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Erwartungstreue oft auch Unverzerrtheit englisch unbiasedness bezeichnet in der mathematischen Statistik eine Eigenschaft einer Schatzfunktion kurz eines Schatzers Ein Schatzer heisst erwartungstreu wenn sein Erwartungswert gleich dem wahren Wert des zu schatzenden Parameters ist Ist eine Schatzfunktion nicht erwartungstreu spricht man davon dass der Schatzer verzerrt ist Das Ausmass der Abweichung seines Erwartungswerts vom wahren Wert nennt man Verzerrung oder Bias 1 2 Die Verzerrung druckt den systematischen Fehler des Schatzers aus 3 Erwartungstreue zahlt neben Konsistenz Suffizienz und asymptotischer Effizienz zu den vier gebrauchlichen Kriterien zur Beurteilung der Qualitat von Schatzern Des Weiteren gehort sie gemeinsam mit der Suffizienz und der Invarianz Aquivarianz zu den typischen Reduktionsprinzipien der mathematischen Statistik Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 2 Grundidee und einfuhrende Beispiele 2 1 Beispiel Stichprobenmittel 2 2 Beispiel relative Haufigkeit 3 Definition 4 Eigenschaften 4 1 Existenz 4 2 Struktur 4 3 Beziehung zu Verzerrung und MQF 4 4 Optimalitat 4 5 Erwartungstreue vs mittlerer quadratischer Fehler 5 Schatzer mit Verzerrung 6 Asymptotische Erwartungstreue 7 Weiteres Beispiel Stichprobenvarianz im Normalverteilungsmodell 8 Aufbauende Begriffe 9 Verallgemeinerungen 10 Literatur 11 EinzelnachweiseBedeutung BearbeitenDie Erwartungstreue ist eine wichtige Eigenschaft eines Schatzers da die Varianz der meisten Schatzer mit steigendem Stichprobenumfang gegen Null konvergiert D h die Verteilung zieht sich um den Erwartungswert des Schatzers und damit bei erwartungstreuen Schatzern um den gesuchten wahren Parameter der Grundgesamtheit zusammen Bei erwartungstreuen Schatzern konnen wir erwarten dass die Differenz zwischen dem aus der Stichprobe berechneten Schatzwert und dem wahren Parameter umso kleiner ist je grosser der Stichprobenumfang ist Ausser zur praktischen Beurteilung der Qualitat von Schatzern ist der Begriff der Erwartungstreue auch fur die mathematische Schatztheorie von grosser Bedeutung In der Klasse aller erwartungstreuen Schatzer gelingt es unter geeigneten Voraussetzungen an das zugrundeliegende Verteilungsmodell Existenz und Eindeutigkeit bester Schatzer zu beweisen Das sind erwartungstreue Schatzer die unter allen moglichen erwartungstreuen Schatzern minimale Varianz haben Grundidee und einfuhrende Beispiele BearbeitenUm einen unbekannten reellen Parameter g displaystyle gamma nbsp einer Grundgesamtheit zu schatzen berechnet man in der mathematischen Statistik aus einer zufalligen Stichprobe X 1 X n displaystyle X 1 dotsc X n nbsp mit Hilfe einer geeignet gewahlten Funktion g displaystyle g nbsp eine Schatzung g X 1 X n displaystyle g X 1 dotsc X n nbsp Allgemein lassen sich geeignete Schatzfunktionen mit Hilfe von Schatzmethoden z B der Maximum Likelihood Methode gewinnen Da die Stichprobenvariablen X 1 X n displaystyle X 1 dotsc X n nbsp Zufallsvariablen sind ist auch der Schatzer g X 1 X n displaystyle g X 1 dotsc X n nbsp selbst eine Zufallsvariable Er wird erwartungstreu genannt wenn der Erwartungswert dieser Zufallsvariable stets gleich dem Parameter g displaystyle gamma nbsp ist egal welchen Wert g displaystyle gamma nbsp in Wirklichkeit hat Durch Erzeugen von Stichprobenwiederholungen kann die Verteilung des Schatzers untersucht werden Beispiel Stichprobenmittel