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In der Kristallographie ist die Madelung Konstante a displaystyle alpha nach Erwin Madelung der sie zuerst ableitete 1 eine dimensionslose Grosse die definiert ist als a E I G E I P displaystyle alpha frac E IG E IP mit E I G displaystyle E IG der durchschnittlichen Bindungsenergie pro Ion im Kristallgitter und E I P displaystyle E IP der durchschnittlichen Bindungsenergie pro Ion bei einem einzelnen Ionenpaar Die Madelung Konstante hangt nur vom Strukturtyp ab nicht aber von der Ionenladung oder den Gitterparametern Typische Kristallstrukturen auf die die Madelung Konstante anwendbar ist sind die Alkalihalogenide bei denen die Bindung durch Coulombkrafte entsteht Dabei gibt das Alkaliatom ein Elektron an das Halogenatom ab und an jedem Atom entsteht eine kugelsymmetrische Ladungsverteilung Weil die Madelung Konstante vom Coulomb Gesetz fur Punktladungen abgeleitet ist verliert sie ihre Gultigkeit bei nicht punktformigen Ionen Ionen mit kovalenten Bindungen wie z B im Pyritkristall und bei Ionen mit unterschiedlicher Polaritat z B in der Reihe ZnS TiO2 CdCl2 CdI2 Inhaltsverzeichnis 1 Berechnung der Bindungsenergie im Gitter 2 Berechnung der Madelung Konstante am Beispiel von NaCl 3 Werte fur einige Kristallstrukturen 4 EinzelnachweiseBerechnung der Bindungsenergie im Gitter BearbeitenDie Bindungsenergie fur ein Ionenpaar lasst sich mittels Coulomb Gesetz wie folgt berechnen E I P d F d r d 1 4 p e 0 z 2 e 2 r 2 d r 1 4 p e 0 z 2 e 2 d displaystyle E IP int infty d F mathrm d r int infty d frac 1 4 pi varepsilon 0 cdot frac z 2 e 2 r 2 mathrm d r frac 1 4 pi varepsilon 0 cdot frac z 2 e 2 d nbsp mit z Ladungszahl der Ionen e Elementarladung d kleinster Abstand der Ionen e0 Dielektrizitatskonstante des VakuumsDa in einem Kristallgitter nicht nur ein Ionenpaar vorhanden ist sondern im Raum weitere Kat und Anionen wird bei der Kristallbildung weitere Energie frei allerdings auch wieder benotigt um gleich geladene Ionen anzunahern Die folgende Gleichung soll dies erlautern E I G n 1 1 c 1 E I P n 2 1 c 2 E I P n 3 1 c 3 E I P n 1 c 1 n 2 c 2 n 3 c 3 a E I P displaystyle begin aligned E IG amp n 1 cdot frac 1 c 1 cdot E IP n 2 cdot frac 1 c 2 cdot E IP n 3 cdot frac 1 c 3 cdot E IP ldots amp underbrace left frac n 1 c 1 frac n 2 c 2 frac n 3 c 3 ldots right alpha cdot E IP end aligned nbsp Die im Gitter gespeicherte Energie EIG ergibt sich dabei als die Summe der bei der Gitterbildung frei gewordenen und benotigten Energien zu jedem Ion Dabei ist n die Anzahl wie oft ein bestimmtes Ion vorkommt c ein Faktor der den Abstand des Ions angibt Diese Faktoren konnen zu einem vom Kristall abhangigen Faktor a der Madelung Konstante zusammengefasst werden so dass sich fur die Bindungsenergie eines Ions im Gitter folgende Gleichung ergibt E I G a E I P a 1 4 p e 0 z 2 e 2 d displaystyle E IG alpha cdot E IP alpha cdot frac 1 4 pi varepsilon 0 cdot frac z 2 e 2 d nbsp Diese Gleichung beschreibt die Bindungsenergie nur eines Ions im