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Das Reinhardt Programm war in der Zeit des Nationalsozialismus ein wirtschaftspolitisches Sozialprogramm zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit Benannt wurde es nach Fritz Reinhardt dem damaligen Staatssekretar im Reichsfinanzministerium der federfuhrend fur die Gesetzgebung der umzusetzenden Massnahmen verantwortlich war Durch das Programm erreichte Deutschland 1936 als eines der ersten Lander nach der Weltwirtschaftskrise wieder Vollbeschaftigung Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Hintergrund 2 Gesetzesgrundlagen 3 Inhalte 4 Nachbetrachtung 5 EinzelnachweiseHistorischer Hintergrund BearbeitenAufgrund der Weltwirtschaftskrise hatte sich in Deutschland bis 1932 die Zahl der Arbeitslosen auf 6 120 000 erhoht Im Auftrage der Reichsregierung wurden als Gegenmassnahmen im Reichsfinanzministerium verschiedene Programme entwickelt Dabei waren Okonomen und Theoretiker der marxistischen Linken wie Rudolf Hilferding aber auch konservative Finanzexperten wie Arthur Zarden und allen voran Heinrich Bruning gegenuber Forderungen der Arbeitsbeschaffung eher skeptisch und der finanziellen Orthodoxie zugeneigt 1 Unter dem Eindruck der vorausgegangenen Hyperinflation waren sie bemuht die Wahrung durch eine Sparpolitik zu starken was neben der steigenden Arbeitslosigkeit mit gravierenden sozialen Harten Steuererhohungen und tiefen Einschnitten in die sozialen Sicherungssysteme verbunden war Dabei gingen die Vertreter der Sparpolitik von der Notwendigkeit aus den Staatshaushalt ausgeglichen zu halten weil der Kapitalmarkt zur Finanzierung eines Defizits nicht zur Verfugung stand Letztlich erwiesen sich diese Massnahmen als krisenverscharfend 2 Auf der anderen Seite empfahlen dem Keynesianismus zugeneigte Finanzexperten Okonomen und Politiker wie Franz Hochstetter Wilhelm Lautenbach Fritz Reinhardt Carl Schmitt oder Franz von Papen wirtschaftspolitische Anreize zu schaffen die darauf ausgerichtet waren die Nachfrage nach Gutern und Dienstleistungen zu steuern und bei Bedarf die Wirtschaft durch vermehrte Staatsausgaben sowie durch expansive Geldpolitik zu beleben 3 Tatsachlich erliess das Kabinett Papen am 14 Juli 1932 eine Notverordnung mit der erstmals aktive Schritte dieser Konjunkturpolitik eingeleitet wurden Damit begann die Umsetzung erster Arbeitsbeschaffungsprogramme wie der Ausbau von Strassen die Begradigung von Wasserwegen Zuschusse fur Meliorationsarbeiten sowie subventionierte Schiffsbau und Abwrackarbeiten Parallel sollten private Unternehmen mittels sogenannter Steuergutscheine steuerlich entlastet werden 4 Die Streckung der Massnahmen uber einen langeren Zeitraum hinweg verhinderte ein baldiges positives Ergebnis die Fruchte der Programme erntete die Regierung Hitler 4 Wahrend zur gleichen Zeit Franklin D Roosevelt in den USA sein expansives Arbeitsbeschaffungsprogramm den New Deal ankundigte erzielte in Deutschland Hitler bei den Wahlen im Juli 1932 durch sein Versprechen die Arbeitslosigkeit abzubauen den endgultigen Durchbruch Tatsache ist dass nur die NSDAP mit einem Programm massiver reflationarer Kreditausweitung und Arbeitsbeschaffung auftrat und so ihren Stimmenanteil mit 37 3 mehr als verdoppeln konnte Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten tauschte dann Reichsminister der Finanzen Schwerin von Krosigk nach personlicher Intervention Hitlers den judischen Staatssekretar im Reichsfinanzministerium Arthur Zarden mit dem NSDAP Finanzexperten Fritz Reinhardt aus 5 Inspiriert von John Maynard Keynes und dessen Idee einer finanzpolitischen Wirtschaftssteuerung begann der neue Staatssekretar umgehend mit der Umsetzung des nach ihm benannten Arbeitsbeschaffungsprogramms Gesetzesgrundlagen BearbeitenDas Reinhardt Programm enthielt Gesetzgebungen zur Arbeitsbeschaffung der Steuererleichterung und verschiedene Bestimmungen uber den Einsatz von Arbeitskraften Als Start kann der 1 Juni 1933 betrachtet werden An diesem Tag trat das Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit 6 in Kraft in welchem der Reichsminister der Finanzen ermachtigte wurde eine Milliarde Reichsmark zur wortlich Forderung der nationalen Arbeit auszugeben Am 21 September 1933 folgte das Zweite Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit 7 mit nochmals 500 Millionen Reichsmark und am 16 Oktober 1934 das Steueranpassungsgesetz nebst zehn weiteren