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Radertierchen Rotifera veraltet Rotatoria sind 0 1 bis 0 5 Millimeter Acanthocephala bis 70 Zentimeter lange vielzellige Tiere mit genetisch festgelegter gleich bleibender Anzahl von Zellen Eutelie Am Kopf befinden sich bewegliche Wimpernkranze das Raderorgan Bislang sind weltweit etwa 2000 teilweise sehr verschiedene Arten beschrieben von denen etwa 550 in Deutschland vorkommen RadertierchenKeratella cochlearisSystematikohne Rang Vielzellige Tiere Metazoa ohne Rang Bilateriaohne Rang Urmunder Protostomia Stamm RadertierchenWissenschaftlicher NameRotiferaCuvier 1817 Inhaltsverzeichnis 1 Lebensraum 2 Morphologie 3 Ernahrung 4 Vermehrung und Lebenserwartung 5 Taxonomie 6 Fossilien 7 Belege 8 Literatur 9 WeblinksLebensraum Bearbeiten nbsp Extremophiles Radertierchen vom Rio Tinto SpanienRadertiere treten in vielen Lebensraumen auf Auf dem Land in Baumen in feuchtem Moos oder zwischen Bodenpartikeln sind sie ebenso zu Hause wie im Meer oder im Susswasser Dabei macht ihnen die Kalte der Antarktis ebenso wenig etwas aus wie die Hitze von Thermalquellen Die verschiedenen Radertiergattungen leben entweder dauerhaft an Pflanzen festsitzend oder freischwebend im Wasser oder Detritus Morphologie Bearbeiten source source source source source Radertierchen beim Jagen und Fressen Deutlich erkennbar ist der rhythmisch kontraktierende Kaumagen Mastax nbsp Radertierchen Gut zu erkennen die Augen das Raderorgan und der Kauer nbsp Radertierchen nbsp Radertierchen Ptygura pilulaDas Aussehen der Radertiere ist sehr vielgestaltig dennoch lasst sich der Korper grob in drei Abschnitte gliedern Kopf mit Raderorgan Das Raderorgan besteht aus Wimpernfeldern und oder Wimpernkranzen die fast standig in Bewegung sind Es dient zum einen der Fortbewegung und zum anderen dem Einstrudeln von Nahrungsteilchen Rumpf In der Mitte des Korpers befindet sich der Rumpf Bei manchen Arten ist der Rumpf versteift dann spricht man auch von der Verpanzerung Die Verpanzerung ruhrt nicht von einer Cuticula her sondern von der Sklerotisierung einer in der Rumpfepidermis befindlichen Schicht der dense layer Die Rumpfepidermis besteht nicht aus einzelnen Zellen sondern aus einem Syncytium das durch das Verschmelzen der Epidermiszellen entstanden ist Einige Radertiere etwa Macrochaetus collinsi weisen am Rumpf lange Stacheln auf Taphrocampa selenura wiederum besitzt eine klebrige Epidermis Die meisten Arten konnen Kopf und Fuss in den Rumpf einziehen Fuss Der Fuss des Radertiers hat zwei Anhange die Zehen Im Fuss befinden sich Klebedrusen die auf den Zehen munden Mit Hilfe der Klebdrusen kann sich das Radertier zeitweise oder dauerhaft an einen gewahlten Untergrund festheften Bei einigen planktischen Radertierchen etwa Asplanchna fehlt jedoch der Fuss Radertiere haben bedingt durch ihre Korperform verschiedene Moglichkeiten der Fortbewegung Gleiten schwimmen spannerartig kriechend mit den Wimpern des Kopfes laufend oder strudelnd Um Trockenzeiten uberstehen zu konnen geben bdelloide Radertiere einen Teil ihrer Korperflussigkeit ab und schrumpfen zu einer kugelformigen Gestalt zusammen In diesem sehr widerstandsfahigen Dauerstadium auch Trockenstarre genannt konnen sie bis zu vier Jahre uberleben Am Rumpf oder Fuss konnen einzelne Eier oder Eipakete hangen die eine ahnlich hohe Widerstandskraft gegen Umwelteinflusse haben wie die ausgewachsenen Tiere Der fur die Rotifera typische Kaumagen Mastax Pl Mastaces zeigt kieferartige komplexe Geruste aus einzelnen stabchen schild oder plattenformigen chitinhaltigen Hartteilen den sogenannten Trophi Sg Trophus Sie konnen gegeneinander bewegt werden und konnen je nach Form verschiedene Funktionen wie Einsaugen Zermahlen Zerquetschen oder Ergreifen von Beute