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Die Stadtbefestigung Pfeddersheim ist die mittelalterlich fruhneuzeitliche Befestigung der Reichsstadt Pfeddersheim Lenhardsturm oder Sprenger Nordwestecke der StadtmauerJohannisturm machtigster Turm der Nordmauer Inhaltsverzeichnis 1 Topografische Lage 2 Geschichte 3 Bauliche Anlage 3 1 Burg 3 2 Landwehr 3 3 Stadtmauer 3 3 1 Nordabschnitt 3 3 2 Ostabschnitt 3 3 3 Sudabschnitt 3 3 4 Westabschnitt 4 Wehrorganisation 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseTopografische Lage BearbeitenDie ehemalige Reichsstadt Pfeddersheim ist heute ein Stadtteil von Worms westlich der Innenstadt gelegen Der Ort liegt am ansteigenden Nordufer der Pfrimm Die Pfrimm war in den sudlichen Abschnitt der Verteidigungsanlage einbezogen Im Bereich von Pfeddersheim war der Bach in drei Arme unterteilt den Muhlbach den wasserreichsten Arm der durch die Stadtmitte floss und dabei zwei Mal durch die Stadtmauer geleitet wurde 1 den Alten Bach der unmittelbar vor dem sudlichen Abschnitt der Stadtmauer floss und dort den Graben ersetzte und die Wage oder das Fischwasser das parallel zum Alten Bach ein Stuck weiter sudlich floss 2 Die Stadtbefestigung bestand aus zwei Anlagen einer Landwehr die den grossten Teil der Gemarkung umspannte und der Stadtmauer die den bebauten Bereich umgab 3 Geschichte Bearbeiten nbsp Der 1887 veroffentlichte Plan mit der damals erhaltenen Stadtmauer 4 nbsp Nordlicher StadtgrabenDer alteste erhaltene schriftliche Nachweis fur eine Befestigung der Stadt Pfeddersheim stammt von 1276 der alteste Beleg fur die Landwehr von 1449 Doch ist auch letztere sicher alter 5 Die Stadtmauer bestand also schon bevor Pfeddersheim am Anfang des 14 Jahrhunderts Stadtrecht verliehen bekam In den folgenden Jahrhunderten bis zum Ende des 15 Jahrhunderts wurde sie ausgebaut ohne aber noch die fur Befestigungen der Renaissance typischen Elemente zu erhalten Die heute erhaltenen baulichen Reste zeigen uberwiegend einen Zustand aus der Zeit um 1500 Die Turme sollen fast alle aus dieser Zeit stammen Anschliessend wurde die Mauer nur noch repariert etwa nach dem Bauernkrieg 1525 Eine letzte Instandsetzung erfolgte ab 1655 was eine Fehlinvestition war denn im Pfalzischen Erbfolgekrieg erwies sie sich als nutzlos Pfeddersheim wurde zerstort 6 Anschliessend wurde die Mauer als Verteidigungsanlage aufgegeben und in den folgenden Jahrhunderten zunehmend abgetragen oder in Neubauten integriert Diese Zweitverwendung hat sehr dazu beigetragen dass sich Mauerabschnitte erhalten haben 7 Durch diese Nachnutzung ist die Stadtmauer obwohl wahrscheinlich substantiell noch erhalten an vielen Stellen aber als solche auch nicht mehr zu erkennen Die drei Torturme wurden schon im 18 Jahrhundert abgetragen Ab 1818 durften Hauser an die Mauer gebaut werden Im Graben wurde private Nutzgarten angelegt Im letzten Viertel des 19 Jahrhunderts wurde der erhaltene Bestand erstmals unter dem Aspekt des Denkmalschutzes erfasst und beschrieben 8 und festgestellt die Mauer ist fast ganz wenigstens in einer gewissen Hohe konserviert wozu namentlich beitragt dass auf allen Seiten Hauser darauf aufsitzen 9 Aus der Zeit kurz nach 1900 ist eine weitere ausfuhrliche Beschreibung des damaligen baulichen Zustandes der Anlage uberliefert 10 Bei der Aufnahme des Bestandes durch die moderne Denkmalpflege 100 Jahre spater erscheint der Bestand dezimiert Nur vergleichsweise kurze Abschnitte der Mauer wurden erfasst 11 Wie schon bei der ersten Erfassung von 1887 sind auch heute von den ehemals zehn Vollturmen noch neun erhalten Die Landwehr war um 1600 bereits aufgegeben Oberirdische Spuren finden sich bis auf einige Flurnamen davon nicht mehr 12 Bauliche Anlage BearbeitenBurg Bearbeiten Wahrend die Stadtbefestigung komplett in die