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Tanzlinden sind kunstvoll geleitete Lindenbaume die fruher in manchen Regionen haufig der Mittelpunkt dorflicher Feste und Brauche waren Heute gibt es sie nur noch in wenigen Dorfern Tanzlinden im engeren Sinne sind eine besondere Form von geleiteten Linden Ursprunglich wurden als Tanzlinden nur geleitete Linden bezeichnet die Podeste trugen damit in der Baumkrone getanzt werden konnte Die Stutzpfeiler der geleiteten Tanzlinden sind dabei ahnlich wie die ubrigen Konstruktionen haufig kunstvoll gearbeitet 1 Tanzlinden im weiteren Sinne sind geleitete Linden bei denen am Boden unter der Linde oder ausserhalb des Astbereiches um sie herumgetanzt wird Sonstige Tanzlinden sind Linden die im Mittelpunkt von Tanzbrauchen stehen oder standen ohne einer besonderen Formgebung unterzogen worden zu sein und ohne uber Gerustkonstruktionen zu verfugen Daneben gibt es noch geleitete Linden die mit ihrer Formgebung der klassischen Tanzlinde sehr ahnlich sind und deshalb oftmals auch als Tanzlinde bezeichnet werden aber niemals mit Tanzbrauchen verbunden waren etwa manche Stufenlinden Der Vollstandigkeit halber sind auch weitere Formen geleiteter Linden wie etwa Gerichtslinden sowie Linden Lauben aufgefuhrt Tanz unter der Linde zeitgenossische Darstellung 18 Jh Tanzlinde in Langenstadt 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 1 1 Tanzlinden im engeren Sinne 1 2 Tanzlinden im weiteren Sinne 1 3 Sonstige Tanzlinden 1 4 Stufenlinden 2 Geschichte 3 Verbreitung 4 Tanz auf der Linde 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAllgemeines Bearbeiten nbsp Tanzlinde in Peesten 2008 nbsp Tanzlinde in Galenbeck 2006 nbsp Deutschlands sudlichste Tanzlinde in Wald Hohenzollern 2008 neu angelegt 2020 Bei beiden geleiteten Hauptformen der Tanzlinden ist um den Stamm der Linde auf Hohe des unteren Astkranzes ein Gerust gebaut das unter anderem dem Verziehen der Aste dient Bei Tanzlinden sind die Baume in der Regel Naturdenkmale die stutzenden Bauwerke meist auch Baudenkmale die gemeinsam als Teil dorflicher Kultur meist als Mittelpunkt lokaler Traditionen und Tanzbrauche in Zusammenhang mit Kirchweihfesten dienen auf diesem einmaligen Zusammenspiel dreier Elemente beruht die besondere weit uber die Standortdorfer und regionen hinausgehende eigenstandige kulturelle Bedeutung der Tanzlinden In Limmersdorf entsteht zurzeit das Deutsche Tanzlindenmuseum in dem neben einer umfassenden Bestandsaufnahme unter anderem auch erstmals eine Klassifizierung und Typisierung und eine umfassende Bibliothek erfolgen soll Seit 2014 zeigt das Lindenbaum Museum in Neudrossenfeld anhand von Modellen uber 40 Beispiele von geleiteten Lindenbaumen in Europa davon viele Tanzlinden Die Ausstellung wurde in Form einer Begleitpublikation verschriftlicht 2 Tanzlinden im engeren Sinne Bearbeiten Bei den Tanzlinden im engeren Sinne wachsen die Aste des untersten Astkranzes meist in einer Hohe zwischen zwei Metern und drei Metern unter einem Gerust aus massiven Holzbalken entlang und dann ausserhalb an laubenartigen uber mannshohen Spalieren mit Fensterausschnitten oder an Balustraden wieder nach oben so dass es aussieht als ob die Aste die Balkenkonstruktion trugen eigentlich hangen die Aste aber an den Balkenkonstruktionen Tatsachlich werden die Konstruktionen dann hauptsachlich von Saulen aus Sandstein oder Holz getragen manchmal auch Metall die am Rand der Baumkrone ringformig um den Stamm mit Radien zwischen drei Metern und funf Metern angeordnet sind je nach statischem Bedarf werden manchmal Saulen innerhalb des Ringes aufgestellt Die horizontale Balkenlage ist entweder dauerhaft oder nur zu den Tanzfesten mit Brettern belegt diese Tanzflache ist uber eine Treppe zu erreichen So entstehen imposante luftige Baumpavillons die Tanzpaaren und manchmal sogar den Musikkapellen Platz bieten fruher angeblich manchmal sogar auf zwei Ebenen verteilt Klassische