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Nassachtal Diegelsberg ist die Bezeichnung einer Ortschaft fur die unechte Teilortswahl der Stadt Uhingen im Landkreis Goppingen in Baden Wurttemberg Sie umfasst die Stadtteile Baiereck Nassach Nassachmuhle und Diegelsberg im und uber dem Talzug der Nassach Die Teilorte haben zusammen ca 1 700 Einwohner Nassachtal Diegelsberg besitzt eine Verwaltungsstelle im Stadtteil Baiereck und einen Ortschaftsrat mit zehn Mitgliedern Der amtierende Ortsvorsteher ist Andreas Herfort 1 Im Tal befindet sich einer der letzten Kohlenmeiler Deutschlands und der wohl einzige Privatfriedhof Baden Wurttembergs Inhaltsverzeichnis 1 Geografische Lage 2 Ortsteile 2 1 Diegelsberg 2 2 Nassachmuhle 2 3 Nassach Unterhutt 2 4 Baiereck 3 Geschichte 3 1 Landschaftsgeschichte 3 2 Siedlungsgeschichte 3 3 Handwerkstradition 3 3 1 Glasblaser 3 3 2 Kohler 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeografische Lage Bearbeiten nbsp NassachtalDas Tal dessen Namensgeber die Nassach ist ist an seiner breitesten Stelle nur wenige hundert Meter weit aber fast 10 Kilometer lang Nach dem auf einer Anhohe liegenden Ort Diegelsberg folgt das am Taleingang gelegene Nassachmuhle In der Mitte befindet sich der Ort Nassach Unterhutt Der offene Talzug setzt sich dann aufwarts entlang des rechten Oberlaufs Lochbach fort bis nach dem von unten gezahlt vierten Teilort Baiereck an dessen Ufern Das ganze Nassachtal mit angrenzenden Flachen bildet seit 1982 das Landschaftsschutzgebiet Nassachtal Die Nassachtalstrasse L 1152 die uber die Auffahrt Nassachtal an der Bundesstrasse 10 mit dem Stuttgarter Raum verbunden ist fuhrt durch das ganze Tal und verbindet das Filstal uber Schlichten mit dem Remstal Im OPNV wird das Nassachtal durch die Buslinie 918 des VVS bedient Ortsteile Bearbeiten nbsp Darstellung von Diegelsberg von Andreas Kieser 1685Diegelsberg Bearbeiten nbsp WappenDer Teilort Diegelsberg mit seinen 520 Einwohnern liegt auf der westlichen Anhohe am Eingang des Tals Nach alemannischer Grundung kam er im 14 Jahrhundert in wurttembergischen Besitz Wahrend dieser Zeit wurde auch der Burgstall erbaut von dem auch heute noch nordlich des Dorfes Uberreste zu sehen sind Von der vollstandigen Zerstorung des Dorfes wahrend des Dreissigjahrigen Kriegs erholte sich Diegelsberg nur langsam Im Jahr 1844 wurde erstmals die Kirschgeistfabrikation erwahnt in Anlehnung an diese Tradition nennt man den Diegelsberg auch heute noch Schnapsbuckel oder auch Schwarzbrennerbuckel Die Pauluskirche Diegelsberg wurde 1957 errichtet Architekt dieser Kirche war Walter Ruff Adolf Valentin Saile schuf das Chorfenster Majestas Domini Weltgericht dazu das Paulus Sgraffito am Turm In Diegelsberg gibt es ausserdem einen Kindergarten einen Sportverein und eine Freiwillige Feuerwehr 2 3 4 Nassachmuhle Bearbeiten Das am Eingang des Tals zu Fussen von Diegelsberg liegende Dorf bekam seinen Namen durch die Mahlmuhle die von den Herren des Diegelsberger Burgstalls errichtet wurde Wegen Unwirtschaftlichkeit wurde sie im 19 Jahrhundert in eine Papierfabrik und anschliessend in ein Kurheim umgewandelt Seit den siebziger Jahren wird sie als Wohnhaus genutzt Nach der Eingemeindung in den 1930er Jahren gehort Nassachmuhle zur Stadt Uhingen Der Ortsteil Nassachmuhle selber hat ca 330 Einwohner Stand Ende 2008 In Nassachmuhle befindet sich das 1998 erbaute evangelische Gemeindehaus im Nassachtal 5 und die Grundschule im Nassachtal die seit dem Schuljahr 2019 2020 eine Ganztagesschule in Wahlform ist 6 nbsp Holzhaus in Nassach nbsp Detailansicht HolzhausNassach Unterhutt Bearbeiten nbsp NassachDie Nassach die das Tal durchfliesst teilt Nassach Unterhutt in zwei Orte Links der Nassach liegt der Ort Nassach rechts liegt Unterhutt Der Teilort Unterhutt gehorte in seiner Geschichte schon immer zu Baiereck das