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Schwarzloch oder Schwarzlocher Hof ist ein ehemaliges Landgut mit der dazugehorigen romanischen Kapelle bei Tubingen Das Landgut und die profanierte Kapelle sind heute ein beliebtes Ausflugslokal von Tubingen 2 Schwarzloch in TubingenPanorama von Schwarzloch Blickrichtung NordenGartenwirtschaft des Schwarzlocher Hofs mit der bei Studenten beliebten MostbowleHistorische Ansicht der romanischen Apsis der Kapelle von Schwarzloch des Fotografen Paul Sinner 1 Christoph Friedrich Dorr Bildnis einer Unbekannten im Hintergrund der Schwarzlocher Hof Ol auf Leinwand um 1807 1810 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Name 3 Geschichte 4 Gebaude 5 Figurenfries auf der Kapelle 5 1 Die Lindwurmsage und Nikolauslegende 6 Literatur 7 Einzelnachweise und Anmerkungen 8 WeblinksLage BearbeitenSchwarzloch liegt 2 2 km westlich des ehemaligen Haagtors von Tubingen Es liegt auf der halben Hohe eines nordlichen Auslaufers des Spitzberges auf einem wohlgerundeten Vorhugel Der Hof Schwarzloch bietet einen guten Blick auf den Ammerhof und auf Tubingen Name BearbeitenDer Name ist in verschiedenen Schreibweisen uberliefert Die Schreibweise Schwerzloch reicht bis in die alteste Zeit 1120 wurde Swertissloch um 1203 Schwerzeloch und schliesslich 1323 und 1340 Schwertzloch uberliefert Die Schreibweise Schwarzloch hat sich im 19 Jahrhundert durchgesetzt Die genaue Bedeutung des Namens wurde trotz mehrerer Deutungsversuche nicht geklart So versuchte z B Ludwig Uhland den Namen auf einen Hain des germanischen Schwertgottes Ziu zuruckzufuhren was aber als romantische Schwarmerei gewertet werden muss 3 Geschichte BearbeitenBereits um 1085 wurde der damalige Weiler Schwarzloch mit insgesamt ca 200 Morgen Land erstmals erwahnt 3 Er gehort damit zu den altesten Wohnplatzen auf der Tubinger Stadtgemarkung Damals wurde Schwarzloch von einem Presbyter Albertus einem Verwandten der Pfalzgrafenfamilie an das Kloster Blaubeuren geschenkt Das Kloster dem Schwarzloch wohl als Verwaltungszentrum im Raum Tubingen diente liess um 1100 die Kapelle bauen Das Kirchlein war dem heiligen Nikolaus geweiht 4 dem Patron des Wassers dessen Wahl erklarlich ist wenn man bedenkt dass in fruheren Zeiten das ganze obere Ammertal vom Schwarzlocher Hugel bis zu den Unterjesinger Bergen ein Sumpf oder See gewesen sein soll 5 Den Besitz des Klosters Blaubeuren beendete Abt Heinrich Faber 1477 der als papstlicher Kommissionar die Pfrunde an das Chorherrenstift St Georg in Tubingen ubertrug Den Anlass dazu bildete die Grundung der Universitat Tubingen die Schenkung war also quasi ein Patengeschenk an die Universitat Im Laufe der Jahrhunderte blieb aus dem ehemaligen Weiler nur ein landwirtschaftlich genutzter Hof 1484 wurde die Pfrunde mit der Kapelle St Nikolaus Pfrunde vom Hofgut Berg Schwarzloch getrennt und die Kaplanei zum Kanonikat erhoben Das Hofgut wurde zunachst 1497 an Mathias Suberschwarz dann 1522 an Hans Breuning ein Sohn von Konrad Breuning der in der osterreichischen Zeit 1519 1534 Untervogt zu Tubingen war verkauft Er liess 1531 die auf dem Hof als freie Grundung ruhenden Privilegien von personlichen Dienstbarkeiten wie z B Hand und Spanndienste durch den romisch deutschen Konig Ferdinand urkundlich bestatigen 6 1535 wurde die Kapelle infolge der Reformation profaniert an das Hofgut angeschlossen und zum Wohnhaus umgebaut 1544 wurde das ganze Schwarzloch mit ca 120 Morgen Land von Konrad Breuning Sohn von Hans Breuning an das Spital zu Tubingen verkauft Fur das Spital bildete Schwarzloch in den Folgejahren die Haupteinnahmequelle Seit 1746 wurde der Hof durch das Spital an wechselnde Pachter verpachtet Einer der Pachter war Ende des 18 Jahrhunderts der Verwalter der herzoglichen Schaferei und Gastwirt