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Die Susswassergarnelen Atyidae sind eine Familie der Zehnfusskrebse Decapoda mit garnelenartigem Habitus Sie umfasst 469 Arten Stand 2011 1 seitdem wurden eine Reihe Arten neu beschrieben die fast alle im Susswasser leben Die Familie umfasst ausserdem eine Reihe von Gattungen die an Brackwasser angepasst sind diese leben zum Beispiel in Spritzwassertumpeln der Gezeitenzone oder in vom Meer getrennten aber unter Meereswassereinfluss stehenden sogenannten anchialinen Hohlen Eigentliche marine im Meer lebende Arten kommen aber nicht vor Die Familie ist mit 433 susswasserbewohnenden Arten die artenreichste Familie der im Susswasser lebenden Garnelen allerdings kommen hier ausserdem vor die Familie Palaemonidae vor allem mit der artenreichen Gattung der Grossarmgarnelen Macrobrachium mit etwa 300 Arten vier kleine artenarme Familien und funf Vertreter der uberwiegend marinen Alpheidae 2 so dass bei weitem nicht jede im Susswasser lebende Garnele dieser Familie zugehort Der deutsche Name Susswassergarnelen sollte also mit Vorsicht verwendet werden SusswassergarnelenYamatonuma Garnele Caridina multidentata SystematikKlasse Hohere Krebse Malacostraca Ordnung Zehnfusskrebse Decapoda Unterordnung PleocyemataTeilordnung CarideaUberfamilie AtyoideaFamilie SusswassergarnelenWissenschaftlicher Name der UberfamilieAtyoideade Haan 1849Wissenschaftlicher Name der FamilieAtyidaede Haan 1849 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Biologie und Okologie 3 Verbreitung 4 Systematik und Evolution 5 Atyiden in der Aquaristik 6 Gefahrdung 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 WeblinksMerkmale BearbeitenEs handelt sich um kleine bis mittelgrosse Krebse grosse Arten etwa aus der Gattung Atya erreichen 12 Zentimeter Korperlange Die meisten Arten sind aber nur etwa einen bis zwei Zentimeter lang und oft durchsichtig oder durchscheinend Ihr Carapax tragt vorn fast immer ein langes und gezahntes unbewegliches Rostrum bei einigen Gattungen ist es rudimentar oder ruckgebildet Die Mandibel tragt niemals einen Taster Palpus Die gestielten Komplexaugen konnen bei Arten die in unterirdischen Gewassern leben auch fehlen Die ersten Antennen tragen immer zwei Geisseln ohne Nebengeisseln Von den funf Paar Schreitbeinen Peraeopoden des Rumpfabschnitts tragen die ersten beiden eine Schere Chela die hinteren besitzen Klauen die oft kammformig eingeschnitten sind Obwohl die Beinlange meist nach hinten hin zunimmt sind die letzten drei Beinpaare nie auffallig verlangert Ihr Carpus ist regelmassig deutlich kurzer als der Propodus Die Gestalt der Scheren der ersten beiden Peraeopoden ist charakteristisch fur die Familie Diese sind relativ klein und untereinander in etwa gleich gross An der Spitze beider Glieder tragen sie ein Borstenbuschel das in Ruhelage an einen Malpinsel erinnert Beim Offnen der Schere werden die Borsten abgespreizt und bilden eine facherformige Struktur mit der die Tiere Nahrung von der Oberflache zusammenkehren oder aus dem Wasser filtrieren Ein ahnlicher Pinsel kommt auch bei Xiphocaris der einzigen Gattung der Familie Xiphocarididae vor Der Exopodit der aussere Ast des Spaltbeins der Peraeopoden ist bei vielen Gattungen ganz oder teilweise reduziert oft besitzen nur noch die ersten zwei oder drei Beinpaare einen Exopoditen Ausserdem tragen die ersten drei Beinpaare meist einen streifenformigen Epipoditen Der Lebenszyklus der Atyidae umfasst bei den meisten Arten einen von zwei Typen 3 Viele Arten besitzen grosse dotterreiche Eier aus denen gleich bodenlebende Jungtiere schlupfen diese Gruppe