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Die Managementsoziologie ist eine noch junge Teildisziplin der Soziologie die eng an gesellschafts und organisationstheoretische Pramissen gekoppelt ist Insofern unterscheidet sie sich deutlich von der klassischen Managementlehre da sie neben der Erforschung des Managements als einer bestimmten Akteursgruppe vor allem die Organisation als soziales System und als strukturellen Hintergrund des Handelns analysiert Ihr Gegenstand ist durch diese Engfuhrung andererseits nicht auf eine allgemeine in allen gesellschaftlichen Bereichen beobachtbare Funktion ausdehnbar Sie fragt nach dem Beitrag den Manager zur Strukturierung von Organisationen als Fuhrungskrafte leisten und welche Konsequenzen ihrer sozialen Positionierung als okonomische Elite unter den Bedingungen sich verandernder organisationaler Handlungskonstellationen und gesellschaftlicher Strukturen zukommt Sie zielt darauf ab durch historisch konkrete Analysen hintergrundige gesellschaftliche Strukturen sichtbar zu machen die Personen in Managementpositionen besondere Macht und Einflusschancen sowie exzellente Karrieren eroffnen Genauso wie sie andererseits Konsequenzen fur diejenigen denen diese Karrierewege verschlossen bleiben aufzeigt Inhaltsverzeichnis 1 Historische Entstehung der Managements und fruhe Managementsoziologie 2 Das Problem der Statusreproduktion und die Management Lehre vom korporativen Akteur 3 Das Management der Organisation 3 1 Fuhrungsprobleme als Herrschafts und Autoritatsprobleme 3 2 Generationaler Wandel im Management 4 Einzelnachweise 5 Literatur 6 WeblinksHistorische Entstehung der Managements und fruhe Managementsoziologie BearbeitenIm 19 Jahrhundert wurden die Positionen die heute die Manager einnehmen von sogenannten Industriebeamten oder Privatbeamten besetzt Die Beschreibung als grossindustrieller Beamter war auf burokratische Organisationen bezogen und bezeichnete ein subalternes Verwaltungsamt gleichsam eine Dienstleistungsfunktion fur den Unternehmer Dagegen konnte sich im 20 Jahrhundert die Konnotation des Managers mit einer wie immer gearteten riskanten Entscheidungsvollmacht durchsetzen Gleichzeitig wurden auch immer mehr Positionen als Managementaufgabe deklariert von der Unternehmensleitung bis hin zu einfachsten Dienstleistungstatigkeiten bspw wird aus dem Hausmeister der facility manager Der Wandel im Sprachgebrauch weist auf einen wichtigen gesellschaftlichen Wandel hin Management dient heute als sozialprestigetrachtiger symbolischer Ausweis von Entscheidungskompetenz Der Manager beerbte nicht nur in dieser Hinsicht den Unternehmer Er nahm auch dessen Position im Betrieb ein und ruckte schliesslich in den Industriegesellschaften in entsprechende Elitepositionen auf die mit der Disposition uber gesellschaftlich relevante Ressourcen verbunden wurden Das Aufrucken der Manager in gesellschaftliche Elitepositionen und die Frage nach den Bedingungen der Reproduktion dieser Positionen erscheint als historischer Anstoss einer soziologischen Thematisierung des Managements Wahrend Karl Marx zwar die Bedeutung der Manager in der Produktion analysierte ihre gesellschaftliche Relevanz jedoch auf die Tragerschaft bestimmter Klassenverhaltnisse und interessen reduzierte und sich daher starker mit Skripten okonomische Bewegungsgesetze der burgerlichen Gesellschaft beschaftigte als mit den Akteuren selber lieferten Max Weber Werner Sombart und Joseph A Schumpeter Argumente dafur wie sich die klassische Modernisierung auf Manager und Unternehmer auswirkte Als klassische Modernisierung bezeichnete man den Versuch rein okonomische Mittel und rein okonomische Zwecke mittels abstrakter Regeln Arbeitsteilung und weisungsbefugter Verwalter zu verknupfen Dies war der semantische Ursprung der modernen rationalen Organisation Die Kennzeichen dieses Phanomens waren aus Sicht der Klassiker neben einem hohen Grad der Verwissenschaftlichung und der Maschinisierung vor allem die Dominanz von Burokratie und formaler Rationalitat Damit erschien