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Das Romische Freilichtmuseum Hechingen Stein beherbergt eine der wichtigsten Fundstatten aus der Romerzeit in Suddeutschland Es liegt auf einem Waldgrundstuck nahe dem kleinen Dorf Stein einem Stadtteil von Hechingen im Zollernalbkreis in Baden Wurttemberg Rekonstruiertes Hauptgebaude SudansichtRekonstruiertes Hauptgebaude NordansichtRekonstruiertes Hauptgebaude Ostansicht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Bedeutung der Fundstatte 2 Anlage 2 1 Hauptgebaude 2 2 Umfassungsmauer 2 3 Tempelbezirk 2 4 Muhle und Speicher 2 5 Schmiede 2 6 Wohnhaus und Nordwestturm 3 Museum 4 Ansatz des Freilichtmuseums 5 Romerfest 6 Literatur 7 Siehe auch 8 Einzelnachweise 9 WeblinksGeschichte und Bedeutung der Fundstatte BearbeitenDie Statte wurde 1972 vom damaligen Burgermeister von Stein Gerd Schollian entdeckt und zwischen 1978 und 1981 durch Ausgrabungen erschlossen Dabei stellte sich heraus dass es sich um Reste einer besonders prachtig ausgebauten mit rund funf Hektar sehr grosszugig bemessenen romischen Villa rustica handelt mit Wohn und Wirtschaftsgebauden und einer rundum geschlossenen Mauer Seit 1992 werden durchgangig Grabungen durchgefuhrt Bislang wurden ein heiliger Bezirk ein Muhlengebaude ein Speicherbau das Eingangstor zur Anlage sowie eine Schmiede ein weiteres Wohnhaus und ein Eckturm ausgegraben Im Jahr 2009 wurden weitere Gebaude ausserhalb der Villa gefunden die die anfangs nur fur einen Gutshof gehaltene Grabungsstatte zu einer vollstandigen romischen Siedlung aufwerten Das Anwesen wurde wahrscheinlich zur Zeit des Kaisers Domitian Ende des 1 Jahrhunderts erbaut als die Romer ihren Machtbereich von der Donau Richtung Nordosten ins Neckarland ausdehnten Im 2 Jahrhundert wurde es stark erweitert Das Ende kam Mitte des 3 Jahrhunderts als die Alamannen den obergermanischen Limes die romische Grenzbefestigung uberwanden und das Gebiet besetzten Limesfall Auf dem Gelande wurden zahlreiche hauswirtschaftliche handwerkliche und landwirtschaftliche Geratschaften Einrichtungs und Kultgegenstande und Schmuckstucke gefunden Noch Anfang der 2000er Jahre wurde oberhalb des bereits erschlossenen Grabungs und Museumsgelandes ein neuer grosser Fund gemacht ein mit zwei Essen aussergewohnlich gross bemessenes Schmiedehaus Weiter oberhalb wird seit 2001 ein grosser Gebaudekomplex ausgegraben dessen ursprungliche Bestimmung noch nicht bekannt ist nbsp FussbodenheizungSondierungsgrabungen die derzeit ausschliesslich durch ehrenamtliche Helfer erfolgen zeigen dass innerhalb der Mauern der Villa rustica noch eine Reihe weiterer Gebaude darunter ein zweiter Badekomplex unter der Erde liegen der grossere Teil der Anlage also noch nicht ausgegraben wurde Hinzu kommen weitere Gebaude in der Umgebung der Anlage Diese Vielfalt der Funde fuhrt verstarkt zu der Frage welche Funktion diese umfangreiche Siedlung in ihrem Endausbau hatte Da die Siedlung im Mittelalter aufgegeben wurde und ein Wald daruber wuchs bietet sie eine sehr gute Qualitat der Funde die weder durch sekundare Besiedlung noch durch landwirtschaftliche Tatigkeiten insbesondere tiefgehende Pfluge geschadigt wurde Ebenfalls Gerd Schollian grub im Winter 2010 2011 im Wald einen kleinen Wall an und stiess dabei auf Mauerreste Als diese von Archaologen und Denkmalschutzern untersucht wurden zeigte sich eine ehemals 16 Meter hohe komplett am Stuck umgesturzte Gebaudemauer aus der Romerzeit Sie stellt unter Beweis dass die romische Architektur ausserhalb der Stadte viel grosser gewesen ist als bislang angenommen Offensichtlich sollten selbst abgelegene Landsitze vor allem auch reprasentativ sein Die Wand gehorte vermutlich zu einem 35 Meter langen 20 Meter breiten und eben mindestens 16 Meter hohen Lagergebaude 1 Anlage Bearbeiten nbsp Rekonstruierte SchmiedeHauptgebaude Bearbeiten Am Ende des 1 Jahrhunderts wurde vermutlich ein Holzgebaude errichtet Mit Beginn des 2 Jahrhunderts wurde das Holzgebaude durch eine aus Stein gebaute Porticusvilla ersetzt Das Gebaude war mit seinem nach vorne offenen Saulengang Porticus und seinen beiden Eckrisaliten rund 32 Meter lang und 23 Meter breit Der 3 2 Meter breite westlich gelegene Eingangsbereich