuber Banken die regelmassig Ehefrauen fur die Schulden ihres Mannes bestellen herruhrend damit aus Vertrauensverhaltnissen in den Fokus der Rechtsprechung geraten Die allgemeinen Regeln des Geschaftsverkehrs erfassen die Problematik unzureichend Osterreich die Niederlande und Frankreich operieren mit Sonderregeln zum Verbraucherburgschaftsrecht etwa Art 341 4 Code de la consommation Der Bundesgerichtshof BGH in Deutschland zieht nach einer grundlegenden grundrechtlich relevanten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 4 den Massstab der Sittenwidrigkeit heran und verbindet inhaltliche Missverhaltnis von Leistung und Gegenleistung und prozedurale krasse finanzielle Uberforderung des Burgen Elemente miteinander vgl auch Rechtsprechung des BVerfG Die Grundregeln des Europaischen Vertragsrechts PECL nicht rechtsverbindlich suchen nach Regelungsstrukturen in den Vereinheitlichungsprojekten Art 4 109 PECL Ubermassiger Vorteil oder unlauterer Vorteil 5 und Art 3 10 UNIDROIT PICC Principles of International Commercial Contracts 1994 UNIDROIT 6 enthalten Kompromisslosungen Beide Vorschriften rekurrieren auf die traditionellen Begriffe des Willensmangelrechts Irrtum Tauschung und Drohung und gewahren Nichtigkeitskontrolle durch Anfechtung Internationale Abkommen und Modellgesetze regeln das Recht der Willensmangel bei Vertragsschluss regelmassig nicht Im europaischen Sekundarrecht greift allein die Richtlinie 85 577 EWG Verbraucherschutzfragen die Problematik von Verhaltenskontrollen auf Regelungen bleiben insoweit dem nationalen Recht vorbehalten Literatur BearbeitenPeter Birks Nyuk Yin Chin On the Nature of Undue Influence In Jack Beatson Daniel Friedman Hrsg Good Faith and Fault in Contract Law 1995 57 ff Stephan Wagner Undue influence mogliche Einflusse des Civil law vom Ende des 16 bis Anfang des 19 Jahrhunderts ZRG Romanistische Abteilung 123 2006 248 ff RA ISSN 0323 4096 Nils Jansen Seriositatskontrollen existentiell belastender Versprechen Rechtsvergleichung Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik In Reinhard Zimmermann Hrsg Storungen der Willensbildung bei Vertragsschluss 2007 125 ff Sebastian Martens Durch Dritte verursachte Willensmangel 2007 Anmerkungen Bearbeiten Vgl zum Themenkomplex insgesamt Nils Jansen Seriositatskontrollen existentiell belastender Versprechen Rechtsvergleichung Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik In Reinhard Zimmermann Hrsg Storungen der Willensbildung bei Vertragsschluss 2007 S 125 ff Stephan Lorenz Der Schutz vor dem unerwunschten Vertrag 1997 S 445 ff Ulpian Digesten 16 1 2 pr Digestenfragment 44 5 1 6 Beschluss v 19 Oktober 1993 BVerfGE 89 214 Wortlaut Art 4 109 PECL Wortlaut Art 3 10 UNIDROIT PICCBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Undue influence amp oldid 234136818