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Der Turkenkrieg von 1663 1664 auch 4 Osterreichischer Turkenkrieg genannt war ein einjahriger militarischer Konflikt zwischen dem Habsburgerreich und dem Osmanischen Reich Den Habsburgern gelang zunachst ein Abwehrerfolg durch den habsburgischen Oberbefehlshaber Graf Raimondo Montecuccoli gegen das osmanische Hauptheer welches sich auf dem Weg nach Wien befand in der Schlacht bei Mogersdorf Anstatt den Sieg gegen die geschlagenen Osmanen militarisch auszunutzen unterzeichnete Kaiser Leopold I am 27 August 1664 den Frieden von Eisenburg Vasvar In diesem erkannte der romisch deutsche Kaiser die osmanische Oberherrschaft in Siebenburgen an zahlte eine Abfindung und trat Grosswardein und Neuhausel im Koniglichen Ungarn an die Osmanen ab 1 Diese erreichten damit ihre grosste territoriale Ausdehnung auf ungarischem Gebiet Schlacht bei St Gotthart Szentgotthard 1664 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Kriegsverlauf 1663 3 Kriegsverlauf 1664 4 Schlacht von Mogersdorf 5 Der Friede von Eisenburg 6 Folgen des Friedensvertrages 7 Literatur 8 Siehe auch 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAusgangspunkt dieses Krieges war das osmanische Vasallenfurstentum Siebenburgen Entgegen dem Verbot der Hohen Pforte griff der Furst von Siebenburgen Georg II Rakoczi 1657 Polen Litauen an um sich seiner Krone zu bemachtigen Als Folge dieses Alleingangs zog 1658 Grosswesir Koprulu Mehmed Pascha mit einem osmanischen Heer nach Siebenburgen und verwustete das Furstentum Im August 1660 nahmen die Osmanen die Festung Grosswardein ein und errichteten auf ehemals siebenburgischen Gebiet ein neues Wilajet gleichen Namens 2 Im Streit um die Nachfolge des verstorbenen Georg II Rakoczi begann in Siebenburgen ein Burgerkrieg zwischen Michael Apafi und Johann Kemeny Apafi der vom Osmanischen Reich eingesetzt wurde konnte sich schliesslich gegen den von kaiserlichen Truppen unterstutzten Kemeny durchsetzen Der Banus von Kroatien Nikolaus Zrinski ungarisch Zrinyi Miklos kroatisch Nikola Zrinski rechnete unterdessen mit dem Aufflammen eines weiteren Turkenkrieges und errichtete 1661 auf eigene Kosten eine Festung im Mundungsbereich von Mur und Drau Von dieser Festung die er Neu Zrin oder kroatisch Novi Zrin nannte startete er Raub und Plunderungszuge in osmanisches Gebiet da er den Kaiser zu einem Krieg gegen das Osmanische Reich bewegen wollte Die kroatischen Plunderungszuge und die Anwesenheit von kaiserlichen Truppen in Siebenburgen fuhrten schliesslich zum ersten grossen Turkenkrieg seit 1606 und beendeten die Epoche des Status quo zwischen Wien und der Pforte Kriegsverlauf 1663 Bearbeiten nbsp Raimondo MontecuccoliIm Sommer 1663 drang der neue osmanische Grosswesir Ahmed Koprulu mit einem mehr als 100 000 Mann starken Heer in das habsburgische Konigliche Ungarn ein und eroberte im September die Festung Neuhausel die zum Zentrum eines weiteren osmanischen Wilajets gemacht wurde 2 Der kaiserliche Oberbefehlshaber Graf Raimondo Montecuccoli hatte den Osmanen nur 12 000 Mann regularer kaiserlicher Truppen sowie 15 000 Mann ungarisch kroatischer Truppen unter dem Kommando von Nikolaus Zrinski entgegenzustellen Angesichts dieser katastrophalen Unterlegenheit seiner Truppen rief Kaiser Leopold I im Winter 1663 die deutschen Reichsfursten den Reichstag und ganz Europa um Hilfe an Der Verlust der Festung Neuhausel und die danach folgenden turkischen Brandschatzungen bis weit in mahrisches Gebiet hinein