www.wikidata.de-de.nina.az
Johann Ludwig Paul Siegfried Eichler 14 Juli 1814 in Berlin 8 Mai 1870 ebenda war ein deutscher Schriftsteller und eine der zentralen Gestalten der Berliner Marzrevolution von 1848 Ludwig Eichlers Steckbrief veroffentlicht in Berlinische Nachrichten von Staats und gelehrten Sachen Nr 300 vom 23 Dezember 1848 Zweite Beilage Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Ubersetzungen Auswahl 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenEichler studierte vermutlich an der Universitat Halle und schloss das Studium mit der Promotion zum Dr phil ab Sein fruhestes literarisches Werk ist die Novelle Abenteuer eines Contrabassisten die er 1839 uber seinen Freund Friedrich Hieronymus Truhn dem Komponisten und Journalisten Robert Schumann fur dessen Neue Zeitschrift fur Musik anbot Dank Schumanns Vermittlung erschien sie schliesslich im Pesther Tageblatt 1840 bis 1842 trat er vor allem mit den humoristischen Heften Berlin und die Berliner hervor die er zusammen mit Ludwig Lenz publizierte Daneben war er ein gefragter Ubersetzer aus dem Franzosischen Ab 1840 wurden Eichlers Ansichten zunehmend radikaler So publizierte er 1841 mehrere Beitrage in der junghegelianischen Zeitschrift Athenaum in der am 23 Januar die erste Veroffentlichung von Karl Marx erschien und die Ende des Jahres verboten wurde Im selben Jahr verkehrte er haufig im Klub der Freien der sich regelmassig in der Weinstube von Jacob Hippel in der Friedrichstrasse 94 um die Philosophen Bruno Bauer und Max Stirner scharte Stirners erster Biograph John Henry Mackay bemerkte Zu dem inneren Ring hat auch Ludwig Eichler gehort der Mann im rothen wallenden Bart und im schabigen grunen Flausrock der vielgenannte Volksredner mit der machtigen Stimme Virtuos im Entbehren und im Uebersetzen franzosischer Romane und von grundanstandiger Gesinnung 1 Weitere Mitglieder in dem losen Kreis waren Bauers Bruder Edgar Bauer der Schriftsteller Ludwig Buhl der Gymnasiallehrer Karl Friedrich Koppen und der Publizist Eduard Meyen Am 28 September 1841 gehorte der ehemalige Schauspieler und jetzige Literat L Eichler so eine Polizeibericht zu den Teilnehmern der Welcker Serenade in Berlin und am 12 November 1841 zu den Unterzeichnern einer Petition die sich fur einen anderen Beteiligten einsetzte namlich fur Rudolf Wentzel Redakteur der Allgemeinen Preussischen Staatszeitung der nach diesem Ereignis gemassregelt worden war 2 Am 3 Februar 1842 meldete ein osterreichischer Geheimagent nach Wien Der Literat Ludwig Eichler in Berlin ist dort verhaftet worden weil er in der Schlesischen Konditorei gesagt hatte der Konig musse gerade besoffen gewesen sein als er ein Bistum in Jerusalem gegrundet habe 3 Daraufhin wurde er am 7 Februar wegen unehrerbietiger Reden in einem offentlichen Lokal zu 18 Monaten Festungshaft verurteilt 4 Im Berliner Adressbuch ist Eichler erstmals 1842 mit der Adresse Dorotheenstrasse 10 aufgefuhrt dann erst wieder 1846 wonach er nun in der Potsdamer Strasse 36 wohnte 5 Kurz darauf zog er in die Anhaltische Kommunikation 12 die heutige Stresemannstrasse wobei er sich jetzt als Dr und Leutnant bezeichnete ebenso im Adressbuch von 1848 6 Ob er tatsachlich dem Militar beigetreten war ist nicht bekannt Eichler hatte haufig finanzielle Probleme scheute sich aber nicht sogar Prominente um Geld zu bitten So vermerkte der Komponist Giacomo Meyerbeer am 23 Juni 1847 in seinem Tagebuch Dem Schriftsteller Dr Eichler auf sein schriftliches Gesuch ein Darlehen von 30 Talern gemacht 7 Am Nachmittag des 18 Marz 1848 dem Beginn der Marz Revolution war Eichler unter jenen die aus dem Schilderhaus vor der Koniglichen Bank am Donhoffplatz eine der ersten Barrikaden bauten 8 wo gleichsam sein Hauptquartier war und von wo aus er den Kampf an allen nachsten Barrikaden durch seine Befehle leitete 9 Am Tag darauf verhinderte er dass die aufgebrachte Menge das Alte Palais die Residenz des gefluchteten Prinzen Wilhelm von Preussen sturmt und plundert indem er vom Balkon des