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Dieser Artikel behandelt die Schatzfunktionen fur Varianz und Standardabweichung von Zufallsvariablen Weitere Bedeutungen finden sich unter Varianz Die Stichprobenvarianz ist eine Schatzfunktion und messbare Abbildung in der mathematischen Statistik Ihre zentrale Aufgabe ist es die unbekannte Varianz einer zugrundeliegenden Wahrscheinlichkeitsverteilung zu schatzen Ausserhalb der Schatztheorie findet sie auch als Hilfsfunktion zur Konstruktion von Konfidenzbereichen und statistischen Tests Verwendung Formelzeichenm displaystyle mu Mittelwert der Grundgesamtheits 2 displaystyle sigma 2 Varianz der Grundgesamtheitn displaystyle n Anzahl der gegebenen WerteX 1 X n displaystyle X 1 ldots X n Zufallsvariablen Zufallsgrossen x 1 x n displaystyle x 1 ldots x n Stichprobe beobachtete Werte der n displaystyle n Zufallsvariablenx displaystyle overline x Stichprobenmittel empirischer Mittelwert von x 1 x n displaystyle x 1 ldots x n s 2 displaystyle s 2 Stichprobenvarianz empirische Varianz von x 1 x n displaystyle x 1 ldots x n X displaystyle overline X Stichprobenmittel als Funktion der Zufallsvariablen S 2 displaystyle S 2 Stichprobenvarianz als Funktion der Zufallsvariablen E X displaystyle operatorname E X Erwartungswert Mittelwert der sich aus der Verteilungsfunktion von X ergibtVar X displaystyle operatorname Var X Varianz Stochastik Varianz die sich aus der Verteilungsfunktion von X ergibtDie Stichprobenvarianz wird in mehreren Varianten definiert die sich leicht bezuglich ihrer Eigenschaften und somit auch ihrer Anwendungsgebiete unterscheiden Die Unterscheidung der unterschiedlichen Bezeichnungen fur die Varianten ist in der Literatur nicht immer einheitlich Wird daher lediglich von der Stichprobenvarianz gesprochen so sollte immer uberpruft werden welche der Definitionen im entsprechenden Kontext gilt Stichprobenvarianz als Schatzfunktion ist zu unterscheiden von der konkreten Berechnung der Varianz einer Stichprobe Die empirische Varianz wird ebenfalls oft als Stichprobenvarianz bezeichnet ist aber keine Funktion sondern ein Streumass von mehreren numerischen Stichproben Werten Sie entspricht einem konkreten Schatzwert und ist damit eine Realisierung der Stichprobenvarianz als Schatzfunktion und Zufallsvariable Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Verwendung 3 Eigenschaften 3 1 Rahmenbedingungen 3 2 Erwartungstreue 3 2 1 Bekannter Erwartungswert 3 2 2 Unbekannter Erwartungswert 3 3 Bessel Korrektur 4 Stichprobenstandardabweichung 4 1 Schatzung der Standardabweichung der Grundgesamtheit aus einer Stichprobe 4 1 1 Beispiel 4 1 2 Berechnung fur auflaufende Messwerte 4 1 3 Normalverteilte Zufallsgrossen 4 1 3 1 Berechnungsgrundlagen 4 1 3 2 Beispiel 5 Literatur 6 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenZur Schatzung des Erwartungswertes m displaystyle mu nbsp und der Varianz s 2 displaystyle sigma 2 nbsp einer Grundgesamtheit liegen n displaystyle n nbsp Zufallsvariablen X 1 X 2 X n displaystyle X 1 X 2 dots X n nbsp und sei X X 1 X 2 X n displaystyle X X 1 X 2 dots X n nbsp In der Anwendung sind die X i displaystyle X i nbsp die Stichprobenvariablen Es bezeichne X 1 n i 1 n X i displaystyle overline X frac 1 n sum i 1 n X i nbsp das Stichprobenmittel Zuerst ist der