Bearbeiten Zur Schatzung des Erwartungswertes g m displaystyle gamma mu nbsp der Grundgesamtheit wird ublicherweise das Stichprobenmittel g X 1 X n X n 1 n i 1 n X i displaystyle g X 1 dotsc X n overline X n frac 1 n sum i 1 n X i nbsp verwendet Werden alle Stichprobenvariablen X i displaystyle X i nbsp zufallig aus der Grundgesamtheit gezogen so haben alle den Erwartungswert E X i m displaystyle operatorname E X i mu nbsp Damit berechnet sich der Erwartungswert des Stichprobenmittels zu E X n E 1 n i 1 n X i 1 n i 1 n E X i 1 n n m m displaystyle operatorname E overline X n operatorname E left frac 1 n sum i 1 n X i right frac 1 n sum i 1 n operatorname E X i frac 1 n cdot n cdot mu mu nbsp Das Stichprobenmittel ist also ein erwartungstreuer Schatzer des unbekannten Verteilungsparameters m displaystyle mu nbsp nbsp Verteilung des Schatzers X n displaystyle overline X n nbsp fur verschiedene Stichprobenumfange n displaystyle n nbsp Falls die Grundgesamtheit normalverteilt ist mit Erwartungswert m displaystyle mu nbsp und Varianz s 2 displaystyle sigma 2 nbsp dann lasst sich die Verteilung von X n displaystyle overline X n nbsp genau angeben In diesem Fall gilt X n N m s 2 n displaystyle overline X n sim mathcal N mu sigma 2 n nbsp das heisst das Stichprobenmittel ist ebenfalls normalverteilt mit Erwartungswert m displaystyle mu nbsp und Varianz s 2 n displaystyle tfrac sigma 2 n nbsp Ist der Stichprobenumfang n displaystyle n nbsp gross so gilt aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes diese Verteilungsaussage zumindest naherungsweise auch wenn die Grundgesamtheit nicht normalverteilt ist Die Varianz dieses Schatzers konvergiert also gegen 0 wenn der Stichprobenumfang n displaystyle n nbsp gegen unendlich geht Die Grafik rechts zeigt wie sich fur verschiedene Stichprobenumfange die Verteilung der Stichprobenmittel immer weiter auf einen festen Wert zusammenzieht Aufgrund der Erwartungstreue ist sichergestellt dass dieser Wert der gesuchte Parameter m displaystyle mu nbsp ist Beispiel relative Haufigkeit Bearbeiten Um zu schatzen mit welcher Wahrscheinlichkeit p displaystyle p nbsp ein bestimmtes Merkmal in der Grundgesamtheit auftritt wird daraus eine Stichprobe von Umfang n displaystyle n nbsp zufallig ausgewahlt und die absolute Haufigkeit X displaystyle X nbsp des Merkmals in der Stichprobe ausgezahlt Die Zufallsvariable X displaystyle X nbsp ist dann binomialverteilt mit den Parametern p displaystyle p nbsp und n displaystyle n nbsp insbesondere gilt fur ihren Erwartungswert E X n p displaystyle operatorname E X np nbsp Fur die relative Haufigkeit h n X n displaystyle h n frac X n nbsp folgt dann E h n 1 n E X n p n p displaystyle operatorname E h n tfrac 1 n operatorname E X tfrac np n p nbsp das heisst sie ist ein erwartungstreuer Schatzer der unbekannten Wahrscheinlichkeit p displaystyle p nbsp Definition BearbeitenIn der modernen masstheoretisch begrundeten mathematischen Statistik wird ein statistisches Experiment durch ein statistisches Modell X F P ϑ ϑ 8 displaystyle mathcal X mathcal F P vartheta vartheta in Theta nbsp beschrieben Dieses besteht aus einer Menge X displaystyle mathcal X nbsp dem Stichprobenraum zusammen mit einer s Algebra F displaystyle mathcal F nbsp und einer Familie P ϑ ϑ 8 displaystyle P vartheta vartheta in Theta nbsp von Wahrscheinlichkeitsmassen auf X displaystyle mathcal X nbsp Es sei ein Punktschatzer T X R displaystyle T