www.wikidata.de-de.nina.az
Johann Otto Eduard Dickel 5 Juni 1880 in Darmstadt 15 Juni 1944 in Undingen war ein deutscher Studienrat und volkischer Agitator Als fruhes Mitglied der DAP beziehungsweise NSDAP geriet er in Konkurrenz zu Adolf Hitler und wurde 1921 aus der Partei ausgeschlossen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Grundung von Dickelsmoor 3 Kontroverses Jahrbuch Altbayern in Schwaben 2011 4 Familie 5 Schriften 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksLeben BearbeitenOtto Dickel wurde 1880 in Darmstadt als Sohn des Lehrers und Imkers Ferdinand Dickel geboren Durch sein Studium der Naturwissenschaften gelangte er nach Munchen und reiste zu Studienzwecken u a nach China und Indien Durch seinen Vater kam er mit der Bienenzucht in Beruhrung und verfasste mehrere Schriften daruber Dickel studierte an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen und promovierte im Jahre 1904 mit der Dissertation Entwicklungsgeschichtliche Studien am Bienenei Im Sommer 1909 nahm er als geprufter Lehramtscandidat eine Stelle am Koniglichen Realgymnasium Augsburg an Dort sollte er zunachst als Assistent spater als Gymnasialturnlehrer fur die gesamte Schule den Turnunterricht abhalten 1914 trat er in den Ersten Weltkrieg ein Sein eigentliches Fachgebiet die Naturwissenschaften konnte er aber nur kurz nach seiner Heimkehr aus dem Krieg 1918 unterrichten Dickel war ein fruhes Mitglied der NSDAP und veroffentlichte Anfang 1921 mit Die Auferstehung des Abendlandes einen Anti Spengler Im Marz 1921 grundete er seine eigene Organisation die Deutsche Werkgemeinschaft In ihr verband er sozial und lebensreformerische Vorstellungen mit Konzepten einer Bodenreform nach Adolf Damaschke Zugleich sollte sich die Deutsche Werkgemeinschaft fur eine standestaatliche Ordnung und eine Rechtsordnung nach germanischer Wesensart einsetzen Dickel unterhielt gute Beziehungen zu eher nationalbolschewistisch gesinnten Augsburger Gewerkschaftskreisen Bis Oktober 1922 gehorte aber auch Julius Streicher mit seinen Anhangern der Werkgemeinschaft deren Erster Vorstand der in Neustadt an der Aisch tatige Oberbahnmeister Christian Lehmann 1867 in Limbach Pf 1 war an 2 Als Adolf Hitler im Juni 1921 nach Berlin reiste um Geldmittel fur die NSDAP zu beschaffen trat Dickel auf Einladung der Partei in Munchen als Redner auf Er stiess dabei auf sehr positive Resonanz und am 10 Juli 1921 trafen sich Munchner Nationalsozialisten und Vertreter der Nurnberger DSP mit Dickel in Augsburg um eine mogliche Fusion zu besprechen Hitler stiess uberraschend auch zur Tagung und erklarte am folgenden Tag seinen Austritt aus der NSDAP Vermutlich handelte Hitler im Affekt weil er befurchtete seinen Rang innerhalb der Partei einzubussen Seinen Wiedereintritt den Dietrich Eckart vermittelte verknupfte Hitler jedoch mit weitreichenden Forderungen nach diktatorischen Machtbefugnissen innerhalb der NSDAP mit denen er zugleich eine programmatische Linkswendung der Partei verhindern konnte Nachdem sich die Partei im Juli 1921 Hitler untergeordnet hatte wurde Dickel am 10 September ausgeschlossen 3 Zusammen mit Ludwig Herpel gehorte Dickel zu den geistigen Vatern der Ausgleichskassen Idee die er bereits im Winter 1922 23 veroffentlichte Die praktische Umsetzung dieses bargeldlosen Verrechnungssystems auf Basis zinsloser Kredite erfolgte 1931 in Rendsburg Der Erfolg der Ausgleichskasse Rendsburg fuhrte zur Grundung einer Vielzahl weiterer Ausgleichskassen und ahnlicher Systeme im gesamten damaligen Reichsgebiet Die Ausgleichskassen wurden 1934 durch