Erwartungswert zu schatzen welcher hier in Form des Parameters p 1 displaystyle p 1 nbsp vorliegt Mit Hilfe des Kleinste Quadrate Kriteriums 1 i 1 n X i m 2 Min displaystyle sum nolimits i 1 n X i mu 2 rightarrow text Min nbsp erhalt man die Schatzung m displaystyle hat mu nbsp des Erwartungswertes als Stichprobenmittel m X displaystyle hat mu overline X nbsp Da durch die Schatzung des Stichprobenmittels ein Freiheitsgrad verbraucht wird ist es ublich die empirische Varianz mit dem Faktor 1 n 1 displaystyle frac 1 n 1 nbsp zu korrigieren In der Literatur finden sich im Wesentlichen drei unterschiedliche Definitionen der Stichprobenvarianz Viele Autoren nennen S 2 1 n 1 i 1 n X i X 2 displaystyle S 2 frac 1 n 1 sum i 1 n X i overline X 2 nbsp die Stichprobenvarianz 2 3 4 oder zur besseren Abgrenzung die korrigierte Stichprobenvarianz 5 Alternativ wird auch S 2 1 n i 1 n X i X 2 displaystyle tilde S 2 frac 1 n sum i 1 n X i overline X 2 nbsp als Stichprobenvarianz bezeichnet 6 3 ebenso wird auch S 2 1 n i 1 n X i m 0 2 displaystyle S 2 frac 1 n sum i 1 n X i mu 0 2 nbsp fur eine fixe reelle Zahl m 0 displaystyle mu 0 nbsp Stichprobenvarianz genannt 7 Verwendung BearbeitenWichtiger Verwendungszweck der Stichprobenvarianz ist die Schatzung der Varianz einer unbekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung Je nach Rahmenbedingungen kommen dabei die verschiedenen Definitionen zum Einsatz da diese unterschiedliche Optimalitatskriterien erfullen siehe unten Als Faustregel kann gelten Sind der Erwartungswert und die Varianz des Wahrscheinlichkeitsmasses unbekannt so wird S 2 displaystyle S 2 nbsp als Schatzfunktion verwendet Ist die Varianz unbekannt und entspricht der Erwartungswert dem Wert m 0 displaystyle mu 0 nbsp so wird S 2 displaystyle S 2 nbsp als Schatzfunktion verwendet Die Schatzfunktion S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp wird meist nicht verwendet sie entsteht beispielsweise bei Verwendung der Momentenmethode oder der Maximum Likelihood Methode und erfullt die gangigen Qualitatskriterien nicht Neben der Verwendung als Schatzfunktion wird die Stichprobenvarianz noch als Hilfsfunktion fur die Konstruktion von Konfidenzintervallen oder statistischen Tests verwendet Dort findet sie sich zum Beispiel als Pivotstatistik zur Konstruktion von Konfidenzintervallen im Normalverteilungsmodell oder als Teststatistik bei dem Chi Quadrat Test Eigenschaften BearbeitenRahmenbedingungen Bearbeiten Meist wird die Stichprobenvarianz unter den Annahmen verwendet dass die Auswertungen unabhangig und identisch verteilt sind sowie entweder einen bekannten oder einen unbekannten Erwartungswert besitzen Diese Annahmen werden durch die folgenden statistischen Modelle beschrieben Ist der Erwartungswert unbekannt so ist das statistische Modell gegeben durch das nicht notwendigerweise parametrische Produktmodell R n B R n P ϑ n ϑ 8 displaystyle mathbb R n mathcal B mathbb R n P vartheta otimes n vartheta in Theta nbsp dd Hierbei bezeichnet P n displaystyle P otimes n nbsp das n fache Produktmass von P displaystyle P nbsp und P ϑ ϑ 8 displaystyle P vartheta vartheta in Theta nbsp ist die Familie aller Wahrscheinlichkeitsmasse mit endlicher Varianz die mit einer beliebigen Indexmenge 8 displaystyle Theta nbsp indiziert sind Die Stichprobenvariablen X 1 