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Mucine lateinisch mucus Schleim deutsch auch Muzin 1 sind der strukturgebende Bestandteil des Schleims von Organismen Diese protektiven Substanzen konnen von sehr vielen Mikroorganismen namensgebend fur Schleimpilze Pflanzen und Tieren gebildet werden Sie konnen ausserlich z B bei Prokaryoten Einzellern Weichtieren oder zum auskleidenden Schutz von inneren Organen auf den Schleimhauten Mucosa dienen Mucine sind Glykoproteine also Makromolekule aus einer zentralen Proteinkette und langen Seitenketten aus Zuckerverbindungen Polysacchariden Die Polysaccharide verleihen den Mucinen eine hohe Wasserbindungskapazitat und schutzen das zentrale Protein vor enzymatischem Abbau Proteolyse oder Einwirkung von Sauren im Verdauungssystem Mucine spielen eine Rolle fur die Barrierefunktion durch die Schleimhaute und die Adhasion Inhaltsverzeichnis 1 Benennung und Einteilung 2 Aufbau 3 Funktion 4 Pathologie 5 Geschichte 6 Belege 7 LiteraturBenennung und Einteilung BearbeitenDie Mucine werden funktional in zwei Gruppen eingeteilt in membrangebundene und in abgesonderte Mucine Unabhangig davon werden sie beim Menschen mit dem Kurzel MUC gefolgt von einer Zahl benannt beziehungsweise durchnummeriert MUC1 MUC2 MUC3A usw Im Jahr 2002 waren sechzehn Mucin Gene im Menschen bekannt MUC1 MUC2 MUC3A MUC3B MUC4 MUC5AC MUC5B MUC6 9 MUC11 13 MUC16 und MUC17 2 Diese Benennung wurde jedoch kritisiert 3 da sie die Existenz einer Familie von Genen suggeriert wahrend zwischen den Genen der verschiedenen Mucine die entsprechende Sequenzhomologie oft fehlt Bei MUC1 MUC3A Isoform 1 MUC3B und MUC4 handelt es sich um Transmembranproteine die mit ihrer extrazellularen Domane zur Glykokalyx beitragen MUC2 MUC5AC MUC5B MUC6 und MUC7 werden von den Schleimhauten abgesondert sekretorische Mucine und MUC8 lasst sich nicht eindeutig in eine dieser Kategorien einordnen 4 Aufbau BearbeitenMucine bestehen aus einem zentralen Protein welches in hohem Masse glykosyliert das heisst mit kovalent gebundenen Polysacchariden versehen ist Die Polysaccharide haben typischerweise einen Anteil von 60 bis 80 Massenprozent am Mucin Sie haben eine sehr hohe molekulare Masse um 120 106 Dalton und tragen oft durch Sialyl oder Sulfatgruppen eine hohe negative Ladung Dieser anionische Charakter sowie die Hydroxygruppen innerhalb der Polysaccharide ermoglichen es den Mucinen viel Wasser an sich zu binden und fuhren so zu der gel bzw schleimartigen Konsistenz der Mucine Das zentrale Protein ist reich an den Aminosauren Serin Threonin und Prolin Es enthalt bei allen bisher bekannten Mucinen mehrere tandem repeat Domanen welche auch die Bereiche des Proteins sind an denen die Polysaccharide durch O Glykosylierung an das Protein gebunden sind Diese tandem repeat Domanen unterscheiden die echten Mucine von mucinahnlichen Glykoproteinen wie GlyCAM1 oder MadCAM1 die bei der Adhasion eine Rolle spielen 5 nbsp Schematische Darstellung eines Mucins der Strich in der Mitte stellt das Protein dar die davon abstehenden verbundenen Sechsecke die Polysaccharide Im Ausschnitt ist die Verbindung zwischen Threonin und dem ersten Zucker GalNAc gezeigt 6 Die Polysaccharidkette beginnt normalerweise mit einem N Acetylgalactosamin welches uber die Alkoholfunktion von Serin oder Threonin das heisst uber ein Sauerstoffatom mit dem Proteinruckgrat kovalent verbunden ist und besteht aus etwa 5 10 Einfachzuckern pro Kette Dies unterscheidet die Mucine von den meisten anderen Glykoproteinen in denen N Acetylglucosamin uber eine Amidgruppe mit Asparagin verbunden ist Der erste und wahrscheinlich ebenfalls der zweite Zucker des Oligosaccharids wird durch die Struktur des darunterliegenden Proteins bestimmt Die weiteren Zucker sind jedoch davon unabhangig und werden vermutlich nur durch die Konzentrationen der entsprechenden Glykosyltransferasen bestimmt Es ist wahrscheinlich dass die einzelnen Mucine uber Disulfidbindungen miteinander verknupft sind wodurch sich das Auftreten linearer Mucinketten mit etwa der zwanzigfachen Masse eines einzelnen Mucins erklaren lasst 7 Die Enden der Polysaccharide sind teilweise mit Sulfatgruppen oder O acetylierten Sialinsauregruppen versehen um einen Abbau der Mucine durch Bakterien zu erschweren 8 Funktion BearbeitenIm tierischen und menschlichen Korper werden Mucine von den Schleimhauten z B Augen Bronchien Mund Nase Magen Darm zum Schutz gegen chemische und mechanische Einwirkungen von mukosen Drusen sezerniert ausgeschieden Sie werden beispielsweise im Magen von