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Die Sachsische Nationsuniversitat auf lateinisch als Concilium Transylvania Saxonicum bezeichnet war ein politisches Selbstverwaltungsorgan der Siebenburger Sachsen in Siebenburgen die von 1486 bis 1876 als Autonomieverwaltung und von da an bis zu ihrer Auflosung 1937 als Stiftung fungierte Gebiete der drei NationenBlau Szekler Grau Siebenburger Sachsen nach dem Recht des Goldenen Freibriefs Gelb adeliger KomitatsbodenSo wurde die Zusammenkunft der Oberofficianten aus allen Standen und Stuhlen der sachsischen Nation genannt welche Nationalsachen schlichtet und richtet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Wortbedeutung 2 Ursprungliche Funktion 2 1 Politisch Beteiligte im mittelalterlichen Furstentum Sybenbuergen 2 2 Praktische Ausgestaltung 3 Entwicklung 3 1 Die Nationsuniversitat als Stiftung 3 2 Auflosung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseWortbedeutung BearbeitenNationsuniversitat besteht aus den lateinischen Bestandteilen natio das Volk der Volksstamm und universitas die Gesamtheit Das Wort bedeutet damit Gesamtheit des Volkes beziehungsweise konkret Gesamtheit der Siebenburger Sachsen in ihrem angestammten Gebiet Ursprungliche Funktion BearbeitenDie Siebenburger Sachsen als standische Nation im mittelalterlichen Konigreich Ungarn hatten durch eine direkte Rechtsvergabe der ungarischen Konige bereits 1224 weitgehende Sonderrechte und Privilegien erhalten Im Goldenen Freibrief wurden diese von Konig Andreas II erstmals verbrieft Allerdings war diese Urkunde nur die Vorstufe einer festen standisch politischen Vertretung gegenuber den beiden anderen Standen Siebenburgens den Szeklern und dem ungarischen Adel Im Spannungsfeld zwischen den beiden anderen Standen und den zunehmend geschwachten ungarischen Konigen formte sich die im Jahre 1486 gegrundete Sachsische Nationsuniversitat 2 zu einem Machtinstrument unter dem sich die Siebenburger Sachsen bis in das 19 Jahrhundert versammelten Sie war sozusagen die politische Vertretung des sachsischen Volkes die es als Gemeinschaft nach aussen handlungsfahig machte Nach innen auf dem Konigsboden auf dem fur die Siebenburger Sachsen de facto Autonomie und ihr eigenes Recht Eygenlandrecht galt war sie die Institution welche die Selbstverwaltung lenkte Politisch Beteiligte im mittelalterlichen Furstentum Sybenbuergen Bearbeiten Das Furstentum Siebenburgen war seit dem hohen Mittelalter politisch in drei Stande gegliedert ungarischer AdelDieser zog seine Macht aus der ihm ubertragenen Lehensherrschaft uber hunderttausende horige Bauern war damit privilegiert aber wirtschaftlich wenig aktiv Zu den Horigen gehorten neben Rumanen und Ungarn auch viele Sachsen in sachsischen Dorfern auf Komitatsboden auf die die Rechte des Konigsbodens nicht ausgedehnt worden waren dd SzeklerDiese Volksgruppe welche um 1140 zum Schutz der ungarischen Reichsgrenze im Osten Siebenburgens angesiedelt worden war hatte vom Konig Ungarns ebenfalls Sonderrechte erhalten und konstituierte sich als autonome natio Die Szeklergebiete waren agrarisch gepragt und stellten zur Ausfuhr grosstenteils Naturalien und Halbwaren bereit dd Siebenburger SachsenZahlenmassig stellten sie sicherlich die kleinste Gruppe allerdings die wirtschaftlich bedeutendste Ihre Handelsrouten reichten von der Levante bis in die deutschen Lander und so befanden sich in ihren festen Stadten die wichtigsten Handelsplatze und Jahrmarkte Ebendort waren dutzende von Zunften ansassig die den uberwiegenden Teil der Fertigwaren fur den Export produzierten Die Stadte des Konigsbodens erbrachten die Hauptsteuerlast des Furstentums und waren somit von herausragender Wichtigkeit Die Landtage fanden daher fast ausnahmslos dort statt Ansonsten jedoch schotteten sie sich gegen die zwei anderen Nationen hermetisch ab dd Praktische Ausgestaltung Bearbeiten Nur diese drei Staatsnationen waren an Entscheidungen beteiligt Die standische Verfassung sicherte den Siebenburger Sachsen ein Mitspracherecht bei allen Belangen auf den Landtagen Die dort getroffenen