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Der Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis etwa Buch der Ravennater Bischofskirche ist ein historisches Werk aus der Feder des Andreas Agnellus eines Priesters aus Ravenna das vor der Mitte des 9 Jahrhunderts entstand Es enthalt die Lebensbeschreibungen der 46 Erzbischofe vom legendaren Apollinaris bis zu Georg dem 846 gestorbenen Erzbischof Dabei ist jeweils ein Kapitel einem Bischof gewidmet Allerdings sind die Viten der Erzbischofe Valerius und Petronacius Pertinax aus der Zeit um 800 verloren Nach Deborah Deliyannis 2006 entstanden zwischen 831 und 836 die c 1 79 zwischen 837 und 839 die c 80 107 09 dann zwischen 841 842 und 846 die c 110 135 und erst nach 846 die c 136 175 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Der Verfasser 3 Uberlieferung und Editionen 4 Editionen Ubersetzung 5 Literatur 6 Weblinks 7 Siehe auch 8 AnmerkungenInhalt Bearbeiten nbsp Darstellung des Apollinaris Mosaik in der Apsis von Sant Apollinare in Classe zu Ravenna 6 Jahrhundert nbsp Das Karolingerreich unter den Sohnen Karls des Grossen und die Teilung nach dem Vertrag von Verdun 843 Der Text besteht aus einfuhrenden Versen und einem Prolog dem sich eine Serie von Viten der 46 Bischofe und Erzbischofe von Ravenna anschliesst Diese Reihe reicht vom angeblichen Schuler des hl Petrus dem hl Apollinaris bis in die Zeit des Verfassers Zu Anfang des 5 Jahrhunderts erhielt einer der Bischofe das Pallium und schon Mitte des Jahrhunderts ordinierte der Ravennate Bischofe in weitem Umkreis Kaiser Justinian wies den Papst an Bischof Maximianus auch formal den Status eines Erzbischofs zu verleihen Ende des 6 Jahrhunderts kam es zu Konflikten mit Rom 666 verlieh Kaiser Constans II den Status der Autokephalie an Erzbischof Maurus Der Erzbischof wurde nunmehr von dreien seiner Bischofe konsekriert nicht mehr vom Papst der auch nicht mehr berechtigt war ihm Befehle zu erteilen Doch schon 680 unterstellte sich Erzbischof Theodor wieder der romischen Autoritat bzw Papst Agatho und gab die Autokephalie wieder auf die der Kaiser 682 auch formal widerrief Seine Nachfolger insbesondere Felix und Sergius bemuhten sich weiterhin um Autonomie gegenuber Rom selbst als Karl der Grosse das Langobardenreich erobert hatte bis 774 Dabei gab es Parteiungen innerhalb der Stadt die offen fur externe Einmischungen waren Dies betraf die politische Ebene also Franken Langobarden Byzantiner und kirchenrechtliche also pro papstliche und pro autokephale Gruppen Als der Bildersturm die Kirche spaltete spielten auch deren Exponenten und ihre Gegner wesentliche Rollen ein Konflikt der die Auseinandersetzungen zwischen griechischen und lateinischen Klerikern womoglich verscharfte In diesen komplexen Konflikten gelingt es dem Autor haufig selbst nicht eine eindeutige Position zu beziehen und so wechselt er haufig die Einstellung gegenuber der moralischen Haltung selbst individueller Exponenten wie dem Exarchen oder bestimmten Papsten Konigen oder Kaisern Agnellus verteidigt die von den Erzbischofen bedrohten Freiheiten der Diakone und Priester und auch die uberlieferten Rechte des Ravennater Bischofssitzes seine Unabhangigkeit und seine Ableitung von den Aposteln Andererseits verurteilt er den moralischen Niedergang einzelner Amtsinhaber der jungeren Zeit und den Verlust klerikaler Rechte Dies schlagt sich darin nieder dass sein Urteil vor allem davon abhangt wie sich die Amtsinhaber gegenuber dem Klerus verhielten und davon wie sie sich zu Rom stellten Dabei fullt er die Viten der in seinen Augen guten Bischofe mit Wundern die ublen Vertreter hingegen sind dies ohne Ruckhalt Die insgesamt 32 Wunder verteilen sich uber das Werk je funf konzentrieren sich dabei auf die Bischofe