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Der Phonix Skandal im Jahr 1936 war ein osterreichischer Versicherungsskandal der das austrofaschistische Schuschnigg Regime zutiefst erschutterte einer der Ausloser einer Regierungsumbildung wurde und mit zum Juliabkommen beitrug durch das Osterreich in starkste Abhangigkeit von NS Deutschland geriet Die osterreichische Finanzmarktaufsichtsbehorde bezeichnete diesen Skandal ruckblickend als absoluten Tiefpunkt in der Geschichte der osterreichischen Versicherungswirtschaft 1 Inhaltsverzeichnis 1 Verlauf 1 1 Fall 2 Literatur 3 Siehe auch 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseVerlauf Bearbeiten nbsp Interimsschein einer Aktie der Azienda vom 13 Mai 1882Das 1882 unter dem Namen Azienda gegrundete Lebensversicherungs Unternehmen ubernahm 1889 die Geschafte und den Namen der 1860 durch die Dresdner Feuer Versicherung gegrundeten Osterreichischen Phonix Die Lebensversicherungs Gesellschaft PHONIX 2 auch als Phonix Leben bekannt war ein Versicherungsanbieter der selbst Mitglieder des Kaiserhauses zu seinen Kunden gezahlt hatte Wahrend des Ersten Weltkriegs erzielte das Unternehmen grosses Wachstum nicht zuletzt dadurch dass sein Leiter Wilhelm Berliner die sogenannte Kriegsteilnehmerversicherung geschaffen hatte Diese sollte die Versorgung der Hinterbliebenen von im Krieg gefallenen Soldaten sichern Ungeachtet des Zusammenbruchs der Habsburgermonarchie konnte Phonix nach 1918 seine Position in den Nachfolgestaaten starken und somit die ersten schwierigen Nachkriegsjahre uberwinden Ab 1925 war das Unternehmen weiterhin geleitet von Wilhelm Berliner wieder auf Expansionskurs In der Zwischenkriegszeit wuchs es zu Osterreichs einzigem transnationalen Konzern heran und war zuletzt in 23 Landern tatig Durch aggressive Verkaufsmethoden und eine Serie von Ubernahmen wurde der Phonix in seiner Branche die Nummer 3 nach anderen Quellen sogar die Nummer 2 in Europa Berliner pflegte hervorragende Kontakte zur osterreichischen Regierung zu den Heimwehren zur monarchistischen ebenso wie zur sozialdemokratischen Bewegung Er finanzierte wie sich spater herausstellen sollte mit etwa gleichen Betragen sowohl judische als auch NS Organisationen Geruchte uber Schwierigkeiten bei Phonix gab es um die Mitte der 1930er Jahre schon einige Zeit die Weltwirtschaftskrise hatte ihre Auswirkungen auch auf den Deckungsstock des Unternehmens Ausserdem machte der Zusammenbruch der Creditanstalt vom 11 Mai 1931 dem Unternehmen zu schaffen In der Art und Weise der Geschaftsfuhrung sind weitgehende Parallelen zwischen dem Zusammenbruch der beiden Unternehmen festzustellen Wie die Creditanstalt hatte auch die Phonix Versicherung nach dem Zusammenbruch der Monarchie eine gefahrliche Expansionsstrategie in den Nachfolgestaaten verfolgt und damit ihre finanziellen Krafte uberspannt sowie gewagte Spekulationsgeschafte betrieben die durch Bestechungen verschleiert worden waren 3 Die Unternehmensleitung schaffte es aber diese Geruchte immer wieder zu zerstreuen offenbar auch durch Bestechung von einflussreichen Journalisten einerseits regular in Form von Inseraten hypertrophe Ausgestaltung des Werbeapparates nannte das die Amtliche Nachrichtenstelle andererseits in Form von diskret uberreichten Geldkuverts Ausserdem machte es sich die Geschaftsleitung angelegen ein gutes Verhaltnis zur Versicherungsaufsichtsbehorde und zu den politisch fuhrenden Instanzen zu bewahren Unter anderem fungierte der ehemalige Bundeskanzler Carl Vaugoin als Prasident des Verwaltungsrates des Konzerns Angesichts der gegen die osterreichische Fremdenverkehrswirtschaft gerichteten Tausend Mark Sperre schuf Berliner eine eigene Abteilung des Phonix zur Unterstutzung des heimischen Tourismus Als Wilhelm Berliner am 17 Februar 1936 an den Folgen einer nachlassig behandelten Mittelohrentzundung verstarb loste die Nachricht eine Welle des Bedauerns im In und Ausland um diesen hoch geschatzten Versicherungsfachmann aus Das Begrabnis am 20 Februar wurde noch als grosses gesellschaftliches Ereignis begangen allerdings ohne Teilnahme aktiver Regierungsmitglieder