Zustandigkeit und Verantwortung der Stadt Pfeddersheim fiel gab es im Osten des ummauerten Bezirks noch eine Burg die dem Stadtherren gehorte Baulich ist davon oberirdisch nichts mehr erhalten 13 Uberliefert ist dort noch die Bezeichnung Burggarten 14 und der Flurname Die Burg unmittelbar vor der Stadtmauer 15 Die Lage dieser ehemaligen Burg erklart wahrscheinlich auch warum es im Ostabschnitt der Stadtmauer kein Tor gab Landwehr Bearbeiten Die Landwehr bestand aus Wall Graben und einer Hecke Im sudlichen Abschnitt schutze statt der Hecke wohl eine Palisade Zusatzliche Bauten etwa Wachturme gab es hier nicht Weitere Einzelheiten sind nicht bekannt 16 Stadtmauer Bearbeiten nbsp Halbturm Innenseite Ringstrasse 3 nbsp Halbturm Aussenseite Ringstrasse 3 Die Befestigung besteht aus einer etwa 1 20 m dicken Mauer aus Bruch und Hausteinen Nur im Bereich der Zinnen der Turme wurde auch Backstein verbaut Sie umschliesst den historischen Ortskern von Pfeddersheim etwa in einem in West Ost Richtung gestreckten Rechteck von etwa 800 400 m In der Mauer standen 3 Torturme alle abgetragen 10 weitere Vollturme teils mit rechteckigem teils mit rundem Grundriss von denen noch 9 ganz oder in Resten erhalten sind und 15 Halbturme waren daruber hinaus in die Mauer eingefugt Die Halbturme dienten dazu ein Schussfeld auf Angreifer zu erhalten die die Mauer von aussen zu ersteigen suchten Vor den Torturmen gab es Zugbrucken die uber den Graben fuhrten Nach dem Dreissigjahrigen Krieg sind zudem Schlagbaume und Schilderhauschen belegt Die Mauer besass einen komplett umlaufenden Wehrgang der aber nirgends erhalten ist Er war aus Holz gezimmert und von entsprechenden Streben und Vorlagen gestutzt 17 An einigen Stellen sind diese noch zu erkennen Schiessscharten ermoglichten von dort die Verteidigung Nach oben schloss die Mauer dann meist glatt ab und es gab keine Zinnen 18 Vor der Mauer verlief im Westen Norden und Osten ein etwa 20 m breiter 5 m tiefer trockener Graben Im Norden diente er auch als Schiessgraben also als Schiessbahn Im Suden diente die Pfrimm als entsprechender Schutz zumindest im Sommer Wenn sie im Winter zufror entfiel dieser Die der Stadt abgewandte Seite des Grabens war mit Geholz Hecken und Dorngestrupp als zusatzliches Annaherungshindernis bepflanzt 19 Auf der Innenseite der Mauer gab es ursprunglich einen umlaufenden Weg der die ungestorte und schnelle Bewegung der Verteidiger ermoglichte Die Mauer stand so vollig frei Einzige Ausnahme war die Judengasse in der die Hauser direkt an die Mauer gebaut waren 20 Im Folgenden sind die Bestandteile der Stadtmauer aufgelistet die entweder noch erhalten zumindest aber bekannt sind 21 Nordabschnitt Bearbeiten Von Westen nach Osten nbsp Aulturm mit nach links anschliessender ostlicher StadtmauerHier sind noch kurze Mauerabschnitte in der St Georgen Strasse 45 und im Castrich 14 16 zu sehen Der Nordabschnitt war der am starksten befestigte Abschnitt der Stadtmauer da hier das vorgelagerte Gelande zur Befestigung hin abfallt 22 diese Stelle also fur einen Angriff von aussen besonders vorteilhaft war Hier sind erhalten oder bekannt Ein Halbturm steht im Castrich 14 Hieran schliesst sich ein Mauerabschnitt an der zur Ruckwand des Altbaus der Nr 16 fuhrt Ein Halbturm steht im Castrich 22 Er ist nur aus nordlichem Blickwinkel zu erkennen nicht von der Strasse aus In voller Hohe ist der rechteckige Hohe Turm Castrich 26 erhalten Er wird seit dem 19 Jahrhundert bewohnt und wurde 1995 saniert 23 Ein Halbturm steht im Castrich 30 zwischen dem Wohnhaus und der Nr 32 Anm 1 Ein Halbturm war im Castrich 38 in die stadtabgewandte Fassade einbezogen Heute steht dort kein Gebaude mehr der Halbturm wurde wohl seit Erstellung der Denkmaltopografie fur die Stadt Worms abgebrochen Ein Mauerstuck ist auf dem