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Die lilissu lilisu akkadisch sumerisch liliiz lilis war eine grosse Kesseltrommel in Mesopotamien Seit der altbabylonischen Zeit vom Anfang des 2 Jahrtausends v Chr bis um 300 v Chr durfte die heilige Trommel die eine wichtige Funktion im Opferkult besass nur von einer bestimmten Priesterschaft gespielt werden Das Instrument bestand aus einem Bronzekorpus der wahrend des Rituals mit der Haut des geopferten schwarzen Stiers bespannt wurde Die gottliche lilissu ist die alteste bekannte Kesseltrommel Inhaltsverzeichnis 1 Babylonische Trommeln 2 Kesseltrommeln 3 Opferritual 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBabylonische Trommeln BearbeitenHeutige Kenntnisse uber die Musik des alten Mesopotamien beruhen neben einigen Hinweisen im Alten Testament auf Reliefs Tontafeln und Rollsiegeln die Musikinstrumente und kultische Szenen zeigen Zahlreiche Namen von Musikinstrumenten sind in Keilschrifttexten zu lesen die aus Anweisungen fur Kulthandlungen Tempelinschriften Texten zur Wirtschaft und Wortlisten bestehen Im Unterschied zu den Grabmalereien im Alten Agypten die meistens bei den Abbildungen den entsprechenden sprachlichen Ausdruck erwahnen konnen die mesopotamischen Namen selten direkt einem abgebildeten Instrument zugeordnet werden Einzige Ausnahme ist die bildlich identifizierbare Trommel lilissu Es gibt wesentlich mehr Bezeichnungen als unterscheidbare Instrumententypen Die sumerisch babylonische Musik diente fast ausschliesslich religiosen Kulten durch sie sollte ein Gott verehrt oder um etwas gebeten werden Der lange Zeitraum aus dem Texte uber den Kult der heiligen Trommel lilissu uberliefert sind und innerhalb welchem dieselben Gotter verehrt wurden lasst vermuten dass auch die Vorstellung von Musik entsprechend lange konstant blieb Unabhangig von der gleichbleibenden Funktion der Musik hat sich das Instrumentarium im Lauf der Zeit betrachtlich erweitert 1 Die fruhesten bekannten Musikinstrumente in Mesopotamien sind Rundharfen und Leiern die auf Tontafeln aus der spaten Uruk Zeit Ende des 4 Jahrtausends abgebildet sind Aus derselben Zeit stammen die ersten Klappern die vermutlich bei Fruchtbarkeitstanzen gespielt wurden und Membranophone Neben der altesten Bezeichnung fur Musikinstrumente sumerisch balag balaggu findet sich das Bild einer dreisaitigen Bogenharfe Balag war offensichtlich der Ausdruck fur Musikinstrumente allgemein und galt auch fur Leiern eingrenzend meinte balag wohl das zu jeder Zeit wichtigste im Kult verwendete Instrument Spatestens seit altbabylonischer Zeit bezeichnete balag auch oder im Besonderen eine Trommel weil Trommeln nun gegenuber den Saiteninstrumenten in den Vordergrund traten Zur Unterscheidung zwischen Trommel und Saiteninstrument erganzten die Babylonier das Wort fur Saiteninstrument zu gis balag gis bedeutet Holz und die Trommel zu masak balaggu entsprechend der fruheren Bezeichnung kus balag Ein Name der sich auf eine kleine runde Rasseltrommel beziehen konnte ist kus balag di Synonym hierzu sind masak timbutu und masak telitu Hierzu wurde passen dass Grille timbut eqli wortlich Trommel des Feldes genannt wurde 2 Ein in Tell Agrab gefundenes Tongefass aus der Dschemdet Nasr Zeit um 3000 v Chr zeigt drei nackte Frauen die mit der linken Hand moglicherweise eine Rahmentrommel in die Hohe halten und mit einem Stab in ihrer Rechten daraufschlagen Die Darstellung konnte die alteste Abbildung eines nach seiner spateren kultischen Verwendung als Schamanentrommel bezeichneten Schlaginstruments sein ist aber nicht eindeutig zu interpretieren In weiteren fruhen Darstellungen halten stets nackte Frauen kreisrunde Rahmentrommeln mit beiden Handen mittig vor der Brust Zu welchem Zweck diese Terrakotta Figuren hergestellt