www.wikidata.de-de.nina.az
Als Selendi oder weissgrundige Teppiche wird eine Gruppe antiker anatolischer Knupfteppiche bezeichnet Die Grundfarbe der Felder und Borduren ist Weiss Ihren Namen erhielten sie von der westanatolischen Marktstadt Selendi Die Teppiche weisen charakteristische Muster auf die ihre weitere Einteilung in Chintamani Vogel und Skorpion Teppiche erlauben Weissgrundiger Selendi Vogel Teppich Schassburger Klosterkirche Siebenburgen Rumanien In der alteren Literatur wurden Selendi Teppiche der Region um die Stadt Usak zugeschrieben In einer offiziellen osmanischen Preisliste narh defter aus Edirne von 1640 wurden weisse Teppiche mit Leoparden oder Krahenmuster aus der Stadt Selendi aufgelistet 1 Seit diesem Quellenfund werden die weissgrundigen Teppiche als Selendi Teppiche bezeichnet 2 Eine bedeutende Zahl weissgrundiger Selendi Teppiche hat sich unter den sogenannten Siebenburger Teppichen in Siebenburgen im heutigen Rumanien erhalten 3 Eine Reihe weissgrundiger Chintamani Teppiche wurden im 20 Jahrhundert vom rumanischen Falscher Theodor Tuduc kopiert und gelangten unter der falschlichen Annahme es handele sich um Originale in die Sammlungen des Islamischen Museums in Berlin und des Victoria and Albert Museums in London 4 Inhaltsverzeichnis 1 Typen 1 1 Chintamani Teppiche 1 2 Vogel und Skorpionteppiche 2 Rezeption in Westeuropa 3 Literatur 4 EinzelnachweiseTypen Bearbeiten nbsp Grossformatiger Vogel Teppich Museum fur turkische und islamische Kunst IstanbulAllen Selendi Teppichen gemeinsam ist ein weisser Grund aus ungefarbter Wolle Ihre im Vergleich zu anderen anatolischen Teppichen grobere Knupfung und Mustergestaltung sowie der haufige Nachweis von sichtbaren diagonalen Verbindungen im Gewebe den sogenannten Faulenzerlinien lasst vermuten dass sie in eher dorflichem Umfeld oder in kleinen Manufakturen hergestellt worden sind Man unterscheidet drei Gruppen Chintamani Teppiche Vogel und Skorpion Teppiche 3 Chintamani Teppiche Bearbeiten Eine Gruppe weissgrundiger Teppiche besitzt ein Motiv aus drei in Dreieckform angeordneten farbigen Kugeln die sich in unendlichem Rapport uber das Feld verteilen Oft sind noch zwei Wellenlinien unter der Basis jedes Dreiecks eingezeichnet Dieses Motiv ist in der osmanischen Kunst weit verbreitet Der Ursprung ist umstritten Das Preisregister von 1640 verzeichnet einen Teppich mit Leopardenmuster 5 was darauf hindeutet dass auch zur Entstehungszeit des Textils eine Assoziation zu gemusterten Tierfellen bestand Archaologische Funde in Anatolien die bis ins zweite Jahrtausend v Chr zuruckreichen sind mit dem charakteristischen Dreikugel Motiv dekoriert 6 Zur Zeit der Timuriden diente das Dreikugelmotiv als Symbol tamgha der Dynastie Wilhelm von Bode 1902 setzte 1902 in seinem Handbuch Vorderasiatische Knupfteppiche das Dreikugelmotiv mit dem buddhistischen Chintamani Motiv gleich 7 In spateren Auflagen des Buches zog Ernst Kuhnel Bodes These zuruck und schloss sich der Meinung an das Dreikugelmotiv sei aus dem Muster von Tierfellen abgeleitet 8 Kadoi 2007 stellt das Dreikugelmotiv in die turko persische Tradition des Tierfells als Talisman und Machtsymbol von der aus es Eingang in die osmanische bildende Kunst und dort weite Verbreitung gefunden habe 9 Neben einigen grossformatigen Knupfungen aus dem Umfeld der osmanischen Hofmanufaktur sind weltweit etwa 30 Chintamani Teppiche von kleinerem Format um 80 150 cm und groberer Knupfung bekannt Die Dreikugel Motive ziehen sich in versetzten Reihen uber das