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Die Turba Philosophorum auch bekannt unter dem Namen Versammlung der Philosophen ist einer der altesten lateinischen Texte der Alchemie Turba PhilosophorumEs wird angenommen dass sie vor dem zwolften Jahrhundert verfasst wurde Das vermutliche arabische Original mit dem Titel مصحف الجماعة Muṣḥaf al ǧamaʿa Buch der Versammlung ist um 900 entstanden und nur zum Teil erhalten Diese arabische Turba ist zwar keine Ubersetzung einer griechischen Ur Turba 1 stutzt sich aber wesentlich auf griechische Quellen insbesondere den alexandrinischen Neuplatoniker Olympiodor und Pseudo Demokrit 2 Das dabei entstehende Werk zeigt ein vollig neues arabisches Alchemieverstandnis 3 Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Redner 2 Die Kosmologie Sermo 1 9 3 Die Astronomie Sermo 10 72 4 Weiterleben und Uberlieferung 5 Ausgaben 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAufbau und Redner BearbeitenDie Turba in der Form eines fingierten Protokolls einer Versammlung antiker Philosophen unter dem Vorsitz des Pythagoras ist in 72 1 9 kosmologische 10 72 alchemistische Reden unterteilt die in einer Versammlung von Philosophen vorgetragen und kommentiert werden Zu dem Meister Pythagoras gesellen sich u a die Vorsokratiker Anaximander Anaximenes Anaxagoras Empedokles Archelaos Leukipp Parmenides aber auch Sokrates und Platon kommen zu Wort 4 Die Namen erfahren bei der Ubernahme in den arabischen und spater in den lateinischen Sprachraum erhebliche Umgestaltungen so wird aus Empedokles in den arabischen Texten in der von Julius Ruska verwendeten Umschrift ANBaDuQLiS durch leichte Veranderung des arabischen Schriftbildes BaNDaFiLuS und im lateinischen Text Pandolfus 5 Die Kosmologie Sermo 1 9 BearbeitenVor der Darstellung der Alchemie diskutiert die Versammlung kosmologische Probleme diese werden von den Philosophen Anaximander Anaximenes Anaxagoras Empedokles Leukipp Archelaos Pythagoras und Locustor vorgetragen Allerdings haben die Beitrage sehr unterschiedliches Gewicht auch werden die Grundgedanken mehrfach formuliert Kontroverse Standpunkte werden nicht herausgearbeitet Die dabei mehrfach wiederholten Grundaussagen sind Gott hat die Welt geschaffen Z B sermo 9 Anaximenes Deus suo verbo omnia creavit qui dixit estote et facta sunt Gott hat durch sein Wort alle Dinge geschaffen indem er sprach seid und es sind geschaffen worden und zwar zuerst die 4 Elemente Z B sermo 9 Anaximenes cum aliis quatuor elementa terra aqua aer et ignis die vier Elemente die Erde das Wasser die Luft und das Feuer und aus diesen 4 Naturen hat Gott alles geschaffen Z B sermo 6 Leukipp omnia quae Deus creavit ex his esse quatuor naturis dass alles was Gott geschaffen hat aus diesen vier Naturen besteht Inwieweit von den Vorsokratikern Anregungen zu diesen Aussagen gewonnen werden konnten lasst sich nicht bestimmen da nur geringe doxographische Texte ihrer Werke erhalten sind 6 und nicht bekannt ist welche Texte zu dieser Zeit im arabischen Raum vorlagen Allerdings fur sermo 1 Anaximandros gibt es eine gewisse Nahe zur doxographischen Uberlieferung Der Turba Sprecher postuliert dass der Anfang aller Dinge die ewige schopferische Natur sei und dass alles Entstehen und Vergehen vom Kreislauf der Gestirne abhange 7 Ahnliche Aussagen des Anaximandros uberliefern der spatantike Philosoph Simplikios und Pseudo Plutarch 8 Auch bezuglich der in der Turba so oft herangezogenen vier Elemente Erde Wasser Feuer Luft z B sermo 3 die Luft weniger fein als das Feuer denn sie ist warm und feucht das Feuer aber warm und trocken das trockene feiner als das warme und feuchte gibt es in der Doxographie zu Empedokles vielfaltige Definitionen und Erlauterungen 9 Im letzten sermo der Kosmologie wird Anaximenes eine Uberleitung zur Alchemie in den Mund gelegt Die Elemente werden durch Gott gemischt und werden dadurch aus ihrer Natur heraustretend zu etwas anderem keine Farbung ist echt wenn nicht durch unser Erz bewirkt aber verwandle das Erz in Weisses Silber Damit ist der Redner schon im alchemistischen Kontext Die Astronomie Sermo 10 72 BearbeitenDie folgenden Vortrage kreisen um das grosse Thema der Metallverwandlung und veredlung 10 mit eingehender Behandlung des Steines der Weisen Die Beitrage uberschneiden sich thematisch widersprechen sich auch zum teil Offensichtlich werden verschiedene Quellen herangezogen Es finden sich Parallelen zu den griechischen Alchemisten 11 Zosimos aus Panopolis Olympiodoros von dem bekannt ist dass er einen Kommentar zu dem Werk des Zosimos geschrieben hat 12 Demokrit mit dem Hauptwerk Physika kai Mystika 13 Aber auch aus arabischen Alchemieschriften etwa dem Buch Krates des Weisen und dem Buch des al Ḥabib wurden Texte entnommen 14 Eine klare Gesamtdarstellung der Prozesse die zur Herstellung der edlen Metalle oder des Steines der Weisen notig waren findet sich in keiner der Reden Aber die verwendeten Stoffe Quecksilber Schwefel Kupfer Blei werden vielfaltig in ihren Eigenschaften und gemeinsamen Reaktionen dargestellt In einigen Reden