vier Kilometer entfernt liegt wahrend die Entfernung zu Nassach nur etwa 10 Meter betragt Nassach das erstmals 1245 urkundlich erwahnt wurde wurde wahrend der Herrschaft des Kaisers Barbarossa gegrundet Die geschichtliche Blute Nassachs und Unterhutts lag um 1500 Wahrend dieser Zeit sass in Nassach einer der drei Glasblasereien im Tal zwischen 1450 und 1550 Danach folgte bald der Dreissigjahrige Krieg an dessen Ende Nassach fast komplett zerstort war es lebten dort nur noch zwei Einwohner Bis ins 20 Jahrhundert war die Kohlerei fast die einzige Erwerbsquelle der Bevolkerung Durch die Industrialisierung des Filstals kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung Heute leben in Nassach Unterhutt etwa 240 Einwohner Die Tradition der Kohlerei hat in Nassach lange uberlebt Im Ortsteil Unterhutt gab es mit Eugen Jung einen der letzten gewerblichen Kohler Deutschlands Zu den weiteren Besonderheiten des Ortes zahlt ein Holzhaus des Kunstlers Kurt Gminder das in jahrelanger Kleinstarbeit nur aus Holz und Glas errichtet wurde sowie der einzige Privatfriedhof Baden Wurttembergs Rund einen Kilometer ostlich des Ortsteils Nassach liegt das Naturschutzgebiet Barentobel Baiereck Bearbeiten nbsp Dorfkirche Baiereck nbsp Darstellung von Baiereck von Andreas Kieser 1685Baiereck am Lochbach dem westlichen Quellbach der Nassach liegt am oberen Ende der Talaue Seinen Namen hat es nicht wie falschlicherweise oft vermutet wird von einem baierischen Ursprung der Einwohner sondern vom schwabischen Wort Boier fur Wildschwein Der Ort liegt ca 450 475 m uber dem Meeresspiegel Baiereck das um 1470 Sitz der dritten Glasblaserei des Nassachtals war wurde erstmals um 1553 urkundlich erwahnt Gegrundet durfte es allerdings spatestens am Ende des 14 Jahrhunderts worden sein Neben der Glasblaserei waren vor allem die Holzfallerei und die Sandbruche uber Jahrhunderte Erwerbsquellen der Bevolkerung Durch die Industrialisierung des Rems und Filstals und den Bau einer Strasse durch das Tal im 19 Jahrhundert konnte sich Baiereck aus der Armut befreien Am 1 September 1971 wurde der Ort nach Uhingen eingemeindet 7 Die Dorfkirche in Baiereck wurde 1595 erbaut und 1849 umgestaltet Sie wurde zuletzt 2006 innen komplett renoviert 2013 erhielt sie ein neues Dach und einen neuen Anstrich Sehenswert ist ein Fensterbild aus dem Jahr 1956 von Adolf Valentin Saile mit Darstellungen der Passion und Auferstehung Christi zu Johannes 13 34 In der Regel finden dort einmal im Monat Gottesdienste statt 8 Das Wasch Back und Schlachthaus in Baiereck wurde 1865 in der Dorfmitte erbaut Da das alte Gebaude baufallig geworden war entschied der damalige Gemeinderat Baiereck im Jahr 1955 dass ein neues Gebaude erbaut werden sollte Dieser Neubau wurde dann im Jahr 1956 als Wasch und Backhaus mit offentlichem Wannenbad und Schlachtraum erstellt Dabei wurde das Gebaude auch unterkellert und diente als Wasserspeicher fur die Wasserversorgung von Baiereck Das Wannenbad verlor im Laufe der Zeit seine Bedeutung und wird heute als Lager fur das Schlachthaus genutzt Im Jahr 2015 wurde das Backhaus dann aus Ortschaftsratsmitteln im Innenbereich renoviert Es besitzt nun einen elektrischen Grossraumbackofen mit zwei separaten heizbaren Backkammern In den Jahren 2020 und 2021 erhielt das Gebaude eine Sanierung im Aussenbereich finanziert aus stadtischen Mitteln und durchgefuhrt vom Burgerverein Nassachtal Diegelsberg Das Schlachthaus ist auch heute noch in Benutzung dort finden regelmassig private Hausschlachtungen statt Auch das Backhaus wird noch als solches betrieben und ist fur jedermann gegen eine geringe Gebuhr nutzbar Baiereck besitzt ausserdem einen zweigruppigen Kindergarten einen Sportverein und eine Freiwillige Feuerwehr 9 3 4 Geschichte BearbeitenLandschaftsgeschichte Bearbeiten Das Nassachtal entstand indem die Nassach den im