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Die Palaeodictyoptera sind eine ausgestorbene Insektenordnung PalaeodictyopteraIllustration von Stenodictya lobata Gerarus longicollis Dieconeura arcuata und Eubleptus danielsiZeitliches AuftretenKarbon bis PermFundorteweltweitSystematikUberstamm Hautungstiere Ecdysozoa Stamm Gliederfusser Arthropoda Unterstamm Sechsfusser Hexapoda Klasse Insekten Insecta Uberordnung PalaeodictyopteroideaOrdnung PalaeodictyopteraWissenschaftlicher NamePalaeodictyopteraGoldenberg 1877 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Entwicklung 3 Vorkommen und Lebensweise 4 Lebensdauer 5 Systematik 6 Quellen 7 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenEs handelte sich um mittelgrosse bis sehr grosse Insekten Kleinste bekannte Art war Eubleptus danielsi mit einer Flugelspannweite von 30 mm 1 Die grossten Arten gehoren zu den palaozoischen Rieseninsekten und wurden in der Grosse nur von einigen Urlibellen ubertroffen Mazothairos enormis soll eine Flugelspannweite von moglicherweise bis zu 560 mm erreicht haben Allerdings ist von dieser Art nur ein isolierter Tergit tatsachlich uberliefert die Grosse wurde nur aufgrund von Analogieschlussen bei Arten mit ahnlichem Korperbau geschatzt Tatsachlich erhaltene Fossilien besonders von Arten der Familie Homoiopteridae erreichten Flugelspannweiten von 340 mm Der Korperbau der Tiere war lang gestreckt Am zweiten und dritten Thoraxsegment sassen zwei untereinander sehr ahnlich gebaute Flugelpaare Die Flugel wurden in Ruhestellung vom Korper seitlich abgespreizt getragen wie bei den rezenten Grosslibellen sie konnten weder uber dem Rucken oben zusammengeklappt noch nach hinten gefaltet werden Die Flugel wiesen anstelle von Queradern ein dichtes Netz aus meist funfeckigen kleinen Zellen zwischen den geraden oder wenig gebogenen Adern auf dieser urtumliche Typ der Flugeladerung wird Archaedictyon genannt Einige permische Vertreter der Ordnung besassen aber anatomisch modernere Flugel mit weniger Adern Die Flugel waren nicht eben sondern wie die der rezenten Libellen und Eintagsfliegen durch Knicke wellpappe artig versteift Korrugation im Gegensatz zu diesen Ordnungen traten aber bei den Palaeodictyoptera niemals Interkalarvenen auf Bei den anatomisch urtumlicheren Vertretern uberlappten sich Vorder und Hinterflugel beim lebenden Tier stark dies tritt bei modernen Insekten nicht mehr auf Man nimmt an dass die Tiere deshalb zwar schnell geradeaus fliegen aber nur sehr schlecht manovrieren konnten 2 Besonders auffallig und bei allen Arten vorhanden ist ein rudimentares drittes Flugelpaar am vorderen Thoraxabschnitt dem Prothorax Diese Prothoraxflugelchen besassen bei vollstandiger Entwicklung dieselbe Aderung und denselben Feinbau wie die normalen Flugel ihre Homologie mit diesen kann daher kaum bezweifelt werden Bei vielen Arten sind sie zu schmalen saumartigen Randplatten reduziert die manchmal Dornen tragen konnen sie fehlen aber niemals vollstandig Auch bei vollstandiger Ausbildung erreichte ihre Grosse niemals mehr als 5 der gesamten Flugelflache Ob die Prothoraxflugel bei manchen Arten beweglich gewesen sein konnten ist in der Forschung umstritten Eine aerodynamische Bedeutung ahnlich einem Leitwerk an Flugzeugen erscheint aber durchaus plausibel Die Prothoraxflugel treten auch bei anderen urtumlichen Insekten wie den zur Stammlinie der Libellen gehorenden Geroptera auf sie sind also ein plesiomorphes Merkmal Am Kopf der Tiere sassen neben zwei langen Antennen die Mundwerkzeuge Diese sind bei allen Arten in einen eigentumlichen Saugrussel umgestaltet der aus funf Teilen den Mandibeln Maxillen und dem nadelformigen Hypopharynx bestand An den Maxillen sassen lange Palpen Taster die bei anatomisch ursprunglichen Arten noch beinartig gegliedert waren das Tier wirkte daher so als habe es vier Beinpaare Das Labrum besass kissenformig verbreiterte Glossen und Paraglossen mit denen vermutlich der Russel beim Saugvorgang abgestutzt wurde Am Thorax sassen normal gegliederte Beine mit