Severus Johannes I Damianus und Felix Dabei ist der Autor vom Niedergang der Stadt und des Bistums zutiefst getroffen Um die Bedeutung Ravennas im Verhaltnis zu Rom zu betonen baut er sein Werk analog zur Struktur des papstlichen Liber Pontificalis auf imitiert zum Teil dessen Sprache und Struktur Zudem ist sein Werk mit hagiographischen und exegetischen Abschnitten angefullt deren Sprache Stil und literarische Konventionen er ebenfalls in sein Werk inkorporiert Dabei nutzt der Autor verschiedene Erzahlstile seiner Epoche darunter erfundene Dialoge aber auch erfundene Wunder oder solche die man von anderen berichtete wobei er es von sich weist zu lugen denn seine Komposition sei auf diese Art ohne Lucken und auf diese Weise sollte die Heiligkeit des Bischofs untermauert werden Meist wurde der Text von Historikern nach Abgleich mit anderen Quellen vorrangig fur die Rekonstruktion von tatsachlichen Vorgangen genutzt ohne dass dem Werk ein eigener Wert zuerkannt worden ware Neben Manuskripten verwendet der Autor Inschriften an Gebauden und Mosaiken als Quellen so zitiert er wortwortlich aus Buch IV des Paulus Diaconus aber nur aus diesem Buch was seinem Werk haufig einen thematisch sprunghaften Charakter verleiht Auch nennt er in seinem Prolog eigene Anschauung und die Erzahlungen von Alteren als Quellen Fur die Falle in denen er nicht ausfindig machen konnte wie sie in ihr Amt gekommen seien habe er ihr Leben komponiert doch habe er dabei nicht gelogen wie er glaubt Allerdings hangt dies zum Teil auch damit zusammen dass er offenbar Muhe hatte eruierte Fakten den zutreffenden Bischofen zuzuordnen Nur ein einziges Dokument zitiert er wortgetreu namlich einen Brief Papst Felix IV 525 530 der die Eigentumsrechte des Klerus starkte und der bis in die Zeit Bischof Theodors 679 693 Gultigkeit beanspruchen konnte Fur den Autor war die Unterstellung unter Rom eine Unterjochung dementsprechend hob er jeden Bischof positiv hervor der in eine Auseinandersetzung mit Rom geriet Die Unterstellung unter Rom war dementsprechend Teil eines diabolischen Planes wie er in c 124 belegt Petronax mit seinen guten Beziehungen zum Papst verlor den Kirchenschatz oder sandte ihn nach Rom Georg den der Autor aus personlichen Motiven ablehnte versuchte anlasslich der Taufe einer Tochter Lothars I in Pavia c 171 immerhin Einfluss beim Kaiser zu gewinnen was auch nicht ohne entsprechende Geschenke moglich war Insgesamt entstand wohl angetrieben von der Ablehnung papstlicher Anspruche auf diese Art ein Text von dem Deborah Deliyannis annimmt er sei einzigartig fur das fruhe Mittelalter Der Verfasser BearbeitenUber Agnellus existieren ausserhalb seines Werkes keinerlei Angaben Er selbst taucht an 18 Stellen in seinem Liber pontificalis auf namlich im Prolog dann in c 26 39 54 64 77 und 83 110 113 119 ebenso in c 136 146 149 158 159 und 162 schliesslich in c 163 und 167 Von einer zeitgenossischen Hand stammen zudem Hinweise in den vorangestellten versiculi deren Verfasser sich als minimus scolasticorum bezeichnet Uber die Verlasslichkeit lasst sich keinerlei Aussage gewinnen nbsp Solidus aus der Zeit der Kaiser Theophilos und Michael III In c 54 teilt der Autor mit er sei zu Beginn seiner Arbeit 32 Jahre und 10 Monate alt gewesen Da er diesen Abschnitt wohl zwischen 827 und 836 verfasst haben durfte lasst sich sein Geburtsjahr etwa mit 794 804 bestimmen Dabei sind die Angaben zu seiner Abstammung widerspruchlich in jedem Falle entstammte er einer Familie von adligen Richtern der Stadt wobei einer von ihnen in Rom im Gefangnis starb Aus der vaterlichen Verwandtschaft stammte der Diakon Sergius der ihm ein Kloster hinterliess c 110 Seit Gina Fasoli gilt dies als bewusst gewahlte Analogie zur Selbstdarstellung des Paulus Diaconus der