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Das Richmodis Haus ist ein Geschaftshaus in der Kolner Altstadt Nord am Neumarkt 8 10 Ecke Richmodstrasse 2 Eine Besonderheit dieses Hauses mit einer Werksteinfassade ist der 1928 erneuerte achteckige Richmodis Turm bei dem zwei Pferdekopfe aus dem oberen Fenster schauen Diese Pferdekopfe gehen auf die alte Kolner Richmodis Sage uber Richmodis von Aducht zuruck Richmodis Haus KolnInhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 1 1 Mittelalter 1 2 Grunderzeit 2 Architektur 3 Neuzeit 4 Lage 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenSeine Vorgangerbauten sind bis auf das Mittelalter zuruckzuverfolgen Mittelalter Bearbeiten Am 7 Marz 1409 erwarb Johann van dem Buchel den Hof zume Heydenriche der ihn 1429 an seine vier Geschwister vererbte Graf Friedrich von Moers erwarb am 12 September 1440 das Nachbargrundstuck zum Schorensteyne Dessen Enkel verausserten den Hof 1507 an den kaiserlichen Rechenmeister Nicasius Hackeney 1 Umstritten war lange Zeit ob der Hof Heydenrich bereits 1357 von den Eheleuten Mengi nu s von Aducht und Richmodis geborene von Lyskirchen bewohnt war 2 den spateren Hauptakteuren der Richmodis Sage Dies meinten jedenfalls 1839 Friedrich Everhard von Mering und Ludwig Reischert 3 Vielmehr wohnten sie nebenan im Haus zum Papageyen Neumarkt 6 das dem Schreinsbuch zufolge seit September 1334 dem Werner von Aducht gehorte Der Kolner Patrizier Nicasius Hackeney oder Hackenay erwarb am 7 Marz 1507 den Hof Heydenrich von Burgermeister Johann von Berchem dem Enkel des Grafen Friedrich von Moers und im Dezember 1508 das Nachbargrundstuck Schor e nstein und vereinigte beide zu einem Grundstucksareal Im Auftrage Kaiser Maximilians I 4 5 6 liess er hier ein turmgeziertes Anwesen mit Erker prachtvollen Salen und Hauskapelle errichten das spater Hackeney scher Hof Nicasiushof kayserlicher Hof Caesaris palatium Casarpalast oder auch in Anlehnung an die Funktion als kaiserliche Unterkunft Palatium genannt wurde 7 Es sollte als Residenz fur den Kaiser dienen Der fast 200 Fuss 61 Meter breite dreiflugelige Palast mit einem 28 Meter hohen achtseitigen Wendeltreppenturm besass einen zum Neumarkt offenen Vorhof Es war der erste Turm dieser Art in Koln dem weitere folgten sie dienten damals uberwiegend als Statussymbol Architektonisch stand das Gebaude dessen Plane wohl von den niederlandischen Hofarchitekten stammten am Ubergang von der Spatgotik zur niederlandischen Fruhrenaissance Der Fussboden bestand aus einem reich verzierten Mosaik mit Schild und Helm 8 im Wechsel mit dem Wappen der Familie Hackeney 9 In der hofeigenen Hauskapelle hing ein 1515 von Joos van Cleve angefertigtes Altargemalde das sich heute im Wallraf Richartz Museum amp Fondation Corboud befindet 10 Der Gebaudekomplex war so umfangreich wie kein zweiter Edelsitz in Koln 11 Es gibt Hinweise auf eine Mitfinanzierung des Anwesens durch Maximilian I und die Stadt Koln 10 Bauherr Nicasius Hackeney hat wohl die langwierige Fertigstellungsphase selbst nicht mehr erlebt als er im Jahre 1518 verstarb Vielmehr durfte die Einweihung des umfangreichen Anwesens erst Anfang 1520 zu vermuten sein 12 Da Hackeney kinderlos blieb verfugte er in seinem Testament vom 12 Juni 1518 13 dass nicht seine Witwe Stinchen Hardenrath sondern sein jungerer Bruder Georg Hackeney das Anwesen erben sollte 14 Das palastartige Anwesen erfullte seine ursprungliche Funktion denn hierin ubernachtete Kaiser Karl V am 29 Oktober 1520 und 5 Januar 1531 15 Neben diesen offiziellen Besuchen weilte der Kaiser im Palast auch bei seinen zahlreichen inoffiziellen Aufenthalten So oft Kaiser Karl und Kaiser Ferdinand nach Koln