colon mathcal X to mathbb R nbsp sowie eine Funktion g 8 R displaystyle gamma colon Theta to mathbb R nbsp gegeben im parametrischen Fall die sogenannte Parameterfunktion die jeder Wahrscheinlichkeitsverteilung P ϑ displaystyle P vartheta nbsp die zu schatzende Kennzahl g ϑ displaystyle gamma vartheta nbsp Varianz Median Erwartungswert etc zuordnet Dann heisst der Schatzer T displaystyle T nbsp erwartungstreu wenn E ϑ T g ϑ f u r a l l e ϑ 8 displaystyle operatorname E vartheta T gamma vartheta quad mathrm f ddot u r alle vartheta in Theta nbsp ist Hierbei bezeichnet E ϑ displaystyle operatorname E vartheta nbsp den Erwartungswert bezuglich des Wahrscheinlichkeitsmasses P ϑ displaystyle P vartheta nbsp In Anwendungen ist P ϑ displaystyle P vartheta nbsp oft die Verteilung einer reellen oder vektorwertigen Zufallsvariable X W X displaystyle X colon Omega to mathcal X nbsp auf einem Wahrscheinlichkeitsraum W S Q displaystyle Omega Sigma Q nbsp mit einem unbekannten Parameter oder Parametervektor ϑ displaystyle vartheta nbsp Ein Punktschatzer g X R displaystyle g colon mathcal X to mathbb R nbsp fur g ϑ displaystyle gamma vartheta nbsp in obigem Sinne ergibt dann eine Funktion T g X displaystyle T g circ X nbsp und diese heisst analog erwartungstreuer Schatzer wenn gilt E T E g X g ϑ displaystyle operatorname E T operatorname E g X gamma vartheta nbsp wobei der Erwartungswert nun bezuglich Q displaystyle Q nbsp gebildet wird Eigenschaften BearbeitenExistenz Bearbeiten Erwartungstreue Schatzer mussen im Allgemeinen nicht existieren Wesentlich hierfur ist die Wahl der Funktion g ϑ displaystyle g vartheta nbsp So kann bei unpassender Wahl der zu schatzenden Funktion die Menge der erwartungstreuen Schatzer klein sein unsinnige Eigenschaften aufweisen oder leer sein Im Binomial Modell X 0 1 n A P X P ϑ Bin n ϑ f u r a l l e ϑ 0 1 displaystyle X 0 1 dots n mathcal A mathcal P X P vartheta operatorname Bin n vartheta quad mathrm f ddot u r alle vartheta in 0 1 nbsp sind beispielsweise nur Polynome in ϑ displaystyle vartheta nbsp von Grad kleinergleich n erwartungstreu schatzbar Fur zu schatzende Funktionen die nicht von der Form g ϑ a n ϑ n a n 1 ϑ n 1 a 1 ϑ a 0 displaystyle g vartheta a n vartheta n a n 1 vartheta n 1 dots a 1 vartheta a 0 nbsp sind existiert also kein erwartungstreuer Schatzer Auch wenn ein erwartungstreuer Schatzer existiert muss er kein praktisch sinnvoller Schatzer sein Beispielsweise im Poisson Modell X N A P N P ϑ Poi ϑ f u r a l l e ϑ 0 displaystyle X mathbb N mathcal A mathcal P mathbb N P vartheta operatorname Poi vartheta quad mathrm f ddot u r alle vartheta in 0 infty nbsp und bei Verwendung der zu schatzenden Funktion g ϑ exp 3 ϑ displaystyle g vartheta exp 3 vartheta nbsp ergibt sich als einziger erwartungstreuer Schatzer T k 2 k f u r k N displaystyle T k 2 k quad mathrm f ddot u r k in mathbb N nbsp Dieser Schatzer ist augenscheinlich sinnlos Zu beachten ist hier dass die Wahl der zu schatzenden Funktion nicht exotisch ist Sie schatzt die Wahrscheinlichkeit dass dreimal in Folge bei unabhangiger Wiederholung kein Ereignis eintritt 4 Struktur Bearbeiten Gegeben sei ein fixes statistisches Modell Sei D g displaystyle D g nbsp die Menge der erwartungstreuen Schatzer fur die zu schatzende Funktion g displaystyle g nbsp und D 0 displaystyle D 0 nbsp die Menge aller Nullschatzer also D 0 T E ϑ T 0 f u r a l l e ϑ 8 displaystyle D 0 T operatorname E vartheta T 0 