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Der Stadtbrand von Reichenhall 1834 in der Nacht vom 8 auf den 9 November war der letzte Stadtbrand in Bad Reichenhall das vor 1890 noch nicht den Zusatz Bad trug Zeitgenossisches Gemalde von einem unbekannten Urheber im Heimatmuseum Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Der Stadtbrand 2 1 Entstehung 2 2 Verlauf 2 3 Schaden 2 4 Opfer 2 5 Ursachen 3 Zeitzeugen 4 Auswirkungen 4 1 Spenden und Hilfsguter 4 2 Salzproduktion 4 3 Wiederaufbau der Saline 4 4 Wiederaufbau der Stadt 4 5 Olbergkapelle 5 Einzelnachweise 6 LiteraturVorgeschichte BearbeitenStadtbrande haben Reichenhall und seine Bewohner uber Jahrhunderte hinweg immer wieder heimgesucht Urkundlich belegt sind die Stadtbrande von 1196 1265 1353 1415 1424 am 6 Januar 1448 1515 am 1 Dezember 1756 sowie zuletzt am 8 November 1834 1 1196 war die Ursache ein Angriff auf die Stadt durch den Erzbischof Adalbert von Salzburg eine Reaktion auf die Zerstorung der Stadt Salzburg durch die Grafen von Plain im Jahre 1168 1265 ascherte der Bischof von Olmutz die Stadt ein 1353 sowie 1415 verursachte Unachtsamkeit die Stadtbrande 1424 verbrannte die Stadt bis auf vier Hauser nachdem im Hause des Kaplan Weiss eines Chorherren von St Zeno Feuer ausgebrochen war Damals rettete nur die Flucht den Geistlichen vor der Wut der Bevolkerung 1515 war Brandstiftung die Ursache und es wurde mit Ausnahme des Hauptbrunnhauses und des Hallinger oder Pfarrhauses die gesamte Stadt zerstort 200 Menschen fanden den Tod 1756 brach in der Pottinghutte des Clozensieders ein Feuer aus das vier Salinengebaude und zwei Privathauser zerstorte Nach dem Luftangriff auf Bad Reichenhall am 25 April 1945 zahlte man in der Stadt 53 Grossfeuer 110 Mittelfeuer und etwa 200 Kleinfeuer Die Brandbekampfung zog sich zwar uber funf Tage hin jedoch spricht man in diesem Zusammenhang auch weil selbst die Grossfeuer lokal begrenzt waren nicht von einem Stadtbrand Der Stadtbrand BearbeitenEntstehung Bearbeiten nbsp Neuer Turm der St Agidi KircheIn der Nacht vom 8 auf den 9 November 1834 brach im Karl Theodor Sudhaus 1 2 gegen 22 30 Uhr ein Feuer aus nachdem brennender Russ entwichen war und sich auf das holzerne Grabendach des Sudhauses gelegt hatte Das Warnsignal des Feuerwachtturms der eigens fur solche Falle errichtet wurde ertonte erst als der Dachstuhl bereits in Brand stand 2 Als gegen 23 Uhr die Glocken der Aegidikirche Sturm lauteten war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten Ein starker Wind aus Sudwest begunstigte das Feuer das sofort die uberwiegend aus Holz errichteten Nachbarhauser erfasste Weitere Salinengebaude standen kurz darauf in Brand darunter das Hauptbrunnhaus und die dortige Salinenbibliothek Die Brandsicherungsmassnahmen des 18 Jahrhunderts als man an die Saline angrenzende Burgerhauser aufgekauft und abgerissen hatte zeigten keinerlei Wirkung Das Salinenpersonal musste die Brandbekampfung mit der einzigen vorhandenen Feuerspritze bald aufgeben um nicht selbst in den Flammen umzukommen Die holzernen Legschindeln der Dacher wirbelten durch die Luft und verteilten den Brand so weiter uber die Stadt 2 Verlauf Bearbeiten Der starke Wind fachte das Feuer weiter an und dieses erfasste nach kurzer Zeit auch die nordostlich an die Saline angrenzenden Burgerhauser Geld und wichtige Akten wurden aus dem Hauptsalzamt in das feuerfeste Archiv des Salzmeierhauses und das in einiger Entfernung zur Stadt