Fall Bearbeiten nbsp Gesetz zum Schutze des deutschen Geschafts der Lebensversicherungs Gesellschaft Phonix in Wien Deutsches Reich 1936 Doch nur wenige Wochen danach brach die Phonix Versicherung zusammen Wie aus dem Nichts waren riesige Locher in den Bilanzen und Sicherungsfonds aufgebrochen Der Phonix hatte eine waghalsige Dumpingpolitik betrieben bei der den Versicherten Vertrage angeboten wurden die kaum wirtschaftlich sein konnten Die Personlichkeit Berliners und seine politischen Beziehungen hatten grobe Unzulanglichkeiten in der Gebarung zugedeckt Der so angesehene Versicherungsexperte tauschte die Aufsicht indem er zu Prufungen bei einer seiner mehr als dreissig Gesellschaften im In und Ausland stets hochstpersonlich anreiste im Aktenkoffer immer dieselben Wertpapiere die er einmal in Wien und ein anderes Mal in Berlin oder woanders in seinem Versicherungsimperium als vermeintliche Sicherheit prasentierte Moglicherweise halfen auch Bestechungen an hohe Beamte und die Leiter der osterreichischen und der tschechoslowakischen Versicherungsaufsicht Zum Nachfolger Berliners wurde mit 24 Februar 1936 Eberhard Reininghaus bestellt Dieser Versicherungsmann spater 1945 1950 Chef der Munchener Ruckversicherungs Gesellschaft erkannte in der Folge das ganze Ausmass der Katastrophe nachdem er am 28 Februar 1936 von der Kasse der Versicherung erfahren hatte dass keine Mittel fur die Lohnauszahlungen vorhanden war Am 29 Februar erhielt Reininghaus vom Chefbuchhalter Eduard Hanny in einem verschlossenen Kuvert die korrekten Bilanzen und schaltete den Prasidenten der Nationalbank und den Finanzminister ein Zwar wurde erst Ende Februar der Finanzminister von der richtigen Bilanz offiziell benachrichtigt die Mitglieder der osterreichischen Bundesregierung wussten aber moglicherweise schon fruher uber die Lage bei der Phonix Leben Bescheid Bereits im Jahr 1929 betrug das Defizit 80 Millionen Schilling Phonix half sich mit verspatet vorgelegten unvollstandigen undurchschaubaren letztlich gefalschten Bilanzen Im Jahr 1936 als alles aufflog hatte das Defizit 250 Millionen Schilling erreicht funf Prozent des osterreichischen Volkseinkommens von 1936 Nicht weniger als 330 000 Osterreicher waren zu diesem Zeitpunkt beim Phonix lebensversichert Der Regierung wurde klar dass sie rasch handeln musste Die Politik reagierte mit einer Welle neuer noch strengerer gesetzlicher Vorschriften Mittels mehrerer Bundesgesetze vom 25 Marz 1936 wurde eine Reform des Privatversicherungswesens in Osterreich vorgenommen die im Wesentlichen auf eine Auffanggesellschaft fur die Phonix Versicherung hinauslief Die Anspruche der Phonix Versicherten wurden zwar in einer konzertierten Aktion der Versicherungswirtschaft aufgefangen letztlich mussten aber nicht nur die Phonix Versicherten sondern fast alle Versicherungskunden einschneidende Leistungskurzungen hinnehmen Dennoch musste uber die Phonix Versicherung der Konkurs eroffnet werden und 1300 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz Der ehemalige Finanzminister und damalige Nationalbankprasident Viktor Kienbock versuchte am 24 April 1936 die aufgebrachte Offentlichkeit zu beruhigen Es wurde in der Folge auch ruchbar dass Berliner das Wohlwollen der osterreichischen Behorden durch Bestechung gewonnen haben durfte Es gab in der Folge mehrere Selbstmorde Sektionschef Heinrich Ochsner von der Versicherungsaufsichtsbehorde erschoss sich nach Ladung zur Einvernahme am 28 Marz im Inundationsgebiet der Donau Der Journalist Ernst Klebinder beging am 7 Mai 4 in Abbazia mit Zyankali Selbstmord Eine am 29 April 1936 in den zahlreichen grosseren Tageszeitungen z B Wiener Zeitung Reichspost veroffentlichte amtliche Mitteilung uber den Phonix Skandal nannte auch etliche Empfanger von Geldleistungen Ob diese Liste vollstandig war ist umstritten Die in diesem Fall ungewohnlich gut informierte offenbar uber Insider Informationen verfugende Brunner Arbeiter Zeitung das Zentralorgan der exilierten Sozialdemokraten nannte etwa auch den Minister Josef Dobretsberger unter den Nehmern Das amerikanische Time Magazine vom 11 Mai 