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Serizzo gelegentlich Sarizzo italienisch pietra di serizzo ist eine handwerklich gepragte und von Italien aus handelsgewerblich international verbreitete Gruppenbezeichnung von Werksteinen 1 Sie findet fur plattig gespaltene und gesagte Gneise aus dem sudlichen Alpenraum ihre sachgerechte Verwendung Das bekannteste Beispiel ist der Serizzo Antigorio aus dem Valle Antigorio Serizzo Antigorio poliert Muster ca 25 15 cm Valle Antigorio alte Strassenbefestigungen am Toce bei Crevoladossola Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 1 1 Allgemein 1 2 Serizzo Beola Bevola und weitere Alternativbezeichnungen 2 Entstehung und Lage 3 Mineralische Zusammensetzung 4 Vorkommen 5 Technische Eigenschaften und Verwendung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBegriff BearbeitenAllgemein Bearbeiten Der Begriff Serizzo ist keine petrographische Bezeichnung Er entstammt der alten umgangssprachlichen Praxis handwerklicher Steinverarbeiter in der Region Piemont Mit dem Wort Serizzo werden in dessen ursprunglichen Gebrauchsform durch die Steinverarbeiter nordlich von Crevoladossola auftretende Orthogneise bezeichnet Auf alteren Quellen basierende Angaben bezeichnen die unter dem Hauptnamen Serizzo gewonnenen Natursteine als Paragneise 2 3 In Italien ist die Verwendung des Namenszusatzes Serizzo und korrespondierend Beola fur gespaltene oder gesagte Gneise ublich und entsprechend weit verbreitet 4 Im italienisch beeinflussten Natursteinsektor wird der Begriff Serizzo auch als Zusatz bei Handelsnamen von Werksteinen verwendet die den Gneisen aus dem Valle Antigorio und Valle Formazza in Hinsicht auf ihre Spalt und oder optischen Eigenschaften ahnlich sind und nicht zwangslaufig aus Italien stammen mussen 5 In diesem Sinne kann Serizzo als Namensbestandteil in sehr variablen Zusammenhangen auftreten wie etwa bei dem Gneis Onsernone Gneis serizzo 6 Sarizzo Onsernone 7 oder dem Gneis Verzasca Serizzo Verzasca 8 Im Tessin ist der Begriff Serizzo jedoch nur marginal verbreitet Serizzo Beola Bevola und weitere Alternativbezeichnungen Bearbeiten Traditionell verwurzelt und parallel zur Bezeichnung Serizzo ist der italienische Namenszusatz Beola fur gewinnbare Gneise bzw im Tessin Bevola bzw Bevole gebrauchlich Als solche werden Werksteine bezeichnet die im petrografischen Sinne je nach Gewinnungsort Ortho oder Paragneise sind Die Unterscheidungsmerkmale der traditionell gepragten Begriffe Serizzo und Beola liegen in Hinsicht auf ihre Geschichte nicht in geowissenschaftlichen Kriterien sondern in der Praxiserfahrung der uber mehrere Jahrhunderte anhaltenden Gewinnung dieser Gesteine Als Beola oder Bevola gelten demnach solche Gneise die durch ihre naturlichen Lagerstattenstrukturen und mittels einfacher Verfahrensweise in dunnplattigen Stucken gewonnen werden konnen 9 Im Val d Ossola bei Beura Cardezza als Beola Bianca oder im Tessin beispielsweise als Bevole di Valle Maggia 10 11 Im Gegensatz zu Serizzo kennzeichnet demzufolge der Sammelbegriff Beola bzw Bevola in der Fachsprache der Verarbeiter eine Gruppe leicht spaltbarer Plattengneise 12 13 Serizzo bzw Sarizzo bezeichnet dagegen einen Gneis der in weitstandiger Kluftung auftritt und ursprunglich nur durch erhohten handwerklichen und spater maschinellen Aufwand in verarbeitungsfahige Rohblocke oder Platten uberfuhrt werden kann In diesem Zusammenhang kann seine uberlieferte historische Bezeichnung Pietre Risse als Indiz dafur verstanden werden 14 Ahnlich verhalt es sich bei den gewinnbaren Gneisen aus dem Valle Leventina die Quervain mit Ubergange