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Das Ehestandsdarlehen war eine familien und arbeitsmarktpolitische Massnahme des NS Staates bei der ab Sommer 1933 Jungvermahlten ein Darlehen fur die Beschaffung von Hausrat gewahrt wurde Damit waren mehrere Ziele verbunden Durch gesteigerte Binnennachfrage wurden mittelbar die Arbeitsbeschaffung erhoht und zugleich der Arbeitsmarkt entlastet weil die Ehefrau aus der Erwerbstatigkeit ausscheiden musste Ausserdem sollte als bevolkerungspolitische Massnahme die Geburtenrate gesteigert werden Inhaltsverzeichnis 1 Bedingungen 2 Finanzierung 3 Aufhebung des Arbeitsverbots 4 Konjunkturpolitische Wirkungen 5 Vergleichbare Regelungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBedingungen BearbeitenDie Gewahrung eines Ehestandsdarlehens zur Forderung von Eheschliessungen galt lediglich fur Frauen die bis dahin selbst berufstatig waren und ihre Tatigkeit als Arbeitnehmerin mit der Eheschliessung aufgaben Die Aufnahme einer Erwerbstatigkeit war ihnen fur die Laufdauer des Darlehens und solange untersagt wie der erwerbstatige Ehegatte einen Mindestlohn erhielt Die ersten Darlehen wurden im Sommer 1933 ausgezahlt 1 Eine Erste Durchfuhrungsverordnung 1933 RGBl I S 377 schloss Personen aus die nicht im Besitz der burgerlichen Ehrenrechte waren oder nach deren politischer Einstellung Zweifel bestanden dass sie sich jederzeit ruckhaltlos fur den nationalen Staat einsetzten Versagt wurde ein Darlehen auch wenn eine Eheschliessung aus erbbiologischen Grunden angeblich nicht im Interesse der Volksgemeinschaft lag 2 Eine Zweite Durchfuhrungsverordnung RGBl I S 540 schrieb dafur eine arztliche Begutachtung vor Nichtarier wurden ohne dass dies im Reichsgesetzblatt veroffentlicht wurde durch Erlauterungen fur die Verwaltungspraxis vom Marz 1934 ausgeschlossen 3 Nach den Meldungen aus dem Reich waren Volksdeutsche im Jahre 1940 nicht antragsberechtigt 4 Finanzierung BearbeitenEin Ehestandsdarlehen konnte bis zum Hochstbetrag von 1000 Reichsmark ab Ende 1939 bis zu 600 RM 5 beantragt werden war unverzinslich und wurde mit 1 0 Prozent der Summe monatlich getilgt Es wurde in Form von Bedarfsdeckungsscheinen gewahrt die ausschliesslich fur Hausrat aus deutscher Produktion verwendet werden konnten Fur die Einrichtung des Heims war der Erwerb von Gardinen Betten Teppichen Kuchengeraten Ofen Geschirr Nahmaschinen Radioapparaten und sogar Musikinstrumenten zur Hausmusik zulassig nicht aber von Bekleidung Fur jedes lebend geborene Kind wurden 25 0 Prozent der Darlehenssumme erlassen 6 In der Bevolkerung sprach man von der Moglichkeit das Darlehen abzukindern 7 Bis Ende 1937 wurden 878 016 Ehestandsdarlehen im Wert von durchschnittlich 641 Reichsmark erteilt Die erforderlichen Finanzmittel sollten durch eine Sonderabgabe die Ehestandshilfe aufgebracht werden die von allen ledigen Einkommensteuerpflichtigen bis zum funfundfunfzigsten Lebensjahr erhoben wurde Tatsachlich blieb das Aufkommen aus der Ehestandshilfe weit hinter der gewahrten Darlehenssumme zuruck 8 Aufhebung des Arbeitsverbots Bearbeiten1935 wurden die Bedingungen geandert RGBl I S 47 indem nunmehr eine mindestens neunmonatige Berufstatigkeit nachgewiesen werden musste Im Juli 1936 wurde das Beschaftigungsverbot gelockert RGBl I S 576 und ruckwirkend zum Oktober 1937 wurde es mit dem Dritten Gesetz zur Anderung des Gesetzes uber Forderung der Eheschliessung RGBl I S 1158 aufgehoben Nunmehr konnte der Antragsteller wahlen Wenn die Frau keiner Erwerbstatigkeit nachging so blieb es bei der Tilgungrate von 1 0 Prozent monatlich ansonsten stieg die Rate auf 3 0 Prozent Das Reichsfinanzministerium begrundete die Gesetznovelle damit das Arbeitsverbot musse entfallen um die Durchfuhrung des Vierjahresplanes sichern zu konnen Der Arbeitskraftemangel der durch die Aufrustung spurbar wurde sollte durch Frauenarbeit gemildert werden 9 Konjunkturpolitische Wirkungen BearbeitenDie konjunkturpolitische