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Der Reiter Rampin ist ein in Fragmenten erhaltenes archaisches Reiterstandbild aus Inselmarmor von der Athener Akropolis Der namengebende Kopf Rampin wurde 1877 auf der Akropolis gefunden und von dem franzosischen Botschaftssekretar in Athen Georges Rampin fur seine Sammlung erworben Im Jahr 1896 vermachte er den 27 Zentimeter hohen Kopf dem Louvre in Paris wo er unter der Inventarnummer 3104 ausgestellt wird Im Jahr 1886 wurde westlich des Erechtheions bei der Untersuchung des Perserschutts auf der Akropolis der unvollstandige und in mehrere Fragmente gebrochene Torso samt Ansatz des Pferdekorpers gefunden der sich unter der Inventarnummer 590 im Akropolismuseum befindet Seine Hohe betragt 81 5 Zentimeter Im Jahr 1935 erkannte Humfry Payne die Zusammengehorigkeit beider Funde die er mit Hilfe eines Gipsabgusses des Kopfes in Athen uberprufte Das Ergebnis publizierte er 1936 Der Reiter Rampin wurde um 550 v Chr von einem unbekannten aber herausragenden Kunstler geschaffen der heute den Notnamen Rampin Meister tragt Auftraggeber und Anlass der Aufstellung sind unbekannt Reiter Rampin im Akropolismuseum Kopf erganztKopf Rampin im Louvre Paris Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Datierung 3 Deutung 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenBeschreibung BearbeitenDer leicht nach vorn gebeugte Reiter halt mit seinen auf den Schenkeln abgelegten Handen die Zugel des Pferdes Die rechte Hand ist zur Faust geballt Bis auf den Ansatz des rechten Oberarmes fehlen die Arme ebenso die linke Schulter Die Beine sind nur bis etwa zur Mitte der Oberschenkel erhalten Unterhalb der breiten Schultern sind die Brustmuskeln sanft geschwungen Ein ovaler Rippenbogen der bis zu den Leisten reicht umschliesst die flach vertieften und mittig oberhalb des Nabels geteilten Pakete der Bauchmuskulatur Der Reiter ist nackt die Geschlechtsteile liegen zwischen den Schenkeln Der kaum gegliederte Rucken weist lediglich breit U formige Kerbungen zur Andeutung der Schulterblatter und eine Mulde im Bereich des Wirbelsaulenverlaufs auf Der Pariser Kopf Rampin passt nahtlos dem Torso an Er ist vorgeneigt und leicht zur Linken gewandt Die etwas vortretenden mandelformigen Augen werden durch die schmalen Grate der Augenbrauen von der glatten Stirn abgesetzt Iris und Pupillen waren aufgemalt die Farbreste in Rot und Schwarz sind noch erhalten Die Nase ist bestossen insbesondere die rechte Nasenhalfte fehlt was gleichermassen fur den Wangenknochen der rechten Seite gilt Der Mund weist das fur die Kunst archaischer Zeit typische Lacheln auf weist mit der dreieckig gebildeten Unterlippe aber formelhafte Elemente auf Von den Mundwinkeln spannt sich die Haut straff uber die Wangen In deutlichem Kontrast zu den flachigen und grossen Formen des Gesichts steht die Gestaltung des Haarschmucks Der Reiter tragt einen sauber ausrasierten Bart der im Bereich unterhalb der Unterlippe ausgespart ist und aus gleichmassig nebeneinanderliegenden Perlschnuren gebildet wird Der Bart war wie der Bereich um den Mund rot bemalt der Schnurrbart wohl aufgemalt Das peruckenartig der Schadelkalotte aufgelegte Haupthaar ist gescheitelt und fallt in Perlschnuren hinter den Ohren herab ohne die Schultern zu erreichen Die in die Stirn hangenden Perlstrahnen enden in kleinen volutenartigen Rosetten deren Einrollungen antithetisch zur Stirnmitte gerichtet sind Je zwei tiefer herabfallende Schlafenlocken vermitteln den Ubergang zum Wangenbart Hinsichtlich der aufwendigen Haargestaltung und ihrer qualitativen Umsetzung steht der Kopf Rampin isoliert da und gibt sich als Werk eines herausragenden Kunstlers zu erkennen Ein Blatterkranz umfasst das Haar oberhalb der Stirnlocken Auf der Kalotte befindet sich ein Bohrloch mit Resten eines Bleivergusses Moglicherweise war hier ein Meniskos ein Schutz gegen Vogel 1 oder ein in