liegende Stift St Zeno verbracht Gegen zwei Uhr morgens stand der Turm der Aegidikirche von dem aus der Stadtturmer zuvor noch Alarm geschlagen und die Burger geweckt hatte in einer riesigen Feuersaule bevor die Kuppel der Glockenstuhl und das Dach des Kirchenschiffs einsturzten 2 Die Flammen wuteten zu diesem Zeitpunkt zwischen dem Gruttenstein und dem nordostlich gelegenen Weissgerbertor Der Stadtbrand soll als gewaltiger Himmelsschein sogar bis nach Passau und Regensburg sichtbar gewesen sein 2 3 Die aus den benachbarten Gemeinden und Stadten Salzburg Wals Siezenheim Hammerau Piding und Teisendorf herangeschafften Feuerspritzen konnten gegen einen Brand dieser Grosse nichts mehr ausrichten Sogar das 800 Schritt von der Stadtmauer entfernte Schloss Achselmannstein fing Feuer und brannte ab Dem Salinenpersonal gelang es die Brandnester auf den sich durch das ganze Tal ziehenden Gradierhausern zu loschen Ansonsten waren diese und weite Teile der Gemeinde St Zeno auch ein Raub der Flammen geworden Der Wind trug bereits brennende Holzschindeln aus der Stadt bis nach St Zeno 2 Die Feuerwalze frass sich in Reichenhall weiter in Richtung Nordosten und hinterliess vom Salzmeierhaus dem Getreidestadel dem Oberzollamtsgebaude und vom Spital nur Schutt und Asche Nur zehn Hauser Im Angerl und zwei im Katzenwinkel heutige Heilingbrunnerstrasse blieben in diesem Gebiet verschont wie auch die Hauser im Bereich des Florianiplatzes Da der Wind nicht umschlug waren die westlich vor der Stadtmauer gelegenen Salinengebaude wie die Hammerschmiede die Kufersage und der Brennholzvorrat mit 23 000 Klafter Holz nicht vom Brand betroffen 2 Schaden Bearbeiten nbsp St Johannes SpitalkircheErst gegen funf Uhr morgens am 9 November 1834 liess das Feuer langsam nach zu diesem Zeitpunkt gab es in der Stadt noch unzahlige Glutnester Etwa der Stadt lag in Trummern darunter die gesamte Saline die Verwaltungsgebaude der Stadt das Spital und die Schulen Die St Johannes Spitalkirche trug ebenfalls Schaden davon die erst zwischen 1876 und 1878 behoben wurden die St Agidi Kirche und die Brunnhauskapelle waren vollig ausgebrannt Geld das die Burger zuruckgelassen hatten war zu grossen Metallklumpen verschmolzen das Strassenpflaster war durch die grosse Hitze zu Kalk gebrannt Kanaldeckel waren vernichtet und die Brucken uber die Stadtbache zerstort Von den Betrieben existierten nur noch ein Backer ein Metzger ein Kramer ein Wirt und ein Brauer Andere Brauereien nutzten in der Folgezeit die Stiftsbrauerei in St Zeno und das Rathaus verlegte man in das Zolleinnehmerhaus ausserhalb der Stadt Die Stadt bestand damals aus 302 Hausern mit 563 Familien und etwa 2700 Einwohner Etwa 2500 Menschen wurden nach dem Stadtbrand als obdachlos bezeichnet nur 24 Hauser blieben verschont Die Beschadigungen an samtlichen abgebrannten Gebauden betrugen laut Schatzung 1 014 795 Gulden Bei der bayerischen Immobilien Assekuranz waren diese mit 391 180 Gulden versichert davon entfielen 191 140 Gulden auf die Salinengebaude Die Privatgebaude waren uber eine Summe von etwa 59 000 Gulden versichert fur den Wiederaufbau der Privatgebaude waren etwa 240 000 Gulden notwendig 1 Opfer Bearbeiten Einige Quellen sprechen von 13 andere von 11 Todesopfern 2 Namentlich genannt sind 1 Anna Schmid ledig 30 Jahre alt Tagelohnerin und Herbergbesitzerin Haus Nr 18 deren Kind 1 Jahr alt Therese Eder 86 Jahre pensionierte Mautdienerin Liberat Inzinger 78 Jahre pensionierter