Gebaudes mit wenigen ergreifenden Worten zur Ruhe mahnte und das Palais zum Nationaleigenthum erklarte 10 In den folgenden Wochen profilierte er sich zu einem der Wortfuhrer des von Rudolph Schramm geleiteten Demokratischen Clubs sowie des Volkswahlkomitees Im Dezember 1848 floh er nach Paris 11 wahrend er in Berlin steckbrieflich gesucht wurde 12 Am 19 April 1849 besuchte er in Paris Giacomo Meyerbeer 13 der ihm moglicherweise wieder aus finanziellen Noten half Im Dezember 1849 kehrte er nach Berlin zuruck und wurde erneut verhaftet 14 Der Prozess gegen ihn begann am 2 Februar 1850 15 am 14 April wurde er wegen versuchten Aufruhrs zu neun Monaten Festungshaft verurteilt 16 ausserdem zum Verluste der Nationalcocarde 17 Sein Verteidiger in dem Prozess der in den Medien viel Beachtung fand war der prominente Jurist und Historiker Leopold Volkmar Er erreichte dass Eichler vom Vorwurf der Majestatsbeleidigung freigesprochen wurde und belegte dass er auch keine Schuld am Tod jener Schildwache trug die am 18 Marz 1848 am Donhoffplatz ums Leben gekommen war Anderenfalls hatte Eichler eine weitaus hohere Strafe gedroht Er verbusste die Haft ausserhalb Berlins im Zuchthaus Magdeburg moglicherweise weil die Berliner Justiz seine zahlreichen Berliner Sympathisanten furchtete Von dort schrieb Eichler am 30 August 1850 an den Verleger Karl Ferdinand Philippi in Grimma und fragte ob er womoglich eine Stelle als Ubersetzer auslandischer Bucher franzosisch italienisch und spanisch fur ihn hatte 18 Die Antwort war vermutlich negativ In den letzten Jahren seines Lebens war er obdachlos und verbrachte die Nachte zumeist im Tiergarten wurde jedoch anlasslich seines Todes als Mann gewurdigt welcher zu den popularsten Personlichkeiten unserer Stadt gehorte Die hohe breitschultrige Gestalt des Mannes tauchte abwechselnd in elegantem Anzuge und bald wieder im abgerissensten Zustande auf und dem entsprechend bald in der Weinstube bald in der Destillation und nachtlichen Kaffee Klappe Eichler besass mannigfache Kenntnisse namentlich Sprachgewandtheit welche er in guten Uebersetzungen dokumentirt hat allein er war unstat feste Beschaftigung war ihm ein Grauel auf der Strasse allein fuhlte er sich wohl Dieser echte Bohemien der bei Brod und Kummel heute ebenso wohlgemuth war als er gestern bei Austern und Chablis gewesen fuhlte sich nicht minder heimisch unter Fabrikarbeitern als unter Gelehrten und aus seinem Schatze von Erfahrungen und Anekdoten welche sein gutes Gedachtniss stets bereit hielt wusste er den Einen wie den Anderen Willkommenes zu bieten Der demokratischen Sache treu ergeben hat er sich niemals herbeigelassen durch Annaherung an eine andere Partei seine Lage zu verbessern und desshalb ubersahen die Leute gern kleine Unzutraglichkeiten die aus seinen finanziellen Bedurfnissen folgten Sein Korper war durch haufiges Uebernachten im Freien ungemein abgehartet und schien trotz vorgeruckter Jahre er war nahe an 60 unverwustlich Ein Beinbruch war die Ursache der Krankheit welcher er erlegen ist 19 Werke BearbeitenAbenteuer eines Contrabassisten In Pesther Tageblatt zeitschriftliches Organ fur Wissenschaft Kunst und Leben Jg 1 Nr 306 vom 25 Dezember 1839 Sp 3485 3490 Nr 307 vom 27 Dezember 1839 Sp 3501 3504 Nr 308 vom 28 Dezember 1839 Sp 3513 3516 und Nr 309 vom 29 Dezember 1839 Sp 3525 3528 Die Supplikanten Novelle In Karl Riedel Hrsg Athenaum Zeitschrift fur das gebildete Deutschland Jg 1 Nr 3 vom 16 Januar 1841 S 40 44 Nr 4 vom 23 Januar 1841 S 51 55 Nr 6 vom 6 Februar 1841 S 91 94 Sonnette In ebenda Jg 1 Nr 3 vom 16 Januar 1841 S 44f Herr Ludwig Rellstab als Sittenrichter der jungeren deutschen Schriftstellerwelt In ebenda Jg 1 Nr 38 vom 25 September 1841 S 599 602 books google de Berlin und die Berliner Genrebilder und Skizzen 8 Hefte Berlin 1840 1842 die ersten Hefte zusammen mit Ludwig Lenz mit Federzeichnungen von Theodor Hosemann Heft 1 Der Barbier Die Wachtparade Berlin 1840 Heft 2 Der Leichenbitter Liebhabertheater Berlin 1840 Heft 3 Droschken