Johann Heinrich Steeb Vater von Carlo Steeb Als er 1797 den Gasthof Lamm verkaufte liess er sich in Schwarzloch nieder 7 das er ansatzweise als Gaststatte nutzte Die Schwierigkeiten der spateren Pachter und das Ausbleiben der Pacht zwang das Spital das Land von Schwarzloch ab 1828 stuckweise zu verkaufen so dass 1829 nur noch 36 Morgen Land am Landgut blieben Seit 1829 gehorte es haufig wechselnden Besitzern Manche von ihnen nutzen es ausschliesslich landwirtschaftlich andere aber betrieben dort gelegentlich eine Gastwirtschaft Auf diese Weise wurde Schwarzloch zum Ausflugsziel fur Spazierganger und Studenten Zu den Gasten der fruhesten Zeit gehorten u a Eduard Morike Ludwig Uhland Wilhelm Hauff Justinus Kerner und Hermann Kurz 1863 richtete dort Wilhelm Lechler eine regelmassig geoffnete erfolgreiche Sommerwirtschaft ein 1886 kaufte Schwarzloch der Landwirt Kilian Schmid der im gleichen Jahr eine Konzession fur den Ausschank von Bier Wein und Branntwein erhielt 1894 erhielt er auch eine Konzession fur den Ausschank von Most und seit diesem Zeitpunkt betrieb er die Gastwirtschaft ganzjahrig Dadurch wurde Schwarzloch zum beliebtesten Ausflugslokal in der unmittelbaren Nahe von Tubingen Unter Kilian Schmid wurde der Chor der Kapelle zum Gastsaal umfunktioniert er trug auch wesentlich zur Vergrosserung der Bebauung von Schwarzloch bei 1904 baute er ein zweites Wohnhaus und 1929 liess er einen Saal anbauen um die Gastwirtschaft zu vergrossern 1931 kaufte Gotthold Reichert der Mann einer Nichte von Kilian Schmid das Gut Schwarzloch von dessen Erben Das Gut bleibt bis heute Eigentum der Familie Reichert die auch nach einer Pause das Ausflugslokal betreibt Gebaude BearbeitenDie Gebaude sind durch eine Mauer verbunden und bestehen aus der zu einem Gasthaus umgebauten Kapelle und zwei Okonomiegebauden Von der romanischen Kapelle sind noch wesentliche Teile erhalten Ihr ursprunglich flachgedecktes Schiff ist als Gastraum eingerichtet und zeigt aussen ringsum noch den alten Sockel Fruher waren an der Nordseite auch die alten schmalen Rundbogenfensterchen erhalten Figurenfries auf der Kapelle Bearbeiten nbsp Reste romanischer Bauskulptur an der ehemaligen Kapelle von Schwarzloch Fotografie von Paul Sinner 1 An der Sudseite zieht sich hoch unter dem Dachgesims ein Rundbogenfries entlang in dessen Feldern verschiedene Flachreliefs zu finden sind Es sind teils Pflanzengebilde Palmen Lilien Rosen Klee und Eichenblatter teils figurliche Darstellungen Drachen Fuchs Bar und Schlange sowie ein fressender Adler und das Brustbild eines Mannes der nach antiker Weise mit aufgehobenen Handen betet Uber dem neuen Eingang wird der Rundbogenfries durch einen grossen ungeflugelten Drachen unterbrochen Links von der Ture ist ein Lowe und ein ihm entgegenkommender geflugelter Drache mit einem in einen Pfeil endenden Schweif eingemauert 4 Daruber steht eine Saule an der ein langgeflugelter Engel in halber Lebensgrosse steht der mit der rechten Hand segnet und in der linken ein Buch halt Das untere Stuck einer entsprechenden Figur in Priestertracht die auch ein Buch halt ist jetzt in der Scheune eingemauert Beide waren fruher an den Pfosten des alten Eingangs angebracht Der hochst primitive Stil aller dieser Skulpturen deutet auf die fruhromanische Zeit Die noch ganz erhaltenen ostlichen Teile der Kapelle der fruher als Keller verwendete quadratische Chor samt seiner halbrunden Apsis sind dagegen spatromanisch 4 nbsp Basilisk nbsp Portalfries nbsp Garten mit Kopffigur nbsp Traufe Krallenwesen nbsp Schwarzloch Traufe Adorant Tiere nbsp FrieseDie Lindwurmsage und Nikolauslegende Bearbeiten Nach einer anderen Interpretation bezieht sich die als Gurt am Fries entlanglaufende Reihe von roh gearbeiteten Darstellungen auf eine Lindwurmsage Eine weibliche