Kufermeister dessen Eheweib 64 Jahre alt deren Tochter 44 Jahre alt Elisabeth Gaisreiter 60 Jahre Salinenschmieds Witwe deren Tochter 42 Jahre alt deren Tochter 3 4 Jahre alt Elisabeth Unterlechner 58 Jahre ledig das Taglohnerssohnchen Mathias Hager 3 4 Jahre alt An Vieh verbrannten 1 12 Schweine 24 Schafe 10 Lammer 2 Geissen 125 Stuck Geflugel Ursachen Bearbeiten nbsp Feuerwachtturm oberhalb der SalineIn den ersten Tagen nach dem Brand wurden Dutzende Personen als Zeugen vernommen Das Gerucht das Feuer sei durch Nachlassigkeit verursacht worden und von den Salinenmitarbeitern nicht entschlossen genug bekampft worden bewahrheitete sich nicht Der offizielle Grund fur die Ursache des katastrophalen Ausmasses sei das hohe Alter und die Schwerhorigkeit des Feuerwachters gewesen der den Brand zu spat erkannt und nicht rechtzeitig Alarm geschlagen habe 2 Trotzdem warfen die Burger von Reichenhall der Salinenleitung lange vor den Brand nicht beherzt genug bekampft zu haben und sich bei Loscharbeiten ausschliesslich auf die in Staatsbesitz befindlichen Gebaude konzentriert zu haben wahrend andere Hauser bewusst geopfert worden waren Vier Tage nach dem Stadtbrand wurden die Wohnungen von Salinenbeamten die vorubergehend in den ehemaligen Stiftsbauten in St Zeno untergebracht waren von zwei Reichenhaller Kaufleuten in Brand gesteckt Zeitzeugen BearbeitenUberliefert sind vor allem der Haupt Rapport uber den Betrieb der koniglichen Saline und der Hammerhutte zu Reichenhall im Etatsjahre 1834 35 Dieser durch einen koniglichen Betriebsbeamten unterzeichnete Bericht vom Dezember 1835 schildert den Verlauf des Brandes und der Loschversuche Der Salinen Maurermeister Rudholzner schrieb an einen Verwandten einen Brief und schilderte darin seine Erlebnisse der Nacht Er unterzeichnete diesen mit Dein abgebrannter Gevatter 1 Noch Abends stand ja ReichenhallMit bluhenden Gewerben Und niemand dachte an den Fall Dass morgens schon VerderbenUnd Ungluck Elend Kreuz und NothBey Manchem gar der Feuertod Ist furchtbar eingekehret Und alles hat verheeret J W Koebler die Schreckensnacht in Reichenhall 4 Auswirkungen BearbeitenSpenden und Hilfsguter Bearbeiten In ganz Bayern wurden Spendengelder fur die Reichenhaller Bevolkerung gesammelt Aus Salzburg das in der Nacht noch mehrere Feuerspritzen zur Verfugung gestellt hatte trafen taglich Wagenladungen mit Lebensmitteln Kleidung und Hausrat ein Der Reichenhaller Burgermeister versuchte zudem an die Spendenbereitschaft von Handelspartnern in ganz Europa zu appellieren Uberliefert ist ein Bittschreiben an den koniglich bayerischen Handelskonsul in Gibraltar 2 Salzproduktion Bearbeiten Da die meisten Anlagen der Saline zerstort waren war eine Salzproduktion in Reichenhall vorubergehend nur sehr eingeschrankt moglich und wurde in provisorisch errichteten Sudhutten wieder aufgenommen Das Hauptaugenmerk richtete man auf die Soleleitung Bereits zwei Tage nach dem Ende des Brandes am 11 November 1834 floss wieder Reichenhaller Sole durch die holzernen Deicheln Die Filialsaline in Traunstein sowie die in Rosenheim trugen damals die Hauptlast der bayerischen Salzproduktion Wiederaufbau der Saline Bearbeiten nbsp Die neue heute Alte Saline Hauptbrunnhaus Konig Ludwig I stellte eine Finanzhilfe von 10 000 Gulden in Aussicht machte aber gerade Linien Symmetrien und axial angelegte Hauptstrassen zur Voraussetzung Dafur mussten 51 Privatgrundstucke zugunsten der geplanten