Wirkung der Massnahme wurde zwar abgeschwacht weil zugleich durch die Sonderabgabe ein Teil der Kaufkraft an anderer Stelle abgezogen wurde Bis 1937 wurden jedoch Darlehen im Wert von 563 Millionen Reichsmark ausbezahlt wahrend die Einnahmen durch die Ehestandshilfe weitaus geringer waren so dass von einer expansiven Massnahme zur mittelbaren Arbeitsbeschaffung gesprochen werden kann 8 Durch die Verdrangung der Ehefrauen aus der Erwerbstatigkeit wurde der Arbeitsmarkt bis Ende 1935 um rund eine halbe Million Frauen entlastet Ende 1937 war wegen der Aufrustung eine Vollbeschaftigung erreicht so dass diese Zielsetzung entfiel Die Auswirkungen des Ehestandsdarlehens auf die Zahl der Eheschliessungen lasst sich nicht unmittelbar ableiten Der Anstieg von 510 000 Ehen im Jahre 1932 auf 631 000 Ehen 1933 und 731 000 Ehen 1934 wird von Humann zum Grossteil auf die allgemeine wirtschaftliche Besserung zuruckgefuhrt Die Inanspruchnahme des Darlehens sank im selben Zeitraum von 37 0 Prozent auf 31 0 Prozent der Jungvermahlten und betrug 1935 nur noch 24 0 Prozent Das Ehestandsdarlehen habe hier nur einen flankierenden Effekt gehabt 7 Vergleichbare Regelungen BearbeitenIn der DDR gab es ab 1972 eine ahnliche Regelung 5000 Mark die unter der Bezeichnung Ehekredit bekannt war In West Berlin wurde 1962 ein Familiengrundungsdarlehen angeboten um junge Familien zum Zuzug zu bewegen 10 In Sachsen Anhalt wurde die Wieder Einfuhrung einer solchen Regelung intensiv diskutiert In Thuringen gibt es ein sogenanntes Familiendarlehen welches allerdings nicht zinslos ist Literatur BearbeitenDetlev Humann Arbeitsschlacht Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS Zeit 1933 1939 Wallstein Verlag Gottingen 2011 Diss ISBN 978 3 8353 0838 1 Weblinks BearbeitenGesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1 Juni 1933 RGBl I S 323 Erste Durchfuhrungsverordnung zum ED vom 20 Juni 1933 RGBl I S 377 Zweite Durchfuhrungsverordnung zum ED vom 26 Juli 1933 RGBl I S 540 Dritte Durchfuhrungsverordnung zum ED vom 22 August 1933 RGBl I S 596 Vierte Durchfuhrungsverordnung zum ED vom 2 Dezember 1933 RGBl I S 1019 Zweites Gesetz zur Anderung des Gesetzes uber Forderung der Eheschliessungen vom 24 Januar 1935 RGBl I S 47 Drittes Gesetz zur Anderung des Gesetzes uber Forderung der Eheschliessungen vom 3 November 1937 RGBl I S 1158 Zeitungsartikel uber Ehestandsdarlehen in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten Harald Focke Uwe Reimer Alltag unterm Hakenkreuz Wie die Nazis das Leben der Deutschen veranderten Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1979 S 121 f Zur Ablehnung aufgrund von Asozialitat vgl Wolfgang Ayass Bearb Gemeinschaftsfremde Quellen zur Verfolgung von Asozialen 1933 1945 Koblenz 1998 Nr 84 und Nr 101 Detlev Humann Arbeitsschlacht Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS Zeit 1933 1939 Wallstein Verlag Gottingen 2011 Diss ISBN 978 3 8353 0838 1 S 125 mit Anm 10 Heinz Boberach Hrsg Meldungen aus dem Reich Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS 1939 1945 Herrsching 1984 ISBN 3 88199 158 1 Bd 4 S 1315 Heinz Boberach Hrsg Meldungen aus dem Reich Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS 1939 1945 Herrsching 1984 ISBN 3 88199 158 1 Bd 3 S 512 8 der Ersten Durchfuhrungsverordnung zum ED vom 20 Juni 1933 RGBl I S 377 a b Detlev Humann Arbeitsschlacht Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS Zeit 1933 1939 Gottingen 2011 ISBN 978 3 8353 0838 1 S 120 a b Detlev Humann Arbeitsschlacht Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS Zeit 1933 1939 Gottingen 2011 ISBN 978 3 8353 0838 1 S 119 Detlev Humann Arbeitsschlacht Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS Zeit 1933 1939 Gottingen 2011 ISBN 978 3 8353 0838 1 S 122 Fritz Emil Bunger Familienpolitik in Deutschland Berlin 1970 S 102 mit Anm 43 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ehestandsdarlehen amp oldid 227267034