Beschlusse waren nur mit dem Siegel aller drei Nationen gultig Jedoch waren die Landtage keine demokratischen Veranstaltungen im heutigen Sinne Die Mehrheit der Bevolkerung die Rumanen waren gar nicht vertreten und konnten ihren Anliegen auch kein Gehor verschaffen Bis zum Ende des 18 Jahrhunderts galt das Kuriatvotum nachdem jeder Stand nur eine Stimme hatte und keine Partei von den anderen beiden uberstimmt werden konnte Nach dem Klausenburger Landtag von 1792 wurde dieses Verfahren aber abgeschafft und ein Einzelstimmrecht eingefuhrt Hierdurch waren die Vertreter der Siebenburger Sachsen naturlich hoffnungslos in der Minderheit da sie selbst damals nur einen Bruchteil der Bevolkerung reprasentierten Allerdings blieb das Vetorecht der Verweigerung des Nationssiegels weiterhin bestehen und wurde durchaus von den Siebenburger Sachsen genutzt Die Nationsuniversitat war damit Garant fur die jahrhundertelange Eigenstandigkeit der Siebenburger Sachsen deren Bedeutung fur das Land nie auf ihrer absoluten Zahl sondern stets auf ihrer Leistung begrundet war die durch historische verbriefte Rechte abgesichert und zugleich erst moglich war Aus diesem Grunde hatten sie den Status einer staatstragenden Nation im Furstentum Siebenburgen Ihre Stadte waren bis ins 18 Jahrhundert die einzigen urbanen Zentren sie kontrollierten Handel und Handwerk So waren sie fur die Wirtschaft des Staates unersetzbar ihre Anzahl belief sich dennoch nie auf mehr als 300 000 Personen Entwicklung Bearbeiten1690 kam Siebenburgen zur Habsburgermonarchie und wurde zum Grossfurstentum erklart Im Verlauf des 18 Jahrhunderts gab es mehrfach Bestrebungen die alte Standeverfassung ausser Kraft zu setzen und allgemeingultige Gesetze im Reich zu erlassen Jedoch gelang es den Standen Siebenburgens fast 100 Jahre lang jegliche Angriffe auf ihr altes Recht zu parieren Nicht einmal die Pragmatische Sanktion konnte daran etwas andern Besonders Samuel von Brukenthal Gubernator von Siebenburgen sorgte durch seinen Einfluss am Wiener Hofe dafur dass keinerlei Beschrankungen stattfanden Zum ersten erfolgreichen Eingriff in die Autonomie der Stande kam es unter der von Kaiser Joseph II eingeleiteten Revolution von oben Die Nationsuniversitat und die gesamte standische Verfassung wurde erstmals aber nur fur kurze Zeit aufgehoben Dies war ein gewaltiger Schock fur die Siebenburger Sachsen da sie nun nicht nur ihre jahrhundertealte Autonomie auf dem Konigsboden bedroht sahen sondern auch ihre Stellung als tragende Saule des Staatsverbandes und damit ihr bisheriges Selbstverstandnis zutiefst erschuttert wurde Nach dem Tod des Kaisers 1790 der samtliche Reformen bis auf das Toleranzedikt und die Abschaffung der Leibeigenschaft noch auf dem Sterbebett hatte ruckgangig machen mussen wurde die alte Standesverfassung und die Nationsuniversitat jedoch wieder vollumfanglich hergestellt was aber nicht mehr lange Bestand hatte Nach der Marzrevolution 1848 eroberten ungarische Aufstandische Siebenburgen und drangten die osterreichischen Truppen aus dem Lande Diesmal wurden Nationsuniversitat und Konigsboden von ungarischen Nationalisten temporar aufgelost 1849 kehrten die Osterreicher mit russischer Unterstutzung zuruck und schlugen die ungarischen Aufstandischen am 31 Juli bei Schassburg auf der Breite vernichtend Fur die nachsten funf Jahre galt in Siebenburgen der Belagerungszustand Erst 1854 konnte die Nationsuniversitat wieder aber nicht mehr vollig hergestellt werden Mittlerweile war das Problem der nach den Turkenkriegen in bestandig grosserer Zahl einwandernden Rumanen immer drangender geworden weil diese mittlerweile die Bevolkerungsmehrheit auf dem Konigsboden stellten 1863 wurde von Kaiser Franz Joseph der Landtag nach Hermannstadt einberufen um u a eine Gleichberechtigung der rumanischen Sprache im Kronland Siebenburgen einzuleiten Die Veranstaltung wurde jedoch vom ungarischen Adel und den Vertretern der Szekler boykottiert Fur diese mittlerweile stark magyarisch national gestimmten Nationen stellte Osterreich nach den Turken eine zweite Besatzungsmacht dar welche