wahrnehmen Bei den Monogononta sind die Trophi je nach Art stark unterschiedlich geformt und bilden ein wichtiges Merkmal zur genauen taxonomischen Bestimmung einzelner Arten Bei den Arten der Bdelloida zeigen sie unter den einzelnen Arten eine eher gleichartige Struktur es wird auch von den typischen ramaten Mastaces oder den ramaten Trophi der Bdelloida gesprochen englisch ramate trophi 1 Ernahrung BearbeitenDie meisten Arten ernahren sich von Algen oder Detritus Brachionus calyciflorus beispielsweise ernahrt sich von einzelligen Algen und Bakterien Es strudelt diese mit seinem Raderorgan herbei Lindia torulosa ernahrt sich von Cyanobakterien deren Faden sie mit dem Kauapparat abkneifen Es gibt aber auch rauberische Radertierchen wie die Floskularien Floscularia die sehr kleine Lebewesen und Partikel aus dem durch ihre Ruderorgane aufgewirbelten Wasser fangen oder die Cephalodella die ebenfalls rauberisch leben Pleurotrocha petromyzon ernahrt sich wiederum aasfressend von toten Wasserflohen 2 Die Collotheca Cupelopagis vorax aber auch Stephanoceros fimbriatus haben eine andere Jagdweise Sie fangen ihre Nahrung mittels weit aufgesperrten Trichtern am oberen Korperende Die beiden Arten der urtumlichen Gattung Seison leben im Meer als Parasiten auf Arten der Krebsgattung Nebalia Auch Susswasserformen wie Proales werden als Parasiten angesehen da sie in Algen wie Volvox und Vaucheria leben und sich von diesen ernahren Die Beziehungen zwischen Rauber und Beute konnen komplex sein Das Radertierchen Asplanchna brightwellii ernahrt sich rauberisch von Plankton darunter auch anderen Radertierchen der Gattung Brachionus In Wasser das Asplanchna enthalt entwickelt Brachionus lange Stacheln als Korperfortsatze die den Rauber beim Fangen behindern die Entwicklung dieser Stacheln wird nur durch den Rauber induziert und unterbleibt sonst Als auslosender Faktor konnte eine chemische Substanz vermutlich ein Peptid identifiziert werden die Asplanchna in das Wasser abgibt Solche Substanzen mit hormonahnlicher Wirkung auf eine andere Art werden Kairomone genannt 3 Vermehrung und Lebenserwartung BearbeitenDie verschiedenen Gattungen der Radertiere nehmen unterschiedliche Moglichkeiten der Fortpflanzung wahr Unter gunstigen Bedingungen meist in den Sommermonaten erfolgt eine eingeschlechtliche Fortpflanzung siehe auch Parthenogenese unter ungunstigen Bedingungen meist im Herbst findet die geschlechtliche Fortpflanzung statt Einige Arten wie etwa Adineta vaga sind in der Lage genetisches Material anderer Lebewesen in ihr Erbgut aufzunehmen was die Nachteile ausgleicht die sich aus ungeschlechtlicher Fortpflanzung ergeben Diese Fortpflanzungsstrategie wurde bei Radertierchen erstmals durch Eugene Gladyshev nachgewiesen 4 und war zuvor nur bei Bakterien bekannt Daruber hinaus verzichtet A vaga auf sexuelle Fortpflanzung und Meiose 5 Radertiere haben unterschiedliche Lebenserwartungen Der Durchschnitt liegt bei etwa einer Woche Im sibirischen Permafrostboden wurden Individuen der Gattung Adineta entdeckt die seit 24 000 Jahren in Kryptobiose uberlebt hatten und sich nach dem Auftauen durch Parthenogenese vermehrten Ihre Fahigkeiten ihre Zellen und Organe abzuschirmen und eine lange kryogene Konservierung zu uberleben sind von grossem Interesse fur Wissenschaftler Vor dieser Entdeckung waren die einzigen anderen Tiere von denen man wusste dass sie so lange uberleben konnen Spulwurmer die nach 42 000 Jahren wiedererweckt werden konnten 6 Taxonomie BearbeitenAls erster wissenschaftlicher Beobachter der Radertierchen gilt Antoni van Leeuwenhoek der die Radertiere mit seinem selbstgebauten Mikroskop beobachtete Da dessen Vergrosserung nicht sehr stark war konnte er die flimmernde Mundoffnung nur ungenau beobachten beschrieb jedoch ihr