Nebenzellen gebildet Diese sezernieren mit Bikarbonat beladene Mucine Bikarbonatbatterien die zu dem Bikarbonatsystem des Magen Darm Trakts gehoren 9 welche Salzsaure neutralisieren Diese Magenschleimhautbarriere schutzt den Magen vor der Saure 10 Weitere Vorkommen in Knorpel Sehnen Haut Serum Glaskorper und als Nubecula im Harn MUC1 MUC2 MUC3 and MUC4 sind dabei die hauptsachlich im Colon vorkommenden Mucine 11 Den grossten Anteil der abgesonderten Mucine hat MUC2 12 Im Dunndarm ist MUC3 das hauptsachlich ausgeschiedene Mucin 13 In der Medizin werden Mucine als Bestandteil von kunstlichem Speichel therapeutisch eingesetzt Pathologie BearbeitenEine erhohte Produktion von Mucinen wird bei vielen Adenokarzinomen 14 wie beispielsweise Darmkrebs Magenkrebs Bauchspeicheldrusenkrebs Lungenkrebs Prostatakrebs 15 oder auch Brustkrebs beobachtet Auch bei Lungenkrankheiten wie Asthma Bronchitis oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung COPD sind Mucine uberexprimiert Insbesondere die beiden Mucine MUC1 und MUC4 wurden und werden deshalb intensiv auf ihre pathologische Funktion hin untersucht Diese Mucine sind fur die Diagnostik potenzielle Tumormarker sowie auch Ansatzpunkte fur neue Therapieformen 16 Geschichte BearbeitenSchleime oder Mucine wurden erstmals von Clamer Herman Hoffbauer 1734 beschrieben 17 Bis in die 1970er Jahre wurde der Begriff Mucin fur den hauptsachlichen Glykoprotein Bestandteil in abgesondertem Schleim verwendet der jedoch kaum charakterisiert war Zu diesem Zeitpunkt war der hohe Bestandteil an hauptsachlich negativ geladenen Kohlenhydraten uber 50 Massenprozent und der hohe Gehalt an den Aminosauren Threonin und Serin in dem Protein der Mucine bekannt In den 1980er Jahren zeigte sich jedoch durch den Einsatz fortgeschrittener spektroskopischer Methoden neuere Formen der Massenspektrometrie und Kernspinresonanzspektroskopie dass Mucine eine wesentlich komplexere Glykosylierung aufweisen als zuvor angenommen Etwa zeitgleich wurden Epitope auf Mucinen gefunden welche mit Tumoren in Zusammenhang gebracht wurden Im Jahr 1990 wurden die DNA Sequenzen der ersten vier Gene fur Mucine entschlusselt 5 Belege Bearbeiten Die Rheinpfalz 4 Dezember 2021 Trefoils and Mucins 2002 In International Journal of Experimental Pathology 83 2002 S A1 A23 doi 10 1046 j 1365 2613 2002 t01 1 00226 x J Dekker et al The MUC family an obituary In Trends Biochem Sci Band 27 2002 S 126 131 PMID 11893509 Perez Vilar J Hill RL The Structure and Assembly of Secreted Mucins In J Biol Chem Band 274 Nr 45 1999 S 31751 31754 a b Franz Georg Hanisch Stefan Muller MUC1 the polymorphic appearance of a human mucin In Glycobiology Band 10 Nr 5 1 Mai 2000 S 439 449 doi 10 1093 glycob 10 5 439 englisch oxfordjournals org Zeichnung analog R Xu S R Hanson Z Zhang Y Y Yang P G Schultz C H Wong Site specific incorporation of the mucin type N acetylgalactosamine alpha O threonine into protein in Escherichia coli In Journal of the American Chemical Society Band 126 Nummer 48 Dezember 2004 S 15654 15655 doi 10 1021 ja044711z PMID 15571382 J M Rhodes Mucins and inflammatory bowel disease In Q J Med Band 90 1997 S 79 82 PMID 9068798 A P Corfield et al Mucin degradation in the human colon production of sialidase sialate O acetylesterase N acetylneuraminate lyase arylesterase and glycosulfatase activities by strains of fecal bacteria In Infection and Immunity Band 60 Nr 10 1992 S 3971 3978 S E Miederer O Stadelmann Physiology and physiopathology of gastric secretion In Med Klin Band 66 1971 S 1587 1593 PMID 4943889 S E Miederer The gastric mucosal barrier In Hepatogastroenterology Band 33 1986 S 89 91 T Shirazia et al Mucins and inflammatory bowel disease In Postgrad Med J Band 76 2000 S 473 478 K M A J Tytgat et al Muc2 is the prominent secretory mucin in ulcerative colitis In Netherl J Med Band 47 Nr 2 August 1995 S 41 doi 10 1016 0300 2977 95 97050 Y englisch D R Mach et al Extracellular MUC3 mucin secretion follows adherence of Lactobacillus strains to intestinal epithelial cells in vitro In Gut Band 52 2003 S 827 833 PMC 1773687 freier Volltext A P Singh et al MUC4 expression is regulated by cystic fibrosis transmembrane conductance regulator in pancreatic adenocarcinoma cells via transcriptional and post translational mechanisms In Oncogene Band 26 2007 S 30 41 PMID 16799633 A P Singh et al Aberrant expression of transmembrane mucins MUC1 and MUC4 in human prostate carcinomas In Prostate Band 66 2006 S 421 429 PMID 16302265 A P 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