kamen haben sie in dem Hackeney schen Palast gelegen 16 Lediglich am 10 Juni 1550 wohnte Karl im Haus des Burgermeisters Arnold von Siegen am Holzmarkt 17 Der Bruder von Kaiser Karl V Ferdinand I ubernachtete hier ab 5 Januar 1531 als er sich wegen seiner anstehenden Wahl zum romisch deutschen Konig in Koln aufhielt Auf der Kolner Stadtansicht von 1531 des Anton Woensam ragt der Turm des Palastes als C Pallacivs vor St Aposteln in den Kolner Himmel und auf der Kolner Stadtansicht von 1570 des Arnold Mercator tragt die benachbarte Strasse die Bezeichnung Casius gass nach Nicasius Das Gebaude fand mehrfach Erwahnung in zeitgenossischen Darstellungen so etwa in den Aufzeichnungen des Hermann von Weinsberg und im Loblied auf Koln von Johann Haselberg aus dem Jahr 1531 Das hauss was bawen von grosem luscht Des Keysers hoff heischt es nit vmb sunst Ein zierlicher durn darinnen stath Da vber siecht man die gantzen stat 18 Nach der Erbschaft durch Georg Hackeney wechselten die Eigentumsverhaltnisse haufig Georg verstarb im Jahre 1524 und die drei Nichten des Nicasius walteten hier 19 seit dem 8 August 1583 sind Cathrine Hackeney ihre Tochter und Ulrich Klippinck zu je einem Drittel Eigentumer am 1 Marz 1589 ist mit Sibilla Hackeney daneben Johannes und Constantin von Lyskirchen letztmals das Anwesen im Besitz der Familie Hackeney grundbuchlich vermerkt Die beiden Pferdekopfe im Turm sind fruhestens seit 1687 bezeugt werden jedoch in einer Zeichnung aus 1858 im Fenster vom Haus am Neumarkt Nr 10 gezeigt Die holzernen Pferdekopfe des Neugotikers Christoph Stephan 1797 1864 20 verbrannten im Zweiten Weltkrieg Der ostliche Teil diente 1725 bis 1737 als Wohnung des papstlichen Nuntius Zur Zeit der franzosischen Besatzung erhielt dieser einen Kasinosaal bereits seit dem 18 Jahrhundert sind weitestgehende Erneuerungen des Gebaudes verzeichnet 7 Grunderzeit Bearbeiten nbsp Neumarkt 8 Gasthof Englischer Hof 1822 nbsp Neumarkt 10 Prager Hof 1824 nach Vogt wohl stark phantastische malerische Zeichnung In der Franzosenzeit erhielt der Gesamtkomplex ab 1798 die Hausnummern 4798 heute Neumarkt 10 und 4799 Neumarkt 8 Die zwei Hausnummern wiesen auf eine Teilung des Anwesens mit derart wesentlichen baulichen Veranderungen hin dass die ursprungliche architektonische Gestaltung nicht mehr erkennbar ist 21 Zu den Umbauten des 18 Jahrhunderts im Inneren kam 1837 eine klassizistische Fassade Im linken Teil gab es seit etwa 1800 den Gasthof Zur Stadt Prag Nr 4798 der Eheleute Selb wahrend der rechte Teil seit Marz 1823 das Hotel Zum Englischen Hof Nr 4799 des Hoteliers Bartholomaus Taurel beherbergte Zwischen den beiden Gebauden stand der 28 m hohe Treppenturm Vor der Erneuerung des Turmes gehorte der Richmodisturm zu einem von zwei noch erhaltenen so genannten Ritterturmen 22 die besonders im 15 und 16 Jahrhundert auch in Privathauser integriert wurden Den Turm des Nicasiushofes verzierten die Wappen der Habsburger Kaiser und die des Erbauers Der Englische Hof war auch die Unterkunft fur viele Englander so wohl auch fur den englischen Maler Samuel Prout Seine Lithografie des Anwesens entstand auf einer seiner vielen Reisen Der Prager Hof wurde 1836 wegen des Baus der Richmodstrasse abgerissen Joseph Felten errichtete 1837 das mit den Vorgangerbauten nicht mehr vergleichbare viel kleinere Richmodis Haus in Nr 8 10 23 wo am 6 Januar 1838 der Komponist Max Bruch zur Welt kam der im Marz 1852 die von ihm komponierte erste Sinfonie f Moll der Offentlichkeit vorstellte 24 Dieses Gebaude samt Turm wurde im Jahre 1928 niedergelegt Das Areal gehorte inzwischen der Firma P G Heuser s Sohne die den Architekten Paul Bonatz mit der Erhaltung der ehemaligen