quad mathrm f ddot u r alle vartheta in Theta nbsp Wahlt man nun ein T D g displaystyle T in D g nbsp aus so ist D g T D 0 displaystyle D g T D 0 nbsp Die Menge aller erwartungstreuen Schatzer fur g displaystyle g nbsp entstehen demnach aus einem erwartungstreuen Schatzer fur g displaystyle g nbsp in Kombination mit den Nullschatzern Beziehung zu Verzerrung und MQF Bearbeiten Erwartungstreue Schatzer haben per Definition eine Verzerrung von Null Bias ϑ T E ϑ T g ϑ 0 f u r a l l e ϑ 8 displaystyle operatorname Bias vartheta T operatorname E vartheta T g vartheta 0 quad mathrm f ddot u r alle vartheta in Theta nbsp Damit reduziert sich der mittlere quadratische Fehler zur Varianz des Schatzers MQF T ϑ Var ϑ T Bias ϑ T 2 Var ϑ T displaystyle operatorname MQF T vartheta operatorname Var vartheta T left operatorname Bias vartheta T right 2 operatorname Var vartheta T nbsp Optimalitat Bearbeiten Erwartungstreue an sich ist bereits ein Qualitatskriterium da erwartungstreue Schatzer immer eine Verzerrung von Null haben und somit im Mittel den zu schatzenden Wert liefern Sie haben also keinen systematischen Fehler In der Menge der erwartungstreuen Schatzer reduziert sich das zentrale Qualitatskriterium fur Schatzer der mittlere quadratische Fehler zu Varianz der Schatzer Demnach vergleichen die beiden gangigen Optimalitatskriterien die Varianzen von Punktschatzern Lokal minimale Schatzer vergleichen die Varianzen von Punktschatzern fur ein vorgegebenes ϑ 0 8 displaystyle vartheta 0 in Theta nbsp Ein Schatzer S displaystyle S nbsp heisst dann ein lokal minimaler Schatzer in ϑ 0 displaystyle vartheta 0 nbsp wennVar ϑ 0 S Var ϑ 0 T displaystyle operatorname Var vartheta 0 S leq operatorname Var vartheta 0 T nbsp fur alle weiteren erwartungstreuen Schatzer T displaystyle T nbsp gilt Gleichmassig bester erwartungstreue Schatzer verscharfen diese Forderung dahingehend dass ein Schatzer S displaystyle S nbsp fur alle ϑ 8 displaystyle vartheta in Theta nbsp eine kleinere Varianz als jeder weitere erwartungstreue Schatzer haben soll Es gilt dann alsoVar ϑ S Var ϑ T f u r a l l e ϑ 8 displaystyle operatorname Var vartheta S leq operatorname Var vartheta T quad mathrm f ddot u r alle vartheta in Theta nbsp und alle erwartungstreuen Schatzer T displaystyle T nbsp Erwartungstreue vs mittlerer quadratischer Fehler Bearbeiten Erwartungstreue Schatzer sind auf zwei Arten als gut anzusehen Einerseits ist ihre Verzerrung immer gleich null sie haben demnach die wunschenswerte Eigenschaft keinen systematischen Fehler aufzuweisen Andererseits ist aufgrund der Zerlegung des mittleren quadratischen Fehlers in Verzerrung und Varianz der mittlere quadratische Fehler eines erwartungstreuen Schatzers immer automatisch klein da die Verzerrung wegfallt Allerdings konnen nicht immer beide Ziele Erwartungstreue und minimaler quadratischer Fehler gleichzeitig erfullt werden So ist im Binomialmodell X 0 n A P X P ϑ Bin n ϑ displaystyle X 0 dots n mathcal A mathcal P X P vartheta operatorname Bin n vartheta nbsp mit ϑ 0 1 displaystyle vartheta in 0 1 nbsp ein gleichmassig bester erwartungstreuer Schatzer gegeben durch T 1 x x n displaystyle T 1 x frac x n nbsp Der Schatzer T 2 x 1 n 2 displaystyle T 2 frac x 1 n 2 nbsp ist nicht erwartungstreu und folglich verzerrt besitzt aber fur Werte von ϑ displaystyle vartheta nbsp nahe an 0 5 displaystyle 0 5 nbsp einen geringeren mittleren quadratischen Fehler 5 Es konnen also nicht