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Durch das Deutsche Wohnungshilfswerk DWH unter der Leitung des Reichswohnungskommissars RWK sollte zur Zeit des Nationalsozialismus und daruber hinaus behelfsmassiger Wohnraum fur Millionen von ausgebombten Deutschen errichtet werden Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Organisation 3 Behelfsheimtypen 4 Umsetzung des DWH 5 Verbliebene Reste 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenDas Hilfswerk wurde mit Erlass Adolf Hitlers vom 9 September 1943 errichtet 1 um auf Kosten des Reichs ertragliche Unterkunfte fur Luftkriegsbetroffene zu schaffen insbesondere durch Aufstellung von einfachen Behelfsheimen in Siedlungsform in weitestgehender Selbst und Gemeinschaftshilfe der Bevolkerung Gegen den Widerstand grosser Teile der nationalsozialistischen Fuhrungsriege wurde Robert Ley der gleichzeitig Reichsorganisationsleiter der NSDAP Leiter der Deutschen Arbeitsfront und Reichswohnungskommissar war mit der Durchfuhrung sowie dem Erlass der erforderlichen Vorschriften und Anordnungen beauftragt 2 Im DWH wurden bereits bestehende Massnahmen zur Unterbringung Luftkriegsgeschadigter gebundelt und weiterentwickelt Fortgefuhrt wurden Unterstutzungen zum Ausbau von Dachgeschossen und bestehenden Gartenlauben in Behelfswohnungen die Sicherung bombengeschadigter Hauser durch den Aufsatz von Notdachern sowie die Errichtung von Behelfsunterkunften fur Bombengeschadigte einem zweigeschossigen normierten Barackenbau fur 16 Familien nach einer Entwicklung von Ernst Neufert Dessen Errichtung erwies sich Ende 1943 als zu material und arbeitsintensiv so dass die BfB Aktion Anfang 1944 mit weniger als 3 000 erstellten Gebauden eingestellt wurde Organisation Bearbeiten nbsp Baukarte Vorderseite nbsp Baukarte Innenteil nbsp Baukarte RuckseiteOrganisatorisch griff Ley fur das DWH grosstenteils auf bestehende Verwaltungsstrukturen zuruck im gesamten Reichsgebiet waren die Gauleiter in ihrer Funktion als Gauwohnungskommissare fur die Umsetzung verantwortlich Diese delegierten die Umsetzung an die ortlichen Burgermeister Die Grundstucke fur die Errichtung der Behelfsheime sollten kostenlos zur Verfugung gestellt werden wahrend die Kosten fur die Errichtung vom Deutschen Reich ubernommen wurden Hierfur erhielt der Bauherr vom Burgermeister eine Baukarte die die Ruckzahlung von insgesamt 1 700 Reichsmark nach Fertigstellung garantierte Waren keine eigenen Baustoffe z B aus der Trummerverwertung vorhanden so konnten uber eine zur Baukarte gehorende Teillieferungskarte wenn vorhanden Kontingente an Baustoffen bezogen werden Dieses Mittel zeigte sich im fortschreitenden Kriegsverlauf als wenig effektiv da die noch vorhandenen hochwertigen Baustoffe in erster Linie fur Rustungszwecke eingesetzt wurden Behelfsheime entstanden auf drei verschiedene Wege In Eigenleistung durch den zukunftigen Bewohner der Bauherr erhielt von der Gemeinde eine Behelfsheimfibel zur Baukarte die eine Bauanleitung darstellte Als Gemeinschaftsaufgabe von Angestellten eines Arbeitgebers nach Anleitung von nicht kriegsdiensttauglichen Baufachleuten Als grosseres Siedlungsprojekt im Auftrag eines Unternehmens oder einer Kommune umgesetzt durch die Bauhilfe der Deutschen Arbeitsfront GmbH unter Einsatz von Ostarbeitern sprich Zwangsarbeitern Hier kamen haufig industriell vorgefertigte Behelfsheimtypen zum Einsatz welche im Montagebau errichtet wurden Behelfsheimtypen BearbeitenDas Behelfsheim des DWH auch Reichseinheitstyp genannt wurde in der Deutschen Akademie fur Wohnungswesen e V DAW die dem RWK als Forschungsinstitut angegliedert war entwickelt Hitler hatte personlich auf die Grosse Einfluss genommen nachdem ihm verschiedene Probetypen von Behelfsheimen in seinem militarischen Hauptquartier in Ostpreussen der Wolfsschanze vorgefuhrt worden waren nbsp Behelfsheime in Kiel 1963 Das Grundmass des Behelfsheims des DWH betrug 4 10 m 5 10 m je nach Material und Bauverfahren