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Methylnitrat ist der einfachste organische Ester der Salpetersaure und kann aus dieser durch die Veresterung mit Methanol gewonnen werden StrukturformelAllgemeinesName MethylnitratAndere Namen Methoxynitrit SalpetersauremethylesterSummenformel CH3NO3Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 598 58 3EG Nummer 209 941 3ECHA InfoCard 100 009 039PubChem 11724ChemSpider 11231Wikidata Q425393EigenschaftenMolare Masse 77 04 g mol 1Aggregatzustand flussigDichte 1 21 g cm 3 1 Schmelzpunkt 83 0 C 2 Siedepunkt 64 6 C 1 Loslichkeit wenig in Wasser 3 Brechungsindex 1 3748 20 C 2 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnungkeine Einstufung verfugbar 4 Thermodynamische EigenschaftenDHf0 156 3 kJ mol 5 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Brechungsindex Na D Linie 20 C Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gewinnung und Darstellung 3 Eigenschaften 3 1 Physikalische Eigenschaften 3 2 Struktur 3 3 Sicherheitstechnische Kenngrossen 4 Verwendung 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEine erste Erwahnung findet sich als das beruhmte und geheimnisumwitterte Schiesswasser in einem Feuerwerkbuch von 1420 auch wenn seine chemische Natur damals nicht erkannt wurde 6 Chemiehistorische Arbeiten klarten dass nur das Methylnitrat mit seinem Herstellungs und Explosionspotential in Frage kommen kann 7 8 Der Text im Feuerwerkbuch von 1420 ist in Ausschnitten wie folgt Wildu mit wasser schyessen dass du kein pulfer prauch est vnd sterker und waiter mit schewst dann als du dass aller pest pulfer hast das yemann gehab en mag und ye gemacht wurd so ny salpeter und distillier den mit wasser vnd nym oleo benedicto dazu auch vnd zunt sie an mit sinnen das du davon kommen magst mit disem wasser schewst du dreytousent schrit weit es ist gar kostlich Eine fruhe gezielte Synthese wurde vom US amerikanischen Chemiker Matthew Carey Lea im Jahr 1862 veroffentlicht 9 Gewinnung und Darstellung BearbeitenMethylnitrat ist ein Explosivstoff der durch vorsichtige Veresterung von Methanol mit einem Salpetersaure Schwefelsaure Gemisch auch unter dem Namen Nitriersaure bekannt unter starker Kuhlung hergestellt wird 3 C H 3 O H H N O 3 C H 3 N O 3 H 2 O displaystyle mathrm CH 3 OH HNO 3 longrightarrow CH 3 NO 3 H 2 O nbsp Daneben entsteht es auch schon bei vorsichtigem Abdestillieren aus einer Mischung aus 65 iger Salpetersaure mit Methanol unter Zusatz von wenig Harnstoff der durch Bindung von nitrosen Gasen Zersetzungen bis hin zur Explosion verhindert 10 3 Eine Laborsynthese gelingt durch die Umsetzung von Methyliodid mit Silbernitrat bei Raumtemperatur 11 C H 3 I A g N O 3 C H 3 N O 3 A g I displaystyle mathrm CH 3 I AgNO 3 longrightarrow CH 3 NO 3 AgI nbsp Eigenschaften BearbeitenPhysikalische Eigenschaften Bearbeiten Methylnitrat ist eine farblose chloroformartig riechende Flussigkeit die bei Normaldruck bei 66 C siedet 12 Die molare Verdampfungsenthalpie am Siedepunkt betragt 28 673 kJ mol 1 12 Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10 P A B T C P in Torr T in C mit A 7 34608 B 1351 0264 und C 237 714 im Temperaturbereich von 24 82 bis 88 27 C 13 Die Verbindung hat eine Dichte von 1 21 g cm 3 und eine erhebliche Brisanz Methylnitrat ist eine wasserklare Flussigkeit mit starkem aromatischem Geruch die schnell heftige Kopfschmerzen verursacht Die Schlagempfindlichkeit ist geringer als die von Glycerintrinitrat Nitroglycerin die Fluchtigkeit jedoch deutlich hoher Struktur Bearbeiten Die Struktur von Methylnitrat wurde experimentell in der Gasphase kombinierte Gas Elektronenbeugung und Mikrowellespektrsokopie GED MW und im kristallinen Zustand Rontgenbeugung XRD untersucht siehe Abbildung und Tabelle 1 11 Im Festkorper existieren schwache Wechselwirkungen zwischen den O und N Atomen unterschiedlicher Molekule siehe Abbildung nbsp Gasphasenstruktur von Methylnitrat nbsp Festkorperstruktur von Methylnitrat Tabelle 1 Strukturparameter vom Methylnitrat Bindungslangen in A Winkel in ParameterXRD GED MWC O 1 451 1 1 425 3 N OC 1 388 1 1 403 2 N Oterminal 1 204 1 1 205 1 C O N 113 3 1 113 6 3 Oterminal N Oterminal 128 6 1 131 4 4 Sicherheitstechnische Kenngrossen Bearbeiten Die