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Die Tuchfabrik van Houtem Lochner war eine der alteren und grosseren Textilunternehmen mit Sitz am Karlsgraben in Aachen Sie wurde 1773 durch Heinrich van Houtem gegrundet 1857 von Johann Friedrich Lochner ubernommen und 1907 liquidiert Innenhof der ehem Tuchfabrik Lochner heute Institutsgebaude der RWTH AachenDie Ubernahme und der Ausbau der Tuchfabrik durch die Familie Lochner hatte zur Folge dass die Infrastruktur in dem Wohnviertel massiv verandert wurde und dass als Ausgleich fur die zwecks Erweiterung notwendige Bebauung von Teilen des auf dem Areal des Unternehmens vorhandenen englischen Gartens der spatere Westpark angelegt wurde Seit 1928 ist der Grossteil der verbliebenen Gebaude im Besitz der RWTH Aachen die diese nach den Zerstorungen im Zweiten Weltkrieg grundlegend restauriert hatte und von denen lediglich das alte Barocktor und das anschliessende Kutscherhaus unter Denkmalschutz gestellt wurden Zwischen 1936 und 1955 wurden zudem Restflachen des ehemaligen Villengartens als Vorlaufer des Botanischen Gartens der RWTH genutzt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Tuchfabrik van Houtem 1 2 Tuchfabrik Lochner 1 3 RWTH Aachen 2 Gebaude 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenSiehe auch Geschichte der Tuchindustrie in Aachen Tuchfabrik van Houtem Bearbeiten Im 18 Jahrhundert besass der niederlandische Reitergeneral Graf Berghe von Trips das von Laurenz Mefferdatis erbaute so genannte Eysser Haus am Karlsgraben in Aachen zu dem eine grosse Gartenanlage gehorte Nach seinem Tod ubernahm der Tuchfabrikant Heinrich van Houtem 1737 1789 dessen Vorfahren aus Amsterdam stammten und dessen Vater die Burgerrechte von Aachen erhielt das Haus und liess es grosszugig als Stadtvilla aus und umbauen Daruber hinaus liess er auf dem Grundstuck die alte Plattenbauchmuhle fruher Segraedt Muhle aus dem 14 Jahrhundert zu einer Walkmuhle und Farberei umbauen die dem dortigen Carlsweiher vorgelagert war und von dem durchfliessenden Johannisbach profitierte Van Houtem gehorte der damaligen Neuen Partei an die im Rahmen der Aachener Makelei fur wirtschaftlichen Fortschritt und Zunftunabhangigkeit gekampft hatte und fur die er ab 1786 als Rentmeister Mitglied des Stadtrates wurde Nach Heinrichs Tod ubernahm 1789 sein Sohn der spatere Handelsrichter Ignaz van Houtem 1764 1812 die vaterliche Spinnereifabrik baute sie weiter aus und gehorte in wenigen Jahren zu den bedeutendsten Aachener Fabrikanten jener Zeit Ferner erwarb er 1802 das sakularisierte Kloster der Colestinerinnen und vormalige Weissfrauenkloster Aachen in das er sein Wolllager einrichtete Im Jahre 1804 wurde die Fabrik von Napoleon Bonaparte personlich besucht und 1810 beschaftigte sie rund 290 Arbeiter Damit war sie zu dieser Zeit nach der Tuchfabrik Nellessen die zweitgrosste ihrer Art in Aachen Nach seinem Tod ubernahm Ignaz Frau die aus Frankfurt am Main stammende Josefine Schwendel 1759 1839 die Verwaltung des Unternehmens Sie war sehr sozial engagiert und gehorte seit 1811 dem Conseil general de la societe de la Charite maternelle an und stand im Jahr 1815 an der Spitze des Vereins zur Unterstutzung der im Felde stehenden Krieger Im Jahr 1830 erhielt sie die Erlaubnis eine 20 PS starke Dampfmaschine zum Betrieb der Walk und Spulmuhlen sowie der Rauh und Scheermaschinen aufzustellen 1 In den folgenden Jahren arbeiteten insgesamt rund 265 Beschaftigte davon 71 junger als 14 Jahre im Betrieb Nach ihrem Tod schafften es ihre beiden Sohne Georg Heinrich 1786 1850 und Ignaz 1796 1866 nicht das Niveau der Produktion zu halten und es begann der wirtschaftliche Abstieg der Fabrik Schliesslich