umfasst die meisten der Susswasserarten Eine zweite Gruppe besitzt sehr kleine Eier aus denen planktonisch lebende Zoea Larven ausschlupfen Bei diesen entwickeln sich die Larven oft im Brackwasser auch wenn die adulten Krebse susswasserlebend sind ein besonderer Lebenszyklus der als Amphidromie bezeichnet wird 4 Biologie und Okologie BearbeitenArten der Familie Atyidae treten in einer Vielzahl unterschiedlicher Gewasser auf Viele Arten leben in Stillgewassern wie Seen andere sind an Fliessgewasser adaptiert darunter eine Reihe von Arten in schnell stromenden Gebirgsbachen sogar aus Wasserfallen wird eine spezialisierte Art angegeben Viele Arten sind Grundwassertiere im Karst oder angepasst an Hohlengewasser stygobiont bzw troglobiont zum Beispiel die europaischen Gattungen Troglocaris und Gallocaris die indonesische Marosina oder die australischen Stygiocaris und Pycnisia Andere besitzen Populationen sowohl in Hohlen wie auch in Oberflachengewassern troglophile Arten Die meisten Susswassergarnelen fressen Detritus den sie mit den Fachern an ihren Scheren aus dem freien Wasser fangen oder vom Boden und von Wasserpflanzen auflesen Der Biologe Geoffrey Fryer hat die Nahrungsaufnahme bei einer Reihe sympatrisch vorkommender karibischer Arten im Detail untersucht 5 Arten wie Atya innocous bewegen stehend oder haufiger langsam vorwarts schreitend alle vier Scheren vor sich uber das Substrat Wenn die Schere Bodenkontakt erlangt wird sie geoffnet wobei der Borstenfacher aufgeklappt wird Sie wird dann uber die Steinoberflache gezogen am Ende des Weges der Facher wieder eingeklappt Der Facher besteht aus groberen zahnformigen Borsten die das Periphyton von der Oberflache kratzen oder feinen Pflanzendetritus vor allem zerkleinertes Falllaub aufwirbeln und feinen Filterborsten dahinter die das Material auffangen Die Scheren mit geschlossenem Facher werden zum Mund gefuhrt wo die Mundwerkzeuge und Maxillipeden das Material aufnehmen Daneben sind die Tiere in der Lage passiv zu filtrieren indem sie den Borstenfacher in die Wasserstromung halten und treibendes Material auffangen Verbreitung BearbeitenDie Familie ist weltweit verbreitet Auffallend ist dass auch isolierte ozeanische Inseln vulkanischen Ursprungs also ohne eine alte Verbindung zum Festland wie Hawaii eigene Susswasserarten besitzen In einigen Fallen so bei karibischen Arten 6 konnte wahrscheinlich gemacht werden dass Arten zwischen verschiedenen Inseln durch die amphidromen Zoea Larven bei diesen Arten steigen die Larven in Fliessgewassern in die Mundung ab und leben im Brack oder Seewasser die Jungkrebse steigen wieder in Susswasserhabitate auf ausgetauscht werden konnen Sie ist am artenreichsten in den Tropen einige Arten dringen aber bis in kuhl gemassigte Breiten vor Ihr Mannigfaltigkeitszentrum liegt im tropischen Ostasien 2 7 Besonders artenreich sind die alten Seen der Insel Sulawesi die Philippinen Sudchina Weitere Zentren bilden die Insel Madagaskar und der Tanganjikasee in Afrika mit den Gattungen Limnocaridina und Caridella Europa ist artenarm besiedelt die meisten europaischen Arten sind hohlenbewohnende trogobionte Arten etwa der Gattung Troglocaris in den Karstgebieten des Balkans In Deutschland kommt die Art Atyaephyra desmarestii vor Sie ist im 19 Jahrhundert aus den Mittelmeerlandern kommend zuerst im Stromgebiet des Rheins heimisch geworden und hat sich dann bis nach Ostdeutschland und Osterreich verbreitet Das drei Zentimeter lange in stehenden verkrauteten Gewassern lebende Tier ist wegen seiner Durchsichtigkeit bzw Transparenz nur schwer zu sehen Systematik und Evolution BearbeitenDer