einer unterschiedlichen Anzahl zwei bis funf Tarsengliedern bei einigen Arten sind die Beine so umgebildet dass die Tiere sich damit wohl in erster Linie festhalten aber nur schlecht laufen konnten ahnlich rezenten Grosslibellen Der lang gestreckte walzenformige Hinterleib bestand aus zehn Segmenten plus dem rudimentaren Rest des elften Am Ende sassen zwei Schwanzfaden Cerci die enorme Lange erreichen konnten Ein dritter Schwanzfaden Terminalfilum fehlt immer Weibliche Archaeodictyoptera besassen einen stark sklerotisierten kurzen und gekrummten Legebohrer mit dem sie vermutlich Eier in Pflanzengewebe ablegen konnten Die mannlichen Tiere trugen am Hinterleibsende stattdessen lange Greifanhange analog den Genitalfussen der mannlichen Eintagsfliegen Entwicklung BearbeitenPalaeodictyopteren Larven sind in geringerer Zahl als adulte Tiere gefunden worden es liegen aber genugend aussagekraftige Fossilien vor um sich ein Bild von der Entwicklung zu machen 3 4 Die Larven waren danach abgeplattete Tiere mit breiten seitlichen Fortsatzen an Prothorax und Abdomen Die Flugelscheiden standen bei jungen Larven schrag nach hinten ab bei alteren wanderten sie graduell seitlich Sie sassen mit schmaler Basis am Korper an und waren im Leben vermutlich beweglich Die Mundwerkzeuge der Larven entsprachen vollkommen denjenigen der Adulti Verschiedentlich geausserte Vermutungen die Tiere hatten sich im adulten Stadium d h als geflugeltes Tier gehautet oder hatten ein geflugeltes Subimaginal Stadium besessen sind nicht durch fossile Funde belegbar Vorkommen und Lebensweise BearbeitenFast alle fossilen Palaeodictyoptera wurden in Lagerstatten gefunden die bei ihrer Ablagerung dicht am damaligen Aquator lagen es handelte sich offensichtlich um eine tropische warmeliebende Verwandtschaft Die meisten Funde liegen aus Kohlenbergbau Revieren vor offensichtlich waren die karbonischen Steinkohlenwalder ein bevorzugter Lebensraum Aus dem mittleren Oberkarbon Westfalium in Mitteleuropa sind ungefahr 140 Arten aus 21 Familien bekannt geworden Beruhmte Fundstellen liegen in Frankreich z B Commentry Montceau les Mines und Tschechien Aus Deutschland sind besonders gut erhaltene Funde aus der Ziegeleigrube Vorhalle bekannt die Erstbeschreibung der Ordnung erfolgte durch den Palaontologen Friedrich Goldenberg nach Material aus dem saarlandischen Kohlenrevier Die besten Funde permischer Vertreter stammen aus den USA Elmo in Kansas 5 Aus in damaliger Zeit weiter vom Aquator entfernten Landschaften liegen ebenfalls Funde vor die aber erheblich armer sind Aus Sibirien wurden Arten aus drei Familien aus Argentinien Tasmanien und China nur je eine Familie entdeckt Aus dem Lebensraum aus dem Korperbau und aus sehr seltenen Fossilien mit erhaltener Darmfullung schliesst man dass die Palaeodictyoptera Pflanzensauger waren Dies ist fur alle Vertreter durchaus plausibel aber naturgemass nicht wirklich beweisbar Neben Pflanzensaften scheinen fur die Tiere besonders Pollen und unreife Pollinarien der karbonischen Flora die wesentliche Ernahrungsgrundlage gewesen zu sein Meist nimmt man an sie waren spezialisierte Phytophage der Cordaiten und Riesenbarlappbaume und anderer Farnpflanzen die die Baume der Steinkohlenwalder ausmachten 6 Lebensdauer BearbeitenEin Vertreter der Ordnung die in Ostdeutschland gefundene Delitzschala bitterfeldensis ist das alteste gefundene Fluginsekt diese Art lebte im jungeren Unterkarbon an der Grenze zum Oberkarbon 7 Unter den karbonischen Insekten zahlte die Ordnung zu den artenreichsten wobei aber die Individuendichten wohl meist gering waren Zahlreiche Arten sind nur in einem einzigen Exemplar gefunden worden von vielen davon nur ein isolierter Flugel auch von gut belegten Arten liegen kaum mehr als zehn bis zwanzig Funde vor Nach einer Blute im Oberkarbon sind beim Massenaussterben an der Basis des Perm die meisten Arten ausgestorben Die fruhpermische Fauna stellte einen verarmten Ausschnitt der karbonischen dar es kamen kaum neue Familien hinzu insgesamt sind nur 13 Arten bekannt