von starker Schieferung bis zu recht massiger Ausbildung beschreibt 15 nbsp Gneissteinbruch im Maggiatal mit engstandigen Kluftflachen und dadurch deutliche plattige Auspragung des Gesteins Bevole di Valle Maggia nbsp Gneis und alte Architektur im Valle Verzasca Ponte dei Salti Ferner sind im Tessin noch die Begriffe Spaltgranit und Tessinergneise gangig 1 16 In handwerklich technischen Zusammenhangen weisen solche Gesteine mit den Serizzo oder Beolasorten augenscheinliche Gemeinsamkeiten auf Spaltgranit im petrografischen Sinne unkorrekt da kein Granit wurde im Natursteinsektor auch fur Serizzosorten aus italienischen Abbauregionen verwendet Demzufolge finden sich fur Gneise in dieser Region wie auch im Tessin Handelsnamen mit der Hauptbezeichnung Granito 17 Entstehung und Lage BearbeitenSerizzo und Beola erhielten ihr charakteristisches Merkmal die Spaltbarkeit in Folge der Alpinen Gebirgsbildung Die damit verbundene starke Deformation fuhrte in den Ausgangsgesteinen meist granitoide Gesteine zu einer Schieferung die mit einer Einregelung von Mineralen verbunden ist entlang welcher die Gesteine einfach gespalten werden konnen Primares Merkmal sind dafur die charakteristischen Glimmerlagen im Gestein Die italienischen Vorkommen und Abbaustellen befinden sich im System der Westalpen genauer im Bereich des Penninikums in dessen mittleren und unteren Deckenkomplexen Die Orthogneise der Serizzosorten entstammen der Antigorio Decke Die Beola Steinbruche befinden sich in den Orthogneisen der Monte Leone Decke der Orselina Moncucco Isorno Zone sowie der Camughera Zone des mittleren penninischen Deckenkomplexes mit der Centovalli Storung der Monte Rosa Decke und der Sesia Lanzo Zone des Austroalpinums nordlich der Canavese Linie 18 19 20 21 Mineralische Zusammensetzung BearbeitenSerizzos bestehen aus Quarz schwarzen Biotit und weissen Feldspat Neben diesen Mineralen kommt auch hin und wieder Muskovit der helle Glimmer als einzeln glitzernder Bestandteil vor Da sich Biotit der dunkle Glimmer in planaren Paralleltexturen des Gesteins verteilt hat lassen sich diese Naturwerksteine gut ebenflachig spalten Wird der Serizzo gegen das Lager gesagt entsteht meist eine augengneisartige Struktur weil sich um die Quarz und Feldspateinlagerungen der schwarze Biotit in radialen Kristallansammlungen angelagert hat Vorkommen BearbeitenDie im internationalen Handel als Serizzo bezeichnete Gneise werden im Raum um Crevoladossola um Crodo und um Formazza ferner bei Sondrio sowie im Kanton Tessin gewonnen 6 Fur diese Regionen haben der Abbau und die Weiterverarbeitung eine grosse okonomische Bedeutung Die Tradition des Steinabbaus hat das Erscheinungsbild der regionalen Architektur in den Talern der Provinz Verbano Cusio Ossola stark gepragt Typische Zeugnisse dafur sind Mauerwerk Dachdeckungen und Brunnen Seit mehreren Jahrhunderten werden die Gesteine in andere norditalienische Regionen geliefert und seit dem 20 Jahrhundert umfangreich exportiert Wichtige Abbauregionen sind Valle Antigorio Serizzo Antigorio bei Crodo Valle Anzasca Serizzo Monterosa bei Ceppo Morelli Val Formazza Serizzo Formazza Val Masino Serizzo Scuro Valmasino Val Divedro Serizzo Sempione bei Trasquera und VarzoBeole Auswahl Val d Ossola Beola Bianca zwischen Beura und Crevoladossola und bei Vogogna Val di Antrona Beola Ghiandonata bei Antronapiana Val d Ossola Beola Grigia zwischen Beura und Crevoladossola Val d Ossola Beola Bianca Vogogna bei Vogogna Val d Ossola Beola Favalle bei Crevoladossola Val d Ossola Beola Argentata zwischen Montecrestese und Crevoladossola Val d Ossola Beola Isorno zwischen