wurden ist nicht ganz klar eine Verbindung mit Fruchtbarkeitskulten gilt als wahrscheinlich 3 Die Position der Hande lasst vermuten dass es auf beiden Seiten mit Haut bespannte und mit Kornern befullte Rasseln waren die von den Frauen nicht geschlagen sondern geschuttelt wurden Bis zur ersten Halfte des 2 Jahrtausends v Chr war anstelle der zweifelligen Rassel die einfellige kleine Rahmentrommel zum wichtigsten Rhythmusinstrument geworden Die Tanzerinnen hielten das Instrument in strenger Spielhaltung an die linke Schulter gepresst und praktizierten wohl die bis heute bei arabischen Rahmentrommeln arabisch allgemein tabl ubliche Spielweise mit den Fingern beider Hande 4 In altbabylonischer Zeit ist auf Rollsiegeln auch ein sanduhrformiger Trommeltyp zu sehen dessen Name ebenfalls auf das sumerische Wort balag zuruckgeht Bei manchen am Boden stehenden Sanduhrtrommeln hangt ein Ring am oberen Rand so als konnten sie damit getragen werden Sie werden zusammen mit Stierleiern und Sistren oder kleinen Zimbeln dargestellt Eine beinahe mannshohe Rahmentrommel ist auf mehreren Stelen der sumerischen Herrscher Ur Nammu und Gudea um 2100 v Chr aus Girsu zu sehen Ihre beiden Felle wurden von jeweils einem seitlich stehenden Spieler mit den Handen geschlagen Nach der Ur III Zeit verschwanden in Mesopotamien derart grosse Trommeln 5 Mittelgrosse Rahmentrommeln besassen keine Spannschnure die Haute scheinen wohl seitlich auf den Korpus geklebt worden zu sein Kesseltrommeln BearbeitenAb der altbabylonischen Zeit gab es fur Kesseltrommeln aus Metall die Namen halhalattu sumerische Entsprechung sem allgemein fur Trommel oder auch speziell Rahmentrommel uppu sumerisch ub manzu samsamu sumerisch samsam zamzam und lilissu Ein entsprechendes sumerisches Wort fur Trommelinstrumente ist sen ḫur sag ga Die Membran der Trommel hiess ḫu uppu oder masku sa lilisi Die Form der lilissu ist nach einer Textabbildung in einer spatbabylonischen Priesteranweisung um 300 v Chr bekannt bei den anderen Namen durfte es sich um dieselbe oder zumindest eine ahnliche Kesseltrommel gehandelt haben Die lilissu stand mit einem Fuss auf dem Boden Wie die alteren sumerischen Kesseltrommeln aufgestellt waren ist nicht aus Abbildungen bekannt Ein weiterer Name fur eine grosse Trommel war gugallu neubabylonisch gugallum grosser Stier 6 Die so bezeichneten Instrumente wurden nach den Kulttexten vom Priester kalu unter anderem in den Ritualen zu Neumond gespielt Die halhalattu begleitete auch die in einer bestimmten Liedgattung vorgetragene Gedichtform ersema 7 Fur heilig und rein geltende grosse Kesseltrommeln dienten entsprechend den auf einigen Rollsiegeln dargestellten Opferszenen als tragbare Altare Nach anderen Abbildungen konnten die Trommeln auch Faustkampfe begleiten Opferritual BearbeitenNach der spatbabylonischen Schrifttafel mit Priesteranweisungen war die Herstellung oder Erneuerung der lilissu Teil eines langen Opferrituals In bestimmten Abstanden musste der Trommelkorpus neu bespannt werden Ein Wahrsagepriester wahlte den geeigneten Tag an dem ein bisher nicht mit Peitsche oder Stock geschlagener schwarzer Stier vor den Tempel gebracht werden durfte Dort ubergab der fur die Musik und den Dienst an Ea zustandige Priester kalu fur andere Kulte gab es anders benannte Priester zunachst einige Opfergaben fur Ea und andere Gotter Ea war der Gott der menschlichen Ordnung Weisheit und Kunstfertigkeit einschliesslich der Musik Fur die kalu Priesterschaft war er der Schutzgott kalutu Es folgten weitere Opfergaben und Gesange Wahrenddessen wurde der Stier hergebracht und auf eine mit Sand bestreute rote Matte gefuhrt Auf weitere Unterlagen am Boden legte man zwolf bronzene Gotterfiguren Dann trug man den Bronzekorpus der Trommel herbei Ein Priester sprach