Spater entstanden abgewandelte Formen mit eigentumlich schmalen Flugeln die vermutlich im Flugstil an rezente Kleinlibellen erinnerten Manche spate Vertreter aus Sibirien wiesen abgewandelte Vorderflugel mit nur wenigen Adern und stark ruckgebildete Hinterflugel auf Familie Eukulojidae Die damals schon sehr artenarme Ordnung ist vermutlich dem gravierenden Massenaussterben am Ende des Perms endgultig zum Opfer gefallen Vereinzelte Angaben von triassischen Arten aus Kirgistan 8 und aus Thuringen beschrieben sind sehr zweifelhaft die Funde wurden von anderen Wissenschaftlern anderen Ordnungen zugewiesen 9 Als Grund fur das Aussterben der Palaeodictyoptera nimmt man meistens einen Niedergang gemeinsam mit den baumformigen Farngewachsen der Steinkohlenwalder an die wohl ihre wesentliche Lebensgrundlage darstellten Diese wurden im zunehmend ariden Perm auf wenige Refugien in Aquatornahe zuruckgedrangt und starben schliesslich durch die Konkurrenz der Nadelbaume Nacktsamer aus Manche Wissenschaftler sehen auch in der Pradation durch Libellenartige einen Grund fur den Niedergang der Ordnung Systematik BearbeitenDie Palaeodictyoptera bilden gemeinsam mit den ebenfalls ausgestorbenen Ordnungen Diaphanoptera Megasecoptera und Permothemistida die Uberordnung Palaeodictyopteroidea Es handelt sich dabei um die einzige vollkommen ausgestorbene Uberordnung der Insekten Der eigentumliche Saugrussel der Palaeodictyoptera war allen diesen Ordnungen gemeinsam wodurch an ihrer gemeinsamen Abstammung Monophylie kaum ein Zweifel besteht Viele Wissenschaftler halten die Ordnung Palaeodictyoptera selbst fur paraphyletisch Ihrer Ansicht nach werden hier nur die anatomisch ursprunglicheren Vertreter zusammengefasst die nicht durch ein besonderes Merkmal einer der anderen Ordnungen zugeordnet werden konnen Die gesamte Uberordnung wird gemeinsam mit den Stammgruppen der Libellen und der Eintagsfliegen als Palaeoptera oder Altflugler zusammengefasst weil allen diesen Gruppen das Flugelgelenk fehlte mit dem die Neoptera oder Neuflugler ihre Flugel auf dem Hinterleib zusammenklappen konnen Wahrscheinlich bilden die Palaeoptera aber keine monophyletische Abstammungsgemeinschaft Quellen BearbeitenAlexandr P Rasnitsyn amp Donald L J Quicke History of Insects Kluwer Academic Publishers Springer 2001 544 pp ISBN 1 4020 0026 X Elke Groning amp Carsten Brauckmann 2005 Neue Rekonstruktions Zeichnungen von ausgewahlten palaozoischen Gliederfussern Fluginsekten Spinnentiere und Arthropleura Virgo Mitteilungsblatt des Entomologischen Vereins Mecklenburg 8 1 21 25 PDF Einzelnachweise Bearbeiten Frank M Carpenter 1983 Studies on North American carboniferous insects 7 The structure and relationships of Eubleptus danielsi Palaeodictyoptera Psyche 90 81 95 Robin J Wootton amp Jarmila Kukalova Peck 2000 Flight adaptations in Palaeozoic Palaeoptera Insecta Biological Reviews of the Cambridge Philosophical Society 75 129 167 Robin J Wootton 1972 Nymphs of Palaeodictyoptera Insecta from the Westphalian of England Palaeoentomology 15 4 662 675 Jarmila Kukalova Peck amp Stewart B Peck 1976 Adult and Immature Calvertiellidae Insecta Palaeodictyoptera from the Upper Paleozoic of New Mexico and Czechoslovakia Psyche 83 1 79 93 download Roy J Beckemeyer amp Joseph D Hall 2007 The entomofauna of the Lower Permian fossil insect beds of Kansas and Oklahoma USA African Invertebrates 48 1 23 39 Conrad Labandeira amp T L Phillips 1996 Insect Fluid Feeding on Upper Pennsylvanian Tree Ferns Palaeodictyoptera Marattiales and the Early History of the Piercing and Sucking Functional Feeding Group Annals of the Entomological Society of America 89 2 157 183 Carsten Brauckmann Brigitte Brauckmann Elke Groning 1994 The stratigraphical position of the oldest known Pterygota Insecta Carboniferous Namurian Annales de la Societe Geologique de Belgique 117 Hommage a Maurice Streel Fascicule 1 47 56 Olivier Bethoux Sebastian Voigt Jorg W Schneider 2010 A Triassic palaeodictyopteran from 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