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Gotthard Martin Gauger 4 August 1905 in Elberfeld 15 Juli 1941 in der NS Totungsanstalt Sonnenstein Pirna war ein deutscher Jurist und Pazifist Gedenktafel neben der Schwebebahn Haltestelle Landgericht an der Brucke uber die Wupper Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft und Ausbildung 1 2 Zeit des Nationalsozialismus 2 Gedenken 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft und Ausbildung Bearbeiten Gaugers Vater Joseph Gauger war ein pietistisch gepragter Pfarrer seine Mutter stammte aus einer wohlhabenden Wuppertaler Familie Er wuchs als funftes von insgesamt acht Kindern auf Er studierte 1924 1930 Rechtswissenschaften und Wirtschaftswissenschaft in Tubingen Kiel London Berlin und Breslau 1 Nach der Promotion zum Dr iur 2 begann er 1933 als Rechtsassessor bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht Wuppertal Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Nach dem Tod des Reichsprasidenten Paul von Hindenburg ubernahm Hitler zusatzlich zum Amt des Reichskanzlers auch das Amt des Reichsprasidenten eine Volksabstimmung am 19 August 1934 sollte dies legitimieren Martins Vater Direktor der Evangelischen Gesellschaft in Wuppertal Elberfeld pladierte dafur die Amter Reichskanzler und Reichsprasident getrennt bestehen zu lassen Er schickte ein Manuskript an die Zeitschrift Licht und Leben dieses wurde aber von der Postkontrolle abgefangen er selbst in Schutzhaft genommen und die Zeitschrift befristet verboten Das war fur Martin Gauger der unmittelbare Anlass den am 20 August gesetzlich eingefuhrten 3 Treueeid auf Hitler nicht zu leisten Er wurde als einziger namentlich bekannter Jurist sofort entlassen 1 Gauger schrieb seinem Bruder dass es ihm unertraglich gewesen ware wenn ich jenen uneingeschrankten Eid der Treue und des Gehorsams gegenuber jemandem geleistet hatte der seinerseits an kein Recht und kein Gesetz gebunden ist Gauger schrieb viele vergebliche Bewerbungen und eine juristische Dissertation uber Bekenntnis und Kirchenregiment in ihrer Beziehung zueinander 4 Als sie 1936 erschien wurde sie sofort als schadliches und unerwunschtes Schrifttum beschlagnahmt In der Dissertation wies er nach dass eine Kirchenleitung die Irrlehre verbreite auch juristisch nicht rechtmassig sei Mit dieser Begrundung hatte die Bekennende Kirche BK auf der Zweiten Bekenntnissynode von Berlin Dahlem Oktober 1934 an Stelle der regimetreuen Deutschen Christen eine eigene Kirchenleitung eingesetzt Im Januar 1935 erhielt er eine Anstellung bei der Ersten Vorlaufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche in Berlin in deren Rechtsabteilung 5 Als diese im Februar 1936 wahrend der 4 Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche auseinanderbrach wurde er leitender Jurist des lutherischen Flugels des Rates der Evangelisch Lutherischen Kirche Deutschlands Lutherrat In dieser Funktion setzte er sich fur von den Nazis verfolgte Menschen ein 6 Als sich der Lutherrat dem nationalsozialistischen Rassegedanken unterwarf musste Gauger seine Beschaftigung aufgeben 1939 widersetzte er sich seiner Musterung zum Wehrdienst Ich kann diesen Krieg nicht fordern ich kann nicht helfen dass das Meer von Blut und Tranen noch andere Lander uberflutet Als er sich im April 1940 der bevorstehenden Musterung und angedachten Verpflichtung als Kriegsverwaltungsrat nicht langer verweigern konnte fluchtete er mit Hilfe seines