X n displaystyle X 1 dots X n nbsp sind dann unabhangig identisch verteilt gemass P ϑ displaystyle P vartheta nbsp und besitzen also eine endliche Varianz Ist der Erwartungswert bekannt und gleich m 0 displaystyle mu 0 nbsp so ist das statistische Modell gegeben durch das nicht notwendigerweise parametrische Produktmodell R n B R n P ϑ n ϑ 8 displaystyle mathbb R n mathcal B mathbb R n P vartheta otimes n vartheta in Theta nbsp dd Hierbei bezeichnet P ϑ ϑ 8 displaystyle P vartheta vartheta in Theta nbsp die Familie aller Wahrscheinlichkeitsmasse mit endlicher Varianz und Erwartungswert m 0 displaystyle mu 0 nbsp die mit einer beliebigen Indexmenge 8 displaystyle Theta nbsp indiziert sind Die Stichprobenvariablen X 1 X n displaystyle X 1 dots X n nbsp sind dann unabhangig identisch verteilt gemass P ϑ displaystyle P vartheta nbsp und besitzen somit eine endliche Varianz und den Erwartungswert m 0 displaystyle mu 0 nbsp Erwartungstreue Bearbeiten Bekannter Erwartungswert Bearbeiten Im Falle des bekannten Erwartungswertes ist S 2 displaystyle S 2 nbsp ein erwartungstreuer Schatzer fur die Varianz Das bedeutet es gilt E ϑ S 2 Var ϑ X 1 Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta S 2 operatorname Var vartheta X 1 operatorname Var P vartheta nbsp Hierbei bezeichnet E ϑ Y displaystyle operatorname E vartheta Y nbsp bzw Var ϑ Y displaystyle operatorname Var vartheta Y nbsp die Erwartungswertbildung bzw die Varianzbildung bezuglich des Wahrscheinlichkeitsmasses P ϑ displaystyle P vartheta nbsp Die Erwartungstreue gilt da E ϑ S 2 1 n i 1 n E ϑ X i m 0 2 1 n i 1 n Var X i Var ϑ X 1 displaystyle operatorname E vartheta left S 2 right frac 1 n sum i 1 n operatorname E vartheta left X i mu 0 2 right frac 1 n sum i 1 n operatorname Var X i operatorname Var vartheta X 1 nbsp ist Hierbei folgt der erste Schritt aus der Linearitat des Erwartungswertes der zweite da nach der Voraussetzung uber den bekannten Erwartungswert m 0 E ϑ X i displaystyle mu 0 operatorname E vartheta X i nbsp ist und somit nach der Definition der Varianz E ϑ X i m 0 2 E ϑ X i E X i 2 Var ϑ X i displaystyle operatorname E vartheta X i mu 0 2 operatorname E vartheta X i operatorname E X i 2 operatorname Var vartheta X i nbsp gilt In den dritten Schritt geht ein dass die X i displaystyle X i nbsp alle identisch verteilt sind Unbekannter Erwartungswert Bearbeiten Im Falle des unbekannten Erwartungswertes ist S 2 displaystyle S 2 nbsp eine erwartungstreue Schatzfunktion fur die Varianz es gilt also E ϑ S 2 Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta S 2 operatorname Var P vartheta nbsp Im Gegensatz dazu ist S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp nicht erwartungstreu denn es gilt E ϑ S 2 n 1 n Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta tilde S 2 frac n 1 n operatorname Var P vartheta nbsp Der Schatzer S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp ist aber noch asymptotisch erwartungstreu Dies folgt direkt aus der obigen Darstellung denn es ist lim n E ϑ S 2 lim n n 1 n Var P ϑ Var P ϑ displaystyle lim n to infty operatorname E vartheta tilde S 2 lim n to infty frac n 1 n operatorname Var P vartheta operatorname Var P vartheta nbsp Herleitung der ErwartungstreueBeachte dazu zuerst dass aufgrund der Unabhangigkeit E X i X j E X i E X j falls