Gitter Wie man sehen kann ist dieser Wert negativ da die Gitterbildung exotherm ist Um die Energie zu erhalten die bei der Bildung einer bestimmten Stoffmenge n displaystyle n nbsp frei wird muss diese Gleichung noch mit der Stoffmenge sowie der Avogadro Konstanten N A displaystyle N mathrm A nbsp multipliziert werden E G a N A 4 p e 0 z 2 e 2 n d displaystyle E G alpha cdot frac N mathrm A 4 pi varepsilon 0 cdot frac z 2 e 2 cdot n d nbsp Zur genaueren Berechnung von Gitterenergien reicht die alleinige Betrachtung von regelmassig angeordneten Coulomb Punktladungen nicht aus Eine Erweiterung des Modells fuhrt zur Born Lande Gleichung Berechnung der Madelung Konstante am Beispiel von NaCl Bearbeiten nbsp kubisch flachenzentrierte Kristallstruktur von NaClBeim Ionengitter von NaCl handelt es sich um eine kubisch flachenzentrierte Kristallstruktur wie sie rechts abgebildet ist rot die Anionen und grun die Kationen Der Abstand der beiden Ionen betragt bei NaCl etwa d 0 3 nm Aus der o g Gleichung mussen bestimmt werden die Anzahl n der jeweiligen benachbarten Ionen ihr relativer Abstand c als Vielfaches des Abstand d ihre Ladung also ob sie sich anziehen oder abstossen Wenn wir von einem Ion z B dem rot dargestellten mit der Nummer 0 ausgehen haben wir so als erstes n 6 Ionen grun mit der Nummer 1 dargestellt im Abstand von 1d die angezogen werden Danach folgen 12 rote Ionen 2 deren Abstand mittels des Satzes des Pythagoras den Wert 2 d displaystyle sqrt 2 d nbsp ergibt und die vom gleichartigen Ion abgestossen werden sowie 8 grune Ionen im Abstand von 3 d displaystyle sqrt 3 d nbsp die angezogen werden Die folgende Tabelle setzt diese Zahlen fort Nr n c Ladung1 6 1 1 displaystyle sqrt 1 1 nbsp 2 12 2 displaystyle sqrt 2 nbsp 3 8 3 displaystyle sqrt 3 nbsp 4 6 4 2 displaystyle sqrt 4 2 nbsp 5 24 5 displaystyle sqrt 5 nbsp Setzt man diese Prozedur fort so gelangt man zu folgender in der Literatur haufig anzutreffender Reihendarstellung der Madelung Konstante 2 a k 1 1 k 1 n k c k 6 1 12 2 8 3 6 2 24 5 1 747 6 displaystyle alpha sum k 1 infty 1 k 1 frac n k c k frac 6 1 frac 12 sqrt 2 frac 8 sqrt 3 frac 6 2 frac 24 sqrt 5 pm ldots approx 1 7476 nbsp Dieses ist jedoch falsch weil diese Reihe divergiert wie erst 1951 bewiesen wurde 3 4 Die Summe uber die Punkte des Kristallgitters ist bedingt konvergent hangt also von der Reihenfolge der Summanden ab Die obige Reihe wurde einer Summation uber konzentrische Kugelschalen entsprechen was auch physikalisch nicht sinnvoll ist Der richtige Wert ergibt sich indem uber die Gitterpunkte innerhalb eines Wurfels mit Kantenlange 2 n 1 displaystyle 2n 1 nbsp summiert und der Grenzwert fur n displaystyle n to infty nbsp gebildet wird Eine mathematische Begrundung dass dieser Wert der richtige ist erfolgte 1985 durch David Borwein Jonathan Borwein und Keith F Taylor 4 Sie definieren eine Funktion einer komplexen Variablen s displaystyle s nbsp b 2 s i j k 1 i j k i 2 j 2 k 2 s displaystyle b 2s sideset prime sum i j k infty infty frac 1 i j k i 