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In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch folgende wichtige Informationen Der Artikel befasst sich fast ausschliesslich mit der Verfassungsgeschichte Lediglich die Anderung des Familienrechts in den 1920er Jahren wird etwas thematisiert Die Darstellung endet 1980 ohne Darstellung der materiellen Anderungen und hat dann nur noch die Erwahnung eines Referendums 2010 wieder ohne Darstellung des Ergebnisses Hilf der Wikipedia indem du sie recherchierst und einfugst Der Beginn der modernen Rechtsgeschichte der Turkei wird meist mit dem Bundnisvertrag osmanisch سند اتفاق IA Sened i Ittifaḳ auch Dokument der Einhelligkeit Allianzpakt zwischen der Zentralgewalt in Istanbul und regionalen Machthabern aʿyan derebey in Anatolien und Rumelien im Jahre 1808 angesetzt 1 2 Die im Keim schon hier angelegten Reformbestrebungen setzten sich in den Reformerlassen von 1839 3 und 1856 4 fort Bereits hier ist der europaische Einfluss gut zu erkennen eine Loslosung von archaischen Rechtsvorstellungen findet sich in der Garantie des Vermogens und dem Rechtsgrundsatz nulla poena sine lege Die Reformerlasse gelten als Beginn der Tanzimat Periode تنظيمات خيریه Tanẓimat i Ḫayriye wohltatige Verordnungen die schliesslich zu den Zivil und Strafrechtskodifikationen der Turkei fuhrte Die Reformen mundeten im Erlass des sogenannten Grundgesetzes قانون اساسی Ḳanun i Esasi am 23 Dezember 1876 wodurch im Gebiet der heutigen Turkei erstmals eine konstitutionelle Monarchie bestand Der Verfassung war jedoch keine lange Geltungsdauer beschert Schon 1878 setzte Abdulhamid II sie mit der Schliessung des Parlaments faktisch wieder ausser Kraft Nach der Revolution durch die Jungturken im Jahr 1908 begann unter der reformierten Verfassung von 1876 die Zweite osmanische Verfassungsperiode 5 Das Ende des Ersten Weltkrieges markierte zugleich auch das Ende des Osmanischen Reiches Die Errichtung der Grossen Nationalversammlung in Ankara durch Mustafa Kemal Pascha Ataturk 1920 stellte einen Bruch mit dem bestehenden politischen System dar und brachte als wichtigsten Gesetzesakt das provisorische Verfassungsgesetz von 1921 zum Entstehen Erstmals wird der Staat darin als Turkei bezeichnet und ist vollstandig demokratisch legitimiert die statuierte Gewalteneinheit sah sich jedoch im Widerspruch zur klassischen Konzeption der Gewaltenteilung Das Sultanat blieb bis 1922 jedoch bestehen das Kalifat bis 1924 bis 1928 blieb der Islam Staatsreligion Neues Staatsoberhaupt der mit einem Anderungsgesetz 6 am 29 Oktober 1923 gegrundeten Republik جمهوریت cumhuriyet wurde der vom Plenum der Grossen Nationalversammlung aus deren Mitgliedern gewahlte Prasident der Republik رئيس جمهور reʾis i cumhur Schon drei Jahre spater wurde eine Verfassung beschlossen die Turkische Verfassung von 1924 Mit 36 Jahren Geltungszeit ist sie derzeit noch 2016 die turkische Verfassung mit der langsten Geltungsdauer Ihr zentrales ideologisches Prinzip waren die sechs Pfeiler des Kemalismus Die grosse Nationalversammlung blieb das Organ der Legislative konnte daruber hinaus aber auch verbindlich die Auslegung von Gesetzen bestimmen Die Gerichtsorganisation war in der Verfassung nicht geregelt sondern geschah durch einfaches Gesetz eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit existierte nicht Die Verfassung enthielt auch einen Grundrechtskatalog sog soziale Grundrechte fehlten dabei jedoch Alle Grundrechte waren mit einem einfachen Gesetzesvorbehalt versehen 5 Die radikalen gesellschaftlichen Reformen erfassten auch das Zivilrecht und fuhrten zu einer Totalrezeption des schweizerischen Zivilgesetzbuches vgl Turkisches Zivilgesetzbuch und Obligationenrechts Die Grunde dafur dass die Wahl ausgerechnet auf das schweizerische Recht fielen sind in der Forschung umstritten Hirsch sieht hierin einen blossen Zufall Mahmut Esat damaliger Justizminister