Auctionsscenen Berlin 1841 Heft 4 Die Putzmaschine Das Colosseum Berlin 1841 Heft 5 Der Exekutor Eine Tabagie Berlin 1842 Heft 6 Der Banquier Salons und Soireen Berlin 1842 Heft 7 Der Zeitungs Correspondent Eine Conditorei Berlin 1842 Heft 8 Der Stiefelputzer Ein Puppenspiel Berlin 1842 Offener Brief In Deutsche Reform Politische Zeitung fur das constitutionelle Deutschland Jg 1 9 Dezember 1849Ubersetzungen Auswahl BearbeitenEugene Scribe Gesprengte Fesseln Lustspiel Berlin 1842 books google de Leonard Gallois Geschichte der Spanischen Inquisition Leipzig 1843 books google de Leon Gozlan Der Arzt 4 Bande Leipzig 1844 Francis Trolopp Die Geheimnisse von London 4 Bande Leipzig 1844 Auguste de la Garde Gemalde des Wiener Congresses 1814 1815 4 Bande Leipzig 1844 books google de Eugene Sue Der ewige Jude 10 Bande Leipzig 1844 1845 George Sand Simon Leipzig 1845 Jules Michelet Der katholische Priester in seiner Stellung zum Weibe und zur Familie Leipzig 1845 Joseph Salvador Geschichte der Romerherrschaft in Judaa und der Zerstorung Jerusalems 2 Bande Bremen 1847 books google de Ernest Renan Das Leben Jesu Vom Verfasser autorisirte Ubersetzung Leipzig 1863 4 Aufl Berlin 1864Literatur BearbeitenNekrolog in Vossische Zeitung Nr 108 vom 10 Mai 1870 Zweite Beilage S 5 Nekrolog in Berliner Volks Zeitung Jg 18 Nr 109 vom 11 Mai 1870 S 3 und 7 Adolf Streckfuss 500 Jahre Berliner Geschichte 3 Aufl Berlin 1880 Band 2 Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1832 bis 1883 Hrsg von Klaus Martin Kopitz Eva Katharina Klein und Thomas Synofzik Schumann Briefedition Serie II Band 17 Koln Dohr 2015 S 145 150 ISBN 978 3 86846 028 5Einzelnachweise Bearbeiten John Henry Mackay Max Stirner Sein Leben und sein Werk 3 Aufl Berlin 1914 S 65 archive org Helmut Hirsch Die Berliner Welcker Kundgebung Zur Fruhgeschichte der Volksdemonstrationen In Archiv fur Sozialgeschichte Jg 1 1961 S 27 42 hier S 39 41 Hans Adler Hrsg Literarische Geheimberichte Protokolle der Metternich Agenten Band 1 Koln 1977 S 118 books google de Materialien zur Regierungsgeschichte Friedrich Wilhelms IV vom 7 Juni 1840 bis zum 18 Oktober 1842 Konigsberg 1842 S 53 books google de Eichler Ludwig In Berliner Adressbuch 1846 Teil 1 S 94 Eichler Ludwig In Berliner Adressbuch 1848 Teil 1 S 94 Giacomo Meyerbeer Briefwechsel und Tagebucher Band 4 hrsg von Heinz Becker und Gudrun Becker Berlin 1985 S 259 Deutsche Zeitung Frankfurt Nr 5 vom 5 Januar 1850 S 34 books google de Karl August Varnhagen von Ense Tagebucher Hrsg v Ludmilla Assing Band 4 Leipzig 1862 S 305f Notiz vom 18 Marz 1848 books google de Adolf Streckfuss 500 Jahre Berliner Geschichte 3 Aufl Berlin 1880 Band 2 S 1009 Zeitung fur die elegante Welt Jg 49 Nr 24 ohne Tagesdatum 1849 S 191 books google de Karl August Varnhagen von Ense Tagebucher Hrsg v Ludmilla Assing Band 5 Leipzig 1862 S 358 Notiz vom 24 Dezember 1848 books google de Giacomo Meyerbeer Briefwechsel und Tagebucher Band 4 hrsg von Heinz Becker und Gudrun Becker Berlin 1985 S 482 Karl August Varnhagen von Ense Tagebucher Hrsg v Ludmilla Assing Band 6 Leipzig 1862 S 471 Notiz vom 8 Dezember 1849 books google de Deutsche Zeitung Frankfurt Nr 36 vom 5 Februar 1850 S 283 books google de Karl August Varnhagen von Ense Tagebucher Hrsg v Ludmilla Assing Band 7 Zurich 1865 S 134 Notiz vom 16 April 1850 books google de Der Bayerische Eilbote Munchen Nr 48 vom 21 April 1850 S 386 books google de Autograph in Leipzig Stadtgeschichtliches Museum Anonym Ein Original In Der Sammler Beilage zur Augsburger Abendzeitung Jg 39 Nr 57 vom 28 Mai 1870 S 228 books google de Normdaten Person GND 130144711 lobid OGND AKS VIAF 284578697 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Eichler LudwigALTERNATIVNAMEN Eichler Johann Ludwig Paul Siegfried vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und RevolutionarGEBURTSDATUM 14 Juli 1814GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 8 Mai 1870STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ludwig Eichler amp oldid 229566008