das Gesetz gegen den Missbrauch des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Deutschland verboten Dickel wurde im Oktober 1934 verhaftet und im Dezember wegen angeblicher Nahe zu Otto Strasser vor dem Volksgerichtshof angeklagt Nach einer zehnmonatigen Haft konnte er im Februar 1936 ans Realgymnasium zuruckkehren wurde aber einen Monat spater nach Hof versetzt Die Stelle in Hof trat Dickel jedoch nicht an da er 1936 vorzeitig pensioniert wurde Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zog er in die Nahe von Reutlingen und fand Kontakt zu oppositionellen Kreisen Nach einem Treffen mit Gesinnungsgenossen in Karlsruhe wurde er von der Gestapo aufgesucht Da er offensichtlich eine Verhaftung befurchtete beging er am 15 Juni 1944 Selbstmord Grundung von Dickelsmoor Bearbeiten1926 wurde die Gartenbau Siedlung Dickelsmoor bei Augsburg von Angehorigen der Deutschen Werkgemeinschaft auch Werkgemeinschaft des Abendlandischen Bundes genannt unter Dickels Vorsitz gegrundet Otto Dickel war Anhanger der ergokratischen Idee und wollte eine freie unverschuldbare Heimstatte bzw ein Erblehengut das die Volksernahrung aus eigener Scholle sicherstellen sollte In der Laubenkolonie nordostlich von Augsburg sollte ein Modell von Dickels Siedlungsprogramm entstehen Die im Marz 1921 gegrundete volkisch antisemitische Werkgemeinschaft war fur wirtschaftsfriedliche Kooperation mit den Unternehmern und gegen die angebliche Herrschaft der Juden Bis 1923 war diese Gemeinschaft in Augsburg starker als die NSDAP und entzog dieser sogar Mitglieder Kontroverses Jahrbuch Altbayern in Schwaben 2011 BearbeitenFur Aufsehen sorgte 2011 ein Aufsatz den der Vorsitzende des Heimatkundevereins Derching Leonhard Knauer 2011 im Jahrbuch Altbayern in Schwaben des Landkreises Aichach Friedberg uber die Siedlung Dickelsmoor veroffentlichte Darin charakterisierte Knauer Dickel als sozialen Nationalisten dessen Ziele soziale Gerechtigkeit europaische Zusammenarbeit und wahre Humanitat gewesen seien Die Kreistagsfraktion der Grunen versuchte die Auslieferung des Jahrbuches zu verhindern und beantragte eine Prufung durch das Munchner Institut fur Zeitgeschichte Der Kreistag lehnte dies hingegen mit einer Mehrheit von 49 7 Stimmen ab Kritisiert wurde an Knauers Artikel dass dieser nicht auf Dickels Antisemitismus eingehe 4 5 Dickel hatte in Die Auferstehung des Abendlandes 1921 unter anderem geschrieben Wer die Judenfrage losen will und sie muss gelost werden muss tief schurfen Er muss erkennen dass der Jude nur da gedeiht wo Faulnis herrscht dass er nur da zur Macht gelangt und zur furchtbaren Plage wird wo seinem Wuchergeist kein Einhalt geboten wird Das lasst sich nur auf einem Wege erreichen Durch Schaffung eines Rechtes das es unmoglich macht dass der Urquell alles volkischen Kultur und Wirtschaftslebens der Grund und Boden der Ausbeutung der Wucherhande verfallt durch das die Zinsknechtschaft und ihr Beschutzer das Parteiwesen beseitigt wird Otto Dickel Die Auferstehung des Abendlandes 6 Familie BearbeitenSein Sohn Gerhard Dickel war Physikochemiker und Miterfinder des Clusius Dickel Trennrohres Schriften BearbeitenEntstehen Drohnen aus befruchteten Eiern In Bienenwirtschaftliches Centralblatt 40 1904 Die Getreidefliegen E Ulmer Stuttgart 1906 Zur Geschlechtsbestimmungsfrage bei den Hymenopteren insbesondere bei der Honigbiene In Bienenwirtschaftliches Centralblatt 34 1914 Die Auferstehung des Abendlandes Die abendlandische Kultur als Ausfluss des planetarischen Weltgefuhls Entwicklung und Zukunft Gebruder Reichel Augsburg 1921 Wie