des Gebaudes bestand aus einem zweiflugeligen Tor Gegen Ende des 2 Jahrhunderts wurden um den offenen Saulengang auf eine Lange von 32 Metern erweitern zu konnen die beiden Eckrisalite abgerissen Mit zwei neuen und grosseren Eckrisaliten wuchs die Lange des Gebaudes auf 48 Meter An der nordlichen Mauer wurden sechs neue Zimmer angebaut Dadurch vergrosserte sich die Wohnflache auf uber 500 m nbsp Rekonstruiertes EingangstorUmfassungsmauer Bearbeiten Eine rund 2 Meter hohe und 0 6 Meter breite verputzte Mauer schutzte die ungefahr funf Hektar grosse Anlage Auf der Westseite wurde 1999 das Eingangstor entdeckt das heute vollstandig rekonstruiert ist Tempelbezirk Bearbeiten 1992 bis 1995 wurde ein jeweils 34 Meter langer und breiter Tempelbezirk ausgegraben In diesem ausserhalb der Umfassungsmauer gelegenen heiligen Bezirk konnte die ausserordentlich hohe Zahl von zehn kleinen Kapellen nachgewiesen werden Nach fast sechsjahriger ehrenamtlicher Arbeit durch Mitglieder des Fordervereins konnte dieser in seiner nahezu ursprunglichen Form rekonstruiert werden Die Eroffnung der Anlage mit ihren farbenfrohen Gebauden einer Saulenhalle sowie einer Jupiter Giganten Saule fand im September 2021 statt 2 Muhle und Speicher Bearbeiten Ein 25 Meter langes und 18 Meter breites Muhlengebaude konnte 1995 bis 1999 ausgegraben werden In diesem Gebaude wurde auch eine Darre gefunden Brandspuren weisen darauf hin dass dieses Gebaude abgebrannt ist und danach etwas grosser wieder aufgebaut wurde In der Nahe der Muhle wurde ausserdem ein weiteres 20 Meter langes und 14 Meter breites Gebaude gefunden Da man keine besonderen Einbauten oder Funde ausgraben konnte wird angenommen dass es sich hier um einen Speicher fur die Muhle handelt Schmiede Bearbeiten nbsp Wahrend der Ausgrabung und Konservierung 2004Nordlich des Eingangstores wurde ab 2000 eine Schmiede ausgegraben Die offene Schmiede hatte zwei Schmiedeofen die durch eine Mauer getrennt waren nbsp Rekonstruierter NordwestturmWohnhaus und Nordwestturm Bearbeiten In der Zeit von 2002 bis 2004 konnte nur wenige Meter von der Schmiede entfernt ein weiteres 16 4 Meter langes und 15 6 Meter breites Haus ausgegraben werden Der Innenraum hatte keinen steinernen Ausbau sondern wurde vermutlich durch eine Holzkonstruktion aufgeteilt Auffallig ist dass man keine Feuerstelle nachweisen konnte Vermutlich wurde die Feuerstelle in dem etwas nordlich gelegenen und 2006 ausgegrabenen Nordwestturm als Kuche genutzt Die gefundenen Gegenstande die Reste von bemaltem Wandputz und das gefundene Fensterglas lassen auf die Nutzung als Wohnhaus schliessen Das Haus hatte ein mit Ziegeln gedecktes Satteldach Durch den starken Hangdruck wurde ein Teil der Mauern um rund 40 cm verschoben Der Nordwestturm war quadratisch angelegt und hatte eine Hohe von rund 5 Metern Aufgrund des massiven Fundaments und der machtigen Versturzschicht muss das Gebaude mehrere Stockwerke hoch gewesen sein Der Turm hatte einen Fussboden aus Mortelestrich und war mit Dachziegeln gedeckt Museum BearbeitenVon den romischen Gebauden sind nur die Fundamente und Mauerfragmente erhalten geblieben Das Museum zeigt zum einen diese Ausgrabungen einschliesslich der originalen romischen Fussbodenheizung deren Grundstrukturen teilweise erhalten geblieben sind Zum anderen wird versucht durch Rekonstruktionen die Romerzeit lebendig zu machen In dem rekonstruierten Haupthaus sind Original Fundstucke aus dem Ausgrabungsgelande ausgestellt Im Obergeschoss kann man ein Triclinium besichtigen das Speisezimmer des Hausherrn in dem die Mahlzeiten im Liegen eingenommen wurden sowie die Schlafstatte eines Kindes Das Haupthaus wurde von 2005 bis Sommer 2006 erweitert um weitere Raume moglichst vollstandig darzustellen Bei diesen Arbeiten wurde der Innenhof uberdacht um die neuesten archaologischen Erkenntnisse umzusetzen nbsp Rekonstruierte Kapelle im TempelbezirkDes Weiteren wurden auf dem Gelande die Mahl und Backstube rekonstruiert Besucher konnen nach Voranmeldung dort Gerste zu Mehl mahlen und Fladenbrot backen so wie es die Romer taten In einem rekonstruierten Geratehaus konnen rekonstruierte Karren Wagen und Landwirtschaftsgerate der Romer besichtigt werden Eine weitere Hutte zeigt