gesamte Feld gelegentlich finden sich kleine Rosetten oder Kreuzmotive Einige Teppiche erhalten durch Einfugen einer Treppenlinie die eine Nische bildet und zwei ansonsten gleich gemusterte Bereiche des Feldes trennen die Gestalt eines Gebetsteppichs Ihre Borduren sind meist schlicht in Form eines Gitters gestaltet Die bedeutendste Sammlung kleinformatiger weissgrundiger Teppiche findet sich in der Margarethenkirche in der siebenburgischen Stadt Mediaș 10 1998 wurde zufallig einer von insgesamt nur 13 weltweit bekannten weissgrundigen Chintamani Teppichen mit Gebetsnischen Muster in den Raumen der Firma Ciba Geigy in Basel entdeckt Wahrscheinlich stammte er aus der Sammlung Albert Boehringers 11 Vogel und Skorpionteppiche Bearbeiten Vogelteppiche weisen ein kontinuierliches Rapportmuster aus Vierpassen auf die jeweils eine zentrale Rosette oder symmetrische Blumengruppe umschliessen Die Seiten der Vierpasse werden dabei von annahernd rautenformigen Ornamenten gebildet welche an ihren Ecken durch Rosetten verbunden sind Die Vierpasse bedecken kontinuierlich das gesamte Feld Trotz ihrer geometrischen Gestaltung wirken die Muster wie eine Aneinanderreihung von Vogeln und erscheinen als solche auch im Preisregister von 1640 12 Die Grundfarbe ist weiss das aufgrund der Verwendung ungefarbter Wolle zu einem Elfenbeinton vergilbt ist Die Farbpalette ist auf mattes Rot und Blau sowie Mittelbraun beschrankt die Umrisslinien sind schwarz In grosseren Formaten bilden je zwei Vogelornamente eines Vierpasses parallele Reihen uber die gesamte Lange des Teppichfeldes 13 Die Gruppe der Skorpionteppiche ist die kleinste innerhalb der weissgrundigen Teppiche aus Selendi Weltweit sind nur vier bekannt davon sind zwei in Siebenburgen erhalten geblieben in der Margarethenkirche in Mediasch Inv EKM 111 14 und der Schwarzen Kirche in Kronstadt 15 Inv 373 einer Inv 7968 im Ungarischen Museum fur Kunstgewerbe in Budapest 16 eines in der Keir Collection heute im Dallas Museum of Art Das Feld der Skorpion Teppiche ist durch parallele Reihen aus Pfeilornamenten und Rosetten im Wechsel klar entlang der Langsachse gegliedert Diese wechseln sich mit Reihen von Skorpion Motiven ab die gegen die Pfeil und Rosettenreihen jeweils um 45 gegeneinander um 90 gedreht sind Die mit achtzackigen Zahnrad Rosetten und Hakenblattern oder stilisierten Maandern dekorierten Hauptborduren finden sich in dieser Form auch bei einigen Vogel und Lotto Teppichen 3 Rezeption in Westeuropa BearbeitenSeit der Mitte des 16 bis ins 17 Jahrhundert gelangten Selendi Teppiche mit dem Handel nach Westeuropa Ihre Abbildungen finden sich in Gemalden der Renaissancezeit beispielsweise in Portrat eines protestantischen Doktors der Rechte um 1540 von Hans Mielich und in Alessandro Varotaris Eugenes et Roxana um 1630 Im Portrait of Henry Hastings 5th Earl of Huntingdon Paulus van Somer zugeschrieben steht der Portratierte auf einem gut erkennbaren Vogelteppich Im Bild Die Bockelung einer jungen sachsischen Frau 1890 Brukenthal Museum Inv 1248 des siebenburgisch sachsischen Portratmalers Robert Wellmann bedeckt ein Vogelteppich den Tisch im Hintergrund 17 Literatur BearbeitenLevent Boz White ground Bird carpets of Selendi and their reflections in European art and lifestyle In Universitatea Babeș Bolyai Hrsg Studia et documenta turcologica Nr 3 4 Presa Universitară Clujeană Cluj Napoca 2016 S 175 189 Weissgrundige Teppiche In Stefano Ionescu Hrsg Die Margarethenkirche in Mediasch Verduci Editore Rom 2018 ISBN 978 88 7620 928 