Strassenerweiterung und der Grosse der Saline erworben werden In diesem Zuge ging vieles was Reichenhall uber Jahrhunderte gepragt hatte verloren darunter Platze Hauser und Strassennamen Die Architektur orientierte sich an dem Vorbild barocker Schlosser und fur das vom Konig favorisierte Projekt wurde der Baumeister Friedrich von Gartner beauftragt Dieser entwarf das Verwaltungsgebaude den Beamtenstock gegenuber der Saline das an die Ausfuhrung der Staatsbibliothek in Munchen erinnert Die Grundsteinlegung fur den Neubau der Saline erfolgte im Juni 1838 fur den Bebauungsplan waren der Architekt Joseph Daniel Ohlmuller sowie der Direktor der koniglichen General Bergwerks und Salinenadministration Friedrich von Schenk verantwortlich Das letzte Gebaude das Sudhaus IV konnte im Jahre 1851 seiner Bestimmung ubergeben werden Der Gebaudekomplex aus rotem Backstein weissem Untersberger Marmor und Nagelfluhquadern gruppiert sich symmetrisch und einen zentralen Platz zwei Innenhofe sowie einem Strassenzug Die neue heute Alte Saline der Stadt Reichenhall besteht aus dem Hauptbrunnhaus Solereserven Salzmagazinen und Sudhausern Beim Bau wurde zudem darauf geachtet grosszugig Platz zwischen den einzelnen Gebauden zu schaffen um ein Ubergreifen eines Brandes innerhalb der Saline zu verhindern oder immerhin zu erschweren Der preussische Oberbergrat Carl Karsten bezeichnete den neuen Industriebau als die schonste Saline der Welt 2 Wiederaufbau der Stadt Bearbeiten Der Wiederaufbau der Stadt stand stark unter dem Einfluss des Neubaus der Saline Grosszugige Strassen und Platze losten die alten Gassen ab Teile der durch den Brand in Mitleidenschaft gezogenen Stadtmauer mit Toren und Turmen wurden entfernt um Platz fur neue Gebaude und Strassen zu haben Nahezu unverandert sind die Hauser am heutigen Florianiplatz geblieben die erneut wie durch ein Wunder vom Feuer verschont blieben Olbergkapelle Bearbeiten nbsp Reste der OlbergkapelleEinige Salinenarbeiter und Maurer errichteten als Dank dafur dass sie den Stadtbrand uberlebten und zur Furbitte um ein ahnliches Ungluck in Zukunft abzuwenden auf dem Kirchberg die Olbergkapelle im neugotisch byzantinischen Stil Eine ahnliche Kapelle befand sich bis zum Anfang des 19 Jahrhunderts ausserhalb der Stadtmauern im Bereich der heutigen Innsbrucker Strasse das Gebaude liess die Salinenverwaltung jedoch abreissen um dort die neue Kufsagermuhle zu errichten Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Fritz Hofmann Die Schreckensjahre von Bad Reichenhall w d v Verlag Mitterfelden a b c d e f g h i j k Johannes Lang Geschichte von Bad Reichenhall Pfisterer Bad Reichenhall in seiner bayerischen Geschichte S 288 Lang Geschichte von Bad Reichenhall S 558Literatur BearbeitenJohannes Lang Der Untergang des Alten Reichenhall Der Stadtbrand 1834 in Geschichte von Bad Reichenhall Ph C W Schmidt Neustadt Aisch 2009 ISBN 978 3 87707 759 7 S 558 563 Herbert Pfisterer Bad Reichenhall in seiner Bayerischen Geschichte Motor Touristik Verlag Munchen 1988 S 288 291 Fritz Hofmann Die Schreckensjahre von Bad Reichenhall w d v Verlag Mitterfelden S 17 28 Hubert Vogel Geschichte von Bad Reichenhall Herausgegeben von der Stadt Bad Reichenhall 1995 Druck Anton Plenk KG Berchtesgaden S 75f Johannes Lang Vom Umgang mit Katastrophen Heimatblatter vom 25 April 2015 als Beilage des Reichenhaller Tagblatts Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtbrand von Reichenhall 1834 amp oldid 212631407