die langersehnte Wiedervereinigung Siebenburgens mit dem ungarischen Mutterland verhinderte Dennoch traten die von sachsischen und rumanischen Landtagsabgeordneten verabschiedeten Neuerungen zum 5 Januar 1865 in Kraft Aber wiederum schon nach kurzer Zeit waren diese vielversprechenden Anfange hinfallig 1866 verlor Osterreich den preussisch osterreichischen Krieg und musste zudem 1867 den Ausgleich mit Ungarn anerkennen um den Staat als Ganzes zu erhalten Mit diesem Schritt horte Siebenburgen als Kronland und damit als eigenes staatliches Gebilde auf zu bestehen 1868 wurden die bisherigen Gebiete der drei standischen Nationen aufgelost Allerdings blieben die sachsischen Distrikte und Stuhle zunachst bestehen In einem besonderen Gesetz sollten die Selbstverwaltungsrechte und Rechtsangelegenheiten von Konigsboden und Nationsuniversitat geregelt werden Die Nationsuniversitat als Stiftung Bearbeiten 1872 fand der erste Sachsentag in Mediasch statt Dort wurden konkrete Vorschlage zur Erhaltung der Autonomie in einem Nationalprogramm festgehalten Dennoch waren samtliche Versuche vergebens Die standische Verfassung war erloschen die Nationsuniversitat hatte keinerlei Handhabe und Verfugung mehr Konsequenz dieses Geschehens die Siebenburger Sachsen waren von einer staatstragenden Nation mit weitgehender Autonomie und eigenem Recht zu einer von vielen ethnischen und konfessionellen Gruppen herabgesunken 1876 erliess die Zentralregierung in Budapest ein Gesetz uber die finale Zerschlagung des Konigsbodens Eine neue Gebietsregelung trat in Kraft und die Nationsuniversitat wurde in eine Stiftung umgewandelt Ihre einzige Aufgabe war nun die nicht unerheblichen Vermogen der Nationsuniversitat und der Sieben Stuhle Latifundien Waldungen Immobilien Sammlung Brukenthal Kassa zu verwalten und die Ertrage auf die kulturellen Einrichtungen der Bewohner des ehemaligen Konigsbodens zu verteilen Mit diesen Mitteln wurde ein volles deutschsprachiges Schulsystem u a mit mehreren Gymnasien und allen weiteren Hoheren Schulen z B die Ackerbauschulen erhalten und massiv ausgebaut Auflosung Bearbeiten Nach dem Ersten Weltkrieg kam Siebenburgen an Rumanien 1921 wurden die umfangreichen Waldungen und samtliche unbebauten Grundstucke der Stiftung Nationsuniversitat durch die erste rumanische Agrarreform entschadigungslos enteignet womit auch eine wichtige Finanzierungsquelle des deutschsprachigen Schulwesens entfiel 1937 schliesslich wurde auch die Stiftung formal aufgehoben Die evangelische Kirche A B erhielt das Nationsarchiv die Ackerbauschule Mediasch sowie einige wichtige historische Gebaude in Hermannstadt und wurde damit als abgefunden erklart Alle ubrigen Immobilien wurden der rumanisch orthodoxen Kirche ubertragen Damit hatte die Nationsuniversitat endgultig aufgehort zu existieren Literatur BearbeitenL Binder C amp E Gollner K Gundisch Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumaniens Erster Band 12 Jahrhundert bis 1848 Kriterion Verlag Bukarest 1979 Carl Gunther Ludovici Grosses vollstandiges Universal Lexicon Aller Wissenschafften und Kunste Band 33 Leipzig und Halle 1742 Spalte 432 Wolfgang Kessler Hrsg Gruppenautonomie in Siebenburgen 500 Jahre siebenburgisch sachsische Nationsuniversitat Siebenburgisches Archiv Band 24 Bohlau Koln Wien 1990 Johann Georg Krunitz Oeconomische Encyclopadie 129 Teil Berlin 1821 S 411 Georg Muller Die sachsische Nationsuniversitat in Siebenburgen Ihre verfassungs und verwaltungsrechtliche Entwicklung 1224 1876 Ein rechtsgeschichtlicher Beitrag zur Geschichte der altesten organisierten Minderheit der Gegenwart Beitrage zur Verfassungs und Verwaltungsgeschichte der Deutschen in Rumanien Band 2 Hermannstadt 1928 Einzelnachweise Bearbeiten Zitiert nach Johann Georg Krunitz Oeconomische Encyclopadie 129 Teil Berlin 1821 S 411 Bela Kopeczi Hrsg Kurze Geschichte Siebenburgens Erdely rovid tortenete Akademie Verlag Budapest 1990 ISBN 963 05 5667 7 Seite 74 Auch als Onlineversion Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sachsische Nationsuniversitat in Siebenburgen amp oldid 227997607