taucht das Farbschema des Prozesses schwarz weiss rot auf sermo 12 und reinigt es von seiner Schwarze wascht und rostet in gleichmassigem Feuer bis es weiss wird Wenn ihr das Feuer verstarkt wird es vorzeitig rot was euch nichts nutzt sermo 21 Wenn diese Schwarze entstanden ist so wisset dass sie nicht langer als 40 Tage anhalt Nehmt das reine Weiss das das grosste Geheimnis ist wird euch erscheinen so Gott will der Stein von tyrischer Farbe Bei einigen wenigen Arbeitsschritten werden auch identifizierbare chemische Prozesse beschrieben So heisst es in sermo 50 Die Philosophen haben vorgeschrieben dass Quecksilber aus Zinnober genommen werde Hier wird die seit der Antike mogliche Gewinnung des Quecksilbers aus Quecksilber II Sulfid umschrieben 15 Das Verstandnis des Textes wird durch die Verwendung von Decknamen erschwert Wie in vielen alchemistischen Texten soll mehr verschwiegen als ausgesagt werden und die Substanzen und Prozesse werden durch Analogien und metaphorische Bezuge angedeutet 16 So wird in der Turba fur Quecksilber haufig der Ausdruck aqua permanens ewiges Wasser verwendet aber auch Harn eines weissen Kalbs sermo 19 Wasser des Schwefels sermo 51 und viele andere Die allegorische Darstellung fuhrt zu einigen poetischen Erzahlungen deren Keim z T schon in den griechischen Quellen angelegt war die aber erst von den arabischen Alchemisten ausgearbeitet wurden 17 So wird in sermo 59 eine abenteuerliche undeutbare Geschichte ausgebreitet von einer Frau die ihre Manner totet und zusammen mit einem Drachen begraben wird Aus dem Blut des Drachen der von den Waffen der Frau getotet wird entsteht ein Gift Poetischer und angenehmer ist der Vergleich des alchemistischen Prozesses mit dem Fortgang der Jahreszeiten in sermo 17 Feuchtigkeit des Winters Warme des Fruhlings und das Erscheinen der Bluten wie der Herbst die Fruchte reift Weiterleben und Uberlieferung BearbeitenDie Turba war im Abendland schon um die Mitte des 12 Jahrhunderts verbreitet und wurde von Gelehrten wie Albertus Magnus geschatzt 18 Es haben sich zahlreiche Handschriften allerdings mit haufigen Textabweichungen in mehreren europaischen Bibliotheken erhalten die altesten aus dem 13 Jahrhundert 19 Als erste Druckausgabe erschien sie in Artis Auriferae quam chemiam vocant antiquissimi authores sive Turba philosophorum im Jahre 1572 bei dem Drucker Pietro Perna Auf handschriftliche Ubersetzungen folgten 1597 und 1613 die zwei Ausgaben in deutscher Sprache von Joh Laurentius und Philipp Morgenstern 20 Ausgaben BearbeitenArthur Edward Waite Editor 1896 The Turba Philosophorum or Assembly of the Sages englische Ubersetzung Julius Ruska Turba Philosophorum Berlin 1931 Theatrum Chemicum Vol V Strasbourg 1622 Joachim Telle Turba Philosophorum in Verfasserlexikon Band 9 1995 Sp 1151 1157 Gregoire Lacaze Turba Philosophorum Congres pythagoricien sur l art d Hermes Philosophia antiqua Band 150 Brill Leiden 2018 ISBN 978 90 0436032 7 Literatur BearbeitenClaus Priesner Karin Figala Hrsg Alchemie Lexikon einer hermetischen Wissenschaft Munchen 1998 Hans Werner Schutt Auf der Suche nach dem Stein der Weisen Munchen 2000 Manfred Ullmann Die Natur und Geheimwissenschaften im Islam Leiden 1972 Ingolf Vereno Studien zum altesten alchemistischen Schrifttum Berlin 1992 Weblinks BearbeitenTurba Philosophorum Webversion in Deutsch Memento vom 24 Oktober 2012 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 1 2 V Arabische Paralleltexte Manfred Ullmann Die Natur und Geheimwissenschaften im Islam S 215 Ingolf Vereno Studien zum altesten alchemistischen Schrifttum S 29 Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 3 Ubersicht der Rednernamen Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 1 2 II Die Formen der Eigennamen Wilhelm Capelle Die Vorsokratiker Die Fragmente und Quellenberichte ubersetzt und eingeleitet von Wilhelm Capelle Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 4 2 II Die Theologie und Kosmologie der Turba Wilhelm Capelle Die Vorsokratiker Anaximandros 21 24 Wilhelm Capelle Die Vorsokratiker Empedokles 1 8 Hans Werner Schutt Auf der Suche nach dem Stein der Weisen II 21 Eine Vollversammlung der Philosophen Julius Ruska Turba Philosophorum Fussnoten zur deutschen Ubersetzung Hans Werner Schutt Auf der Suche nach dem Stein der Weisen I 25 Olympiodoros Hans Werner Schutt Auf der Suche nach dem Stein der Weisen I 6 Der Spruch der Saule Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 1 2 V arabische Paralleltexte Claus Priesner Karin Figala Alchemie Lexikon einer hermetischen Wissenschaft Quecksilber Claus Priesner Karin Figala Alchemie Lexikon einer hermetischen Wissenschaft Decknamen Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 4 2 III Die Alchemie der Turba Manfred Ullmann Die Natur und Geheimwissenschaften im Islam S 216 Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie 1 4 Die handschriftliche Uberlieferung Julius Ruska Turba Philosophorum Ein Beitrag zur Geschichte der Alchemie S 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Turba Philosophorum amp oldid 226893142