Familie wird allgemein ein hohes geologisches Alter zugeschrieben Sie stammt mindestens aus der Kreide aus dieser liegen die altesten fossilen Arten vor moglicherweise aber bereits aus dem Erdaltertum Schon die altesten fossilen Funde stammen aus Susswasser Sedimenten Ihre Schwestergruppe ist nach genetischen und morphologischen Daten die kleine Familie Xiphocarididae die fruher in die Atyidae einbezogen worden ist Ihre Position innerhalb der Teilordnung Caridea ist ansonsten nicht gesichert 8 Die Phylogenie der Atyidae wurde im Jahr 2012 durch eine phylogenomische Studie untersucht 3 Demnach zerfallt die Familie in drei Kladen Keine davon entspricht einer der Unterfamilien die der niederlandische Biologe Lipke Bijdeley Holthuis fur die Familie vorgeschlagen hatte Die Unterfamilien waren schon vorher bezweifelt worden sie wurden im Artenkatalog von 2011 1 bereits nicht mehr verwendet Die Familie wird daher aktuell nicht mehr in Unterfamilien gegliedert Bei der Untersuchung erwies sich die nordamerikanische in kalifornischen Gewassern lebende Gattung Syncaris als basalste Linie Eine zweite Klade umfasst die fruhere Unterfamilie Paratyinae zusammen mit einigen Gattungen aus anderen Unterfamilien die dritte die Gattungen der fruheren Unterfamilien Atyinae und die meisten Caridellinae diese waren nicht gegeneinander abgrenzbar Die artenreichste Gattung Caridina erwies sich als polyphyletisch d h sie ist eine kunstlich abgegrenzte Gruppierung Demnach gibt es keine weltweit verbreiteten Gattungen mehr Der Ursprung der Familie liegt vermutlich in Ostasien der atlantische Raum wurde in drei unabhangigen Wellen kolonisiert dabei entsprechen sich die Fauna ostlich und westlich des Atlantiks In Europa kommen folgende Gattungen vor Atyaephyra Dugastella eine Art Dugastella valentina mit isoliertem inselfomigem Vorkommen in Valencia Spanien eine zweite Art in Marokko Gallocaris monotypische Gattung einzige Art Gallocaris inermis in Hohlen und Karstgewassern Sudfrankreichs Troglocaris in Hohlen und Karstgewassern des Balkans Artenzahl wegen zahlreicher Kryptospezies unklar Typhlatya zwei Arten 9 10 11 im sudwestlichen Mittelmeergebiet Spanien und Frankreich weitere ausgewahlte Gattungen Antecaridina Atya Riesenfachergarnelen z B Blaue Monsterfachergarnele Atya gabonensis Atyopsis Fachergarnelen z B Molukken Fachergarnele Atyopsis moluccensis Caridina Edoneus Halocaridina Haminaea Jolivetya Kalriana Neocaridina Paracaridina Paratya Pycnisia SyncarisAtyiden in der Aquaristik BearbeitenIn den letzten Jahren hat die Haltung von Garnelen in Susswasser Aquarien stark zugenommen Dies ist zum Teil auf den japanischen Aquarianer und Fotografen Takashi Amano zuruckzufuhren der mit seinen Buchern die Haltung von Garnelen aus der Gattung Caridina popular gemacht hat Er pflegte insbesondere die Yamatonuma Garnele Caridina multidentata zur Algenbekampfung die deshalb im Handel haufig als Amano oder Algen Garnele angeboten wird Weitere Atyidae die im Fachhandel erhaltlich sind gehoren zur Gattung der Fachergarnelen Atyopsis Nicht zu den Atyidae gehoren die Glasgarnelen Macrobrachium Sie leben zwar auch im Susswasser gehoren aber zur Familie der Felsen und Partnergarnelen Palaemonidae Es sind mittlerweile zahlreiche Arten und Formen erhaltlich Gerade die Zwerggarnelen erfreuen sich dabei steigender Beliebtheit Hier ein Auszug der bekannten Arten Kristallrote Zwerggarnele Tigergarnele Blaue Tigergarnele Yamatonuma Garnele Red Fire Garnele Weissperlengarnele White Pearl Blue Pearl Grune Zwerggarnele Gefahrdung BearbeitenNach einer aktuellen globalen Abschatzung 2 der Gefahrdung