i j E X i 2 falls i j displaystyle operatorname E X i X j begin cases operatorname E X i cdot operatorname E X j amp text falls i neq j operatorname E X i 2 amp text falls i j end cases quad nbsp gilt und aufgrund der identischen Verteilungen E X i E X j displaystyle operatorname E X i operatorname E X j nbsp fur alle i j displaystyle i j nbsp und somit E X i E X j E X i 2 displaystyle operatorname E X i cdot operatorname E X j operatorname E X i 2 quad nbsp Daraus folgt direkt E ϑ X k X 1 n E ϑ X k i 1 n X i 1 n E ϑ X k 2 1 n E ϑ i 1 i k n X i X k 1 n E ϑ X k 2 n 1 n E ϑ X k 2 1 displaystyle begin aligned operatorname E vartheta left X k overline X right amp frac 1 n operatorname E vartheta left X k cdot sum i 1 n X i right amp frac 1 n operatorname E vartheta left X k 2 right frac 1 n operatorname E vartheta left sum i 1 atop i neq k n X i X k right amp frac 1 n operatorname E vartheta left X k 2 right frac n 1 n operatorname E vartheta left X k right 2 quad 1 end aligned nbsp aufgrund von displaystyle nbsp und displaystyle nbsp im letzten Schritt und unter Verwendung der Linearitat des Erwartungswertes Analog folgt weil auch X 1 2 X n 2 displaystyle X 1 2 ldots X n 2 nbsp identisch verteilt sind insbesondere also E ϑ X i 2 E ϑ X k 2 displaystyle operatorname E vartheta X i 2 operatorname E vartheta X k 2 nbsp fur alle i k displaystyle i k nbsp E ϑ X 2 1 n 2 E ϑ i 1 n j 1 n X i X j 1 n 2 E ϑ i 1 n X i 2 i j 1 i j n X i X j n n 2 E ϑ X k 2 n n 1 n 2 E ϑ X k 2 1 n E ϑ X k 2 n 1 n E ϑ X k 2 2 displaystyle begin aligned operatorname E vartheta left overline X 2 right amp frac 1 n 2 operatorname E vartheta left sum i 1 n sum j 1 n X i X j right amp frac 1 n 2 operatorname E vartheta left sum i 1 n X i 2 sum i j 1 atop i neq j n X i X j right amp frac n n 2 cdot operatorname E vartheta X k 2 frac n n 1 n 2 operatorname E vartheta X k 2 amp frac 1 n operatorname E vartheta X k 2 frac n 1 n cdot operatorname E vartheta X k 2 quad 2 end aligned nbsp wieder mithilfe von displaystyle nbsp und displaystyle nbsp im dritten Schritt Mithilfe von 1 displaystyle 1 nbsp und 2 displaystyle 2 nbsp im zweiten Schritt sowie von displaystyle nbsp im dritten Schritt ist dann E ϑ k 1 n X k X 2 E ϑ k 1 n X k 2 2 X X k X 2 k 1 n E ϑ X k 2 2 1 n E ϑ X k 2 n 1 n E ϑ X k 2 1 1 n E ϑ X k 2 n 1 n E ϑ X k 2 2 n E ϑ X 1 2 2 E ϑ X 1 2 2 n 1 E ϑ X 1 2 E ϑ X 1 2 n 1 E ϑ X 1 2 n 1 E ϑ X 1 2 n 1 E ϑ X 1 2 n 1 Var X 1 displaystyle begin aligned operatorname E vartheta left sum k 1 n X k overline X 2 right amp operatorname E vartheta left sum k 1 n X k 2 2 overline X cdot X k overline X 2 right amp sum k 1 n left operatorname E vartheta X k 2 2 left underbrace frac 1 n operatorname E vartheta left X k 2 right frac n 1 n operatorname E vartheta left X k right 2 1 right left underbrace frac 1 n operatorname E vartheta X k 2 frac n 1 n cdot operatorname E vartheta X k 2 2 right right amp n cdot operatorname E vartheta X 1 2 2 operatorname E vartheta left X 1 2 right 2 n 1 operatorname E vartheta left X 1 right 2 operatorname E vartheta X 1 2 n 1 cdot operatorname E vartheta X 1 2 amp n 1 cdot operatorname E vartheta X 1 2 n 1 operatorname E vartheta X 1 2 amp n 1 operatorname Var X 1 end aligned nbsp Die letzte Gleichheit folgt hier nach dem Verschiebungssatz Daraus folgt dann E ϑ S 2 1 n 1 E