Fassade und dem Neubau eines Turmes beauftragte Der Komplex wurde 1929 fertiggestellt Der Architekt gab dem neuen Bau eine geschickte Gliederung die ihn einmal viel kleiner und dann fast gotisch anmuten liess eine Bezugnahme auf den sagenumwobenen Ursprungsbau wie der Architekturhistoriker Wolfram Hagspiel anmerkte 25 Mindestens seit 1905 waren in dem Gebaude die Geschaftsraume der Firma Heuser s Sohne Manufakturgrosshandlung untergebracht 26 Mehrfach wurden bereits in dieser Zeit einzelne Gebaudeteile rekonstruiert Nach der Rekonstruktion waren in dem Gebaude mindestens seit 1930 die Gebr Alsberg AG Warenhausgesellschaft die Gebruder Alsberg Textilgrosshandlung und die Einkaufszentrale der Leonhard Tietz AG untergebracht 27 nbsp RichmodisturmArchitektur BearbeitenDer ursprunglich dreiflugelige Bau umschloss einen Vorhof am Neumarkt Beide Flugel waren mit Zinnen und Eckwarten verziert Charakteristisches Bauelement war ein dreiseitiger Erker zum Neumarkt dessen Schlussstein des inneren Gewolbes mit dem Hackeneyschen Wappen einem springenden Ross verziert war Seitlich zur Olivengasse hin war eine kleine Kapelle angebaut Ein 103 Fuss hoher Turm mit einem geschweiften Turmhelm der die Hofanlage bekronte trug als Verzierung das kaiserliche Wappen Im ersten Stock befanden sich die 4 m hohen Reprasentationsraume mit zum Teil prunkvollen Kaminen und mit Glasmalereien verzierten Oberlichtern nbsp Auf dem Kupferstich von 1650 wird die Richmodis Legende dargestellt die sich an das gegenuberliegende Haus Zum Papageien knupft Oben links ist der Hackeneysche Hof abgebildet nbsp Darstellung des Richmodisturmes Bildmitte auf dem Mercator Plan von 1571 nbsp Neumarkt mit dem Richmodisturm rechts Vorgangerbau 1903 nbsp Richmodishaus vor 1911 Neuzeit BearbeitenDas im Zweiten Weltkrieg fast vollig zerstorte Richmodis Haus wurde nach seinem Wiederaufbau mehrfach renoviert die verbliebenen Reste Turm und Teile der Fassade sowie die Gedenktafel fur Max Bruch stehen seit dem 29 Januar 1986 unter Denkmalschutz Denkmalnummer 3421 28 Die heutigen Pferdekopfe am Treppenturm stammen aus dem Jahr 1958 und wurden vom Bildhauer Wilhelm Muller Maus gestaltet 29 30 Am 2 Oktober 1989 begann man mit weiteren Umbauarbeiten die 1991 endeten Seit Oktober 1990 beherbergte das Richmodis Haus das Modehaus SinnLeffers das im Februar 2010 insolvenzbedingt schloss Neue Mieter sind heute unter anderem TK Maxx Gries Deco Holding Depot und Lidl Weitere Umbauarbeiten fuhrten 2011 zu einer Erneuerung der Natursteinfassade mit Ettringer Tuff Lage BearbeitenDas heutige Richmodis Haus liegt am Neumarkt 8 10 in der Nahe befindet sich die Einkaufsstrasse Schildergasse Die Stadtbahn Koln bedient den naheliegenden U Bahnhof Neumarkt und die oberirdischen Haltestellen auf dem Neumarkt Literatur BearbeitenHans Vogts Die Kunstdenkmaler der Stadt Koln Die profanen Denkmaler Die Kunstdenkmaler der Rheinprovinz 7 Band IV Abteilung L Schwann Dusseldorf 1930 S 517 522 Nachdruck Padagogischer Verlag Schwann Dusseldorf 1980 ISBN 3 590 32102 4 Hans Vogts Das Kolner Wohnhaus bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts Rheinischer Verein fur Denkmalpflege und Heimatschutz Jahrbuch 1964 65 Gesellschaft fur Buchdruckerei Neuss 1966 2 Bande Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Richmodishaus und Richmodisturm Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien bilderbuch koeln de Turm des Richmodishauses und Fassadenreste Memento vom 18 August 2017 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Hans Vogts Weltliche Bauten im alten Koln in Konrad Adenauer Hrsg Deutschlands Stadtebau Koln II Auflage DARI Berlin Halensee 1925 S 89 Johann Jakob Merlo Die Familie