immer Verzerrung und mittlerer quadratischer Fehler gleichzeitig minimiert werden Schatzer mit Verzerrung Bearbeiten Hauptartikel Verzerrung einer Schatzfunktion nbsp Diese Graphik zeigt eine Verletzung der Unverzerrtheits und Konsistenzeigenschaft Es wird im Mittel nicht der wahre Wert 3 geschatzt sondern 2 Somit ergibt sich eine Verzerrung von 5 B i a s b 1 E b 1 b 1 3 2 5 displaystyle mathrm Bias hat beta 1 operatorname E hat beta 1 beta 1 3 2 5 nbsp Es ergibt sich aus der Definition dass gute Schatzer zumindest naherungsweise erwartungstreu sein sich also dadurch auszeichnen sollen dass sie im Mittel nah am zu schatzenden Wert liegen Ublicherweise ist Erwartungstreue jedoch nicht das einzige wichtige Kriterium fur die Qualitat eines Schatzers so sollte er beispielsweise auch eine kleine Varianz haben also moglichst gering um den zu schatzenden Wert schwanken Zusammengefasst ergibt sich das klassische Kriterium einer minimalen mittleren quadratischen Abweichung fur optimale Schatzer Die Verzerrung B i a s ϑ T displaystyle mathrm Bias vartheta T nbsp eines Schatzers T displaystyle T nbsp ist definiert als Differenz zwischen seinem Erwartungswert und der zu schatzenden Grosse B i a s ϑ T E ϑ T g ϑ E ϑ T g ϑ displaystyle mathrm Bias vartheta T operatorname E vartheta T gamma vartheta operatorname E vartheta T gamma vartheta nbsp Sein mittlerer quadratischer Fehler M S E ϑ T displaystyle mathrm MSE vartheta T nbsp ist M S E ϑ T E ϑ T g ϑ 2 displaystyle mathrm MSE vartheta T operatorname E vartheta bigl T gamma vartheta 2 bigr nbsp Der mittlere quadratische Fehler ist gleich der Summe des Quadrats der Verzerrung und der Varianz des Schatzers M S E ϑ T B i a s ϑ T 2 Var ϑ T displaystyle mathrm MSE vartheta T bigl mathrm Bias vartheta T bigr 2 operatorname Var vartheta T nbsp In der Praxis kann eine Verzerrung zwei Ursachen haben einen systematischen Fehler beispielsweise ein nicht zufalliger Messfehler in der Apparatur oder einen zufalligen Fehler dessen Erwartungswert ungleich 0 displaystyle 0 nbsp ist Zufallige Fehler konnen tolerabel sein wenn sie dazu beitragen dass der Schatzer eine kleinere minimale quadratische Abweichung als ein unverzerrter besitzt Asymptotische Erwartungstreue Bearbeiten Hauptartikel Asymptotische Erwartungstreue In der Regel ist es nicht von Bedeutung dass ein Schatzer erwartungstreu ist Die meisten Resultate der mathematischen Statistik gelten erst asymptotisch also wenn der Stichprobenumfang ins Unendliche wachst Daher ist es in der Regel ausreichend wenn Erwartungstreue im Grenzwert gilt d h fur eine Folge von Schatzern T n displaystyle T n nbsp die Konvergenzaussage lim n E ϑ T n g ϑ displaystyle textstyle lim n rightarrow infty operatorname E vartheta T n gamma vartheta nbsp gilt Weiteres Beispiel Stichprobenvarianz im Normalverteilungsmodell BearbeitenEin typisches Beispiel sind Schatzer fur die Parameter von Normalverteilungen Man betrachtet in diesem Fall die parametrische Familie P ϑ ϑ 8 displaystyle P vartheta vartheta in Theta nbsp mit ϑ m s 2 displaystyle vartheta mu sigma 2 nbsp und 8 R R displaystyle Theta mathbb R times mathbb R nbsp wobei P ϑ displaystyle P vartheta nbsp die Normalverteilung mit Erwartungswert m displaystyle mu nbsp und Varianz s 2 displaystyle sigma 2 nbsp ist Ublicherweise sind Beobachtungen X 1 X n displaystyle X 1 dotsc X n nbsp gegeben die stochastisch unabhangig sind und jeweils die Verteilung P ϑ displaystyle P