fuhrten schliesslich zu einer europaweiten Unterstutzung des Kaisers im Turkenkampf Bayerische brandenburgische und sachsische Allianztruppen wurden ebenso aufgeboten wie eine 30 000 Mann starke Reichsarmee die ihren Sollstand jedoch nie erreichte 2 Sogar Ludwig XIV in seiner Eigenschaft als Protektor des Rheinischen Bundes schickte ein 6000 Mann starkes Hilfskorps wofur er sich jedoch gleichzeitig durch Gesandte beim osmanischen Sultan entschuldigen liess Den Kommandanten Jean de Coligny Saligny wies er an diese Truppen moglichst zu schonen 3 Kriegsverlauf 1664 Bearbeiten nbsp Der Ban von Kroatien Nikolaus Zrinski als Turkensieger nbsp Zeitgenossische Abbildung einer der vielen Schlachten um die Festung Neu Zrin wahrend der Belagerung der FestungZu Beginn des Jahres 1664 gliederte sich die kaiserliche Koalitionsarmee in drei Korps Die im Suden stehende Murarmee aus kroatischen und ungarischen Magnatentruppen unter Nikolaus Zrinski war etwa 17 000 Mann stark Die im Zentrum stehende Hauptarmee unter Montecuccoli hatte eine Starke von 28 500 Mann und eine Nordarmee unter dem kaiserlichen General Louis Rattuit de Souches stand mit 8500 Mann in Nordwestungarn 4 Als Festungsbesatzungen waren noch 12 500 Mann als Reserve vorhanden Ohne die in den Festungen gebundenen Truppen hatte Montecuccoli eine Streitmacht von ungefahr 54 000 Mann zur Verfugung die jedoch alles andere als eine homogene Masse darstellte Zwischen den Kommandeuren der unterschiedlichen Allianztruppen kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und Montecuccoli musste all sein diplomatisches Geschick aufwenden um die Einheit dieser Armee zu erhalten Als besonderes Erschwernis kam noch hinzu dass es zwischen ihm und dem kroatischen Banus Zrinski starke Ressentiments gab die sich im Verlauf dieses Krieges noch verschlimmern sollten Im Janner 1664 begann die Murarmee mit Plunderungszugen weit in osmanisches Gebiet hinein und konnte dabei die strategisch wichtige Draubrucke bei Esseg kroatisch Osijek zerstoren Jedoch gelang es nicht die Festung Kanizsa einzunehmen wie es der Plan bzw Befehl Montecuccolis vorgesehen hatte Die Ende April begonnene Belagerung endete jedoch im Juni als Koprulu mit seiner Streitmacht aus dem Winterquartier in Neuhausel anruckte und die Belagerer in die Flucht schlug 4 Anschliessend zog er mit seiner Armee in Richtung der Festung Neu Zrin und eroberte diese Hauptartikel Belagerung von Neu Zrin Die Murarmee war fur eine erfolgreiche Verteidigung der Festung zu schwach und Montecuccoli weigerte sich den Belagerten zu Hilfe zu kommen Nikolaus Zrinski gab in der Folge dem kaiserlichen Oberbefehlshaber die Schuld am Verlust der Festung und stand nach dem Eisenburger Frieden an der Spitze der Magnatenverschworer Zrinski wollte nicht einsehen dass es dem erfahrenen Strategen Montecuccoli unmoglich war seine Armee in einem Entsatzversuch zu riskieren Selbst im Falle eines Sieges ware der Ausgang des Feldzuges weiterhin ungewiss gewesen wohingegen im Falle einer Niederlage Wien und die osterreichischen Erblander den Osmanen ausgeliefert gewesen waren 4 Schlacht von Mogersdorf Bearbeiten nbsp Schlacht bei Mogersdorf St Gotthart Szentgotthard 1664 Hauptartikel Schlacht bei Mogersdorf Nach der Eroberung der Festung Neu Zrin marschierte die osmanische Hauptarmee Richtung Wien wurde aber an der Raab zwischen Mogersdorf und dem Zisterzienserkloster St Gotthard von der Hauptarmee Montecuccolis aufgehalten Die am 1 August 1664 stattfindende Schlacht endete uberraschend