raderformiges Aussehen Heute werden die Radertierchen zwar weiterhin als Tierstamm akzeptiert nach phylogenetischen Untersuchungen sowohl der Morphologie als auch anhand von molekularbiologischen Vergleichen mussen jedoch die fruher ebenfalls als Tierstamm betrachteten Kratzwurmer Acanthocephala als Schwestergruppe der Bdelloida innerhalb der Radertierchen angesehen werden 7 8 Die umfassende Gruppe Rotifera i e S Seisonacea Acanthocephala wird gelegentlich Syndermata genannt die meisten Bearbeiter bevorzugen aber den Namen Rotifera im erweiterten Sinne fur diese Gruppierung zu gebrauchen Die Ordnung Seisonacea mit der einzigen Familie Seisonidae 2 Arten wird von einigen Systematikern als einzige Ordnung monotypisch in eine eigene Klasse Pararotatoria eingeordnet Innerhalb der Radertierchen werden folgende Verwandtschaftsverhaltnisse als eine der aktuellen Hypothesen angenommen Radertierchen Seisonacea N N Bdelloida und Kratzwurmer Acanthocephala MonogonontaFruher wurden die Radertierchen in eine Gruppe der Schlauchwurmer oder auch Rundwurmer Nemathelminthes gestellt ein Verlegenheits Taxon ohne klare Abgrenzung das in neueren Systematiken als nicht monophyletisch erkannt worden ist Neuere Untersuchungen auf morphologischer vor allem aber auf genetischer Basis 9 haben nun ubereinstimmend ergeben dass die Radertierchen mit zwei kleinen wenig bekannten Gruppen den Kiefermundchen Gnathostomulida und den Micrognathozoa mit der einzigen Art Limnognathia maerski eine Klade bilden die nach einem morphologischen Merkmal dem ahnlichen Feinbau des Kieferapparats Gnathifera Kiefertrager genannt worden ist Nachstverwandt waren die lange in ihrer Stellung ratselhaften Pfeilwurmer Chaetognatha Inzwischen wurde die fossile Art Amiskwia sagittiformis Walcott 1911 aus dem mittelkambrischen kanadischen Burgess Schiefer als mogliche morphologische Zwischenform ausgemacht 10 Die Zusammengehorigkeit der Gruppen wird auch durch den ubereinstimmenden Bau der fur die Entwicklung wichtigen Hox Gene unterstutzt 11 Der Stamm der Rotifera umfasst etwa 2030 Arten von denen 1570 Arten auf die Unterklasse der Monogononta entfallen Die weitere Untergliederung ist nach heutigen Kenntnisstand wie folgt 12 13 Klasse Eurotatoria de Ridder 1957 Unterklasse Bdelloidea Hudson 1884 14 Funf Familien 461 Arten Alle Arten vermehren sich durch Parthenogenese Habrotrochidae Harring 1913 Philodinidae Ehrenberg 1838 Adinetidae Hudson amp Gosse 1889 Philodinavidae Harring 1913 Coronistomidae Orstan 2021 Unterklasse Monogononta Plate 1889 1570 Arten Asciaporrectidae 15 Asplanchnidae Eckstein 1883 Brachionidae Ehrenberg 1838 Clariaidae Kutikova Markevich amp Spiridonov 1990 Conochilidae Harring 1913 Dicranophoridae Harring 1913 Epiphanidae Harring 1913 Euchlanidae Ehrenberg 1838 Gastropodidae Harring 1913 Ituridae Harring amp Myers 1928 Lecanidae Remane 1933 Lepadellidae Harring 1913 Lindiidae Hudson amp Gosse 1886 Microcodidae Hudson amp Gosse 1886 Mytilinidae Harring 1913 Notommatidae Hudson amp Gosse 1886 Proalidae Harring amp Myers 1924 Scaridiidae Muller 1786 Synchaetidae Hudson amp Gosse 1886 Trichocercidae Harring 1913 Trichotriidae Harring 1913 Trochosphaeridae Harring 1913 16 Klasse Pararotatoria Sudzuki 1964 Ordnung Seisonacea Wesenberg Lund 1899 alle drei Arten sind Meeresbewohner 17 Seisonidae Wesenberg Lund 1899Fossilien BearbeitenDas einzige bekannte Fossil aus dem Stamm Rotifera stellt der Fund eines Vertreters der Klasse Bdelloidea Ordnung Bdelloida in tertiarem Dominikanischen Bernstein dar Zugleich liefert dieser Fund den Beweis dass Parthenogenese seit mindestens 25 bis 40 Millionen Jahren existiert 18 Belege Bearbeiten Alois Herzig et al Hrsg Rotifera X Rotifer Research Trends New Tools and Recent Advances Proceedings of the Xth