wurde sie mit der Stadtvilla und dem Grundstuck im Jahr 1857 an dem Tuchfabrikanten Johann Friedrich Lochner verkauft der dem Unternehmen einen neuen Aufschwung brachte Tuchfabrik Lochner Bearbeiten nbsp Lochnerfabrik um 1880 Mitte links Unter Lochner der zuvor 25 Jahre lang Erfahrungen als Teilhaber in der Burtscheider Tuchfabrik Johann Erckens Sohne amp Lochner gesammelt hatte konnten die Umsatze wieder gesteigert werden Um nicht ganz vom Hauptwerk allein abhangig zu sein erwarb er daruber hinaus die nahegelegene Junkersmuhle mit den zugehorigen Wasserrechten am Johannisbach Nach seinem Tod ubernahmen seine Sohne Emil Wilhelm Friedrich 1835 1904 und Rudolf Lochner die Anteile an der elterlichen Textilfabrik wobei Emil die technische Leitung innehatte Fritz den Vertriebsbereich betreute und Rudolf die Verantwortung fur die kaufmannischen und administrativen Belange erhielt Die drei Bruder passten das Unternehmen spater durch gravierende Veranderungen der neuen Zeit an und es wurde unter ihrer Aegide zu einer der grossten Textilfabriken Aachens Im Jahre 1873 legten die Bruder die nach ihrem Vater benannte Lochnerstrasse neu an und veranderten den Verlauf der Mauerstrasse sowie die bisherige bebaute Umgebung der elterlichen Lochner Villa Zugleich wurde neben dem alten Fabrikgebaude nach Planen des Aachener Bauingenieurs und Hochschullehrers Otto Intze ein im Burgenstil mit Turmen und Zinnen bekrontes neues Fabrikgebaude sowie Lager und Buroraume errichtet Bei dieser Neubaumassnahme musste der Carlsweiher trockengelegt und der Johannisbach unterirdisch verlegt sowie ein Grossteil des alten englischen Gartens mitverbaut werden Als Ausgleich dafur erwarb Emil Lochner 1882 das Grundstuck Kirschbenden vor dem Junkerstor wo er einen Park mit integriertem zoologischen Garten anlegen liess 2 Nach dem Tod von Emil Lochner im Jahr 1900 und dem altersbedingten Ausstieg von Fritz Lochner fuhrte Rudolf Lochner das Unternehmen als allein tatiger Gesellschafter weiter und wandelte dieses wenig spater in eine GmbH um Allmahlich kristallisierte sich jedoch heraus dass weder seine Sohne noch seine Neffen Interesse zeigten in das Familienunternehmen einzusteigen Da sich zudem keine Kaufer fanden die das Unternehmen fortzufuhren bereit waren sah sich Robert Lochner daraufhin gezwungen die Tuchfabrik im Jahr 1907 zu liquidieren wovon die nur wenige hundert Meter entfernte und im gleichen Jahr neu errichtete Tuchfabrik Delius profitierte die zudem auch Emil Lochners Schwiegersohn Eugen Peltzer 1871 1955 als neuen Teilhaber einstellte Die Gebaude der Lochnerfabrik wurden zunachst von den Brudern Carl Hugo 1867 1957 und Eduard Friedrich Hugo Heusch ubernommen die dort bis 1928 die Nadelfabrik Hugo Heusch amp Cie ehemals Butenberg amp Heusch betrieben und anschliessend von der Technischen Hochschule erworben Ebenso musste der Lochnerpark mit dem zoologischen Garten bereits 1905 geschlossen werden konnte aber ab 1920 als stadtisches Eigentum mit neuer Ausrichtung als Westpark weitergefuhrt werden RWTH Aachen Bearbeiten nbsp Ehemaliges Hauptgebaude der TuchfabrikNach der Ubernahme durch die Hochschule wurden die Gebaude grundlegend fur deren Zwecke umgebaut und das neu gegrundete Institut fur Gesteinshuttenkunde zog in die Raumlichkeiten ein 3 Zudem wurde im Jahr 1936 in verbliebenen Teilen des ehemaligen Villengartens durch den Leiter des botanischen Instituts Alphons Theodor Czaja 1894 1984 ein botanischer Garten angelegt der bis zu seiner Verlegung in die Melatener Strasse im Jahr 1953 als Lehrgarten fur Studenten der Pharmazie sowie fur angehende Lebensmitteltechniker diente Spater zogen weitere Fachbereiche der Hochschule in die