Metall ausgefuhrtes Attribut befestigt 2 Vom Pferd sind in getrennten und nicht anpassenden Stucken der Halsansatz ein Stuck des Mahnenhaares sowie der vordere Teil des Maules und der Nustern erhalten Sollten alle Fragmente dem Pferd des Reiters zuzuweisen sein ware der Pferdekopf mit leicht aufgerissenem Maul und geblahten Nustern nach rechts gewandt gewesen Datierung BearbeitenDie Statue steht stilistisch dem etwas alteren Kalbtrager von der Akropolis nahe und lasst sich mit einer Gruppe weiterer Werke verbinden die teils dem Rampin Meister zugeschrieben werden oder aus dessen Umfeld stammen Sie alle weisen typisch attische Gestaltungsmerkmale auf etwa das Kontrastieren von glatten Flachen mit feinen wie ziseliert wirkenden Partien Sie entstanden etwa im Jahrzehnt vor der Mitte des 6 Jahrhunderts oder bald danach Als letzte Vertreterin dieser Reihe ist die Peploskore zu nennen die allerdings erst um 530 v Chr entstanden kaum mehr ein Werk desselben Kunstlers gewesen sein durfte auch wenn die Zuweisung beider Werke an den Rampin Meister fruher verbreitet vertreten wurde Fassen lasst sich in diesen Formelementen eine in der Porosplastik Athens und somit in einem viel weicheren Material entwickelte Tradition wie sie etwa an den kleinen Porosgiebeln der Akropolis aus der 1 Halfte des 6 Jahrhunderts v Chr begegnet 3 Die Datierung des Reiters Rampin schwankt zwischen 560 v Chr 4 und 550 v Chr 5 wobei auch eine Datierung nach 546 v Chr erwogen wird 6 Deutung Bearbeiten nbsp Ruckseite des Reiters Rampin Gipsabguss im Museum of Classical Archaeology CambridgeArchaische Plastik ist im Allgemeinen konzeptionell auf Frontalitat ausgerichtet Der Reiter Rampin mit seiner Neigung zur Linken wahrend das Pferd nach rechts blickt weicht von dieser Vorgabe ab Daher hatte bereits Walter Herwig Schuchhardt im Jahr 1939 die Hypothese aufgestellt der Reiter Rampin sei Teil eines aus zwei Reiterstandbildern gebildeten Anathems gewesen wobei die Pferde einander zu die Reiter hingegen nach aussen gewandt zu rekonstruieren waren Er schlug vor in dem zu postulierenden Gruppenanathem eine Darstellung zweier historischer Personlichkeiten oder der Dioskuren zu sehen wobei er letzteres fur unwahrscheinlich hielt und fur ersteres an Hippias und Hipparchos die Sohne des athenischen Tyrannen Peisistratos dachte 7 Die Deutung als Teil eines zweifigurigen Reiteranathems fand weit verbreitete Akzeptanz zumal weitere Pferdefragmente unter den Funden dies nahezulegen schienen Die Frage nach den Dargestellten blieb hingegen umstritten Gegen die Dioskuren wurde der Blatterkranz auf dem Haupt des Reiters Rampin angefuhrt gegen die Sohne des Peisistratos vor allem die aufgrund des Stils ermittelte Zeitstellung da erst nach der Schlacht von Pallene 546 545 v Chr die Position der Peisistratiden so gefestigt war um ein derartiges Monument errichten zu konnen Zu diesem Zeitpunkt waren Hippias und Hipparchos jedoch zu jung um als bartige Manner dargestellt zu werden Herodot uberliefert zwar ihre Teilnahme an einer Schlacht als Berittene 8 doch ist deren Zeitpunkt unklar 9 Die Blatter des Kranzes auf dem Kopf des Reiters scheinen auf einen Sieger in einem hippischen Agon hinzuweisen Sie werden als Blatter des Sellerie interpretiert wie er bei den Nemeen als Ehrung vergeben wurde Der Reiter Rampin wird daher als anlasslich eines Reitersieges gestiftetes Anathem gedeutet Da eine Prufung der Fragmente die einem zweiten Reiter und dessen Pferd zugewiesen wurden 10 eine Zugehorigkeit zum selben Monument nicht mehr wahrscheinlich scheinen lasst sieht man in dem Reiter heute vorsichtiger das Einzelmonument eines vornehmen jungen Mannes aristokratischer Herkunft wie es viele auf der Athener Akropolis in archaischer Zeit gab Literatur BearbeitenJohn Boardman Griechische Plastik Die archaische Zeit Ein Handbuch Kulturgeschichte der Antiken Welt Band 5 Philipp von Zabern Mainz 1981 