Sprengkraft ist ahnlich dem Nitroglycerin auch gelatiniert die Substanz zusammen mit Nitrozellulose so dass sich Alfred Nobel bei der Beschreibung der Sprenggelatine auch die analoge Mischung mit Methylnitrat schutzen liess die aber wegen der Fluchtigkeit nie technisch verwendet wurde Die Dampfe des Methylnitrats sind auch ohne Luftzutritt ausserst explosiv was im 19 Jahrhundert bei der zeitweiligen Herstellung der Substanz als Zwischenprodukt zur Farbstoffsynthese zu mehreren Explosionskatastrophen fuhrte z B in St Denis 1874 In einer offenen Schale ohne vorherige Verdunstung brennt das Methylnitrat ruhig ab bei Zundung in einem Reagenzglas erfolgt Explosion ohne dass ein Initialzunder notig ware Wichtige Explosionskennzahlen sind Explosionswarme 6754 kJ kg 1 H2O l 6055 kJ kg 1 H2O g 3 Detonationsgeschwindigkeit 6300 m s 1 bei der einer Dichte von 1 217 g cm 3 3 Normalgasvolumen 909 l kg 1 3 Spezifische Energie 1301 kJ kg 1 3 Verpuffungspunkt schnelle Verdampfung ohne Entzundung 3 Bleiblockausbauchung 610 cm3 10 g 3 Schlagempfindlichkeit 0 2 N m 3 11 Reibempfindlichkeit 353 N 11 Stahlhulsentest Grenzdurchmesser 18 mm 3 Verwendung BearbeitenWegen seiner Empfindlichkeit hat Methylnitrat keine praktische Bedeutung als Sprengstoff gefunden jedoch als Mischung mit einem Gehalt von 25 Methanol fand es unter dem Namen Myrol im Dritten Reich Verwendung als Raketentreibstoff und volumetrischer Sprengstoff 3 14 Nach A Stettbacher 15 diente die Substanz 1933 als Brandstoff beim Reichstagsbrand Siehe auch BearbeitenEthylnitrat NitromethanEinzelnachweise Bearbeiten a b Eintrag zu Salpetersaureester In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 25 Mai 2014 a b David R Lide Hrsg CRC Handbook of Chemistry and Physics 90 Auflage Internet Version 2010 CRC Press Taylor and Francis Boca Raton FL Physical Constants of Organic Compounds S 3 360 a b c d e f g h i j k l Kohler J Meyer R Homburg A Explosivstoffe zehnte vollstandig uberarbeitete Auflage Wiley VCH Weinheim 2008 ISBN 978 3 527 32009 7 Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefahrlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlassliche und zitierfahige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden David R Lide Hrsg CRC Handbook of Chemistry and Physics 90 Auflage Internet Version 2010 CRC Press Taylor and Francis Boca Raton FL Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances S 5 20 Feuerwerkbuch von 1420 anonym Stainer Augsburg 1529 Wilhelm Hassenstein Hermann Virl Das Feuerwerkbuch von 1420 600 Jahre deutsche Pulverwaffen und Buchsenmeisterei Neudruck des Erstdruckes aus dem Jahr 1529 mit Ubertragung ins Hochdeutsche und Erlauterungen von Wilhelm Hassenstein Verlag der Deutschen Technik Munchen 1941 hier S 81 f und 127 f J Gartz Vom griechischen Feuer zum Dynamit eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe E S Mittler amp Sohn Hamburg 2007 ISBN 978 3 8132 0867 2 Lea M C Ueber die Bereitung der Salpetersaure Methylather und der Methylbasen in Chemisches Zentralblatt 1862 602 604 Link Digitale Sammlungen R I Bialke Initialsprengstoffe und Anzundmittel Synthesen verschiedener Initialsprengstoffe und die Beschreibung der Herstellung von deren Anzundmittel Books on Demand GmbH Norderstedt ISBN 978 3 837 077827 S 37 a b c d Marco Reichel Burkhard Krumm Yury V Vishnevskiy Sebastian Blomeyer Jan Schwabedissen Marco Reichel Hans Georg Stammler Konstantin Karaghiosoff Norbert W Mitzel Festkorper und Gasphasenstrukturen sowie energetische Eigenschaften des gefahrlichen Methyl und Fluormethylnitrats In Angewandte Chemie Band 131 Nr 51 2019 S 18730 18734 doi 10 1002 ange 201911300 open access a b Carl L Yaws Thermophysical Properties of Chemicals and Hydrocarbons 1st Edition Elsevier 2008 ISBN 978 0815515968 S 411 Carl L Yaws The Yaws Handbook of Vapor Pressure Antoine Coefficients 2st Edition Elsevier 2015 ISBN 978 0 12 802999 2 S 3 doi 10 1016 B978 0 12 802999 2 00004 0 Koch E C Sprengstoffe Treibmittel Pyrotechnika 2 Auflage de Gruyter Berlin Boston 2019 ISBN 978 3 11 055784 8 S 396 abgerufen uber De Gruyter Online A Stettbacher Spreng und Schiessstoffe Rascher Verlag Zurich 1948 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Methylnitrat amp oldid 237784368