waren geringe Abweichungen zulassig Das Dach wurde meist als weit auskragendes Pultdach ausgefuhrt um einen regengeschutzten Aufenthalt vor dem Gebaude zu ermoglichen Wasser und Abwasseranschluss waren nicht vorgesehen fur eine Stromversorgung sollten gegebenenfalls normierte Kabelsatze zur Verfugung stehen Im Inneren bestand das Behelfsheim aus zwei Raumen die durch einen einzelnen Ofen beheizt wurden Der Ofen diente dabei gleichzeitig als Herd Im Eingangsbereich der als Windfang ausgefuhrt war befand sich eine 60 cm tiefe Grube die den Kuhlschrank ersetzen sollte Konnte der Bewohner das Behelfsheim nicht mit eigenen Mobeln ausstatten so standen normierte Mobel zur Verfugung die aus dem von der Mobelindustrie eingerichteten Kriegsauflagenprogramm stammten welches bereits vor 1943 bestand und an die Bedurfnisse des DWH geringfugig angepasst wurde Als Baumaterial kamen alle bis zum Ende des Krieges beschaffbaren Stoffe in Frage viele Baustoffe welche im Wiederaufbau eine bedeutende Rolle spielten wurden im Rahmen des DWH entwickelt und erstmals angewandt Von den beteiligten Firmen wurden umfangreiche Versuche mit Baustoffen gemacht hier sind zu nennen Holzbeton Lehmbeton Einsatz von Hochofenschlacke als Zementersatz Trummerschuttzuschlag bei Betonbauten u a In den Regionen mit umfangreichen Lehmvorkommen wurden Bauwillige in der Technik des Lehmbaus geschult Umsetzung des DWH BearbeitenIn der Praxis erfullte das DWH nie die Erwartungen die Ley ursprunglich formuliert hatte Von den fur 1944 geplanten einer Million Behelfsunterkunften entstand nur ein Bruchteil insgesamt wurden zwischen Herbst 1943 und Sommer 1946 etwa 300 000 Wohneinheiten errichtet wie gross dabei der Anteil an Behelfsheimen war lasst sich nicht mit Sicherheit bestimmen Grunde fur das weitgehende Scheitern waren fehlendes Baumaterial die grosstenteils durch Laien umgesetzten Baumassnahmen sowie die geringe Bereitschaft der Kommunen geeignetes Land zur Verfugung zu stellen Daruber hinaus war der arbeitsfahige Teil der Bevolkerung grosstenteils entweder im Kriegseinsatz oder in der Rustungsindustrie tatig Durch diese Beanspruchung verblieben nur wenige personelle Ressourcen zur Umsetzung des DWH Durch die fehlende Fachkenntnis der privaten Bauherren dauerte die Umsetzung meist langer als veranschlagt die Anzahl an Bauschaden durch Witterungseinwirkung und fachliche Mangel waren erheblich Ahnliche Schwierigkeiten zeigten sich bei den industriell vorgefertigten Behelfsheimen in Montagebauverfahren Dafur waren oftmals die Baustoffe nicht ausreichend witterungsbestandig und die Konstruktionen wenig ausgereift sodass die Gebaude im Winter und bei Regen zugig und undicht waren Aber so vielfaltig die einzelnen Grunde des Scheiterns auch waren insgesamt muss wohl bezweifelt werden dass Hitler mit seinem Erlass oder Ley mit der Umsetzung eine tatsachliche Verbesserung der ausgebombten deutschen Volksgenossen anstrebte Eine einheitliche Gestaltung der Behelfsheime liess sich nicht durchsetzen Waren Doppelbehelfsheime fur grossere Familien noch durch einen Erlass gedeckt so wurden entgegen den Bestimmungen Dachboden ausgebaut Keller errichtet die Grundrisse verandert die vorgegebene Grosse uberschritten Das DWH endete nicht mit der deutschen Kapitulation sondern bestand auf Anordnung der Besatzungsmachte bis zum Sommer 1946 d h fur bereits vor Kriegsende ausgegebene Baukarten konnte die Fertigstellungspramie bis zu diesem Zeitpunkt abgerechnet werden Verbliebene Reste BearbeitenDas DWH ist weitgehend aus dem Bewusstsein der Bevolkerung verschwunden Es existieren nur noch wenige im originalen Zustand erhaltene Gebaude aber ein grosser Bestand von Wohnhausern geht im Kern auf spater erweiterte Behelfsheime zuruck Zu finden sind diese vielfach in der freien Landschaft im Aussenbereich manchmal auch in Kleingartenanlagen von denen in Deutschland eine ganze Reihe aus ehemaligen Behelfsheimsiedlungen hervorgegangen sind Da im