aller im Susswasser lebender Garnelenarten sind mehr als ein Drittel der Arten 37 Prozent der Familie Atyidae vom Aussterben bedroht Die Zahl der bedrohten Arten konnte sogar noch hoher liegen weil uber viele Arten nur unzureichende Daten vorliegen data deficient Wichtigste Gefahrdungsursache sind Gewasserverschmutzung und Bedrohung durch eingeschleppte invasive Arten viele sind ausserdem durch Eingriffe in die Hydrologie zum Beispiel durch Staudammbau und durch Bergbau bedroht Sieben Arten sind bedroht durch exzessives Sammeln in Wildbestanden fur den Aquarienhandel Mindestens vier Arten sind hochstwahrscheinlich bereits ausgestorben davon drei aus China und eine aus der Karibik Literatur BearbeitenHans Eckhard Gruner Klasse Crustacea In H E Gruner M Moritz W Dunger Hrsg Lehrbuch der speziellen Zoologie begrundet von Alfred Kaestner Band I Wirbellose Tiere 4 Teil Arthropoda ohne Insecta 4 Auflage 1993 Gustav Fischer Verlag Jena ISBN 3 334 60404 7 Seite 984 L B Holthuis The recent genera of the Caridean and Stenopodidean shrimps Class Crustacea Order Decapoda Supersection Natantia with keys for their determination Zoologische Verhandelingen Leiden 26 1955 157 SeitenEinzelnachweise Bearbeiten a b S De Grave amp C H J M Fransen 2011 Carideorum Catalogus The Recent Species of the Dendrobranchiate Stenopodidean Procarididean and Caridean Shrimps Crustacea Decapoda Zoologische Mededelingen Leiden 85 9 195 589 a b c Sammy De Grave Kevin G Smith Nils A Adeler Dave J Allen Fernando Alvarez Arthur Anker Yixiong Cai Savrina F Carrizo Werner Klotz Fernando L Mantelatto Timothy J Page Jhy Yun Shy Jose Luis Villalobos Daisy Wowor 2015 Dead Shrimp Blues A Global Assessment of Extinction Risk in Freshwater Shrimps Crustacea Decapoda Caridea PLoS ONE 10 3 e0120198 doi 10 1371 journal pone 0120198 a b Kristina von Rintelen Timothy J Page Yixiong Cai Kevin Roe Bjorn Stelbrink Bernard R Kuhajda Thomas M Iliffe Jane Hughes Thomas von Rintelen 2011 Drawn to the dark side A molecular phylogeny of freshwater shrimps Crustacea Decapoda Caridea Atyidae reveals frequent cave invasions and challenges current taxonomic hypotheses Molecular Phylogenetics and Evolution 63 82 96 doi 10 1016 j ympev 2011 12 015 Raymond T Bauer 2013 Amphidromy in shrimps a life cycle between rivers and the sea Latin American Journal of Aquatic Research 41 4 633 650 doi 10 3856 vol41 issue4 fulltext 2 G Fryer 1977 Studies on the Functional Morphology and Ecology of the Atyid Prawns of Dominica Philosophical Transactions of the Royal Society of London Series B BiologicalSciences 277 No 952 57 129 JSTOR 2417643 Timothy J Page Benjamin D Cook Thomas von Rintelen Kristina von Rintelen Jane M Hughes 2008 Evolutionary relationships of atyid shrimps imply both ancient Caribbean radiations and common marine dispersals Journal of the North American Benthological Society 27 1 68 83 doi 10 1899 07 044R 1 S De Grave Y Cai A Anker 2008 Global diversity of shrimps Crustacea Decapoda Caridea in freshwater Hydrobiologia 595 287 293 doi 10 1007 s10750 007 9024 2 Heather D Bracken Sammy de Grave Darryl L Felder 2009 Phylogeny of the Infraorder Caridea Based on Mitochondrial and Nuclear Genes Crustacea Decapoda In Joel W Martin 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Susswassergarnelen Ein Wikibook zur Aquarienhaltung von Susswassergarnelen Garnelenseite der Arbeitsgemeinschaft Wirbellose Tiere der Binnengewasser AGW Garnelen net Susswassergarnelen im Portrat Garnelenkrankheiten deNormdaten Sachbegriff GND 4183993 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Susswassergarnelen amp oldid 238725695