Schurwald haufig vorkommenden zuoberst liegenden und resistenteren Schwarzjura durchschnitt und darunter das altere und weichere Keupergestein leichter erodieren konnte So entstand im Laufe der Zeit ein schmaler ungefahr sudostlich laufender Talzug mit steil abfallenden Talrandern Siedlungsgeschichte Bearbeiten Zur Zeit Friedrich I Barbarossas 1150 1190 wurde Nassach gegrundet In den Seitentalern der Fils gab es noch viel Urwald und dem Herrscher lag daran diesen urbar machen zu lassen Zu jener Zeit stromte jedoch der Uberschuss der Landbevolkerung den Stadten zu Man musste also einen Anreiz zum Roden des Waldes schaffen Dies geschah durch die Befreiung von allen Steuern und von der Leibeigenschaft In einer Verzichtserklarung die ein Graf von Aichelberg dem Kloster Adelberg ausstellte wird Nassach 1245 zum ersten Mal urkundlich erwahnt 10 Der Ort wechselt in den Besitz des Klosters Adelberg Baiereck Grundung im 14 Jahrhundert und Unterhutt gehorten zum Grafentum Schorndorf 1450 siedelte sich die Glasblaser Familie Greiner an Nach 100 jahriger Blutezeit des Tales verlassen die Glasblaser das Tal in Richtung Thuringen Im Dreissigjahrigen Krieg wurde das gesamte Nassachtal Opfer von Plunderungen und Seuchen nach Ende des Krieges sind 75 aller Wohnstatten vernichtet und 90 der Bevolkerung gestorben Das Nassachtal galt 200 Jahre von 1650 bis 1850 als eine der armsten Gegenden in Wurttemberg Wegen der Enge des Tals und den ubrigen naturlichen Bedingungen warf die Landwirtschaft nur karge Ertrage ab Die Einwohner des Tales gingen meist der Tagelohnerei der Kohlerei und dem Holzfallen nach Die Armut sollte durch Steuerbefreiungen verringert werden dies gelang nur in geringem Masse Im 19 Jahrhundert wurde der Bau einer Strasse durch das Tal beschlossen um die Armut zu beseitigen die 1847 fertig gestellt wurde Durch Auswanderung aufgrund von Hungersnoten und Armut verringerte sich die Bevolkerung im Tal in Baiereck z B von 372 auf 198 Einwohner Viele der Abwanderer gingen nach Nordamerika oder zogen in die nahen Stadte in denen durch die Industrialisierung neue Arbeitsplatze entstanden waren Die Bewohner der Nassachtals fanden bei Industriefabriken in Uhingen und Ebersbach Arbeit Die Arbeitszeit betrug 12 Stunden pro Tag 6 Tage in der Woche Hinzu kam die Anfahrtszeit von mehr als einer Stunde Die Bevolkerungszahl des Ortes sank zum Anfang des 20 Jahrhunderts weiter da die Menschen nun in der Nahe ihres Arbeitsplatzes wohnen wollten Die Talorte wurden Anfang des 20 Jahrhunderts an das elektrische Stromnetz angeschlossen 1903 erfolgte die Fortsetzung der Landstrasse von Baiereck nach Schlichten und damit der Anschluss ans Remstal Aufgrund der Aufnahme von Vertriebenen z B Sudetendeutsche nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Bevolkerungszahl um 50 In den 60er Jahren ging durch die Abwanderung der Bevolkerung in die Stadte erneut die Bevolkerungszahl zuruck Die Bevolkerungszahl nahm in den 70er Jahren wieder zu da die landlichen Gegenden durch verbesserte Infrastruktur an Reiz gewannen Durch die Nassachtalbrucke und die zugehorige Auffahrt zur Bundesstrasse 10 ist die Verbindung nach Stuttgart und Ulm sehr gut Infolge der Sanierung der Ortskerne in den 90er Jahren und dank ihrer idyllischen Lage gelten alle vier Teilorte mittlerweile als attraktive Wohngebiete Dank dreier Neubaugebiete Schonblick in Baiereck Waldrain in Nassachmuhle Riebacker in Diegelsberg stieg die Einwohnerzahl auf etwa 1700 Handwerkstradition Bearbeiten Glasblaser Bearbeiten 1450 siedelten sich Glasblaser im Tal an Das Tal bot fur die Glasblaserei hervorragende Bedingungen Es gab ausreichend Holz als Energiequelle Pottasche und den im Keupergebiet vorkommenden Quarzsand fur die Glasrezeptur Als erster Glasblaser zog Christian Greiner mit seiner Familie als eine von nur zwei damals in Wurttemberg tatigen