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Die Prufeninger Weiheinschrift ist eine hochmittelalterliche Inschrift die 1119 uber dreihundert Jahre vor Johannes Gutenberg nach dem typographischen Prinzip erzeugt wurde 1 Die Inschriftenplatte steht im Kloster Prufening in Regensburg Bayern Prufeninger Weiheinschrift Ihr Text wurde mittels Einbuchstabenstempel geschaffen Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Typographie 2 1 Weitere mittelalterliche Techniken 3 Wortlaut 4 Einzelnachweise 5 Literatur 6 WeblinksBeschreibung BearbeitenDie lateinische Inschrift befindet sich an ihrem ursprunglichen Ort im Kloster Prufening einer ehemaligen Benediktinerabtei sie enthalt die Weihe fur die von den Bischofen Hartwig von Regensburg und Otto von Bamberg zu Ehren des Heiligen Georg errichtete Klosterkirche Die an einem der Kirchenpfeiler befestigte Inschriftenplatte gibt das Jahr der Kirchweihe und damit ihr eigenes Entstehungsdatum mit 1119 MCXVIIII an Die rot weiss ubermalte von einem Riss durchlaufene Platte besteht aus gebranntem Ton und ist ca 26 cm breit 41 cm hoch und 3 cm dick Die Schriftart ist die klassisch romische Monumentalschrift die Buchstabenbilder sind vertieft Kopien der Platte befinden sich in mehreren deutschen Museen darunter im Gutenberg Museum in Mainz 2 Typographie BearbeitenDas ungewohnlich scharfe Schriftbild der Inschrift hat in der Epigraphik immer wieder zu der Vermutung gefuhrt dass die Buchstaben nicht per Hand in den Ton eingeritzt wurden 3 Der typographische Charakter der Inschrift konnte schliesslich in einer systematischen Untersuchung des Textkorpers durch den Schriftsetzer und Sprachwissenschaftler Herbert Brekle eindeutig nachgewiesen werden 4 Demnach handelt es sich um eine Fruhform des Buchdrucks wie er bereits bei der Phaistos Scheibe zur Anwendung gekommen war Der 17 zeilige Text wurde mittels einzelner Buchstabenstempel vermutlich aus Holz in den noch weichen Ton gedruckt wobei fur jeden Buchstaben der mehr als einmal vorkam derselbe Stempel erneut verwendet wurde 5 Damit ist das massgebliche typographische Kriterium erfullt namlich die durchgangige Wiederverwendung von Lettern zur Texterstellung 5 Dabei ist es unerheblich dass die Prufeninger Inschrift durch Eindrucken in den Ton und nicht wie spater von Gutenberg praktiziert Drucken auf Papier hergestellt wurde da weder die technische Ausfuhrung noch das Material des Bedruckkorpers den Druck mit beweglichen Lettern definieren sondern das Kriterium der Typidentitat 6 Das entscheidende Kriterium das ein typographisch hergestellter Druck erfullen muss ist jenes der Typidentitat der jeweils im gedruckten Text erscheinenden Buchstabenformen Mit anderen Worten alle im Text auftauchenden Buchstabenformen mussen sich jeweils als Exemplare tokens ein und desselben Buchstabentyps eben der Type oder Letter die ein seitenverkehrtes Bild des gedruckten Buchstabens zeigt erweisen Durch Ubereinanderprojizieren der im Text vorkommenden Buchstaben also z B aller A ubereinander bei starker Vergrosserung konnte die durchgehende Typidentitat der Prufeninger Weiheinschrift zweifelsfrei demonstriert werden 5 Ein zusatzlicher Hinweis darauf dass der Erschaffer der Inschrift mit wiederverwendeten Lettern gearbeitet hat ist die auffallige Neigung mancher Buchstaben nach rechts oder links in diesen Fallen war es ihm nicht gelungen die Buchstabenstempel vollig parallel zu den Seitenrandern der Platte aufzusetzen 5 Das Indiz der verwackelt eingedruckten Lettern aber vor allem die Erfullung des Typ Exemplar Kriteriums beweisen die typographische Herstellungsart der Prufeninger Weiheinschrift zweifelsfrei 1 Ein in der Nahe des Prufeninger Klosters gefundenes Fragment einer weiteren Inschriftentafel deutet darauf hin dass die Weiheinschrift keinen Einzelfall darstellte sondern die typographische Herstellungsart zumindest im lokalen Umfeld haufiger zur Anwendung gekommen sein muss 7 Weitere mittelalterliche Techniken Bearbeiten Im Dom der italienischen Stadt Cividale steht der silberne Altaraufsatz des Pilgrim II von circa 1200 dessen lateinische Inschrift mit Hilfe einzelner Buchstabenpunzen eingeschlagen wurde 8 Neben der Stempel und der Punzentechnik ist noch eine weitere typographische Technik bekannt In der heute zerstorten Chertsey Abbey in England fanden sich Reste eines aus Buchstabenziegeln zusammengesetzten Pflasters das im 13 Jahrhundert nach dem Scrabble Prinzip verlegt wurde 9 Die Technik ist