Spiele mit denen sich die romischen Kinder ausserhalb der Schulzeit vergnugten nbsp Rekonstruierte LatrinensprucheSogar die Latrine wurde wieder hergerichtet Die Romer pflegten ihr Geschaft in Gemeinschaft auf einem Reihenklosett sitzend zu verrichten Auch der Brauch die Latrinenwande mit Sinnspruchen und Parolen zu verzieren war schon zur Romerzeit gang und gabe Einige der damals ublichen Wandspruche wurden als Rekonstruktion angebracht nbsp rekonstruierter TempelbezirkDer untere Teil des Gelandes schliesslich gibt wiederum anhand von Fundstucken aus dem Gelande einen Einblick in die reichhaltige Gotter und Mythenwelt der Romer Neben den bekannten Grossgottheiten Jupiter Minerva und Mercurius huldigten die Bewohner auch den importierten Gottheiten unterworfener Volker beispielsweise dem persischen Lichtgott Mithras und der keltischen Pferdegottin Epona Des Weiteren spielten mindere Gottheiten wie die Glucksgottin Fortuna und die Fruchtegottin Herecura sowie der namenlose Genius des Hausherrn und die Matronen des Feldes eine wichtige Rolle in ihrem religiosen Kosmos Ansatz des Freilichtmuseums BearbeitenDas Freilichtmuseum beruht auf Grabungsfunden wie den Resten von Mauern der Hypocaust Heizung sowie vielfaltigen Einzelfunden wie Scherben Verputzresten Alltagsgegenstanden und behauenen Steinen Im Gegensatz zu vielen anderen Orten an denen nur die Mauern im Grabungszustand fixiert und die Fundgegenstande in einem Museum zusammengefasst wurden versucht das Romische Freilichtmuseum anhand wissenschaftlicher Befunde und Vorlagen beispielsweise aus Pompeji eine nach dem Stand der Archaologie wahrscheinliche Rekonstruktion von Gebauden auf den originalen Fundamenten wieder aufzubauen Diese Rekonstruktion beinhaltet auch Kopien von Funden anderer Orte So wurden beispielsweise in Stein Reste einer Jupitergigantensaule gefunden die aber nicht fur eine Rekonstruktion ausreichten Zur Erinnerung wurde eine Kopie der Jupitergigantensaule von Walheim aufgestellt Ziel dieser Form der Darstellung ist es ein moglichst konkretes Bild des Lebens in der damaligen Zeit fur die Besucher darzustellen Romerfest BearbeitenJedes zweite Jahr geradzahlig findet im August auf dem Gelande ein grosses Romerfest statt Dies ist laut Aussage der Veranstalter das grosste Romerfest nordlich der Alpen 3 4 Literatur BearbeitenHartmann Reim Grabung in einer romischen Gutsanlage bei Stein Gemeinde Hechingen Zollernalbkreis In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg 8 Jg 1979 Heft 4 S 149 154 PDF Stefan Schmidt Lawrenz Die romische Gutsanlage von Hechingen Stein Theiss Stuttgart 1999 Fuhrer zu archaologischen Denkmalern in Baden Wurttemberg 21 ISBN 3 8062 1484 0 Stefan Schmidt Lawrenz Das Romische Freilichtmuseum von Hechingen Stein Gluckler Hechingen 2008 ISBN 3 925012 50 8 Stefan Schmidt Lawrenz Hechingen Stein stolzer Grossbetrieb mit allem Drum und Dran In Vera Rupp Heide Birley Hrsg Landleben im romischen Deutschland Theiss Stuttgart 2012 ISBN 978 3 8062 2573 0 S 169 172 Hartmann Reim Die romische Gutsanlage bei Hechingen Stein Zollernalbkreis In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg 11 Jg 1982 Heft 4 S 171ff PDF Siehe auch BearbeitenListe europaischer Freilichtmuseen Liste von Villae rusticaeEinzelnachweise Bearbeiten Archaologen finden gewaltige Mauer aus der Romerzeit dpa Meldung in Hannoversche Allgemeine vom 17 August 2011 Neues bei der Villa Rustica Romischer Tempelbezirk in Hechingen eingeweiht In https www swr de swraktuell baden wuerttemberg Sudwestrundfunk Stuttgart 6 September 2021 abgerufen am 9 Januar 2022 Romerfest In zollernalb com 2020 abgerufen am 6 September 2022 Michael Sturm Beim Romerfest in Stein kampften Romer gegen Alemannen und Kelten In Schwabisches Tagblatt 28 August 2016 abgerufen am 6 September 2022 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Romisches Freilichtmuseum Hechingen Stein Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage des Freilichtmuseums Hechingen Stein48 37604 8 93505 Koordinaten 48 22 33 7 N 8 56 6 2 O Normdaten Korperschaft GND 2171500 2 lobid OGND AKS VIAF 159154914 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Romisches Freilichtmuseum Hechingen Stein amp oldid 225938929