Tanzlinden die noch zum Tanzen benutzt werden konnen stehen in Limmersdorf Oberfranken seit 1686 Langenstadt Oberfranken Nachpflanzung 1995 offentlich genutzt aber auf privatem Grund Peesten Oberfranken Nachpflanzung 1951 Effelder Sudthuringen seit 1707 Sachsenbrunn Sudthuringen seit etwa 1650 Oberstadt Sudthuringen seit 1800 betriebsbereit Grossensee Werra Suhl Tal dreistufig gezogen 1966 als Naturdenkmal ausgewiesen 3 Neue Tanzlinden entstehen in Barstadt Hessen Neupflanzung 2004 Leeden Westfalen Neupflanzung 2005 Limmersdorf II Oberfranken 1990 Nachpflanzung und Demonstrationsobjekt im Deutschen Tanzlindenmuseum Limmersdorf III Oberfranken 1991 Demonstrationsobjekt im Deutschen Tanzlindenmuseum Selbitz Oberfranken Erstpflanzung 1997 durch den Schulerjahrgang 1946 47 Wald Baden Wurttemberg Neupflanzung 2008 Rudolstadt Thuringen Neupflanzung 2014Baumveteranen die vermutlich Tanzlinden im engeren Sinne waren in Eishausen Thuringen Faistenau Osterreich seit 1320 die Dorflinde in Faistenau ziert auch das Gemeindewappen Himmelsberg Hessen Lischeid Hessen Neustadt im Eichsfeld Thuringen seit etwa 1650 die Tanzlinde ziert auch das Dorfwappen Niedenstein Hessen Bexten Westfalen Linde in Schenklengsfeld mit etwa 1275 Jahren vermutlich der alteste Baum Deutschlands Stein am Rhein Schweiz ca 400 Jahre alte SchutzenlindeBaume die wie echte Tanzlinden geformt sind aber mit keiner Tanztradition verbunden sind Podest ohne Astkranz Galenbeck Mecklenburg Vorpommern Privatbesitz Podest ohne Mittelstamm und ohne Stutz Gerust Gescher Westfalen seit etwa 1880 Privatbesitz Podest zur Aussicht oder fur Musikanten Elstra Rehnsdorf Sachsen Privatbesitz Klein Gornow Mecklenburg Vorpommern PrivatbesitzTanzlinden im weiteren Sinne Bearbeiten Bei den geleiteten Tanzlinden im weiteren Sinne ist das Zusammenspiel von Baum und Gerust andersherum Dort wachsen die Aste uber den Konstruktionsbalken weil in der Regel die Geruste die Aste tragen Deshalb konnte bzw kann nicht auf sondern lediglich unter den Linden getanzt werden Platz oder Plan Tanz Solche Tanzlinden stehen beispielsweise in Effeltrich Oberfranken Hilgershausen Felsberg Hessen Rheine Westfalen Sonstige Tanzlinden Bearbeiten Bei den sonstigen Tanzlinden ist hingegen kein Gerust vorhanden das umgebende Gelande dient jedoch als Tanzplatz in einigen Fallen wird die Bezeichnung Tanzlinde auch ohne jeden erkennbaren Bezug zu Tanzbrauchen als Interpretation der Form des Baumes benutzt Linden dieser Art stehen beispielsweise in Kaltennordheim Sudthuringen Neudrossenfeld Oberfranken Guttenberg Oberfranken Schloss Spangenberg Hessen Dorla Hessen Langenbeutingen Baden Wurttemberg Stufenlinden Bearbeiten Eine besondere Form geleiteter Linden die oftmals als Tanzlinden bezeichnet werden sind die Stufenlinden Diese eindrucksvollen Baume mit bis zu zehn Astkranzen erhielten aber in der Regel nicht zu Tanzzwecken sondern als rein asthetisch romantische Spielart ihre Form Die bekanntesten davon stehen in Untertheres Unterfranken Grettstadt Unterfranken zwei Baume Salz Unterfranken Bad Tabarz Thuringen Isling Oberfranken Geschichte BearbeitenTanzlinden waren sowohl Orte der Gerichtsbarkeit als auch Versammlungsstatten Linden wurden und werden deshalb oftmals an zentralen Platzen innerhalb von Siedlungen gepflanzt und erreichen dort zum Teil imposante Grossen Verbreitung BearbeitenTanzlinden sind heute vorwiegend noch in kleineren Orten zu finden in denen sie sowohl das Ortsbild als auch die dorflichen Feste pragen Schwerpunkt dieser Tradition sind eindeutig die frankischen Regionen Oberfranken Sudthuringen Osthessen und Hohenlohe Vereinzelt existieren ahnliche Baume auch in anderen deutschen Regionen etwa Westfalen und angrenzenden europaischen Landern Schweiz Frankreich Belgien Osterreich Allerdings sind die Linden dort zwar in entsprechende Form geleitet Tanztraditionen wie bei den klassischen Tanzlinden in Oberfranken und Thuringen sind aber