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Rainer Schedlinski 11 November 1956 in Magdeburg 6 September 2019 in Berlin war ein deutscher Lyriker und Essayist In der DDR gehorte er in den 1980er Jahren zu den fuhrenden Autoren der oppositionellen Literaturszene und war in dieser Zeit Inoffizieller Mitarbeiter im Ministerium fur Staatssicherheit Rainer Schedlinski Berlin 1989 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Tatigkeit als IM 3 Preise 4 Werke 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSchedlinski wuchs in Schleibnitz bei Magdeburg als Sohn eines LPG Vorsitzenden auf Seine Mutter arbeitete als Finanzbuchhalterin Er absolvierte von 1974 bis 1976 eine Ausbildung zum Wirtschaftskaufmann und begann ein Fachschul Studium der Pflanzenzuchtung das er 1977 aber abbrach Schedlinski arbeitete u a als Heizer Hausmeister und schliesslich Ende der 1970er Jahre als Instrukteur und kulturpolitischer Mitarbeiter der Bezirksfilmdirektion Magdeburg Zur selben Zeit kam er in Kontakt zur literarischen Alternativszene Magdeburgs insbesondere zu Dietrich Bahss und begann mit Lyrikveroffentlichungen in illegalen Untergrundblattern 1981 82 absolvierte er seinen Wehrdienst wurde aber aus gesundheitlichen Grunden vorzeitig entlassen Im April 1983 zog Schedlinski nach Berlin wo es im Prenzlauer Berg eine gut organisierte Gruppe innerhalb der alternativen DDR Kunstlerszene gab Nachdem einige ihrer Protagonisten die DDR verlassen hatten scharten sich die Ubriggebliebenen verstarkt um den Literaten Sascha Anderson als ihren spiritus rector Dazu gehorten Autoren und bildende Kunstler wie Stefan Doring Egmont Hesse Uwe Kolbe Leonhard Lorek Bert Papenfuss Gorek Michael Rom und Cornelia Schleime Schedlinski stieg zu einem der Katalysatoren dieser Avantgarde Gruppe auf Sie alle wollten mit ihren Texten Formen sprengen neu und anders schreiben Sie reagierten ungeordnet zum Teil chaotisch auf die staatlicherseits streng durchorganisierten Verhaltnisse 1 Auffallig war in dieser Gruppe das starke theoretische Interesse Es wurden besonders die franzosischen Dekonstruktivisten und Poststrukturalisten gelesen deren Bucher in der DDR nur als illegale Importe zuganglich waren Ab 1986 gab Schedlinski zusammen mit Andreas Koziol die Untergrundzeitschrift Ariadnefabrik heraus die sich zum wichtigsten theoretischen Sprachrohr der nicht offiziellen Literaturszene entwickelte und bis 1989 etwa viermal im Jahr in einer Auflage von jeweils etwa 60 Exemplaren erschien Den Titel entnahmen wir einem Gedicht von Sascha Anderson Was wir fur unser Heft suchten waren theoretische Texte die wie auch Poesie ihre innere Bewegung durch den Eigensinn formaler Prozesse erzeugen die nicht faktisch in Gedanken uber die Dinge erstarren sondern die Tatsachen in sich FORTLEBEN um damit selbst Tatsachen zu schaffen und Sprache zum Handeln zu bewegen 2 Dem etablierten Schriftsteller Gerhard Wolf gelang es erst 1988 beim Aufbau Verlag die Veroffentlichungsplattform ausser der reihe zu etablieren und damit diesen unangepassten Nachwuchsautoren auch ein offentliches Forum zu geben Die Reihe wurde nach der Wende eingestellt 1990 gehorte er mit Sascha Anderson Henryk Gericke Egmont Hesse Andreas Koziol Klaus Michael und Joerg Waehner zu den Grundern des Lyrik und Autorenverlags Druckhaus Galrev der als Zentrum der ehemaligen ostdeutschen Literaturavantgarde dienen sollte und dem er bis zur Einstellung der Verlagsproduktion als Gesellschafter angehorte Schedlinski verstarb nach schwerer Krankheit am 6 September 2019 in Berlin 3 Tatigkeit als IM BearbeitenAnfang 1992 veroffentlichte das ARD Politmagazin Kontraste Rechercheergebnisse die belegten dass Schedlinski seit spatestens 1979 als IM Inoffizieller Mitarbeiter fur die Staatssicherheit tatig gewesen war Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er behauptet allen Anwerbungsversuchen widerstanden und lediglich Verhorprotokolle unterschrieben zu haben Schedlinski hatte so bewertete Der Spiegel die Ergebnisse denunziatorische Berichte uber Menschen geliefert und das in einer Sprache die aus dem Worterbuch des Unmenschen stammt 4 Schedlinski war genau wie Anderson und Ibrahim Bohme ein IM neuen Typus den das MfS in den 1980er Jahren etablierte Dieser wurde gezielt angeworben aufgebaut und eingeschleust und sollte republikfeindliche Gruppen nicht mehr zerschlagen sondern sie beherrschen umprofilieren und so von innen her paralysieren 5 In seiner Funktion bespitzelte Schedlinski nicht nur Kunstlerkollegen sondern verfasste auch Berichte uber Organisationen und Mitarbeiter der evangelischen und katholischen Kirche Eine Rolle spielte bei seiner Tatigkeit auch finanzielles Interesse Er erhielt ab Winter 1985 86 ein festes monatliches Agentenhonorar 6 Zu seiner IM Tatigkeit erklarte Schedlinski dass er sich jahrelang in psychiatrischer Behandlung befunden und 1981 wahrend seines Wehrdienstes bei der NVA sogar einen Selbstmordversuch begangen habe Dem Druck immer mehr sagen zu sollen hielt ich nicht stand 7 Gegen dieses Erklarungsmodell spricht laut einer Untersuchung der Linguistin und Literaturwissenschaftlerin Alison Lewis dass Schedlinski zu dieser Zeit bereits in seiner Wehrdiensteinheit dekonspiriert und in den Magdeburger Literatenkreisen offen als IM beschuldigt worden war ferner dass er wenige Monate spater selbsttatig wieder Kontakt zum MfS aufnahm 8 Ausfuhrlich rechtfertigte sich Schedlinski ausserdem im Juni 1992 in einem langen Essay in der Zeitschrift neue deutsche literatur Darin bezeichnete er das MfS als Vorzimmerdame der Macht mit der zu kungeln nicht mal mehr ehrenruhrig und fur manchen gar amusant war 9 Der von ihm bespitzelte Lutz Rathenow konstatierte dagegen Autoren wie Schedlinski hatten durch ihre Desinformationen letztlich den Zusammenbruch dieses maroden Systems verzogert 10 Preise Bearbeiten1989 Forderpreis des Darmstadter Leonce und Lena Preises Werke BearbeitenAriadnefabrik 1986 1989 Hrsg und Autor zus mit Andreas Koziol Die Rationen des Ja und des Nein Gedichte 1988 Innenansichten DDR Letzte Bilder aus einem Land wie es war 1990 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