die moderne Organisation einerseits als prototypischer Ausdruck der gesellschaftlichen Rationalisierungsrichtung und andererseits als eine Bedrohung der Geltungskraft wertrationalen Handelns und des Handelns grosser Individuen Das formal rationale Regelwerk lasse wenig Raum fur die heroischen Anspruche organisationaler Fuhrer Sofern Manager uber eine blosse Verwalterrolle hinaus Profil gewinnen wollten stand ihnen wie zuvor dem Unternehmer die burokratisierte Organisation mit ihren verbindlich gesatzten Regeln entgegen Die Klassiker uberschatzten jedoch aus heutiger Sicht den Grad moglicher Rationalitat verwissenschaftlichter Organisation Dass die Manager tatsachlich in der Lage waren ihrer eigenen durch die Freisetzung formaler Vernunft legitimierten Austauschbarkeit Grenzen zu setzen und aus grossindustriellen Beamten das Top Management wurde ist aus soziologischer Perspektive darin begrundet dass die klassische Modernisierung mit ihrem formalen Regelwerk keine perfekt funktionierende Organisation schuf und infolgedessen primar den strukturellen Unbestimmtheiten im Prozess des Organisierens geschuldet Diese Unbestimmtheiten bildeten die Kulisse fur die heroischen Inszenierungen eines postheroischen Managements Analysiert man die Autobiographien erfolgreicher Manager in den USA so stechen die Selbst Huldigungen von Fuhrungsstarke Alleinherrschaft und Intuition ins Auge Diese selbstgeglaubten stereotypen Selbstinszenierungen stiessen und stossen deshalb immer wieder auf Resonanz weil das Maschinenmodell der Organisation das der klassischen Modernisierung zugrunde lag seine Grenzen in der unaufhebbaren Sozialitat der Organisation hatte Markus Pohlmann Management Organisation und Sozialstruktur Zu neuen Fragestellungen und Konturen der Managementsoziologie S 230fDas Problem der Statusreproduktion und die Management Lehre vom korporativen Akteur BearbeitenDie Trennung von Fuhrungsaufgaben Manager und Eigentum Anteilseigner verschaffte dem neuen sozialen Stand eine eigenstandige sozialstrukturelle Rolle in den neu entstandenen Strukturen moderner Organisation Das Management konnte im organisationalen Raum den Mythos der in den Hintergrund tretenden Unternehmer fur sich nutzbar machen Das Zerrbild der klassischen Modernisierung in dem der Manager als Kopf eines korporativen Akteurs begriffen wurde der mittels zielgerichteter Anweisungen die Bewegungen des Akteurs bis ins letzte Glied hinein bestimmen konnte eroffnete dem Management die Gelegenheit seine organisationale Austauschbarkeit durch heroische Selbstinszenierungen zu kaschieren Hier war das Management immer wieder neu gefordert und hatte letztlich auch Erfolg darin Intuition und Risikobereitschaft mit der Vorstellung uberlegener wissenschaftlich geschulter Professionalitat zu verbinden Hohe Gehalter und Provisionen die Sammlung von Bildungs und Positionstiteln sowie Vermogen und Reputation sicherten den etablierten Mythos nach innen und nach aussen ab Die traditionelle Managementlehre schien komplementar zu den Problemen der Manager in der Praxis als Lehre davon wie der Kopf seine Glieder am besten und erfolgreichsten einzusetzen vermag Mit dieser Konzeption waren insbesondere drei regulative Ideen verbunden von denen die moderne Organisations und Managementsoziologien in weiten Teilen abgeruckt sind Die Idee einer zielgerichtet herbeifuhrbaren Veranderung der Organisation die Idee unterschiedlicher aber innerhalb der Organisation integrier und beherrschbarer Handlungsrationalitaten und die Idee eines einfach organisierbaren Zusammenhangs von individuell rationalen und kollektiv vernunftigen Entscheidungen in Organisationen Eine adaquatere Beschreibung muss vor allem einkalkulieren dass neue Rationalisierungsimpulse im Sinne der klassischen Modernisierung auf bereits modernisierte Organisationen und damit auf sich selber treffen Die damit einhergehenden Probleme wie Verunsicherung Missverstandnisse oder blinde Flecken werden verscharft durch Veranderungen in der sozialstrukturellen Basis Entstrukturierung