Bruders Joachim und des bekannten Gefangnisseelsorgers Harald Poelchau 7 Gauger schwamm am 17 Mai durch den Rhein in die Niederlande von wo er weiter nach Grossbritannien fluchten wollte Am 18 Mai 1940 kapitulierten die Niederlande die Wehrmacht war ab dem 10 Mai dort einmarschiert siehe Westfeldzug Gauger wurde bei Wyler verwundet und verhaftet 5 Vom 22 Mai 1940 bis zum Juni 1941 war Gauger in Dusseldorf Derendorf Ulmer Hoh inhaftiert Dort ausserte er sich uber das Verhaltnis von Notwehr und Verteidigung Nach meiner Meinung kann ein Krieg nur als Verteidigungskrieg gerechtfertigt werden also in echter Notwehr Die Ausweitung des strengen Notwehrbegriffs auch auf internationale Streitfalle lehne ich ab Gauger wurde am 12 Juni 1941 in das Konzentrationslager Buchenwald uberstellt 5 Die Bischofe Hans Meiser und Theophil Wurm weigerten sich sich fur Gauger einzusetzen Es gelang ihm einen Abschiedsbrief an seinen Bruder Siegfried zu richten Wenn einmal der Nebel sich zerteilt hat in dem wir leben dann wird man sich fragen warum nur einige warum nicht alle sich so verhalten haben Am 14 Juli 1941 wurde Gauger im Rahmen der Aktion 14f13 einem sogenannten Invalidentransport von Haftlingen zugeteilt In seinem Fall handelte es sich um die bewusste Beseitigung einer missliebigen Person die nicht einmal mit den offizios verlautbarten Kriterien der Aktion ubereinstimmte und ebenso andere vor allem judische Haftlinge betraf Der Transport brachte Gauger zur Totungsanstalt Pirna Sonnenstein wo er ermordet wurde 5 Sein Tod wurde offiziell eine Woche spater am 23 Juli 1941 mit Herzschlag im Standesamt Weimar II d i das KL Buchenwald beurkundet Die bewusste Fehldatierung sowie die Verschleierung des tatsachlichen Todesortes dienten dabei der Geheimhaltung dieser Invalidenaktion Gedenken Bearbeiten nbsp Stolperstein fur Martin GaugerIm Gedenken an Martin Gauger verleiht der Bund der Richter und Staatsanwalte in Nordrhein Westfalen alle zwei Jahre den Martin Gauger Preis Der Preis wird im Rahmen eines landesweiten Schulerwettbewerbs ausgelobt und ist dem Gedanken der Menschenrechte verpflichtet Die Preisverleihung findet daher um den internationalen Tag der Menschenrechte am 10 Dezember statt In Erinnerung an Gauger wurde an seiner letzten Adresse in Wuppertal Hopfenstr 6 ein Stolperstein verlegt Lage des Stolpersteins 51 252438888889 7 1490055555556Im September 2017 wurde eine Gedenktafel neben der Schwebebahn Haltestelle Landgericht an der Brucke uber die Wupper in Wuppertal Elberfeld angebracht und die Brucke zur Gerichtsinsel nach ihm benannt 8 Zum 80 Jahrestag seiner Ermordung erinnerte die Ausstellung Seine Kirche aber schwieg in der Herderkirche in Weimar an Martin Gauger und an das Schweigen der damaligen Kirchenleitung 9 Ausserdem fand im ehemaligen KZ Buchenwald eine Gedenkveranstaltung fur ihn statt 10 Literatur BearbeitenWerner Oehme Martyrer der evangelischen Christenheit 1933 1945 Neunundzwanzig Lebensbilder Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1979 DNB 800224825 S 72 79 Die Entscheidung konnte mir niemand abnehmen Dokumente zu Widerstand und Verfolgung des evangelischen Kirchenjuristen Martin Gauger Lebenszeugnisse Leidenswege Band 5 Bearbeitet und eingeleitet von Boris Bohm Stiftung Sachsische Gedenkstatten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft Dresden 1997 ISBN 978 3 9805527 4 5 Hartmut Ludwig Gradlinig und unbeugsam Ein Staatsanwalt und Kirchenjurist verweigerte