Beschworungsformeln in akkadischer und sumerischer Sprache in die Ohren des nunmehr vergottlichten Stiers Das Sumerische war bereits aus dem Alltag verschwunden und diente nur noch als Kultsprache Nachdem der Stier getotet war kniete sich der Priester vor dessen Kopf nieder und sprach dreimal eine Beschworungsformel die als Busse zu verstehen ist und mit der sich der Priester seiner Verantwortung beim Toten des heiligen Tieres zu entledigen versuchte 8 Danach zog man das Fell ab und verbrannte das Herz Das Fell wurde gesaubert und mit diversen Substanzen behandelt danach provisorisch mit einer am Rand umlaufenden Schnur uber den Trommelkorpus gespannt Zuvor waren die zwolf Gotterbilder zur sicheren Bewahrung in die Trommel gelegt worden Durch das Fell in vorgefertigte Locher ringsum unterhalb des Trommelrandes eingeschlagene Holzpflocke fixierten anschliessend das Fell das nun mit einer Stiersehne die oberhalb in einer Kehle um den Rand verlief gespannt werden konnte Am 15 Tag nach dem Ritual wurde die vergottlichte Trommel vor dem Tempel positioniert wo sie nur von bestimmten Priestern gespielt werden durfte 9 Auch bei anderen Kesseltrommeln war der Austausch der Membranhaut an ein Ritual geknupft Eine kleinere Trommel mit einem Schaffell sollte nach einer Priesteranweisung am letzten Tag des Neumondes bespannt werden Der Stier wurde uber diesen Opferkult hinaus als heiliges Tier und Fruchtbarkeitssymbol verehrt So stellte der Resonanzkorper der sumerischen Stierleiern die eine grossere Bedeutung besassen als die Harfen einen Stierleib mit seinem Kopf dar Das akkadische Wort alu konnte Himmelsstier bedeuten und moglicherweise auch die kleine Rasseltrommel der Frauen alimbu bezeichnete eine mythische Rinderart und zugleich den Tierkopf an der Leier 10 Die Wissenschaftsphilosophen Giorgio de Santillana und Hertha von Dechend unterstellten den babylonischen Mythen einen auf damaligen astronomischen Beobachtungen fussenden Hintergrund und sahen in der Trommelhaut eine Reprasentation des Sternbilds Taurus Die Funktion der Stiertrommel als Instrument zur Kontaktaufnahme mit den Gottern verglichen sie mit der Himmelsreise der Schamanen 11 Die Archaologen William Foxwell Albright und P E Dumont zogen eine Parallele zwischen dem mesopotamischen Stieropfer und dem grossen Pferdeopfer Ashvamedha der vedischen Religion in Indien 12 Die heiligste vedische Ritualtrommel war die dundubhi Literatur BearbeitenRichard J Dumbrill The Archaeomusicology of the Ancient Near East Trafford Publishing Ebookslib 2005 ISBN 978 1412055383 Wilhelm Stauder Die Musik der Sumer Babylonier und Assyrer In Bertold Spuler Hrsg Handbuch der Orientalistik 1 Abt Der Nahe und der Mittlere Osten Erganzungsband IV Orientalische Musik E J Brill Leiden Koln 1970Einzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Stauder 1970 S 212 220f Wilhelm Stauder 1970 S 214 216 Richard J Dumbrill 2005 Abbildungen S 373 381 Wilhelm Stauder 1970 S 184f 197f Wilhelm Stauder 1970 S 185 Wilhelm Stauder 1970 S 218f Richard J Dumbrill 2005 S 412f Alan Lenzi Siptu ul Yuttun Some Reflections on a Closing Formula in Akkadian Incantations In Jeffrey Stackert Barbara Nevling Porter David P Wright Hrsg Gazing on the Deep Ancient Near Eastern Biblical and Jewish Studies in Honor of Tzvi Abusch CDL Press Bethesda 2010 S 162 Wilhelm Stauder 1970 S 199f Wilhelm Stauder 1970 S 216 Giorgio de Santillana Hertha von Dechend Hamlet s Mill An Essay on Myth and the Frame of Time Harvard University Press Cambridge MA 1969 Kap 8 Shamans and Smiths S 124f William Foxwell Albright P E Dumont A parallel between Indian and Babylonian sacrificial ritual In Journal of the American Oriental Society Nr 54 1934 S 107 128 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lilissu amp oldid 219265660