1936 wertete den Phonix Skandal vorrangig als Instrument im Machtkampf Kurt Schuschniggs gegen den in die Affare verwickelten Heimwehrfuhrer Starhemberg Dieser musste bei der Umbildung der Regierung auch seinen Posten als Vizekanzler raumen Auch einige Minister verschwanden in der Versenkung und der plotzliche Tod des ehemaligen Kanzlers Karl Buresch im September 1936 wurde ebenfalls mit dem Phonixskandal in Verbindung gebracht Zur Sanierung des akut vom Konkurs bedrohten Versicherungsunternehmens wurde die Osterreichische Versicherungs Aktien Gesellschaft OVAG gegrundet die gesamte Versicherungswirtschaft und ihre inlandischen Kunden mussten aufgrund der Sondergesetzgebung betrachtliche Opfer bringen Es kam zu erheblichen Leistungskurzungen die alle Versicherungskunden nicht nur jene des Phonix trafen fur die Auslandskunden des Phonix wurde von osterreichischer Seite keine Vorsorge getroffen Die politischen Gegner des autoritaren Regimes das sich als christlicher Standestaat verstand namentlich die im Februaraufstand 1934 geschlagenen Sozialisten aber auch die politische Rechte die versuchte aus dem Skandal antisemitischen Profit zu ziehen zogen Vorteile aus dieser Situation Das Ansehen der Regierung Schuschnigg wurde weiter ausgehohlt wodurch die illegale nationalsozialistische Bewegung in Osterreich weiteren Auftrieb erhielt Der Skandal galt als Beweis fur die Verderbtheit und die Bestechlichkeit der schlappen Ostmarker In der Vergangenheit hatte die NSDAP allerdings in Osterreich und im Deutschen Reich selbst Zahlungen der Phonix angenommen 5 Die massive Verscharfung der Aufsichtsgesetze infolge des Phonix Skandals kam kaum mehr zum Tragen Am 12 Marz 1938 marschierten Hitlers Truppen in Osterreich ein Das osterreichische Recht wurde ruckwirkend mit 1 Marz durch jenes des Deutschen Reiches ersetzt dessen Versicherungsaufsichtsgesetz VAG von strengster und striktester Staatsaufsicht gepragt war Literatur BearbeitenIsabella Ackerl Der Phonix Skandal in Wissenschaftliche Kommission des Theodor Korner Stiftungsfonds und des Leopold Kunschak Preises zur Erforschung der Osterreichischen Geschichte der Jahre 1927 bis 1938 Hg Das Juliabkommen von 1936 Vorgeschichte Hintergrunde und Folgen Protokoll des Symposiums in Wien am 10 und 11 Juni 1976 Oldenbourg Verlag 1976 S 241 ff ISBN 3 486 44641 X Andrea Hodoschek Das Image der osterreichischen Versicherungswirtschaft zwischen 1918 und 1938 In Wolfgang Rohrbach Hrsg Versicherungsgeschichte Osterreichs Band III Wien Holzhausen 1988 Hans Urbanski Aus dem Milieu des Versicherungswesens Erste Republik In Wolfgang Rohrbach Hrsg Versicherungsgeschichte Osterreichs Band III Wien Holzhausen 1988 Illegale Arbeiter Zeitung Brunn April bis September 1936 Kurt Bauer Diskrete Gebarung In Die Presse Spectrum 6 Mai 2006 1 PDF 87 kB Hans H Lembke Phonix Wiener und Berliner Aufstieg und Sturz eines europaischen Versicherungskonzerns Springer VS Wiesbaden 2016 ISBN 978 3 658 10973 8 Siehe auch BearbeitenFinanzmarktaufsicht Liste von Unternehmenszusammenbruchen und skandalenWeblinks Bearbeitenhttp www kurt bauer geschichte at Lebenserinnerungen von Franz Dungl erneut abgerufen am 3 April 2013 Fruhe Dokumente und Zeitungsartikel zur Lebensversicherungs Gesellschaft Phonix in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten 125 Jahre Versicherungsaufsicht in Osterreich Ein kurzer Abriss einer langen Geschichte in Die Versicherungsrundschau Nr 10 2005 S 256 Judische Wochenschrift Die Wahrheit XLVIII Jahrgang Wien 17 Juni 1932 Nummer 25 S 5 Memento vom 28 Dezember 2013 im Internet Archive PDF 2 3 MB Inserat der Lebensversicherungs Gesellschaft PHONIX mit Bilanzdaten abgerufen am 3 April 2013 Walter Goldinger Dieter A Binder Geschichte der Republik Osterreich 1918 1938 Verlag fur Geschichte und Politik Wien Munchen 1992 ISBN 3 7028 0315 7 S 252f Politika Belgrad 9 Mai 1936 Walter Goldinger amp Dieter A Binder Geschichte der Republik Osterreich 1918 1938 Verlag fur Geschichte und Politik Wien Munchen 1992 ISBN 3 7028 0315 7 S 253 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Phonix Skandal amp oldid 237059623