Grundstuck St Georgen Strasse 45 erhalten Es befindet sich in etwa dort wo die Stadtmauer ihren hochsten Punkt erreicht Es ist als Ruckwand in einem Gebaude integriert verputzt und als Stadtmauer ausserlich nicht mehr zu erkennen Der rechteckige Johannisturm St Georgen Strasse 27 tragt einen Zinnenkranz und einen spitzen Kegelhelm Nicht erhalten ist das nordliche Stadttor die Herrnsheimer Pforte die im Zuge der Mauer im Bereich der heutigen Leiselheimer Strasse zu verorten ist 24 In dem Torturm befand sich eine Wohnung fur den Torwachter Das Gebaude wurde um 1820 abgerissen 25 Im runden Turturm Aulstrasse 10 sind die Deckengewolbe des Erdgeschosses und des Obergeschosses erhalten Namengebend war der spatgotische eselsruckenformige Tursturz einer Tur im Obergeschoss die heute ins Nichts fuhrt 2007 wurde das Gebaude renoviert und erhielt dabei auch einen neuen Dachaufbau 26 Die nordostliche Ecke der Befestigung bildet der runde Aulturm Aulstrasse 22 Aulturm ist eine verbreitete Bezeichnung fur runde Turme in Stadtbefestigungen 27 Anm 2 Im Turm befand sich ein Gefangnis Er wurde im 19 Jahrhundert zum Wohnen ausgebaut 28 und erhielt dafur Fensterdurchbruche 29 2009 2012 wurde das Gebaude saniert 30 Ostabschnitt Bearbeiten Von Norden nach Suden nbsp Sudabschnitt der Stadtmauer Matthaus Merian Topographia Hassiae 1655 Der recht niedrige runde Pulverturm an der Kleinen Burgstrasse ist im unteren Abschnitt erhalten Stadtseitig hat er ein spitzbogiges Portal Er wurde zu Wohnzwecken nachgenutzt 31 Der niedrige rechteckige Rote Turm in der Allee uberspannt mit einem Gewolbe den Muhlbachausfluss 32 Auch im Erdgeschoss besitzt er ein Kreuzgratgewolbe Er ist nicht auf voller Hohe erhalten Mauerabschnitte schliessen sich an den Roten Turm an In der Mauer sudlich des Roten Turms wurden fur die Untere Muhle im 18 Jahrhundert zwei barocke Portale eingebaut Sie werden von Pilastern flankiert und haben korinthische Kapitelle In den Bogenscheiteln sind sie mit Engelskopfchen Wappen gesprengtem Volutengiebel dekoriert Das kleinere Portal hat ein ovales Oberlicht Sudabschnitt Bearbeiten Von Osten nach Westen nbsp Sudtor Ausschnittvergrosserung aus dem Stich von Matthaus Merian Topographia Hassiae 1655 Die Sudwestecke der Befestigung heute Allee 33 bildete ein stark aus der Mauerflucht hervorspringender Eckturm mit rechteckigem Grundriss Er war zur Zeit der Erstellung der Denkmaltopographie fur die Stadt Worms eine Ruine nicht mehr in voller Hohe erhalten und stadtseitig abgebrochen Inzwischen wurde er rekonstruiert und erhielt dabei auch ein Dach Das Kellergewolbe ist erhalten Hier sind auch Mauerabschnitte erhalten die uber die sie kreuzende Bruckenstrasse und die Kreuzstrasse hinausreichen In diesem Abschnitt befinden sich auch zwei Halbturme in der Allee 31 und zwischen Brucken und Kreuzstrasse Nicht erhalten ist auch das sudliche Stadttor die Wormser Pforte die im Zuge der Mauer im Bereich der heutigen Paternusstrasse eingefugt war 33 nbsp Burgerturm oder Neuer Turm nbsp Burgerturm in den 1880er Jahren noch mit der Quader Dekoration aus Putz In der Ringstrasse 28 befindet sich der komplett erhaltene runde Burgerturm oder Neuer Turm der einzige Turm im Sudabschnitt der Mauer abgesehen von den Eckturmen Er tragt eine Inschrift von 1511 Anm 3 B M Mattes Albrecht Iacob Weickel 34 Den Turm ziert ein Kranz aus schwalbenschwanzformigen Zinnen Dekoriert war er ursprunglich mit einer aufgeputzten Quaderung 35 die heute verloren ist Dieser Turm war wohl die letzte grossere Baumassnahme an der Stadtmauer Auch er wurde zum Wohnen nachgenutzt 36 Im Jahr 2000 wurde er renoviert 37 Der Halbturm in der Ringstrasse 44 diente in der Nachnutzung als Wand eines Hauses 38 und wurde frei erganzt Westabschnitt Bearbeiten Von Suden nach Norden Die Sudwestecke bildete der