www.wikidata.de-de.nina.az
Parteienvielfalt auch Politische Fragmentierung oder Parteienzersplitterung genannt tritt ein wenn im Mehrparteiensystem einer parlamentarischen Demokratie vergleichsweise viele politische Parteien in einem Parlament vertreten sind Der Grund kann eine niedrige oder fehlende Sperrklausel bei einer Verhaltniswahl sein Regierungen werden oft aus Koalitionen von mehren verschiedenen Parteien gebildet Betroffen von dieser Parteienvielfalt ist in erster Linie die Legislative das Parlament Bei einem parlamentarischen Regierungssystem hat sie auch Auswirkungen auf die Exekutive die Regierung Die Parteienvielfalt kann durch effektive Parteienzahl gemessen werden Splitterpartei ist in diesem Zusammenhang eine mitunter abwertende Bezeichnung fur eine Kleinpartei Es fehlt jedoch eine allgemein akzeptierte Definition ab wann eine Partei eine Splitterpartei ist und ab wie vielen Parteien man von einem zersplitterten Parteiensystem reden kann Inhaltsverzeichnis 1 Deutschland 1 1 Weimarer Republik 1 2 Bundesrepublik Deutschland 2 Europaisches Parlament 3 Frankreich 4 Niederlande 5 Italien 6 Griechenland 7 Schweiz 8 EinzelnachweiseDeutschland Bearbeiten Hauptartikel Geschichte der Parteien in Deutschland Die Wurzeln des deutschen Parteiensystems liegen in der Mitte des 19 Jahrhunderts Schon damals auch in Mehrheitswahlsystemen kam es zu einer recht grossen Anzahl von Parteien Im ersten Deutschen Reichstag von 1871 waren mehr als zehn Parteien vertreten Weimarer Republik Bearbeiten In Deutschland wird der Begriff der Parteienzersplitterung eng mit der Weimarer Republik verbunden Durch das in der Weimarer Verfassung festgelegte Verhaltniswahlrecht und das Fehlen einer 5 Prozent Klausel wie sie in der Bundesrepublik Deutschland gilt gelang es vielen kleinen und kleinsten Parteien in den Reichstag einzuziehen Die neuere Forschung zur Weimarer Republik relativiert inzwischen die Bedeutung dieser Parteienzersplitterung fur den Untergang der Weimarer Republik Der Wahlforscher Dieter Nohlen denkt an soziale und wirtschaftliche Faktoren Zur Parteienzersplitterung habe die Verhaltniswahl beigetragen den Parteienpartikularismus habe es wegen sozialer und weltanschaulicher Trennlinien aber schon im Kaiserreich gegeben Die Verhaltniswahl habe solchen Faktoren Rechnung getragen aber den Partikularismus nicht verursacht 1 Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten nbsp CDU Plakat gegen die Parteienzersplitterung aus dem NRW Landtagswahlkampf 1950Als eine der Ursachen fur das Versagen der anderen burgerlichen Parteien gegenuber dem Nationalsozialismus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Parteienzersplitterung im burgerlichen Lager diskutiert Insbesondere die konfessionelle Spaltung der Parteien wurde als Grund dafur wahrgenommen dass die demokratischen Parteien rechts von der SPD den Nationalsozialisten nicht wirksam entgegengetreten waren Aus diesem Grund wurde die CDU ausdrucklich als Union also als Zusammenschluss aller burgerlichen Krafte konzipiert 2 Auch bedingt durch das Wahlrecht der Bundesrepublik gelang es der Union im Laufe der folgenden zehn Jahre die anderen burgerlichen Parteien ausser der FDP zu integrieren oder zu marginalisieren Ulrich von Alemann pragte hierzu die Begriffe Parteienwunder und Wahlwunder Europaisches Parlament BearbeitenIm Europaischen Parlament sitzen nach der Europawahl 2019 ganze 206 Parteien 3 Ein System von Fraktionen hilft bei der Arbeit des Europaischen Parlaments Frankreich BearbeitenFrankreich hat von alters her das Mehrheitswahlsystem