vartheta nbsp besitzen Wie bereits gesehen ist das Stichprobenmittel X n displaystyle overline X n nbsp ein erwartungstreuer Schatzer von g 1 ϑ m displaystyle gamma 1 vartheta mu nbsp Fur die Varianz g 2 ϑ s 2 displaystyle gamma 2 vartheta sigma 2 nbsp erhalt man als Maximum Likelihood Schatzer s n 2 1 n i 1 n X i X n 2 displaystyle textstyle s n 2 frac 1 n sum i 1 n X i overline X n 2 nbsp Dieser Schatzer ist allerdings nicht erwartungstreu da sich E s n 2 n 1 n s 2 displaystyle textstyle operatorname E s n 2 frac n 1 n sigma 2 nbsp zeigen lasst siehe Stichprobenvarianz Schatzfunktion Erwartungstreue Die Verzerrung betragt also E s n 2 s 2 1 n s 2 displaystyle textstyle operatorname E s n 2 sigma 2 frac 1 n sigma 2 nbsp Da diese asymptotisch also fur n displaystyle n rightarrow infty nbsp verschwindet ist der Schatzer allerdings asymptotisch erwartungstreu Daruber hinaus kann man in diesem Fall den Erwartungswert der Verzerrung genau angeben und folglich die Verzerrung korrigieren indem man mit n n 1 displaystyle tfrac n n 1 nbsp multipliziert sog Bessel Korrektur und erhalt so einen Schatzer fur die Varianz der auch fur kleine Stichproben erwartungstreu ist Im Allgemeinen ist es jedoch nicht moglich die erwartete Verzerrung exakt zu bestimmen und somit vollstandig zu korrigieren Es gibt aber Verfahren um die Verzerrung eines asymptotisch erwartungstreuen Schatzers fur endliche Stichproben zumindest zu verringern zum Beispiel die sogenannte Jackknife Methode Aufbauende Begriffe BearbeitenEin erwartungstreuer Schatzer T displaystyle T nbsp heisst ein regularer erwartungstreuer Schatzer wenn ϑ T x f ϑ x d x T x ϑ f ϑ x d x displaystyle frac partial partial vartheta int T x cdot f vartheta x dx int T x cdot frac partial partial vartheta f vartheta x dx nbsp gilt f ϑ displaystyle f vartheta nbsp bezeichnet hier die Dichtefunktion zum Parameter ϑ displaystyle vartheta nbsp Differentiation und Integration sollen also vertauschbar sein Regulare erwartungstreue Schatzer spielen eine wichtige Rolle in der Cramer Rao Ungleichung Verallgemeinerungen BearbeitenEine Verallgemeinerung der Erwartungstreue ist die L Unverfalschtheit sie verallgemeinert die Erwartungstreue mittels allgemeinerer Verlustfunktionen Bei Verwendung des Gauss Verlustes erhalt man die Erwartungstreue als Spezialfall bei Verwendung des Laplace Verlustes die Median Unverfalschtheit Literatur BearbeitenHans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik de Gruyter Lehrbuch 2004 ISBN 3 11 018282 3 Herrmann Witting Mathematische Statistik Bd 1 Parametrische Verfahren bei festem Stichprobenumfang Vieweg Teubner Stuttgart 1985 ISBN 978 3 519 02026 4 M Hardy An Illuminating Counterexample PDF 63 kB Ludger Ruschendorf Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 41996 6 doi 10 1007 978 3 642 41997 3 Claudia Czado Thorsten Schmidt Mathematische Statistik Springer Verlag Berlin Heidelberg 2011 ISBN 978 3 642 17260 1 doi 10 1007 978 3 642 17261 8 Einzelnachweise Bearbeiten Bernd Ronz Hans G Strohe 1994 Lexikon Statistik Gabler Verlag S 110 363 Horst Rinne Taschenbuch der Statistik 3 Auflage Verlag Harri Deutsch 2003 S 435 Kauermann G and Kuchenhoff H Stichproben Methoden Und Praktische Umsetzung Mit R Springer 2011 ISBN 978 3 642 12318 4 S 21 Google Books Ruschendorf Mathematische Statistik 2014 S 126 Georgii Stochastik 2009 S 209 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erwartungstreue amp oldid 227322146