Montecrestese und CrevoladossolaAhnliche Natursteinsorten der Schweiz Val Bavona Bavonagneis Valle di Blenio Leggiuna Val Bregaglia Soglio Val Calanca Calanca Valle Leventina Leventinagneise bei Cresciano Valle Maggia Maggia Gneis Valle Onsernone Onsernone Valle di Vergeletto Onsernone Valle Verzasca Verzasca Gneis zwischen Lavertezzo und GerraSehr alt sind die Steingewinnungsarbeiten im Verzasca Tal bei denen uber lange Zeit herumliegende Sturzblocke aufgearbeitet wurden 22 Technische Eigenschaften und Verwendung BearbeitenSerizzos sind frostbestandig und verschleissfest Sie konnen poliert und beflammt werden Ihre Verwendung ist im Bauwesen und der Innenausstattung vielfaltig sie werden in Deutschland sowohl im Innenbereich und im Aussenbereich benutzt z B als Treppen und Bodenbelage Fassaden Waschtische und Kuchenarbeitsplatten Im italienisch schweizerischen Grenzgebiet wird dieses Gestein beispielsweise auch als Bord und Baustein verwendet Die strukturell attraktiven Sorten finden in der Region und im Export ihren Absatz Durch ihre visuellen Merkmale besondere ihre Farbe und Textur gehoren sie zu den aussergewohnlichsten Naturwerksteinen Europas Deshalb nutzt man sie beispielsweise fur besondere Fassaden und Interieurgestaltungen Designobjekte oder Brunnenanlagen Literatur BearbeitenTarcisio Bullo La belle epoque tra illusioni sfruttamento e lotte sindacali In Annuario alto ticino 2006 Claro 2005 S 9 12 M Catella E Corbella C Costa et al Marmi Italiani Guida Tecnica Fratelli Vallardi Editori Mailand 1982 Karlfried Fuchs Natursteine aus aller Welt entdecken bestimmen anwenden Bd 1 Munchen Callwey Munchen 1997 ISBN 3 7667 1267 5 Weblinks BearbeitenSerizzo SteinbruchEinzelnachweise Bearbeiten a b Friedrich Muller INSK kompakt Ulm Blatt 48 2 Serizzo Antigorio Karlfried Fuchs Natursteine S 114 Gunther Mehling Hrsg Naturstein Lexikon Munchen 1993 S 508 Gunther Mehling Naturstein Lexikon 1993 S 405 ein Beispiel synonymer Begriffsanwendungen a b Onsernone Granit Abbaustatten auf www granito onsernone ch italienisch Naturstein Das Fachportal Onsernone auf www natursteinonline de Naturstein Das Fachportal Verzasca auf www natursteinonline de F de Quervain Die nutzbaren Gesteine der Schweiz Kummerly amp Frei Bern 1969 S 83 Associazione Marmisti Lombardia Nostri marmi sono la vostra storia Beole auf www assomarmistilombardia it italienisch F de Quervain Gesteine der Schweiz 1969 S 84 Friedrich Muller Reinhard Kogler INSK kompakt Ulm Blatt 46 6 Beola Bianca F de Quervain Die Beziehungen zwischen nutzbaren Gesteinsvorkommen und geologischem Bau des Untergrundes In Ernst Reinhard Hrsg Stein und Steinwerk Bern Basel Olten 1945 S 31 Laura Fiora Varities of Serizzo stone in the Alps In L Informatore del Marmista Giorgio Zusi editore Verona Ausgabe Nr 567 Marz 2009 Abstract englisch F de Quervain Gesteine der Schweiz 1969 S 74 F de Quervain M Gschwind Die nutzbaren Gesteine der Schweiz Geotechnische Kommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft Bern 1934 S 49 ff F de Quervain Gesteine der Schweiz 1969 S 78 Regione Piemonte Pietre ornamentali del Piemonte Instituto nazionale per il Commercio Estero Turin 2000 S 26 28 Der Alpine Bau und die Schichten auf www pietredelvco it deutsch Peter Bearth Zur Geologie der Wurzelzone ostlich des Ossolatales In Eclogae Geologicae Helvetiae Vol 49 1956 Heft 2 auf www E Periodica ch doi 10 5169 seals 162077 deutsch Toni P Labhart Geologie der Schweiz Otto Verlag Thun 2001 ISBN 3 7225 6760 2 F de Quervain Gesteine der Schweiz 1969 S 82 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Serizzo amp oldid 224626423