Hackeney zu Koln ihr Rittersitz und ihre Kunstliebe Du Mont Schauberg 1863 S 37 google de abgerufen am 17 Juli 2022 Fried Ev von Mering Ludwig Reischert Zur Geischichte der Stadt Koln am Rhein von ihrer Grundung bis zur Gegenwart J W Dietz 1839 S 11 google de abgerufen am 17 Juli 2022 Kolnisches Stadtmuseum Selbstbewusstes Burgertum Abgerufen am 2 November 2020 Thesy Teplitzky Geld Kunst Macht Eine Kolner Familie zwischen Mittelalter und Renaissance Greven Verlag Koln 2012 ISBN 978 3 7743 0604 2 S 24 Dr Leonard Ennen Geschichte der Stadt Koln meist aus den Quellen des Kolner Stadt Archivs 3 Band L Schwann sche Verlagshandlung Koln und Neuss 1869 S 1013 a b Hans Vogts Die Kunstdenkmaler der Stadt Koln Die profanen Denkmaler Die Kunstdenkmaler der Rheinprovinz 7 Band IV Abteilung L Schwann Dusseldorf 1930 S 517 522 Nachdruck Padagogischer Verlag Schwann Dusseldorf 1980 ISBN 3 590 32102 4 Gisela Matthes Der Lettner von St Maria im Capitol zu Koln von 1523 1967 S 67 Thesy Teplitzky Geld Kunst Macht Eine Kolner Familie zwischen Mittelalter und Renaissance Seite 30 31 Greven Verlag Koln 2012 ISBN 978 3 7743 0604 2 S 30 31 a b Dieter Herion Als uber Koln noch Hexen flogen und andere historische Geschichten uber beruhmte Kolner Zweite erweiterte Auflage mit Vorwort von Prof Hiltrud Kier BoD Books on Demand 2008 ISBN 978 3 8334 8775 0 S 137 google de abgerufen am 17 Juli 2022 Johann Jakob Merlo Die Familie Hackeney zu Koln ihr Rittersitz und ihre Kunstliebe Du Mont Schauberg 1863 S 40 google de abgerufen am 17 Juli 2022 Architekten und Ingenieurverein fur Niederrhein und Westfalen Koln und seine Bauten 1984 S 140 Johann Jakob Merlo Die Familie Hackeney zu Koln ihr Rittersitz und ihre Kunstliebe M DuMont Schaubergsche Buchhandlung Koln 1863 S 55 Gisela Matthes Der Lettner von St Maria im Capitol zu Koln von 1523 1967 S 9 f Johann Jakob Merlo Die Familie Hackeney zu Koln 1863 S 61 Leonard Ennen Geschichte der Stadt Koln 1875 S 572 Hermann von Weinsberg Das Buch Weinsberg J P Bachem Verlag Koln 1990 ISBN 3 7616 1019 X S 213 Koln im Jahre 1531 Das Lobgedicht Johann Haselbergs auf die Stadt Koln von J J Merlo Digitalisat auf Wikisource Helmut Signon Wie war zu Koln es doch vordem 1972 S 142 Peter Bloch Skulpturen des 19 Jahrhunderts im Rheinland Schwann 1975 ISBN 978 3 590 30231 0 S 24 google de abgerufen am 17 Juli 2022 Johann Jakob Merlo Die Familie Hackeney zu Koln 1863 S 41 Hans Vogts Weltliche Bauten im alten Koln in Konrad Adenauer Hrsg Deutschlands Stadtebau Koln II Auflage DARI Berlin Halensee 1925 S 86 87 Gunter Meissner Allgemeines Kunstlerlexikon 2003 S 128 Peter Fuchs Hrsg Chronik zur Geschichte der Stadt Koln Band 2 1991 S 142 Wolfram Hagspiel Grossbauten und Privathauser 1927 bis 1933 in Koln Seine Bauten 1928 1988 Herausgegeben vom Architekten und Ingenieurverein Koln e V von 1875 Bearb und zusammengestellt von Heribert Hall J P Bachem Verlag Koln 1991 ISBN 3 7616 1074 2 S 70 Adressbuch fur die Stadt Koln 1905 Kolner Adressbuchverlag Anton Carl Greven Koln 1905 III Teil S 343 Adressbuch fur die Stadt Koln 1930 Kolner Adressbuchverlag Anton Carl Greven Koln 1930 IV Teil S 467 Turm des Richmodishauses und Fassadenreste Memento vom 18 August 2017 im Internet Archive Text der Unterschutzstellung des Stadtkonservators auf bilderbuch koeln de abgerufen am 18 August 2017 Beatrix Alexander Bild der Woche E jot Pad es Jold wat 1 In museenkoeln de Oktober 2008 abgerufen am 17 Juli 2022 Kolner Sagen und Geschichten von Yvonne Plum Bachem Verlag Koln 2009 ISBN 978 3 7616 2289 6 50 936791265278 6 9480049611111 Koordinaten 50 56 12 4 N 6 56 52 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richmodis Haus amp oldid 238580320