durch den Einzug der neuen Mittelklassen und die Einbettung in globale Interaktionsketten die moderne Traditionen immer wieder in Frage stellen Doch dadurch verschieben sich nicht nur die Probleme mit denen sich das Management auseinandersetzen muss auch dessen Status in der Organisation verlangt nach einer Neubegrundung Das Management der Organisation BearbeitenAnstelle des Managements ruckt heute mehr und mehr die Organisation in das Zentrum managementsoziologischer Analysen Erst auf der Basis einer elaborierten Organisationstheorie wird ein Phanomen wie das moderne Management bestimmbar und vom Hintergrund klassischer Modernisierungsmythen differenzierbar Das Management sieht sich seinerseits mit veranderten gesellschaftlichen Anspruchsgruppen konfrontiert Innerhalb der Organisation entstehen neue Begrundungslasten fur klassische organisationale Formen durch die zunehmende Bedeutung professionalisierter in den Werten gewandelter jungerer Berufsgruppen Hier werden einerseits Fuhrungsprobleme sichtbar andererseits zu Beginn des 21 Jahrhunderts auch die Folgen eines sich im Vollzug befindenden generationalen Wandels im Management selber Und schliesslich andern sich auch die Anspruche der gesellschaftlichen Umwelt gegenuber den Praktiken der Organisation wie sie beispielsweise in der Diskussion uber Moral oder Unmoral der Manager Nieten in Nadelstreifen uber angemessene Entlohnung bspw in der Debatte uber Bonussysteme oder uber Corporate Social Responsibility artikuliert werden 1 Fuhrungsprobleme als Herrschafts und Autoritatsprobleme Bearbeiten Die soziologischen Klassiker Weber Sombart und Schumpeter gaben der soziologischen Thematisierung des Managements ein organisations und herrschaftstheoretisches Profil In der modernen Managementsoziologie ist diese zweite Konturierung umstritten Allen voran hat Niklas Luhmann in seinem organisationssoziologischen Spatwerk 2 die These bekraftigt dass Herrschaft kein brauchbarer Begriff zur Analyse von Organisation und Management mehr sei Dies konne man schon daran erkennen dass es immer schwieriger werde den Herrscher in der Organisation zu identifizieren Luhmann schlagt als Alternative vor statt der fluchtigen Herrschaft nachzujagen auf Ungewissheit als zentralen Begriff umzustellen und den Prozess der Unsicherheitsabsorption zu beschreiben In der Managementsoziologie hat sich jedoch die These gehalten dass herrschaftssoziologische Fragestellungen mitunter ein fruchtbarer Bezugspunkt der Analyse sein konnen Herrschaft wurde als Begriff fur soziale Phanomene reserviert fur welche die freiwillige Anerkennung und die Einsicht in die mit Grunden abgesicherte Geltung einer Ordnung in die Uber Unterordnung und Weisungsbefugnis des Managements konstitutiv ist Nicht die Zuordnung von Vermeidungsalternativen sondern die Notwendigkeit der Zuweisung von Autoritat und die Anerkennung eines Legitimitatsanspruchs durch die Untergebenen ist hier ausschlaggebend Das bedeutet dann allerdings in aller Konsequenz dass es nicht allein Fuhrung von oben geben kann sondern auch Fuhrung von unten Und dass das Problem der Fuhrung auf eines der Wechselwirkung zweier strategiefahiger Akteure im Kontext komplexer Organisation zugeschnitten werden muss 3 Autoritat wird durch die Untergebenen freiwillig zugewiesen Sie kann als Zurechnung von Weisungs und Beratungskompetenz verstanden werden und unterscheidet sich vom Phanomen der Herrschaft dadurch dass sie immer an bestimmte Personen adressiert ist Vor allem der Vorgang der Autoritatszuweisung ist hier von Interesse da er ein prekares Verhaltnis der Wechselwirkung zwischen Manager und Beschaftigten erzeugt Denn die Zuweisung erfolgt immer nur temporar und kann jederzeit wieder entzogen werden Anders als bei der Ausubung von Macht werden die Untergebenen im Falle der Disposition uber Zuweisung oder Entzug von Autoritat zum einflussreichen Publikum des Managements Der Nutzen zusatzlicher Gestaltungsoptionen sowie die darin liegende Anerkennung erzeugen ein Interesse der Autoritatspersonen hier