auch fur das Kloster Zinna bei Berlin und das niederlandische Kloster Aduard dokumentiert 10 Wortlaut BearbeitenDer lateinische Wortlaut der Inschrift lautet mit ausgeschriebenen Abkurzungen 11 Anno domini MCXVIIII IIII idus mai consecratum est hoc monasterium in honore sancti Georgii a venerabilibus episcopis Ratisponensi Hartwico Bambergensi Ottone Continentur in principali altari de ligno Domini reliquiae sanctae Mariae apostolorum Petri et Pauli Andreae Mathei Marci evangelistarum Barnabae sanctorum martyrum Stephani protomartyris Clementis Dionysii Rustici Eleutherii Laurentii Vincentii Sebastiani Crisogoni Pancratii sanctorum confessorum Ermachorae Fortunati Salini Albini Fursei Gundolfi Drudonis Juventii sanctarum virginum Genofevae Gratae Columbae Glodesindis In der deutschen Ubersetzung Im Jahre des Herrn 1119 am Tag 4 vor den Iden des Mai ist dieses Munster konsekriert worden zu Ehren des hl Georg von den verehrungswurdigen Bischofen Hartwig von Regensburg und Otto von Bamberg Es sind enthalten im Hauptaltar Reliquien vom Kreuzesholz des Herrn der hl Maria der Apostel Petrus Paulus und Andreas der Evangelisten Matthaus und Markus des Barnabas der hl Martyrer Stephanus des Erzmartyrers des Clemens des Dionysius des Rusticus 12 des Eleutherius 12 des Laurentius des Vincentius des Sebastian des Chrysogonus des Pancratius der hl Bekenner der Ermachora des Fortunatus des Salinus des Albinus des Furseus des Gundolf des Drudo des Juventinus der hl Jungfrauen Genoveva Grata Columba Glodesindis Einzelnachweise Bearbeiten a b Brekle 2005 S 25 Mit diesen Beobachtungen und Schlussfolgerungen ist die typographische Herstellungsart der Prufeninger Weiheinschrift zweifelsfrei nachgewiesen Es ist gezeigt worden dass das typographische Prinzip d h Buchstaben typen in welcher materiellen Manifestation auch immer in notwendigerweise jeweils immer gleichen typidentischen Formen auf einem Drucktrager in Zeilen aneinandergereiht abzubilden im Kloster Prufening im Jahre 1119 verwirklicht worden war Brekle 2005 S 7 11 Hupp 1906 S 185f Abb Lehmann Haupt 1940 S 96f Brekle 2005 Brekle 1997 S 62f a b c d Brekle 2005 S 22 25 Brekle 2005 S 23 Brekle 1995 S 25f Lipinsky 1986 S 78 80 Koch 1994 S 213 Brekle 2011 S 19 Lehmann Haupt 1940 S 96f Klamt 2004 S 195 210 Meijer 2004 Brekle 2005 S 8 a b Begleiter des Dyonisius von ParisLiteratur BearbeitenBrekle Herbert E 1995 Eine weitere Spur einer typographischen Werkstatt beim Kloster Prufening im 12 Jahrhundert PDF 8 MB in Gutenberg Jahrbuch Bd 70 S 23 26 Brekle Herbert E 1997 Das typographische Prinzip Versuch einer Begriffsklarung in Gutenberg Jahrbuch Bd 72 S 58 63 PDF Brekle Herbert E 2005 Die Prufeninger Weiheinschrift von 1119 Eine palaographisch typographische Untersuchung kurze Zusammenfassung Memento vom 1 Oktober 2011 im Internet Archive Scriptorium Verlag fur Kultur und Wissenschaft Regensburg ISBN 3 937527 06 0 Hupp Otto 1906 Die Prufeninger Weiheinschrift von 1119 in Studien aus Kunst und Geschichte Festschrift fur Friedrich Schneider Herder Freiburg i Br S 185f Abb Lehmann Haupt Hellmut 1940 Englische Holzstempelalphabete des XIII Jahrhunderts in Gutenberg Jahrbuch S 93 97Weitere mittelalterliche Techniken Brekle Herbert E 2011 Die typographische Herstellungstechnik der Inschriften auf dem silbernen Altaraufsatz im Dom von Cividale Regensburg Klamt Christian 2004 Letters van baksteen in een cistercienzerklooster het Ave Maria te Zinna in Stuip R E V Hrsg Meer dan muziek alleen in memoriam Kees Vellekoop Uitgeverij Verloren Utrechtse bijdragen tot de medievistiek Bd 20 Hilversum ISBN 90 6550 776 0 S 195 210 Koch Walter 1994 Literaturbericht zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Epigraphik 1985 1991 Monumenta Germaniae Historica Hilfsmittel Bd 14 Munchen ISBN 978 3 88612 114 4 S 213 Lipinsky Angelo 1986 La pala argentea del Patriarca Pellegrino nella Collegiata di Cividale e le sue iscrizioni con caratteri mobili in Ateneo Veneto Bd 24 S 75 80 Meijer Frank 2004 De stenen letters van Aduard 2 Aufl Omnia Uitgevers Groningen ISBN 978 90 75354 08 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kloster Prufening Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Ehemalige Klosterkirche St Georg der fruheren Benediktinerabtei Prufening Regensburg Memento vom 9 Marz 2014 im Internet Archive auf der Website des Bistums Regensburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prufeninger Weiheinschrift amp oldid 215171965