Glasblaserfamilien in das Tal Die Glasmacher gestutzt von steuerlichen Vorrechten und Kriegsdienstbefreiung bauten bis um 1480 drei Glashutten auf Die genauen Standorte der ersten Hutten sind unbekannt aber durch Grabungen fand man eine Glashutte in Nassach eine andere in den Salzwiesen zwischen Nassach und Baiereck Alle wurden von der Familie Christian Greiners betrieben Fur mittelalterliche und fruhneuzeitliche Glashutten war charakteristisch dass man sie verlegte sobald das Holz fur den Betrieb in der Umgebung verbraucht war Wahrend das Geheimnis der richtigen Glasmischung allein den Huttenmeistern vorbehalten war wurden die Dorfbewohner als Zuarbeiter Holzfaller Aschesammler und Sandklopfer eingesetzt Das brachte fur diese auch eine leichte wirtschaftliche Verbesserung mit sich Trotz des bescheidenen Wohlstandes den die Glasblaser mitbrachten kam es zu zahlreichen gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Ortsbevolkerung Nach dem Tod von Christian Greiner gaben seine Sohne die Glasblasereien im Nassachtal aufgrund des Holzruckgangs und der geringen Ertrage der Hutten auf sie zogen mit ihren Familien in den Welzheimer Wald und nach Thuringen Fur die Bewohner fiel eine wichtige Erwerbsquelle weg und es blieben nur die kargen Ertrage aus der Landwirtschaft der Kohlerei und der Holzfallerei Kohler Bearbeiten Urkundlich wurde die erste Kohlerei im Nassachtal um 1583 erwahnt Infolge der Holzknappheit um 1770 ging die Zahl der Kohlereien zuruck Als durch die Industrialisierung Holzkohle knapp wurde stieg ihre Zahl wieder sprunghaft an Abnehmer waren die Eisengiessereien in Ludwigsburg Cannstatt Goppingen und spater die WMF in Geislingen an der Steige Um 1880 brannten in Nassach Unterhutt 27 Meiler Grund fur den Ruckgang seit der Mitte des 20 Jahrhunderts war vor allem die Verdrangung der Holzkohle durch die Steinkohle Der letzte aktive Meiler im Nassachtal wurde in Unterhutt betrieben Fruher standen die Meiler um sie leichter im Auge behalten zu konnen in den Dorfern Spater verbannte man sie wegen der starken Rauchentwicklung aus den Ortschaften und schichtete die Meiler ausserhalb in den Seitentalern der Nassach auf Heute wird dieses Handwerk noch sporadisch im Ortsteil Baiereck gepflegt Einmal jahrlich schichtet eine Familie aus Tradition Meiler auf und prasentiert bei den Kohlerprojekttagen das Kohlerhandwerk Auf einem Kohlenmeilerplatz im Herrenbachtal brennt die Freiwillige Feuerwehr Baiereck seit etwa dem Jahr 2000 in unregelmassigen Abstanden ihre Holzkohle fur den Eigenverbrauch Literatur BearbeitenW Ziegler Der Glas und Huttenmeister Hans Greiner aus Nassach Stammvater der Thuringer Greiner In Jahrbuch des Landkreises Sonneberg 9 2004 S 96 102 W Lang Spatmittelalterliche Glasproduktion im Nassachtal Uhingen Kreis Goppingen Materialhefte zur Archaologie in Baden Wurttemberg 59 Stuttgart 2001 ISBN 3 8062 1569 3Einzelnachweise Bearbeiten Torsten Kracke Ortschaftsrate Abgerufen am 25 Februar 2024 Sara Grimm Bildungseinrichtungen Abgerufen am 25 Februar 2024 a b Sara Grimm Feuerwehren Abgerufen am 25 Februar 2024 a b Sara Grimm Vereine Abgerufen am 25 Februar 2024 Gemeindehaus im Nassachtal Abgerufen am 28 Februar 2024 deutsch Sara Grimm Bildungseinrichtungen Abgerufen am 25 Februar 2024 Statistisches Bundesamt Hrsg Historisches Gemeindeverzeichnis fur die Bundesrepublik Deutschland Namens Grenz und Schlusselnummernanderungen bei Gemeinden Kreisen und Regierungsbezirken vom 27 5 1970 bis 31 12 1982 W Kohlhammer Stuttgart Mainz 1983 ISBN 3 17 003263 1 S 449 Dorfkirche Abgerufen am 25 Februar 2024 deutsch Sara Grimm Bildungseinrichtungen Abgerufen am 25 Februar 2024 Torsten Kracke Chronik Abgerufen am 25 Februar 2024 48 7258 9 5605 Koordinaten 48 43 32 9 N 9 33 37 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nassachtal Diegelsberg amp oldid 242653164