ϑ k 1 n X k X 2 Var ϑ X 1 Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta S 2 frac 1 n 1 operatorname E vartheta left sum k 1 n X k overline X 2 right operatorname Var vartheta X 1 operatorname Var P vartheta nbsp und analog E ϑ S 2 1 n E ϑ k 1 n X k X 2 n 1 n Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta tilde S 2 frac 1 n operatorname E vartheta left sum k 1 n X k overline X 2 right frac n 1 n operatorname Var P vartheta nbsp Bessel Korrektur Bearbeiten Direkt aus der Definition folgt der Zusammenhang S 2 n n 1 S 2 displaystyle S 2 frac n n 1 tilde S 2 nbsp Der Faktor n n 1 displaystyle frac n n 1 nbsp wird hierbei als Bessel Korrektur nach Friedrich Wilhelm Bessel bezeichnet 8 Er kann insofern als Korrekturfaktor verstanden werden da er S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp so korrigiert dass die Schatzfunktion erwartungstreu wird Dies folgt da wie oben gezeigt E ϑ S 2 n 1 n Var P ϑ displaystyle operatorname E vartheta tilde S 2 frac n 1 n operatorname Var P vartheta nbsp und die Bessel Korrektur genau der Kehrwert des Faktors n 1 n displaystyle frac n 1 n nbsp ist Die Schatzfunktion S 2 displaystyle S 2 nbsp geht somit aus S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp durch die Bessel Korrektur hervor Stichprobenstandardabweichung BearbeitenSind die n displaystyle n nbsp Zufallsvariablen X i displaystyle X i nbsp unabhangig und identisch verteilt also beispielsweise eine Stichprobe so ergibt sich die Standardabweichung der Stichprobe als Wurzel aus der Stichprobenvarianz S 2 displaystyle tilde S 2 nbsp bzw S 2 displaystyle S 2 nbsp also S 2 1 n i 1 n X i X 2 displaystyle sqrt tilde S 2 sqrt frac 1 n sum i 1 n X i overline X 2 nbsp oder S 2 n n 1 1 n i 1 n X i X 2 displaystyle sqrt S 2 sqrt frac n n 1 sqrt frac 1 n sum i 1 n X i overline X 2 nbsp mit X 1 n i 1 n X i displaystyle overline X frac 1 n sum i 1 n X i nbsp Diese Funktion wird Stichprobenstandardabweichung oder Stichprobenstreuung genannt 9 ihre Realisierungen entsprechen der empirischen Standardabweichung Da die Erwartungstreue bei Anwendung einer nichtlinearen Funktion wie der Wurzel in den meisten Fallen verloren geht ist die Stichprobenstandardabweichung im Gegensatz zur korrigierten Stichprobenvarianz in keinem der beiden Falle ein erwartungstreuer Schatzer fur die Standardabweichung der Grundgesamtheit Schatzung der Standardabweichung der Grundgesamtheit aus einer Stichprobe Bearbeiten Die korrigierte Stichprobenvarianz S 2 displaystyle S 2 nbsp ist ein erwartungstreuer Schatzer fur die Varianz s X 2 displaystyle sigma X 2 nbsp der Grundgesamtheit Im Gegensatz dazu ist aber S 2 displaystyle sqrt S 2 nbsp kein erwartungstreuer Schatzer fur die Standardabweichung Da die Quadratwurzel eine konkave Funktion ist folgt aus der Jensenschen Ungleichung zusammen mit der Erwartungstreue von S 2 displaystyle S 2 nbsp E S 2 E S 2 s X displaystyle operatorname E left sqrt S 2 right leq sqrt operatorname E left S 2 right sigma X nbsp Dieser Schatzer unterschatzt also in den meisten Fallen die Standardabweichung der Grundgesamtheit Beispiel Bearbeiten Wahlt man eine der Zahlen 1 displaystyle 1 nbsp oder 1 displaystyle 1 nbsp durch Wurf einer fairen Munze also beide mit Wahrscheinlichkeit jeweils 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp so ist das eine Zufallsgrosse mit Erwartungswert 0 Varianz s 2 1 displaystyle sigma 2 1 nbsp und Standardabweichung s 1 displaystyle sigma 1 nbsp Berechnet man aus n 2 displaystyle n 2 nbsp unabhangigen Wurfen X 1 displaystyle X 1 nbsp und X 2 displaystyle X 2 nbsp die korrigierte Stichprobenvarianz S 2 1 2 1 X 1 X 2 X 2 X 2 displaystyle S 2 frac 1 2 1 left left X 1 bar X right 2 left X 2 bar X right 2 right nbsp wobei X X 1 X 2 2 displaystyle bar X frac X 1 X 2 2 nbsp den Stichprobenmittelwert bezeichnet so gibt es vier mogliche Versuchsausgange die alle jeweils Wahrscheinlichkeit 1 4 displaystyle 1 4 nbsp haben X 1 displaystyle X 1 nbsp X 2 displaystyle X 2 nbsp X displaystyle bar X nbsp S 2 displaystyle S 2 nbsp S 2 displaystyle sqrt S 2 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp 2 displaystyle 2 nbsp 2 displaystyle sqrt 2 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp 2 displaystyle 2 nbsp 2 displaystyle sqrt 2 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp Der Erwartungswert der korrigierten Stichprobenvarianz betragt daher E S 2 0 2 2 0 4 1 s 2 displaystyle operatorname E left S 2 right frac 0 2 2 0 4 1 sigma 2 nbsp Die korrigierte Stichprobenvarianz ist demnach also tatsachlich erwartungstreu Der Erwartungswert der korrigierten Stichprobenstandardabweichung betragt hingegen E S 2 0 2 2 0 4 2 2 lt 1 s displaystyle operatorname E sqrt S 2 frac 0 sqrt 2 sqrt 2 0 4 frac sqrt 2 2 lt 1 sigma nbsp Die korrigierte Stichprobenstandardabweichung unterschatzt also die Standardabweichung der Grundgesamtheit Berechnung fur auflaufende Messwerte Bearbeiten In Systemen die kontinuierlich grosse Mengen an Messwerten erfassen ist es oft unpraktisch alle Messwerte zwischenzuspeichern um die Standardabweichung zu berechnen In diesem Zusammenhang ist es gunstiger eine modifizierte Formel zu verwenden die den kritischen Term i 1 n X i X 2 displaystyle textstyle sum i 1 n X i bar X 2 nbsp umgeht Dieser kann nicht fur jeden Messwert sofort berechnet werden da der Mittelwert X displaystyle bar X nbsp nicht konstant ist Durch Anwendung des Verschiebungssatzes und der Definition des Mittelwerts X 1 n i 1 n X i displaystyle textstyle bar X frac 1 n sum i 1 n X i nbsp gelangt man zur Darstellung S 2 1 n 1 i 1 n X i 2 1 n i 1 n X i 2 displaystyle begin aligned sqrt S 2 amp sqrt frac 1 n 1 left left sum i 1 n X i 2 right frac 1 n left sum i 1 n X i right 2 right end aligned nbsp bzw S 2 1 n i 1 n X i 2 1 n i 1 n X i 2 displaystyle begin aligned sqrt S 2 amp sqrt frac 1 n left left sum i 1 n X i 2 right frac 1 n left sum i 1 n X i right 2 right end aligned nbsp die sich fur jeden eintreffenden Messwert sofort aktualisieren lasst wenn die Summe der Messwerte i 1 n X i displaystyle textstyle sum i 1 n X i nbsp sowie die Summe ihrer Quadrate i 1 n X i 2 displaystyle textstyle sum i 1 n X i 2 nbsp mitgefuhrt und fortlaufend aktualisiert werden Diese Darstellung ist allerdings numerisch weniger stabil insbesondere kann der Term unter der Quadratwurzel numerisch durch Rundungsfehler kleiner als 0 werden Durch geschicktes Umstellen lasst sich fur letztere Gleichung eine Form finden die numerisch stabiler ist und auf die Varianz S n 1 2 displaystyle S n 1 2 nbsp und den Mittelwert X n 1 displaystyle bar X n 1 nbsp des vorhergehenden sowie auf den Stichprobenwert