mit einem Sieg der Kaiserlichen Die Osmanen konnten nur ca 12 000 Mann uber die Hochwasser fuhrende Raab bringen 4 die nach anfanglichen Erfolgen von einem Gegenangriff der kaiserlichen Kurassiere unter Graf Johann von Sporck vernichtet wurden In Oberungarn konnte die Armee de Souches ebenfalls Erfolge gegen die Turken erzielen Dort hatte er am 3 Mai Nitra zuruckerobert und wehrte in der Schlacht bei Levencz eine doppelt so grosse osmanische Armee ab 5 Der Friede von Eisenburg Bearbeiten Hauptartikel Frieden von Eisenburg Nur neun Tage nach der Schlacht wurde am 10 August 1664 der Frieden von Eisenburg ungar Vasvar fur die Dauer von 20 Jahren unterzeichnet Den Osmanen wurden die gemachten Eroberungen zugesprochen die Dreiteilung Ungarns wurde ebenso wie der osmanische Einfluss in Siebenburgen bestatigt die Festung Neu Zrin musste geschleift werden und die Habsburger erkannten den von der Pforte eingesetzten Fursten von Siebenburgen Michael Apafi an 6 In der Geschichtsschreibung vor allem in der ungarischen wird im Zusammenhang mit diesem Frieden auch immer wieder von einem Tribut des Kaisers an den Sultan in Hohe von 200 000 Gulden berichtet Tatsachlich aber befreite diese Vereinbarung Leopold I vom Verdacht tributpflichtig zu sein denn es wurden ausdrucklich gegenseitige Ehrengeschenke festgelegt Da besonders franzosische Staatsrechtstheoretiker aber auch andere aus der bisherigen Tributpflicht einen Vorrang des Konigs von Frankreich gegenuber dem Kaiser ableiteten war die geanderte Sprachregelung auch fur die Stellung des Hauses Habsburg in Europa von grosser Wichtigkeit 7 Folgen des Friedensvertrages BearbeitenVon kroatischen und ungarischen Adeligen wurde der Friede von Eisenburg als Schandfrieden gesehen da er trotz militarischer Erfolge keine Gebietsgewinne gebracht habe Besonders die ungarischen Magnaten waren von Leopold enttauscht da er als Konig von Ungarn die Pflicht hatte Ungarn von den Osmanen zu befreien Aus habsburgischer Sicht hatte Kaiser Leopold I kaum eine andere Wahl gehabt Sie argumentierten dass die Finanzen in einem schlechten Zustand waren und die osmanische Armee noch immer schlagkraftig sei Hinzu kam die aussenpolitische Westorientierung gegen das expandierende Frankreich unter Ludwig XIV das die Westgrenze des Heiligen Romischen Reiches bedrohte und von den Wiener Diplomaten als die grossere Gefahr eingestuft wurde Demgegenuber wurden die im Niedergang begriffenen Osmanen als weniger wichtig erachtet von der Wiener Hofdiplomatie Dennoch war zu dem Zeitpunkt die diplomatische Lage gunstig fur das Haus Habsburg So befand sich sogar ein kleines franzosisches Kontingent in den Reihen der Kaiserlichen Truppen 8 Die potenzielle Gefahr eines Krieges mit Frankreich ergab sich erst im Devolutionskrieg von 1667 bis 1668 Die an ihren zugesicherten Freiheiten festhaltenden Adeligen wollten sich der Tendenz zur Zentralisierung der Herrschaftsgewalt wie auch der zwangsweisen Rekatholisierungspolitik aus Wien widersetzen 7 Die erlittenen Landverluste schwachten die Magnaten die nunmehr ihre Unabhangigkeit vom osterreichischen Zentralismus bedroht sahen Die Spannungen zwischen Habsburg und den Ungarn sind auch dem Verfasser des Seyahatname dem osmanischen Weltenbummler Evliya Celebi bei seiner Reise durch Ungarn nach Wien nicht entgangen 9 Die kroatischen und ungarischen Magnaten reagierten auf den Friedensvertrag durch die Organisation einer gegen Habsburg gerichteten Magnatenverschworung Dafur suchten sie Unterstutzung aus Frankreich