mit absoluter Mehrheit notfalls durch eine Stichwahl im Wahlkreis Eine Ausnahme bildete nur die Parlamentswahl von 1986 In diesem Wahlsystem ist es dennoch moglich dass eine grossere Anzahl von Parteien in das Parlament gelangt Bei den Parlamentswahlen bilden sich meist ein linker bzw ein rechter Block das heisst die entsprechenden Parteien sprechen sich ab Nicht zuletzt die Prasidentschaftswahlen tragen zu dieser Einteilung in Links und Rechts bei In der Folge ist es fur eine Partei auch nach den Parlamentswahlen schwierig bei der Regierungsbildung sich der Links Rechts Polarisierung zu entziehen In der Mitte hatte seit 1978 langere Zeit das Parteienbundnis bzw die Partei Union pour la democratie francaise die Parteienzersplitterung uberwunden Ubrig blieben auf der Rechten die gaullistische Partei die klassische Regierungspartei und auf der Linken die sozialistische Partei sowie die Kommunisten In den Jahren 1998 und vor allem 2007 fuhrten Abspaltungen der UDF wieder zu einer gewissen Neugruppierung und Zersplitterung Niederlande BearbeitenIn den Niederlanden gibt es keine Sperrklausel Dies erhoht die Parteienvielfalt nach der Parlamentswahl in den Niederlanden 2021 sitzen 17 Parteien im Niederlandischen Parlament Italien Bearbeiten nbsp Italiens Parteiensystem im Ubergang 1992 1995 4 In Italien wird traditionell eine Parteienzersplitterung beklagt So musste die Democrazia Cristiana in den Regierungen die sie 1945 bis 1993 stellte bis zu funf Koalitionspartner aufnehmen um eine Regierungsmehrheit zu erhalten Diese Regierungen waren daruber hinaus sehr kurzlebig und hatten im Schnitt eine Lebensdauer von nur zehn Monaten 1993 wurde daher eine Reform des Wahlrechtes durchgefuhrt die die Zahl der Parteien reduzieren sollte Jedoch verfehlte diese Reform ihr Ziel Die Parteien blieben erhalten und sicherten uber Wahlkreisabsprachen ihr Verbleiben im Parlament 5 Nach 1993 ist die DC implodiert und gab Raum fur eine grossere Anzahl von Parteien in der Mitte oder rechten Mitte und auch Absplitterungen von der sozialistischen Partei trugen zur Parteienzersplitterung bei Um 2008 2009 sind abermals durch Parteibundnisse und Parteineugrundungen auf der linken und der rechten Seite wieder Konzentrationen erkennbar Griechenland BearbeitenIn Griechenland fordert man regierungsfahige Mehrheiten dadurch dass die jeweils starkste Partei noch 50 zusatzliche Sitze erhalt 6 Schweiz BearbeitenDie Bundesversammlung ist politisch in Fraktionen und nicht in Parteien gegliedert Die Mindestgrosse einer Fraktion ist 5 Abgeordnete 2 wobei in dieser Legislaturperiode die kleinste Fraktion 16 Sitze 6 5 hat Die Schweiz hat eine Parteienvielfalt von 12 Parteien in der 51 Legislaturperiode der Schweizer Bundesversammlung und keine explizite Sperrklausel bei Schweizer Parlamentswahlen Einzelnachweise Bearbeiten Dieter Nohlen Wahlrecht und Parteiensystem 3 Auflage Leske Budrich Opladen 2000 S 303 304 Gunther Buchstab Klaus Gotto Die Grundung der Union Munchen 1981 ISBN 3 7892 7164 0 S 12 14 Europaisches Parlament Fakten und Zahlen Marz 2022 Peter Weber Italiens demokratische Erneuerung Anpassungsprobleme einer schwierigen Demokratie In Winfried Steffani Uwe Thaysen Hrsg Demokratie in Europa Zur Rolle der Parlamente Opladen 1995 S 195 Peter Weber Die neue Ara der italienischen Mehrheitsdemokratie Fragliche Stabilitat bei fortdauernder Parteienzersplitterung In ZParl 28 Jg 1997 H 1 S 85 ff Griechenland Staatsaufbau Auswartiges Amt Juli 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Parteienvielfalt amp oldid 231028741