meist nicht uberliefert Tanz auf der Linde BearbeitenDie heute bekannteste Tanzlinde steht im oberfrankischen Limmersdorf im Landkreis Kulmbach das seit 1978 zum Markt Thurnau gehort Die dortige Lindenkirchweih ist das alteste ununterbrochen seit mindestens 1729 veranstaltete Fest bei dem der Tanz auf der Linde und der Platztanz unter der Linde im Mittelpunkt des Kirchweihfestes stehen Die Musikkapelle hat ein eigenes kleines Hauschen in der Plattform Am Linden und Kirchweihplatz unmittelbar neben der 500 jahrigen Kirche St Johannes der Taufer ist in Limmersdorf wegen der besonderen Bedeutung der Limmersdorfer Tanzlinde und dieses Brauchtums in Oberfranken das Deutsche Tanzlindenmuseum im Aufbau auch die Deutsche Tanzlindenroute und der Tanzlindenradweg rund um Thurnau Limmersdorf Langenstadt Peesten Limmersdorf ca 30 km beginnen dort Im Jahr 2014 wurde die Limmersdorfer Lindenkirchweih fur die Region Franken als einer von 27 Brauchen in Deutschland in die Nationale Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen seitdem gilt die Tanzlinde in Limmersdorf fur viele als Baum der Franken manche sehen in ihr auch den neuen Baum der Bayern 2014 wurden das Gerust um die Linde der Tanzboden und die tragenden Sandsteinsaulen umfassend saniert Der Tanz auf der Linde zur Kirchweih findet auch noch auf den Linden in Langenstadt Peesten und Effelder statt in Barstadt wird seit einigen Jahren begonnen die Tradition nach frankisch thuringischem Vorbild neu zu begrunden Literatur BearbeitenFriedrich Wallner Die Dorflinde zu Effeltrich Oberfranken In Friedrich Stutzer Hrsg Die grossten altesten oder sonst merkwurdigen Baume Bayerns in Wort und Bild Band 1 Piloty amp Lohle Munchen 1900 S 29 31 mit Lichtdruck Tafel urn nbn de bvb 12 bsb00113451 1 Friedrich Stutzer Die Plan oder Tanzplatzlinde in Peesten bei Kulmbach Oberfranken In Friedrich Stutzer Hrsg Die grossten altesten oder sonst merkwurdigen Baume Bayerns in Wort und Bild Band 2 Piloty amp Loehle Munchen 1901 S 75 76 urn nbn de bvb 12 bsb00113452 7 Friedrich Gollwitzer Die Tanz und Platzlinden im Bezirk Kulmbach In Frankische Heimat Band 6 1927 S 180 Herrmann Rottger Uber die Dorflinde In Bayerischer Heimatschutz Band 24 1928 S 24 30 Oskar Moser Lindentanz und Kirchweihrecht In Festschrift fur Franz Koschier Klagenfurt 1974 S 58 Rainer Graefe Geleitete Linden In Daidalos Nr 23 Baum und Architektur Gutersloh 1987 Katrin Birkner Volker Illigmann Jurgen Kraus Heike Schwandt Limmersdorf 1255 2005 Boullion Bayreuth 2005 Verein zur Erhaltung und Forderung der Limmersdorfer Kirchweihtradition Uwe Kuhn Stefan Kuhn Bernd Ulrich Baume die Geschichten erzahlen BLV Munchen 2005 ISBN 3 405 16767 1 Michel Brunner Bedeutende Linden 400 Baumriesen Deutschlands Haupt Bern 2007 ISBN 978 3 258 07248 7 Andreas Zehnsdorf Thuringens merkwurdige Linden In Thuringer Hefte fur Volkskunde Erfurt 2009 Rainer Graefe Bauten aus lebenden Baumen Geleitete Tanz und Gerichtslinden In Arbeitsblatter zur Baugeschichte Band 4 Geymuller Aachen Berlin 2014 ISBN 978 3 943164 08 4 Anette Lenzing Gerichtslinden und Thingplatze in Deutschland Die Blauen Bucher Konigstein im Taunus 2005 ISBN 3 7845 4520 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tanzlinde Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Tanzlinde Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Deutsches Tanzlindenmuseum in Limmersdorf LindenbaumMuseum in Neudrossenfeld Einzelnachweise Bearbeiten Rainer Graefe Bauten aus lebenden Baumen Geleitete Tanz und Gerichtslinden Geymuller Aachen u a 2014 ISBN 978 3 943164 08 4 S 40 Rainer Graefe Bauten aus lebenden Baumen Geleitete Tanz und Gerichtslinden Geymuller Aachen u a 2014 ISBN 978 3 943164 08 4 Biedermann Naturdenkmale im Wartburgkreis Landratsamt Wartburgkreis 2014 S 41 Karte mit allen verlinkten Seiten OSM WikiMap Normdaten Sachbegriff GND 4632594 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tanzlinde amp oldid 234754264