2 j 2 k 2 s nbsp wobei der Strich bedeutet dass der Term i j k 0 displaystyle i j k 0 nbsp wegzulassen ist Fur hinreichend grossen Realteil von s displaystyle s nbsp ist die Reihe absolut konvergent die Madelung Konstante s 1 2 displaystyle s 1 2 nbsp ergibt sich durch analytische Fortsetzung Die Summation uber Wurfel konvergiert so langsam dass sie fur praktische Berechnungen unbrauchbar ist Mit einem kleinen Trick konnen jedoch wesentlich bessere Naherungen a n displaystyle alpha n nbsp gefunden werden Es wird wie bisher uber alle Punkte innerhalb eines Wurfels mit Kantenlange 2 n 1 displaystyle 2n 1 nbsp summiert jedoch werden die Punkte auf den Seiten nur halb gezahlt die an den Kanten zu einem Viertel und die an den Ecken zu einem Achtel Dieses Verfahren ist als Evjen Methode bekannt 5 Bereits a 3 displaystyle alpha 3 nbsp liefert mit 1 7470 einen sehr guten Naherungswert a 5 displaystyle alpha 5 nbsp 1 74750 und a 10 displaystyle alpha 10 nbsp 1 7475686 Die physikalische Motivation dieses Verfahrens ergibt sich aus der Forderung dass die Partialsummen a n displaystyle alpha n nbsp uber einen elektrisch neutralen endlichen Kristall gebildet werden sollen Bereits vor Evjen veroffentlichte Paul Peter Ewald das heute als Ewald Methode bekannte Verfahren zur Berechnung der Madelung Konstante 6 Seine Methode ist ein Spezialfall der Poissonschen Summenformel was Ewald jedoch nicht bekannt war Heute stehen zahlreiche numerische Methoden und leistungsfahige Computer zur Verfugung sodass die Berechnung der Madelung Konstanten fur beliebige Gitter mit hoher Genauigkeit kein Problem mehr darstellt Werte fur einige Kristallstrukturen BearbeitenStrukturtyp Madelung Konstante 7 NaCl Anm 1 1 747564594633 CsCl Anm 2 1 762675 Zinkblende Anm 3 1 633806 Titan IV oxid 2 40 Calciumfluorid 2 52 Kupfer II oxid 4 12 Saphir 4 17 Anm 1 kubisch flachenzentriert Anm 2 kubisch primitiv Anm 3 kubisch flachenzentriert mit zwei Atomen je EinheitszelleEinzelnachweise Bearbeiten E Madelung Phys Zs 19 1918 S 524 Charles Kittel Einfuhrung in die Festkorperphysik Oldenbourg Munchen und Wien 1999 ISBN 3 486 23843 4 Otto Emersleben Uber die Konvergenz der Reihen Epsteinscher Zetafunktionen In Erhard Schmidt Hrsg Mathematische Nachrichten Band 4 Nr 1 6 Akademie Verlag Wiley Berlin Januar 1950 S 468 480 doi 10 1002 mana 3210040140 wiley com a b David Borwein Jonathan M Borwein Keith F Taylor Convergence of lattice sums and Madelung s constant In Journal of Mathematical Physics Band 26 Nr 11 1 November 1985 ISSN 0022 2488 S 2999 3009 doi 10 1063 1 526675 aip org H M Evjen On the Stability of Certain Heteropolar Crystals In Phys Rev 39 1932 S 675 687 doi 10 1103 PhysRev 39 675 P P Ewald Die Berechnung optischer und elektrostatischer Gitterpotentiale In Ann Phys 64 1921 S 253 287 doi 10 1002 andp 19213690304 Rudolf Gross Achim Marx Festkorperphysik 1 Auflage Oldenbourg Verlag Munchen 2012 ISBN 978 3 486 71294 0 S 119 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Madelung Konstante amp oldid 235318523