dem Osmanischen Reich und anderen Machten Der Friedensvertrag von Eisenburg endete nach seinem vertraglichen Auslaufen 20 Jahre spater als 1683 die Osmanen zum letzten Mal versuchten Wien zu erobern und infolge des Grossen Turkenkrieges 1683 1699 schliesslich aus Ungarn vertrieben wurden Literatur BearbeitenHerbert St Furlinger Herausgeber Unser Heer 300 Jahre osterreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden Wien Munchen Zurich 1963 Thomas Winkelbauer Standefreiheit und Furstenmacht Lander und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter Teil 1 In Herwig Wolfram Herausgeber Osterreichische Geschichte 1522 1699 Verlag Carl Ueberreuther Wien 2004 ISBN 3 8000 3532 4 Richard Franz Kreutel Erich Prokosch Karl Teply Ubersetzer Im Reicher des Goldenen Apfel Des turkischen Weltenbummlers Evliya Celebi denkwurdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1663 Band 2 der Serie Osmanische Geschichtsschreiber Verlag Styria Graz Wien Koln 1987 ISBN 3 222 11747 0 Siehe auch BearbeitenTurkenkriege Magnatenverschworung Grosser Turkenkrieg 1683 1699Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Austro Turkish War 1663 1664 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Raimund Furst Montecuccoli und die Schlacht von St Gotthard Mogersdorf im Jahr 1664 Eine Bewahrungsprobe Europas von Hubert Michael Mader Osterreichische Militarische Zeitschrift Ausgabe 3 2006 Memento vom 13 Oktober 2007 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Stanislav J Kirschbaum A history of Slovakia the struggle for survival S 76 a b c Thomas Winkelbauer Standefreiheit und Furstenmacht Lander und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter Teil 1 In Herwig Wolfram Herausgeber Osterreichische Geschichte 1522 1699 Verlag Carl Ueberreuther Wien 2004 ISBN 3 8000 3532 4 S 151 Walter Hummelberger Die Turkenkriege und Prinz Eugen In Herbert St Furlinger Hrsg Unser Heer 300 Jahre osterreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden Wien Munchen Zurich 1963 S 52 a b c d Thomas Winkelbauer Standefreiheit und Furstenmacht Lander und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter Teil 1 In Herwig Wolfram Herausgeber Osterreichische Geschichte 1522 1699 Verlag Carl Ueberreuther Wien 2004 ISBN 3 8000 3532 4 S 151 Ekkehard Eickhoff Rudolf Eickhoff Venedig Wien und die Osmanen Umbruch in Sudosteuropa 1645 1700 Klett Cotta 2009 S 201 202 Walter Hummelberger Die Turkenkriege und Prinz Eugen In Herbert St Furlinger Herausgeber Unser Heer 300 Jahre osterreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden Wien Munchen Zurich 1963 S 54 a b Richard Franz Kreutel Erich Prokosch Karl Teply Ubersetzer Im Reiche des Goldenen Apfel Des turkischen Weltenbummlers Evliya Celebi denkwurdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1663 Band 2 der Serie Osmanische Geschichtsschreiber Verlag Styria Graz Wien Koln 1987 ISBN 3 222 11747 0 S 20 23 Robert A Kann A history of the Habsburg Empire 1526 1918 University of California Press Berkeley Cal 1980 ISBN 0 520 04206 9 S 64 Evliya Celebi Im Reiche des Goldenen Apfels Des turkischen Weltenbummlers Evliya Celebi denkwurdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1665 Ubersetzt und eingeleitet von Richard Franz Kreutel Erich Prokesch Karl Teply Band 2 der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber Verlag Styria Graz Wien Koln 1987 ISBN 3 222 11747 0 S 89 90 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Turkenkrieg 1663 1664 amp oldid 238881924