ISBN 3 8053 0346 7 S 92 f Abbildung 114 Mary Ann Eaverly Archaic Greek Equestrian Sculpture University of Michigan Press Ann Arbor 1995 S 21 22 73 78 Nr 1 Taf 1 4 Peter Cornelis Bol Hrsg Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst Band 1 Fruhgriechische Plastik Zabern Mainz 2002 S 203 f Werner Fuchs Josef Floren Die griechische Plastik Band 1 Die geometrische und archaische Plastik Handbuch der Archaologie Beck Munchen 1987 S 278 Marianne Hamiaux Musee du Louvre Les sculptures grecques Band 1 Des origins a la fin du IVe siecle avant J C Zweite Auflage Reunion des Musees Nationaux Paris 2001 S 88 f Kat Nr 80 Antoine Hermary Images de l apotheose des Dioscures In Bulletin de Correspondance Hellenique Band 102 1978 S 51 76 hier S 74 75 Online Jurgen Kleine Untersuchungen zur Chronologie der attischen Kunst von Peisistratos bis Themistokles Istanbuler Mitteilungen Erganzungsheft 8 Wasmuth Tubingen 1973 S 36 40 Humfry Payne Gerard Mackworth Young Archaic Marble Sculpture from the Acropolis Cresset Press London 1936 S 6 9 Taf 11 a c 124 133 3 4 Fig 1 d e Francis Prost Notes de sculpture grecque I La barbe du cavalier Rampin In Topoi Band 8 1998 S 9 29 Digitalisat Ellen Schneider Untersuchungen zum Korperbild attischer Kuroi Bibliopolis Mohnesee 1999 S 252 255 Hans Schrader Hrsg Die archaischen Marmorbildwerke der Akropolis Klostermann Frankfurt am Main 1939 S 214 225 Kat Nr 312 Taf 134 137 Chariklia Tsirivaku Neumann Zum Meister der Peploskore In Mitteilungen des Deutschen Archaologischen Instituts Athenische Abteilung Band 79 1964 S 114 126 hier S 121 126 mit Beilage 63 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Reiter Rampin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Fragmentierter Reiter Rampin in der archaologischen Datenbank Arachne Kopf einer Reiterstatue sogenannter Kopf Rampin in der archaologischen Datenbank Arachne Kopf Rampin auf der Webseite des LouvreAnmerkungen Bearbeiten So etwas Mary Ann Eaverly Archaic Greek Equestrian Sculpture University of Michigan Press Ann Arbor 1995 S 35 Brunilde S Ridgeway Birds Meniskoi and Head Attributes In American Journal of Archaeology Band 94 1990 S 583 612 hier S 599 denkt an einen Stern um den Dargestellten als Dioskur zu kennzeichnen Werner Fuchs Josef Floren Die griechische Plastik Band 1 Die geometrische und archaische Plastik Handbuch der Archaologie Beck Munchen 1987 S 278 Werner Fuchs Josef Floren Die griechische Plastik Band 1 Die geometrische und archaische Plastik Handbuch der Archaologie Beck Munchen 1987 S 278 John Boardman Griechische Plastik Die archaische Zeit Philipp von Zabern Mainz 1981 S 92 f Abbildung 114 Jurgen Kleine Untersuchungen zur Chronologie der attischen Kunst von Peisistratos bis Themistokles Istanbuler Mitteilungen Erganzungsheft 8 Wasmuth Tubingen 1973 S 37 John Boardman Griechische Plastik Die archaische Zeit Philipp von Zabern Mainz 1981 Bildunterschrift zu Abbildung 114 halt eine Datierung nach 546 v Chr nicht fur ausgeschlossen Thomas Schafer Gepickt und versteckt Zur Bedeutung und Funktion aufgerauhter Oberflachen in der spatarchaischen und fruhklassischen Plastik In Jahrbuch des Deutschen Archaologischen Instituts Band 111 1996 S 25 74 hier S 63 Anm 147 datiert um 540 v Chr Walter Herwig Schuchhardt in Hans Schrader Die archaischen Marmorbildwerke der Akropolis Klostermann Frankfurt am Main 1939 S 214 225 zur Deutung speziell S 224 f Herodot 1 62 Zur Gesamtdiskussion siehe Francis Prost Notes de sculpture grecque I La barbe du cavalier Rampin In Topoi Band 8 1998 S 9 29 Walter Herwig Schuchhardt in Hans Schrader Die archaischen Marmorbildwerke der Akropolis Klostermann Frankfurt am Main 1939 S 215 223 Akropolismuseum Inventarnummern 384 540 565 570 4112 4330 Normdaten Werk GND 1127659537 lobid OGND AKS VIAF 318148997668959870003 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reiter Rampin amp oldid 220380557