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Als Storung gilt in der biologischen Disziplin Okologie ein Ereignis das eine Anderung der Biomasse oder anderer messbarer Parameter eines Okosystems zur Folge hat 1 Dabei wurden sowohl eine relative wie eine absolute Definition diskutiert letztere hat sich durchgesetzt Wahrend Storungen und ihre Wirkungen schon fruh in den biologischen Wissenschaften beschrieben wurden entwickelte sich ein eigenes Fachgebiet erst in den 1970er Jahren Die Storungsokologie befasst sich mit dem Einfluss von Storungen auf Okosysteme und deren Reaktion Ein Waldbrand ist eine Storung die naturliche oder menschliche Ursachen haben kannStorungen sind von besonderer Bedeutung weil sie in einer Vielzahl von Biozonosen vorkommen und auf allen Ebenen der okologischen Organisation auftreten Sie sind ein wesentlicher Faktor der Dynamik von Okosystemen und wirken der Sukzession entgegen Storungen als Umweltfaktoren haben eine besondere Bedeutung fur die Begrundung des Prozessschutzes als Strategie im Naturschutz 2 Inhaltsverzeichnis 1 Definitionen 2 Entwicklung der Disziplin 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDefinitionen BearbeitenAls Storung im relativen Sinn gilt ein Ereignis wenn es eine Abweichung von zu erwartenden Prozessen des Okosystems auslost 3 Nach relativer Definition ware also ein Wildfeuer in einem Grasland keine Storung da das Okosystem Grasland auf Feuer eingestellt ist und Feuer sogar als regelmassigen Einfluss benotigt um nicht zu verbuschen Als Storung ware dann die lang andauernde Abwesenheit von Feuer zu betrachten Auch ein sturzender alter Baum in einem geschlossenen Wald und die Prozesse bis zum erneuten Kronenschluss waren demzufolge keine Storung Diese Definition wurde kritisiert weil die zugrunde liegende Annahme einer bekannten definierten Entwicklung eines Okosystems die als normal bezeichnet wird in den allermeisten Fallen wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist Ausserdem ist die Normalitat einer Entwicklung abhangig von Annahmen und Erfassungen zeitlicher und raumlicher Grenzen Demgegenuber setzt die absolute Definition auf messbare Grossen Nach White und Pickett 1985 ist eine Storung ein einzelnes zeitlich abgrenzbares Ereignis das in ein Okosystem die Biozonose oder Populationsstruktur eingreift und die Ressourcen Verfugbarkeit von Substrat oder das abiotische Umfeld verandert Eine Storung in diesem Sinne andert den Zustand struktureller und physikalischer Variablen des Okosystems auch wenn diese Anderungen ihrerseits Funktionen und Prozesse des Okosystems andern 4 Innerhalb der absoluten Definition werden Storungen 1 und 2 Ordnung unterschieden Eine Storung 1 Ordnung findet innerhalb der Dynamik eines Okosystems statt wie die Regeneration eines Graslandes nach Feuer oder das Aufwachsen von Baumen bis zum Kronenschluss nach dem Zusammenbruch eines Baumes im geschlossenen Wald Storungen 2 Ordnung sind solche durch die die Sukzession neu gestartet wird wie ein Hangrutsch nach dem offener Boden neu besiedelt werden muss In den meisten Fallen fuhren Storungen 1 und 2 Ordnung zu Entwicklungen die den vorherigen Zustand wiederherstellen Das Ausmass der Storung liegt dann unter der Resilienz des Okosystems Infolge von Storungen 2 Ordnung konnen jedoch auch vollig andere Okosysteme entstehen Ein Beispiel ware ein Meeresspiegelanstieg durch den bisher trockenes Land zu Gezeitenzone oder Meeresboden wird Ist eine