Gebaude ein darunter im Hauptgebaude an der Lochnerstrasse die Fakultat fur Georessourcen und Materialtechnik die Fachgruppe Geowissenschaften und Geographie und der Lehrstuhl Ingenieurgeologie und Hydrogeologie Im Jahr 2017 wurden Plane bekannt das Institut fur Gesteinshuttenkunde zum neuen RWTH Standort Campus Melaten zu verlegen und die alten Fabrikgebaude einer neuen stadteplanerischen Nutzung zu ubergeben 4 Gebaude Bearbeiten nbsp Portal LochnervillaNachdem die ehemaligen Fabrikgebaude im Zweiten Weltkrieg grosstenteils schwer beschadigt worden waren wurden sie von der Hochschule wieder aufgebaut dabei teilweise verandert und fur die Institutsbelange neu ausgerichtet Zwar konnten der aus der Zeit von van Houtem stammende alte Schornstein und Teile der Ostfassade seiner von Mefferdatis erbauten Stadtvilla an der Mauerstrasse sowie das Eingangsportal mit dem 1890 nachtraglich angebauten Kutscherhaus am Karlsgraben gerettet werden unter Denkmalschutz wurden jedoch lediglich das Portal und das Kutscherhaus gestellt Die Anderungen der anderen Gebaudeteile zuletzt im Jahr 1961 durch den Architekten Hans Haas fuhrten dazu dass sie die Aufnahmekriterien fur den Denkmalschutz nicht erfullten Dennoch lasst sich am Stil und an den Formen die historische Struktur der alten Fabrikanlage gut nachvollziehen Das um 1773 erbaute korbbogige Portal wird Jakob Couven oder Joseph Moretti zugeschrieben Es ist eingerahmt von zwei auf hohen Sockeln errichteten Doppelpilastern mit ionischen Kapitellen Im daruber liegenden geschwungenen Gebalk befindet sich mittig das Wappenschild auf dem sich seit 1857 das Wappen der Familie Lochner mit Schwert und Kronen befindet Ruckseitig verfugt das Tor durch den Anbau des Kutscherhauses anstelle der Pilaster nur uber eine Halbsaule auf der freien Seite und wird bekront durch ein dreieckiges Tympanon mit einem halbkreisformigen Fenster im Giebelfeld Das zweigeschossige und dreiachsige verputzte ehemalige Kutscherhaus schliesst ruckseitig direkt an das Tor an Es besteht aus jeweils einem Raum im Erd und Obergeschoss die uber eine Wendeltreppe verbunden sind Nachdem dieser kleine Gebaudekomplex viele Jahrzehnte leer stand und zu verfallen drohte wurde im Jahr 2006 eine Restaurierung der Bauten von der Stiftung Neuman amp Esser veranlasst welche die Familie Klaus Peters Nachkommen der Familie Lochner ins Leben gerufen hatte 5 Literatur BearbeitenThomas Lochner Die Geschichte des Aachener Tuchfabrikanten Johann Friedrich Lochner und seiner Familie Schnell Verlag Warendorf 2013 Bodo von Knoppen Alt Aachener Garten Georgi Aachen 1987 S 65 68 Reinhard Dauber und Ingeborg Schild Bauten der Rheinisch Westfalischen Technischen Hochschule Aachen in Rheinische Kunststatten Heft 400 Neuss 1994 S 16Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tuchfabrik Lochner Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag von Moritz Wild zu Karlstor und Kutscherhaus in der Datenbank KuLaDig des Landschaftsverbands Rheinland Karina Angelova Lorezo Morez Die Tuchfabrik van Houtem in Aachen In Rheinische IndustriekulturEinzelnachweise Bearbeiten Tuchfabrik van Houtem auf albert gieseler de Eckard Heck Die Burger kaufen der Stadt einen Zoo auf movieaachen de vom 20 Oktober 2018 Institut fur Gesteinshuttenkunde der RWTH Aachen auf der Homepage der RWTH Aachen Neubau fur die Gesteinshuttenkunde der RWTH Aachen Pressemitteilung der RWTH Aachen vom 17 Juli 2017 Baudenkmal Karlsgraben 55 Lochnertor und Kutscherhaus Denkmalbericht auf den Seiten der Stadt Aachen 50 774035 6 075474 Koordinaten 50 46 26 5 N 6 4 31 7 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tuchfabrik van Houtem Lochner amp oldid 236234066