Steuergesetzen Damit hatte das Reinhardt Programm ein finanzielles Volumen von 1 5 Milliarden Reichsmark was heute rund 10 Milliarden Euro entsprechen wurde 8 Inhalte BearbeitenIn der Bevolkerung erregten diese Reformen grosses Aufsehen weil damit neben der Schaffung von Arbeitsplatzen erhebliche Steuerentlastungen verbunden waren 9 Jungvermahlte erhielten ein zinsloses Ehestandsdarlehen fur die Beschaffung von Hausrat in Hohe von bis zu 1 000 Mark In einem erheblichen Umfang wurden die Einkommen Umsatz Kraftfahrzeug und Grundsteuer gesenkt die Korperschaftssteuer stieg hingegen von 20 auf 40 Steuerbefreiungen gab es fur private Eigenheimbauer und Besitzer von Kleinwohnungen Sehr grosse Vergunstigungen wurden der Landwirtschaft gewahrt 10 Konkrete staatliche Auftrage ergingen fur Instandsetzungs und Erganzungsarbeiten an offentlichen Gebauden fur den sozialen Wohnungsbau fur Bruckenbauten fur Flussregulierungen den Bau der Reichsautobahn usw 11 Um den Effekt zu erhohen wurden Regelungen uber den Einsatz von Arbeitskraften erlassen Beispielsweise durften erhohte Arbeitsauftrage nicht zu einer Verlangerung der Arbeitszeit fuhren Fur derartige Mehrarbeit sollten Neueinstellungen vorgenommen werden darunter mussten mindestens 80 Arbeitslose sein Maschinen die durch Neuinvestitionen ersetzt wurden sollten verschrottet werden damit sie nicht anderweitig verwendet werden konnten 12 Nachbetrachtung BearbeitenMit dem Reinhardt Programm hatte Deutschland 1936 die Weltwirtschaftskrise uberwunden als eines der ersten Lander wieder Vollbeschaftigung erreicht und das Vorkriegsniveau der Produktion von 1914 uberschritten 13 Es gilt heute als unumstritten dass aufgrund dieser Steuerreformen und Beschaftigungsprogramme ein enormer Konjunkturaufschwung einsetzte Die zwischen 1933 und 1935 verfolgte Steuerpolitik fuhrte bei den Burgern zu Steuererleichterungen in Hohe von insgesamt 1 75 Milliarden Mark Durch die damit verbundene Starkung der Kaufkraft stiegen im gleichen Zeitraum die Steuereinnahmen um zusatzlich 5 4 Milliarden Reichsmark 14 Ob oder in welchem Masse das Reinhardt Programm von Kriegsvorbereitungen inspiriert war ist unter Historikern umstritten De jure und de facto knupften die Planungen der Steuer und Arbeitsbeschaffungsgesetze im Reichsfinanzministerium unmittelbar an die Vorarbeiten der Weimarer Republik an Fast alle der neu eingefuhrten Elemente der NS Steuerpolitik waren nichts anderes als eine Fortsetzung der Weimarer Steuerpolitik und sind deshalb als Ausbau und nicht als revolutionare Umgestaltung der Nationalsozialisten zu sehen 15 Einzelnachweise Bearbeiten Gerhard Schulz Von Bruning zu Hitler Der Wandel des politischen Systems in Deutschland 1930 1933 Walter de Gruyter 1992 S 817 ff Rudolf Morsey Entstehung Authentizitat und Kritik von Brunings Memoiren 1918 1934 Westdeutscher Verlag 1975 S 22 ff Mark Skousen The big three in economics Adam Smith Karl Marx and John Maynard Keynes Armonk 2007 121 a b Andre Bastisch Das Arbeitsbeschaffungsprogramm unter Hitler Der Abbau der Massenarbeitslosigkeit im Dritten Reich von 1933 1936 Diplomica Verlag 2014 S 21 ff Hans Georg Glasemann Die Steuergutscheine des Reichsfinanzministeriums 1932 bis 1945 Finanzgeschichte und Katalog Books on Demand 2009 S 5 https alex onb ac at cgi content alex aid dra amp datum 19330004 amp seite 00000323 https alex onb ac at cgi content alex aid dra amp datum 19330004 amp seite 00000651 Kaufkraftumrechnung siehe unter Reichsmark dort lt Hamburger Staatsarchiv und Statistischem Bundesamt angegeben 1 Reichsmark 1924 1936 6 65 Euro 2015 Christiane Kuller Burokratie und Verbrechen Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland Walter de Gruyter 2013 S 139 ff Andre Bastisch Das Arbeitsbeschaffungsprogramm unter Hitler Der Abbau der Massenarbeitslosigkeit im Dritten Reich von 1933 1936 Diplomica Verlag 2014 S 45 ff vgl 1 Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1 Juni 1933 Josef Moser Oberosterreichs Wirtschaft 1938 bis 1945 Bohlau Verlag 1995 S 54 Werner Plumpe Wirtschaftskrisen Geschichte und Gegenwart C H Beck 2011 S 82 Reiner Sahm 5000 Jahre Steuern ein langer Leidensweg der Menschheit Springer Verlag 2012 S 296 Christiane Kuller Burokratie und Verbrechen Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland Walter de Gruyter 2013 S 140 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reinhardt Programm amp oldid 232158267