Erholung des Systems aus eigener Kraft nicht moglich kann es kunstlich mit Methoden der Renaturierungsokologie unterstutzt werden Weitere Aspekte der Definition sind die Unterscheidung zwischen endogenen Storungen die im Okosystem selbst angelegt sind und exogenen Storungen die von aussen auf das Okosystem einwirken wobei letztere naturlichen oder menschlichen Ursprungs sein konnen Auch lokale Ereignisse werden fur die betroffenen Okosysteme gleichermassen als Storung behandelt wie regionale oder weit daruber hinausgehende Ereignisse wie beispielsweise Vulkanausbruche Dabei mussen Storungen immer im raumlichen und zeitlichen Kontext des betrachteten Okosystems erfasst werden Als Beispiel wird hierzu der Einfluss herangezogen den eine kurzzeitige Verstrudelung auf Mikroorganismen hat die einen Bachkieselstein besiedeln Fur das Waldokosystem am Bachufer stellt dieses Ereignis keine Storung dar 5 Bei der Untersuchung eines Okosystems in verschiedenen zeitlichen und raumlichen Massstaben ergeben sich jedoch Merkmale der Selbstahnlichkeit Im Ergebnis werden Storungen als solche Ereignisse definiert die in einem kurzen abgrenzbaren Zeitraum abrupt Einflusse von mehr als nur geringem Umfang auf messbare Parameter des Okosystems haben Prozesse die in das Okosystem nicht abrupt eingreifen sind keine Storungen sondern Stressoren 6 Entwicklung der Disziplin BearbeitenStorungen wurden zunachst im Rahmen des Konzeptes vom okologischen Gleichgewicht als jene Einflusse untersucht die ein Okosystem aus dem vorausgesetzten Gleichgewicht bringen Mit der Abwendung von der Annahme eines solchen Gleichgewichtes und der zunehmenden Erkenntnis von der Dynamik aller okologischen Systeme mussten die Grundlagen neu gesetzt werden Systematische Ansatze begannen in den 1970er Jahren im angelsachsischen Raum in der Meeresbiologie und der Vegetationskunde Gegen Ende des Jahrzehnts konnte sich das Konzept in der Okologie etablieren 7 Das Mosaik Zyklus Konzept loste die Vorstellung von einer Klimaxgesellschaft als Endpunkt der Sukzession ab es war eng mit dem Modell der Storungsokologie verbunden In Deutschland bestand von 2004 bis 2009 eine gemeinsame Arbeitsgruppe Storungsokologie und Vegetationsdynamik mit einer Juniorprofessur des Helmholtz Zentrum fur Umweltforschung UFZ in Leipzig 8 und der Universitat Bayreuth seit 2011 gibt es in Bayreuth die erste Professur fur Storungsokologie 9 Literatur BearbeitenPeter S White Steward T Pickett The ecology of natural disturbance and patch dynamics Academic Press New York 1985 ISBN 0 12 554520 7 Kurt Jax Naturliche Storungen ein wichtiges Konzept fur Okologie und Naturschutz In Zeitschrift fur Okologie und Naturschutz Jahrgang 7 1998 99 S 241 253 Peter S White Anke Jentsch The Search for Generality in Studies of Disturbance and Ecosystem Dynamics In Progress in Botany 62 Jahrgang 2001 S 399 450 ufz de PDF Weblinks BearbeitenStanford University Microdocs Disturbance englisch Einzelnachweise Bearbeiten White Pickett 1985 S 383 Jax 1999 S 248 f Soweit nicht anders angegeben beruht dieses Kapitel auf White Jentsch 2001 S 404 414 White Pickett 1985 S 7 White Jentsch 2001 S 412 White Jentsch 2001 S 409 Jax 1999 S 242 f Zentrum fur Umweltforschung Arbeitsgruppe Storungsokologie und Vegetationsdynamik Universitat Bayreuth Erste Professur fur Storungsokologie PDF 95 kB Pressemitteilung vom 15 Februar 2011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Storung Okologie amp oldid 189457316