der Manager an der Stabilisierung der Zuweisung bzw der Form sozialer Wechselwirkung Da auch die Untergebenen Vorteile daraus ziehen konnen wenn die soziale Beziehung nicht mit Drohungen Vermeidungsalternativen durchsetzt ist konnen gerade in modernen Organisationen die durch hohe Interdependenz gekennzeichnet sind also bis auf Widerruf gleichermassen flexible wie stabile Wechselwirkungsbeziehungen entstehen in denen beide Seiten laufend Zugestandnisse machen Dies kennzeichnet die Effizienz und Effektivitat von etablierten Autoritatsbeziehungen Generationaler Wandel im Management Bearbeiten Manager werden historisch als neuer sozialer Stand und im Anschluss an Max Weber als eine der Tragerschichten der Gesellschaft betrachtet Demzufolge mussen strukturelle Herausforderungen wie nicht zuletzt die globalen Konstellationen eines finanzgetrieben Kapitalismus in okonomische Handlungsrationalitaten ubersetzt werden In diesem Ubersetzungsprozess erlangen okonomische Eliten und ihre Unternehmenspolitiken erheblichen Spielraum und einigen Einfluss auf die organisationale Entwicklung Das stete Neueinsetzen neuer Kulturtrager Karl Mannheim beispielsweise durch das Ausscheiden einer alteren Generation aus der Organisation kann einen hochst differenzierten Erwartungswandel nach sich ziehen Es kann daher als eine der Hauptaufgaben der Managementsoziologie betrachtet werden die Kontinuitaten und Diskontinuitaten im Generationswechsel nachzuzeichnen und zu erklaren Der Wandel von Produktionskonzepten wurde z B in der klassischen Managementlehre vorrangig mit einem Strategie nicht aber mit einem vielleicht dahinter stehenden Generationswechsel im Management in Verbindung gebracht So blieb in der Diskussion der New Economy in der Regel unterbelichtet dass es sich bei diesem Schlagwort uber die produktive Nutzung des neuen Mediums Internet hinaus auch um eine Selbstbeschreibungsformel einer neuen Generation von Unternehmern und Fuhrungskraften mit einem ersichtlichen kulturellen Abgrenzungsbedurfnis handelte Einzelnachweise Bearbeiten Siehe dazu Pohlmann 2008 Niklas Luhmann Organisation und Entscheidung Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2000 Siehe dazu Baecker 1994 32 vgl auch Pohlmann 2002 236ffLiteratur BearbeitenDirk Baecker Postheroisches Management Ein Vademecum Merve Munchen 1994 ISBN 3 88396 117 5 Eugen Buss Managementsoziologie Grundlagen Praxiskonzepte Fallstudien Oldenbourg Munchen 2008 ISBN 978 3 486 58381 6 Eugen Buss Die deutschen Spitzenmanager Wie sie wurden was sie sind Herkunft Wertvorstellungen Erfolgsregeln Oldenbourg Munchen 2007 ISBN 978 3 486 58256 7 Michael Hartmann Topmanager Die Rekrutierung einer Elite Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 593 35513 2 Markus Pohlmann Management und Moral In Tobias Blank Tanja Munch Sita Schanne und Christiane Staffhorst Hrsg Integrierte Soziologie Perspektiven zwischen Okonomie und Soziologie Praxis und Wissenschaft Festschrift zum 70 Geburtstag von Hansjorg Weitbrecht Rainer Hampp Verlag Munchen und Mering 2008 ISBN 978 3 86618 255 4 Markus Pohlmann Management und Fuhrung Eine managementsoziologische Perspektive In Berufsverband deutscher Soziologinnen und Soziologen e V Hrsg Sozialwissenschaften und Berufspraxis Vol 30 Nr 1 2007 S 5 20 Markus Pohlmann Management Organisation und Sozialstruktur Zu neuen Fragestellungen und Konturen der Managementsoziologie In Rudi Schmidt Hans Joachim Gergs Markus Pohlmann Hrsg Managementsoziologie Perspektiven Theorien Forschungsdesiderate Rainer Hampp Verlag Munchen und Mering 2002 ISBN 978 3 87988 658 6 Michael Reed The sociology of management Harvester Wheatsheaf New York 1989 ISBN 978 0 7450 0570 6 Rudi Schmidt Hans Joachim Gergs Markus Pohlmann Hrsg Managementsoziologie Perspektiven Theorien Forschungsdesiderate Rainer Hampp Verlag Munchen und Mering 2002 ISBN 978 3 87988 658 6 Weblinks BearbeitenDFG Projekt Okonomische Eliten im gesellschaftlichen Wandel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Managementsoziologie amp oldid 188271385