International Rotifer Symposium held in Illmitz Austria 7 13 June 2003 Springer Dordrecht 2005 ISBN 978 1 4020 4408 3 Heinz Streble Dieter Krauter Das Leben im Wassertropfen Mikroflora und Mikrofauna des Susswasser Ein Bestimmungsbuch Franckh Kosmos Verlag Stuttgart 2008 ISBN 978 3 440 11966 2 John J Gilbert Kairomon induced Morphological Defenses in Rotifers Chapter 7 in Ralph Tollrian C Drew Harvell editors The Ecology and Evolution of Inducible Defenses Princeton University Press 1999 ISBN 0 691 01221 0 Eugene A Gladyshev Matthew Meselson Irina R Arkhipoval Massive Horizontal Gene Transfer in Bdelloid Rotifers In Science 320 Jahrgang Nr 5880 30 Mai 2008 S 1210 1213 doi 10 1126 science 1156407 sciencemag org Jean Francois Flot Boris Hespeels u a Genomic evidence for ameiotic evolution in the bdelloid rotifer Adineta vaga In Nature 500 2013 S 453 457 doi 10 1038 nature12326 Lyubov Shmakova Stas Malavin Nataliia Iakovenko Tatiana Vishnivetskaya Daniel Shain A living bdelloid rotifer from 24 000 year old Arctic permafrost In Current Biology Band 31 Nr 11 Juni 2021 ISSN 0960 9822 S R712 R713 doi 10 1016 j cub 2021 04 077 James R Garey Thomas J Near Michael R Nonnemacher Steven A Nadler Molecular evidence for Acanthocephala as a subtaxon of Rotifera Journal of Molecular Evolution 43 3 1996 Seiten 287 292 doi 10 1007 BF02338837 Martin Garcia Varela Gerardo Perez Ponce de Leon Patricia de la Torre Michael P Cummings S S S Sarma Juan P Laclette Phylogenetic Relationships of Acanthocephala Based on Analysis of 18S Ribosomal RNA Gene Sequences Journal of Molecular Evolution 50 6 2000 Seiten 532 540 doi 10 1007 s002390010056 Ferdinand Marletaz Katja T C A Peijnenburg Taichiro Goto Noriyuki Satoh Daniel S Rokhsar 2019 A New Spiralian Phylogeny Places the Enigmatic Arrow Worms among Gnathiferans Current Biology 29 312 318 doi 10 1016 j cub 2018 11 042 JakobVinther amp Luke A Parry 2019 Bilateral Jaw Elements in Amiskwia sagittiformis Bridge the Morphological Gap between Gnathiferans and Chaetognaths Current Biology 29 5 R152 R154 doi 10 1016 j cub 2019 01 052 Andreas C Frobius amp Peter Funch 2017 Rotiferan Hox genes give new insights into the evolution of metazoan bodyplans Nature Communications 8 Article number 9 open access Th Nogrady Terry W Snell Claudia Ricci Rotifera biology ecology and systematics 2nd ed Auflage Kenobi Productions Ghent 2006 ISBN 90 804341 7 5 Hendrik Segers Annotated checklist of the rotifers Phylum Rotifera with notes on nomenclature taxonomy and distribution Magnolia Press Auckland N Z 2007 ISBN 978 1 86977 129 4 Josef Donner Ordnung Bdelloidea Rotatoria Radertiere In Bestimmungsbucher zur Bodenfauna Europas volume 6 Akademie Verlag 1965 W H De Smet Asciaporrectidae a new family of Rotifera Monogononta Ploima with description of Asciaporrecta arcellicola gen et sp nov and A difflugicola gen et sp nov inhabiting shells of testate amoebae Protozoa In Zootaxa Band 1339 2006 S 31 49 World Register of Marine Species Abgerufen am 4 Juli 2021 englisch M V Sorensen H Segers P Funch On a new Seison Grube 1859 from coastal waters in Kenya with a reappraisal of the classification of Seisonida Rotifera In Zoological Studies Band 44 Nr 1 2005 S 34 43 George O Poinar Jr Life in Amber 350 S 147 Fig 10 Tafeln Stanford University Press Stanford Cal 1992 ISBN 0 8047 2001 0Literatur BearbeitenRudolf Drews Mikroskopieren als Hobby Falken Verlag ISBN 3 8068 1197 0 Wilhelm Eigener Enzyklopadie der Tiere Nikol Verlag Hamburg ISBN 3 933203 98 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Radertierchen Rotifera Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Rotifer World Catalog by Jersabek C D amp Leitner M F Microfauna und Microflora im Gartenteich 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