Figur mit angstvoll erhobenen Armen wird vom Rachen eines auf zwei Felder verteilten Ungeheuers mit gewundenem Schwanz bedroht Allerdings wird dieses Ungeheuer von zwei Hunden angefallen neben denen kurzfussige Wasservogel und Lilien erscheinen Der heilige Nikolaus wird haufig in Verbindung mit einem Wasser Ungeheuer dargestellt auf dem er siegreich steht wahrend es sich gegen ihn aufbaumt Wahrscheinlich ist dann das Ungeheuer Symbol des vom Heiligen Nikolaus bewaltigten Elementes und so konnten die Bilder an der Nikolauskapelle sich auf die Nikolauslegende beziehen 8 Wenn man sich die Reihe von Bildern aber erganzt denkt so scheint hinter den Hunden der rettende Ritter St Georg aus der Lindwurmsage folgen zu mussen dessen Verehrung in Tubingen so sehr zu Hause ist dass ihm nicht bloss die Tubinger Stiftskirche geweiht wurde an der sein Bild als Lindwurmtoter wiederholt dargestellt ist sondern dass nach einer Volkssage die Tubinger Gegend als Hauptplatz seiner Legende beschrieben wird 8 Vom Lindwurm den der fromme Ritter zur Rettung der Konigstochter erschlug konnte der Wurmlinger Berg seinen Namen erhalten haben Daruber hinaus haben die Ritter von Wurmlingen in ihrem Wappen einen Lindwurm Bei der Stiftskirche kommen St Georg und St Nikolaus nebeneinander vor So ware es moglich dass sie auch in Schwarzloch nebeneinander verehrt worden sind und wahrend der Altar dem Nikolaus geweiht war sollten die Friesverzierungen an St Georg den anderen Ungeheuertoter erinnern 8 Der Chor ist schmaler als die Kapelle und hat in den vier Ecken Saulen die auf keilformigen Kapitellen ein hohes Kreuzrippengewolbe tragen Der Triumphbogen der vom Schiff in den Chor fuhrt ist spitzbogig die schmalen Fenster sind noch halbrund die Gewolberippen von birnenformigem Querschnitt An der Ostwand des Chores befindet sich uber dem Halbkreisbogen der Apsis ein Relief das ein Einhorn darstellt ein anderes daneben wurde herausgebrochen Durch die Tunche der Wande und des Gewolbes schimmern noch Spuren von Fresken 4 Aussen gibt die von Lisenen Rundbogen und Zahnschnittfries belebte Chorpartie die ganz an den grunen Abhang vortritt ein sehr anmutiges Bild Starke uber Eck stehende Strebepfeiler von spatromanischer Form stutzen die freien Ecken des Chores ein quadratisches von romanischer Vierblattrosette erfulltes Fenster durchbricht seinen Ostgiebel Der alte hohere Steingiebel des Schiffes wird von dem holzernen des jetzigen Daches uberragt auf ihm sitzen in den holzernen Giebel eingebaut noch die Reste des alten steinernen Glockengiebels daran ein Steinmetzzeichen 4 Literatur BearbeitenEugen Friedrich Beck Der Schwarzlocher Fries Hornburg 1981 ISBN 978 3 922541 07 3Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten a b Wolfgang Hesse Ansichten aus Schwaben Kunst Land und Leute in Aufnahmen der ersten Tubinger Lichtbildner und des Fotografen Paul Sinner 1838 1925 Gebruder Metz Tubingen 1989 Hofgut Schwarzloch a b Thomas Faltenbacher Der Hain des Ziu Tubingens beruhmteste Ausfluggaststatte hat Geburtstag Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive PDF 1 8 MB In Tubinger Blatter 1994 a b c d e Beschreibung des Oberamts Tubingen von 1867 Nikolauskapelle in Karl Klupfel und Max Eifert Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universitat Tubingen Band 1 1849 Seite 61 Diese Urkunde befindet sich im Original im Stadtarchiv Tubingen Kinderhaus Carlo Steeb Tubingen a b c Schwarzlocher Hof in Karl Klupfel und Max Eifert Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universitat Tubingen Band 1 1849 Seite 62 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schwarzloch Sammlung von Bildern 48 517358 9 023294 Koordinaten 48 31 2 5 N 9 1 23 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schwarzloch amp oldid 234385791