Aussenbereich und in Kleingartensiedlungen normalerweise keine Wohnhauser zulassig sind und die Bauten fast immer nachtraglich erweitert wurden kommt es mitunter zu Rechtsstreitigkeiten ob die Bauten Bestandsschutz geniessen die Bauten wurden zwar ohne Baugenehmigung jedoch rechtmassig errichtet und ob dieser an die ursprunglichen Bewohner gebunden ist An vielen Stellen im Umkreis von Munster etwa in der Feldflur der Stadt Telgte finden sich viele einzelne Behelfsheime dazu in Gera Untermhaus und Wilhelmshaven Bahnzeile Behelfsheimsiedlungen deren Bewohner die Gebaude in den letzten Jahrzehnten zu kompletten Wohnhausern erweitert haben Der Ursprung ist anhand der Lage der Hauser und anhand der Fensterteilung noch erkennbar Nicht nur in den Stadten sondern auch auf dem Lande wurde das Wohnungshilfswerk aktiv In Bokel Landkreis Cuxhaven sollten zehn Notwohnungen gebaut werden weil 220 Personen im Herbst 1944 untergebracht werden mussten die durch Bombenangriffe vornehmlich in Bremerhaven ihre Wohnungen verloren hatten Funf wurden gebaut 3 Im Bereich der kleinen Stadt Telgte sind allein in den Jahren 1943 bis 1945 etwa 250 Behelfsheime errichtet worden weitgehend nicht in der Form von durch Organisationen oder Behorden initiierten Siedlungen sondern nach vielfach individuellen Planen durch einzelne Burger zumeist von in Munster ausgebombten bessergestellten Burgern Es ist schwer unterscheidbar welche Behelfsheime wahrend des Krieges im Namen des DWH errichtet wurden und welche Gebaude in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Behelfsheime entstanden Diese Nachkriegsbauten uberwogen in der Anzahl erheblich so sind in Hamburg fur das Jahr 1949 ca 3 600 Behelfsheime nach dem DWH aber ca 45 000 Behelfsheime aus der Nachkriegszeit nachgewiesen Literatur BearbeitenFred Kaspar Behelfsheime fur Ausgebombte Bewaltigung des Alltaglichen im Totalen Krieg Munsters Burger ziehen aufs Land Imhof Verlag Petersberg 2011 Einblicke Band 1 Schriften der Stiftung Kleines Burgerhaus ISBN 978 3 86568 761 6 Uberblicksdarstellung zum Deutschen Wohnungshilfswerk mit umfangreichen Quellenrecherchen und Beispielen fur bis heute erhaltene Bauten verfugbar als PDF Ralf Lange Hamburg Wiederaufbau und Neuplanung 1943 1963 Konigstein i Ts 1994 Die Blauen Bucher ISBN 3 7845 4610 2 mit ausfuhrlichen Literaturangaben Axel Dossmann Jan Wenzel Kai Wenzel Architektur auf Zeit Baracken Pavillons Container b books Berlin 2006 ISBN 3 933557 66 6 Fred Kaspar Behelfsheime allerorten In Fred Kaspar Hrsg Hinter der Mauer Kleine Burgerhauser an und auf der Stadtmauer Einblicke Schriften der Stiftung Kleines Burgerhaus Band 4 Petersberg 2016 S 156 165 Ralf Klotzer Wie man im Behelfsheim auf Dauer wohnte Ein Beispiel aus Drensteinfurt Natorp 4 In Fred Kaspar 2016 wie oben S 166 175 Emil Schoppmann Das Behelfsheim Haus Gedigk in Milte Krs Warendorf In Fred Kaspar 2016 wie oben S 176 187 Helmut Stubbe da Luz Hamburg die Stadt der Notunterkunfte in DIE WELT Hamburg Teil 22 September 2023 S 17Weblinks BearbeitenWebsite uber die Deportation und den Einsatz polnischer und ungarischer Judinnen im Behelfswohnheimbau Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Antrag auf Uberlassung von KZ Insassinnen zum Behelfswohnungsbau Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Zeichnung Behelfsheim Reichseinheitstyp 1943 Memento vom 17 September 2016 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Erlass des Fuhrers uber die Errichtung des Deutschen Wohnungshilfswerkes vom 9 September 1943 RGBl I S 535 Erlass des Reichswohnungskommissars vom 22 September 1943 II Nr 2141 19 43 Geschichte und Geschichten eines Dorfes hrsg von der Gemeinde Bokel Arbeitskreis Buch 900 Jahre Bokel S 115 erhaltlich bei der Gemeinde Bokel Hauptstrasse 52 27616 Bokel Normdaten Korperschaft GND 4550558 5 lobid OGND AKS VIAF 75145857955823021965 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutsches Wohnungshilfswerk amp oldid 237675268