der Turkei habe selbst in der Schweiz studiert und sei deshalb davon uberzeugt gewesen dass es sich beim schweizerischen ZGB um das modernste Zivilgesetzbuch handele Sauser Hall betont demgegenuber tatsachlich bestehende praktische Vorteile Die franzosische Sprache sei in der Turkei weit verbreiteter gewesen als die deutsche und habe somit die Ubersetzung des Gesetzes vereinfacht und die Ubernahme der bestehenden schweizerischen Kommentarliteratur ermoglicht 7 Der vollige Bruch mit dem Recht des osmanischen Reiches verlief nicht ohne praktische Probleme Rechtsgewohnheiten der Bevolkerung und modernes westeuropaisches Recht rieben sich vor allem im Familienrecht aneinander So war es fest im Rechtsempfinden der bauerlichen und kleinburgerlichen Bevolkerung verankert dass eine Ehe durch Vertrag der Verlobten oder ihrer Eltern vor Zeugen geschlossen werden und durch talaq geschieden werden konnte Die Mitwirkung eines Geistlichen war zwar ublich Imam Ehe aber nicht notig Die seit 1926 offiziell geltende obligatorische Zivilehe wurde deshalb lange Zeit schlicht ignoriert Die Konsequenz war dass eine grosse Anzahl der Neugeborenen formal unehelich geboren wurden Dieser Missstand musste regelmassig durch die nachtragliche Legitimation durch Gesetz behoben werden 7 Nach dem Militarputsch von 1960 musste erneut eine neue Verfassung ausgearbeitet werden Diese enthielt in ihrem ausfuhrlichen Grundrechtskatalog auch soziale und wirtschaftliche Grundrechte Recht auf Arbeit Recht auf Gesundheit die Grundrechte waren zwar durch einfachen Gesetzesvorbehalt einschrankbar jedoch zusatzlich durch die Garantie ihres Wesensgehaltes abgesichert Die Legislative bestand aus der Grossen Nationalversammlung der Turkei die in zwei Kammern Nationalversammlung und Senat geteilt war Die Rechtsprechung war stark und unabhangig ausgestaltet Neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit dem Kassationshof an der Spitze bestanden eine eigene Militargerichtsbarkeit das einzige volle Verwaltungsgericht war der Staatsrat Kompetenzkonflikte und die Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung waren dem Kompetenzkonfliktgericht anvertraut Fur verfassungsrechtliche Streitigkeiten war ein eigenes Verfassungsgericht vorgesehen eine Verfassungsbeschwerde gehorte jedoch nicht zu den hier zulassigen Verfahrensarten In den Jahren 1971 und 1973 machten Verfassungsanderungen grossere Grundrechtseingriffe moglich und gestanden der Regierung die Moglichkeit zu Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen Fur politische Straftaten wurden Staatssicherheitsgerichte eingefuhrt was jedoch durch das Verfassungsgericht schon 1976 wieder ruckgangig gemacht wurde 5 Die geltende Verfassung der Turkei verdankt ihre Entstehung dem Militarputsch von 1980 Nach einer Volksabstimmung am 7 November 1982 trat sie zwei Tage spater in Kraft 5 Um eine Aufnahme der Turkei in die Europaische Union zu erleichtern fand am 12 November 2010 ein Referendum mit dem Ziel einer Verfassungsanderung statt Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Christian Rumpf Das turkische Verfassungssystem Einfuhrung mit vollstandigem Verfassungstext Harrassowitz Verlag Wiesbaden 1996 ISBN 978 3 447 03831 7 S 37 Klaus Kreiser Der osmanische Staat 1300 1922 2 Auflage Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58588 9 S 36 Edikt von Gulhane deutsche Ubersetzung Erneuerungserlass deutsche Ubersetzung a b c d Christian Rumpf Einfuhrung in das turkische Recht C H Beck Munchen 2016 6 Verfassungsrecht Gesetz Nr 364 vom 29 Oktober 1923 betreffend die Abanderung einiger Bestimmungen des Verfassungsgesetzes erlauterungshalber deutsche Ubersetzung a b Konrad Zweigert Hein Kotz Einfuhrung in die Rechtsvergleichung 3 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 1996 16 III S 175 sq Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rechtsgeschichte der Turkei amp oldid 234577264