4 S 115 121 Jurg Rageth A Selendi Rug An Addition to the Canon of White Ground Cintamani Prayer Rugs In Hali 98 Mai 1998 S 84 91 zur kleinen Gruppe der weissgrundigen Chintamani Teppiche mit Gebetsnische Einzelnachweise Bearbeiten Mubahat Kutukoglu Osmanlilarda Narh Muessesesi ve 1640 Tarihli Narh Defteri Enderun kitabevi Istanbul 1983 S 72 178 Halil Inalcik Carpets of the Mediterranean Countries 1400 1600 The Yuruks Their Origins Expansion and Economic Role In Robert Pinner Walter Denny Hrsg Oriental Carpet and Textile Studies Band II London 1986 S 58 a b c Stefano Ionescu Antique Ottoman Rugs in Transylvania 2 Auflage Verduci Editore Rom 2005 S 53 57 Jurg Rageth A Selendi Rug An Addition to the Canon of White Ground Cintamani Prayer Rugs In Hali 98 Mai 1998 S 84 91 Mubahat Kutukoglu Osmanlilarda Narh Muessesesi ve 1640 Tarihli Narh Defteri Enderun kitabevi Istanbul 1983 S 72 Selendi nin peleng nakisli seccadesi zitiert nach Boz 2016 Michael Franses Robert Pinner The classical carpets of the 15th to 17th centuries In Hali Band 6 Nr 4 1984 S 373 Wilhelm von Bode Vorderasiatische Knupfteppiche aus alterer Zeit 2 Auflage Hermann Seemann Nachfolger Leipzig 1902 S 133 dass das eigentumliche Kugelornament gleichfalls chinesischen Vorbildern entlehnt sein konnte dass wir darin das Emblem der Lehre Buddha s das tschintamani zu erblicken haben Wilhelm von Bode Ernst Kuhnel Vorderasiatische Knupfteppiche aus alter Zeit 5 Auflage Klinkhardt amp Biermann Munchen 1985 ISBN 3 7814 0247 9 S 161 Ganz anderer Herkunft dagegen weder als ostasiatisch noch als typisch persisch anzusprechen ist das mehrfach verwendete Dreikugelmotiv das in den fruheren Auflagen dieses Handbuchs irrtumlich als das Tschintamani Emblem des Buddhismus gedeutet wurde In Wirklichkeit handelt es sich hier um eine Erinnerung an das legendarische Pantherfell mit dem die altesten iranischen und turanischen Herrscher bekleidet gewesen sein sollen Yuka Kadoi Cintamani Notes on the Formation of the Turco Iranian Style In Persica Band 21 2007 S 33 49 doi 10 2143 PERS 21 0 2022785 Weissgrundige Teppiche In Stefano Ionescu Hrsg Die Margarethenkirche in Mediasch Verduci Editore Rom 2018 ISBN 978 88 7620 928 4 S 115 121 Jurg Rageth A Selendi Rug An Addition to the Canon of White Ground Cintamani Prayer Rugs In Hali 98 Mai 1998 S 84 91 Mubahat Kutukoglu Osmanlilarda Narh Muessesesi ve 1640 Tarihli Narh Defteri Enderun kitabevi Istanbul 1983 S 178 Selendi nin beyaz uzerine karga nakisli kalicesi Selendi Teppiche mit Krahenmotiv auf weissem Grund zitiert nach Boz 2016 Levent Boz White ground Bird carpets of Selendi and their reflections in European art and lifestyle In Universitatea Babeș Bolyai Hrsg Studia et documenta turcologica Nr 3 4 Presa Universitară Clujeană Cluj Napoca 2016 S 175 189 Weissgrundige Teppiche In Stefano Ionescu Hrsg Die Margarethenkirche in Mediasch Verduci Editore Rom 2018 ISBN 978 88 7620 928 4 S 120 Stefano Ionescu Antique Ottoman Rugs in Transylvania 2 Auflage Verduci Editore Rom 2005 S 110 mit Abb Ferenc Batari Ottoman Turkish carpets the Collections of the Museum of Applied Arts Budapest Budapest Museum of Applied Arts Budapest 1994 S 32 ganzseitige Abbildung auf S 124 Levent Boz White ground Bird carpets of Selendi and their reflections in European art and lifestyle In Universitatea Babeș Bolyai Hrsg Studia et documenta turcologica Nr 3 4 Presa Universitară Clujeană Cluj Napoca 2016 S 175 189 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Selendi Teppich amp oldid 230821037