es kommt und was wir tun mussen Selbstverlag Augsburg 1922 Der Schlussel zum Kerkertor Zwei Welten Verlag Stade in Hannover 1923 Erkenntnis Ziel und Weg der Deutschen Werkgemeinschaft Aufklarungsblatter der Deutschen Werkgemeinschaft 2 Auflage Zwei Welten Verlag Stade in Hannover 1926 Leitfaden fur deutsche Volkswirtschaft D W G Volk Freiheit Vaterland Augsburg 1926 Steuerfreiheit bringt Arbeit und Brot Verl Deutsche Zukunft A Herpel Hamburg 1931 Arbeitsbeschaffung durch Ausgleichskassen Th Eisen Munchen 1932 Wehrkraft und Wirtschaft Verl Die Schwertschmiede Leonberg Stuttgart 1935 Organische Volkswirtschaftslehre Verl Die Schwertschmiede Leonberg Stuttgart 1937 Literatur BearbeitenHellmuth Auerbach Regionale Wurzeln und Differenzen der NSDAP 1919 1923 Otto Dickel in Augsburg In Horst Moller Hrsg Nationalsozialismus in der Region Beitrage zur regionalen und lokalen Forschung und zum internationalen Vergleich Schriftenreihe der Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Sondernummer Oldenbourg Munchen 1996 ISBN 3 486 64500 5 S 65 86 Bernhard Gotto Nationalsozialistische Kommunalpolitik Administrative Normalitat und Systemstabilisierung durch die Augsburger Stadtverwaltung 1933 1945 Oldenbourg Munchen 2006 ISBN 3 486 57940 1 Volltext digital verfugbar Gerhard Hetzer Die Industriestadt Augsburg Eine Sozialgeschichte der Arbeiteropposition In Martin Broszat und Hartmut Mehringer Hrsg Bayern in der NS Zeit Oldenbourg Munchen 1977 ISBN 3 486 42381 9 S 1 234 Leonhard Knauer Dickelsmoor bei Derching Eine ungewohnliche Entstehungsgeschichte In Altbayern in Schwaben Jahrbuch fur Geschichte und Kultur 2011 S 137 158 Mathias Rosch Die Munchener NSDAP 1925 1933 Eine Untersuchung zur inneren Struktur der NSDAP in der Weimarer Republik Oldenbourg Munchen 2002 ISBN 3 486 56670 9 Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Muck NS Hochburg in Mittelfranken Das volkische Erwachen in Neustadt an der Aisch 1922 1933 Verlag Philipp Schmidt 2016 Streiflichter aus der Heimatgeschichte Sonderband 4 ISBN 978 3 87707 990 4 S 220 Hellmuth Auerbach Regionale Wurzeln und Differenzen in der NSDAP 1919 1923 In Horst Moller Andreas Wirsching und Walter Ziegler Hrsg Nationalsozialismus in der Region Beitrage zur regionalen und lokalen Forschung und zum internationalen Vergleich R Oldenbourg Munchen 1996 ISBN 3486645005 S 79 Hellmuth Auerbach Regionale Wurzeln und Differenzen in der NSDAP 1919 1923 In Horst Moller Andreas Wirsching und Walter Ziegler Hrsg Nationalsozialismus in der Region Beitrage zur regionalen und lokalen Forschung und zum internationalen Vergleich R Oldenbourg Munchen 1996 ISBN 3486645005 S 80f Stefan Mayr Landkreis wurdigt Judenhasser als Humanisten In sueddeutsche de 6 Februar 2012 abgerufen am 8 Februar 2012 Thomas Gossner Wird ein Nazi im Jahrbuch verharmlost In augsburger allgemeine de 8 Februar 2012 abgerufen am 8 Februar 2012 Die Auferstehung des Abendlandes Die abendlandische Kultur als Ausfluss des planetarischen Weltgefuhls Entwicklung und Zukunft 2 Aufl Zwei Welten Verlag Stade 1923 S 58 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Otto Dickel im Katalog der Deutschen NationalbibliothekNormdaten Person GND 133365816 lobid OGND AKS LCCN no2011163989 VIAF 38105007 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dickel OttoALTERNATIVNAMEN Dickel Johann Otto EduardKURZBESCHREIBUNG deutscher Studienrat und Politiker NSDAP GEBURTSDATUM 5 Juni 1880GEBURTSORT DarmstadtSTERBEDATUM 15 Juni 1944STERBEORT Undingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Dickel amp oldid 208707423