sich dem NS Regime In Nachrichten der Evangelisch Lutherischen Kirche in Bayern Nr 10 Oktober 2007 S 322 325 Recht muss doch Recht bleiben Die Verfolgung des Juristen Martin Gauger 1905 1941 im Nationalsozialismus Lebenszeugnisse Leidenswege Band 26 Bearbeitet und eingeleitet von Boris Bohm Stiftung Sachsische Gedenkstatten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft Dresden 2018 ISBN 978 3 934382 54 1 Helmut Kurz In Gottes Wahrheit leben Religiose Kriegsdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg Donat Verlag Bremen 2020 ISBN 978 3 943425 98 7 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Martin Gauger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Dissertation Beziehungen zwischen Bekenntnis und Kirchenregiment von Martin Gauger Digitalisiert und abrufbar unter https sammlungen ulb uni muenster de hd content titleinfo 7389269 Sie sind allein dem Gewissen gefolgt Vier evangelische Kriegsdienstverweigerer im Nationalsozialismus Vom Theologen bis zum Juristen In Evangelischer Kirchenbote Sonntagsblatt fur die Pfalz 14 2005 3 April 2005 archiviert vom Original am 27 September 2007 abgerufen am 20 Juli 2021 Internetseite des Martin Gauger Preises Martin Gauger In Online Ausstellung Widerstand Evangelische Christen und Christinnen im Nationalsozialismus 26 November 2015 abgerufen am 20 Juli 2021 mit Portrat und vielen Schrift und Bildquellen Klaus Schmidt Martin Gauger Jurist Kriegsdienstverweigerer NS Opfer 1905 1941 In Portal Rheinische Geschichte 1 Juli 2015 abgerufen am 20 Juli 2021 Bjorn Mensing NS Widerstand Zum 80 Todestag des evangelischen Kirchenjuristen Martin Gauger In Sonntagsblatt 18 Juli 2021 abgerufen am 16 Juni 2023 Einzelnachweise Bearbeiten a b Klaus Schmidt Martin Gauger Jurist Kriegsdienstverweigerer NS Opfer 1905 1941 In Portal Rheinische Geschichte 1 Juli 2015 abgerufen am 20 Juli 2021 Beziehungen zwischen Bekenntnis und Kirchenregiment auf sammlungen ulb uni muenster de Gesetz uber die Vereidigung der Beamten und der Soldaten der Wehrmacht 20 August 1934 archiviert vom Original am 14 September 2008 abgerufen am 20 Juli 2021 wiedergegeben auf verfassungen de Beziehungen zwischen Bekenntnis und Kirchenregiment vorgelegt von Martin Gauger 1935 abgerufen am 19 Marz 2022 a b c d Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Verlagsgruppe Weltbild GmbH genehmigte Lizenzausgabe Augsburg 2008 S 147 Ulrich Huppenbauer Zu lange vergessen In Glaube und Heimat vom 4 Juli 2021 S 6 Werner Oehme Martyrer der evangelischen Christenheit 1933 1945 Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1985 3 uberarbeitete Auflage S 76 Jan Niko Kirschbaum Martin Gauger Brucke offiziell eingeweiht In denkmal wuppertal de 22 September 2017 abgerufen am 26 August 2019 Gedenken an Martin Gauger Ausstellung in der Herderkirche In ek weimar de Abgerufen am 5 Juli 2021 NS Widerstand Zum 80 Todestag des evangelischen Kirchenjuristen Martin Gauger Im Sonntagsblatt vom 18 Juli 2021 sonntagsblatt de abgerufen am 2 August 2021 Normdaten Person GND 116467169 lobid OGND AKS LCCN no2002097332 VIAF 3474 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Gauger MartinKURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist der Hitler den Treueid verweigerteGEBURTSDATUM 4 August 1905GEBURTSORT ElberfeldSTERBEDATUM 14 Juli 1941STERBEORT NS Totungsanstalt Sonnenstein Pirna Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martin Gauger amp oldid 234664281