X n displaystyle X n nbsp und den Mittelwert X n displaystyle bar X n nbsp des aktuellen Iterationsschrittes n displaystyle n nbsp zuruckgreift S 2 n 1 n S n 1 2 X n 1 2 X n 2 n X n 2 displaystyle begin aligned S 2 amp frac n 1 n left S n 1 2 bar X n 1 2 right frac X n 2 n bar X n 2 end aligned nbsp Normalverteilte Zufallsgrossen Bearbeiten Berechnungsgrundlagen Bearbeiten Fur den Fall normalverteilter Zufallsgrossen lasst sich allerdings ein erwartungstreuer Schatzer angeben 10 n 1 2 G n 1 2 G n 2 S 2 displaystyle sqrt frac n 1 2 frac Gamma left frac n 1 2 right Gamma left frac n 2 right sqrt S 2 nbsp Dabei ist S 2 displaystyle sqrt S 2 nbsp die Schatzung der Standardabweichung und G x displaystyle Gamma x nbsp die Gammafunktion Die Formel folgt indem man beachtet dass n 1 S 2 s 2 displaystyle frac n 1 S 2 sigma 2 nbsp eine Chi Quadrat Verteilung mit n 1 displaystyle n 1 nbsp Freiheitsgraden hat Korrekturfaktoren fur die erwartungstreue Schatzung der Standardabweichung Stichprobenumfang Korrekturfaktor2 1 2533145 1 06384610 1 02810915 1 01800225 1 010468Beispiel Bearbeiten Es wurden bei einer Stichprobe aus einer normalverteilten Zufallsgrosse die funf Werte 3 4 5 6 7 gemessen Man soll nun die Schatzung fur die Standardabweichung errechnen Die Stichprobenvarianz ist s X 2 1 4 2 2 1 2 0 1 2 2 2 2 5 displaystyle s X 2 tfrac 1 4 2 2 1 2 0 1 2 2 2 2 5 nbsp Der Korrekturfaktor ist in diesem Fall 2 G 2 G 2 5 1 063 846 displaystyle sqrt 2 frac Gamma left 2 right Gamma left 2 5 right approx 1 063846 nbsp und die erwartungstreue Schatzung fur die Standardabweichung ist damit naherungsweise s 1 064 2 5 1 68 displaystyle hat sigma 1 064 sqrt 2 5 1 68 nbsp Literatur BearbeitenClaudia Czado Thorsten Schmidt Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2011 ISBN 978 3 642 17260 1 doi 10 1007 978 3 642 17261 8 Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 021526 7 doi 10 1515 9783110215274 M S Nikulin Sample variance In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org Eric W Weisstein Sample Variance In MathWorld englisch Ludger Ruschendorf Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 41996 6 doi 10 1007 978 3 642 41997 3 Einzelnachweise Bearbeiten L Fahrmeir R Kunstler I Pigeot G Tutz Statistik Der Weg zur Datenanalyse 8 uberarb und erg Auflage Springer Spektrum Berlin Heidelberg 2016 ISBN 978 3 662 50371 3 S 351 Claudia Czado Thorsten Schmidt Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2011 ISBN 978 3 642 17260 1 S 5 doi 10 1007 978 3 642 17261 8 a b Eric W Weisstein Sample Variance In MathWorld englisch Ludger Ruschendorf Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 41996 6 S 3 doi 10 1007 978 3 642 41997 3 Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 021526 7 S 208 doi 10 1515 9783110215274 Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 021526 7 S 207 doi 10 1515 9783110215274 M S Nikulin Sample variance In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org Eric W Weisstein Bessels Correction In MathWorld englisch Ludger Ruschendorf Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 41996 6 S 27 doi 10 1007 978 3 642 41997 3 Eric Weisstein Standard Deviation Distribution In MathWorld englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stichprobenvarianz Schatzfunktion amp oldid 234145904