Knuttelberger Turm der nicht erhalten ist Hier wird von einem runden Grundriss ausgegangen 39 Der Halbturm in der Ringstrasse 74 ist in das Haus einbezogen Von aussen ist die Stadtbefestigung nicht mehr zu erkennen An den Halbturm gegenuber dem Grundstuck Ringstrasse 85 schliesst ein langerer Mauerabschnitt an Nicht erhalten ist das westliche Stadttor das Monsheimer Tor das im Zuge der heutigen Paternusstrasse stand 40 Der Sprenger oder Lenhardsturm Castrich 8 ist ein Rundturm der auch schon im 19 Jahrhundert zum Wohnen ausgebaut war 41 1997 wurde der Turm renoviert und erhielt ein neues Dachgeschoss 42 Wehrorganisation BearbeitenWahrend in Friedenszeiten eine bezahlte Stadtwache den Wachtdienst leistete ubernahmen das in Kriegszeiten alle Burger Sie waren in zehn Gruppen genannt Letzen organisiert und wurden aus Nachbarschaften gebildet An der Spitze stand der Letzenmeister als militarischer Befehlshaber Jede Letze trug Verantwortung fur einen bestimmten Mauerabschnitt Der Letzenmeister war in seinem Abschnitt fur den baulichen Unterhalt der Mauer die Funktionstuchtigkeit der Waffen etwa der Geschutze verantwortlich Dafur standen ihm Stadthandwerker als Fachkrafte zur Verfugung Der Munitionsvorrat der Stadt lagerte im Pulverturm und lag in der Verantwortung des Letzenmeisters dem dieser Mauerabschnitt unterstand Diese Burgerwehr hielt auch gemeinsam Alarm und Schiessubungen ab die dann in einem Schutzenfest gipfelten 43 Literatur BearbeitenWilhelm Rudolf Alter Studien zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Pfeddersheim zu Ausgang des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit Der Wormsgau Beiheft 11 Stadtbibliothek Worms Worms 1951 Irene Spille Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Rheinland Pfalz Band 10 Stadt Worms Wernersche Verlagsgesellschaft Worms 1992 ISBN 978 3 88462 084 7 S 262 264 A Weckerling Die Befestigung der alten Reichsstadt Pfeddersheim In Vom Rhein Monatsschrift des Altertums Vereins fur die Stadt Worms Teil 1 3 Jg 1904 S 98 100 Teil 2 4 Jg 1905 S 60 61 Ernst Worner Kunstdenkmaler im Grossherzogthum Hessen Provinz Rheinhessen Kreis Worms Arnold Bergstraesser Darmstadt 1887 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stadtbefestigung Worms Pfeddersheim Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienAnmerkungen Bearbeiten In dem der Denkmaltopografie fur die Stadt Worms Abschnitt Literatur beigefugten Plan ist er als Rundturm eingezeichnet Tatsachlich hat er jedoch einen viereckigen Grundriss Vgl etwa den Aulturm im benachbarten Worms Nur Spille nennt die Jahreszahl 1611 und davon wohl kopiert der entsprechende Eintrag auf dem Hinweisschild am Turm Einzelnachweise Bearbeiten Weckerling 1905 S 60 Alter Studien S 149 Alter Studien S 77 Worner S 122 Alter Studien S 77 Spille Denkmaltopographie S 260 Weckerling 1904 S 99 Worner S 121 125 Worner S 121 Weckerling Spille nach S 301 Tafel Pfeddersheim Alter Studien S 77 Weckerling 1904 S 99 Alter Studien S 148f Weckerling 1905 S 60 Alter Studien S 77 Hinweistafel an dem Mauerstuck in der Ringstrasse 3 Alter Studien S 78 Worner S 121 Alter Studien S 78 Angaben nach Spille Denkmaltopographie soweit nicht anders vermerkt Worner S 124 Hinweistafel am Gebaude Alter Studien S 149 Hinweistafel am benachbarten Haus Leiselheimer Strasse 15 Hinweistafel am Gebaude Weckerling 1904 S 99 Hinweistafel am Gebaude Worner S 123 Hinweistafel am Gebaude Weckerling 1905 S 60 Weckerling 1905 S 61 Alter Studien S 149 Alter Studien S 78 Weckerling 1905 S 60 Worner S 125 Worner S 125 Worner S 124 Hinweistafel am Gebaude Weckerling 1905 S 60 Alter Studien S 149 Alter Studien S 149 Worner S 124 Hinweistafel am Gebaude Alter Studien S 76 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtbefestigung Pfeddersheim amp oldid 226341110