ebenfalls seine Vorfahren auffuhrte 2 aber auch von Gregor von Tours Agnellus stammte also aus einer vermogenden einflussreichen Familie beherrschte entweder das Griechische oder er wollte seinem Opus den Nimbus besonderer Bildung dadurch geben dass er die Etymologie griechischer Begriffe einfugte Gegen 200 Goldsolidi ubereignete ihm Bischof Martin das Kloster S Maria ad Blachernas Das besagte von seinem Verwandten Sergius ubertragene Kloster war San Bartolomeo auch dort wurde er Abt Unter dem Jahr 833 bezeichnet sich Agnellus selbst als der zehnte Priester des Bistums er rangierte also offenbar unter den bedeutenden Klerikern des Episkopats Er besass ein Haus das sich nahe der Agneskirche befand die im 19 Jahrhundert zerstort worden ist und das er selbst errichtet hatte wie er auch ansonsten bei baulichen Massnahmen in der Stadt eine wesentliche Rolle gespielt zu haben scheint Agnellus berichtet nur von einer einzigen Reise namlich anlasslich der Reise Erzbischof Georgs zur Taufe einer Tochter Kaiser Lothars in Pavia c 171 es muss sich dabei wohl um Rotrud gehandelt haben die funfte Tochter des Karolingers Auch habe er den von Theoderich gebauten Palast in der Stadt gesehen c 94 Seine Reise muss zwischen 837 und 839 erfolgt sein Nur eine weitere Reise nach Argentea kaum 40 km von Ravenna entfernt erwahnt er Ausgerechnet jener Georg den er nach Pavia begleitet hatte entzog ihm das Kloster San Bartolomeo wie sich der Autor beklagt ohne Grund Nach 846 erfahren wir nichts mehr uber Agnellus auch wenn Oswald Holder Egger einen gleichlautenden Namen in einer Donation von 854 oder 869 entdeckt hat Die Identitat der Personen liess sich nicht erweisen Uberlieferung und Editionen BearbeitenDie ursprungliche Handschrift ist verloren Das Werk ist erst spat namlich im gegen 1413 angefertigten 3 Codex Estensis saec XV uberliefert auch Modena Bibl Estense V F 19 sec 15 sowie in einem vatikanischen Fragment aus dem 16 Jahrhundert Vat lat 5834 f 117r 137v saec xvi Erwahnt wird es immerhin im 13 Jahrhundert 4 Das vatikanische Fragment bricht mit cap 48 ab Aber auch der Codex Estensis wurde obwohl ihn Flavio Biondo benutzte kaum wahrgenommen Wiederentdeckt wurde er von Gian Pietro Ferretti 1557 der aus Ravenna stammte und Bischof von Lavello wurde Doch auch seine Geschichte der Kirche von Ravenna blieb Manuskript und ging noch vor 1589 verloren Ein Teil einer Kopie gelangte nach Rom wo er als besagtes Fragment uberlebte Hieronymus Rubeus geboren als Girolamo Rossi ragt unter den Ravennater Historikern mit seinem zehnbandigen 1572 bei Aldo Manuzio und erneut 1589 in Venedig dann abermals 1590 und 1603 5 erschienenen Opus Historiarum Ravennatium libri decem weit heraus Er basierte mit Blick auf die fruhe Geschichte Ravennas uberwiegend auf dem Codex Estensis Ausschliessliche Grundlage der Erstedition der editio princeps von Benedetto Bacchini dem seinerzeitigen Bibliothekar der Biblioteca Estense in Modena war die dort befindliche Handschrift Es folgten insgesamt vier weitere Editionen Die Ausgaben von Muratori 1723 und Migne 1868 basierten auf dieser ersten Edition Oswald Holder Egger benutzte fur seine 1878 erschienene Ausgabe zwar auch das vatikanische Manuskript doch ausschliesslich um eindeutige Fehler der Estense Handschrift zu korrigieren Alessandro Testi Rasponi wiederum edierte 1924 nur die Kapitel bis n 104 von insgesamt 175 Kapiteln Er bezeichnete die Modeneser Handschrift wegen ihrer schlechten Qualitat als l infelicissimo codice Estense 6 Deborah Deliyannis lieferte in ihrer Dissertation 1994 eine Ubersetzung 2006 eine kritische Ausgabe die als Standardwerk gelten darf Editionen Ubersetzung BearbeitenBenedetto Bacchini Hrsg Agnelli Liber Pontificalis sive Vitae Pontificum Ravennatum Typis Antonii Capponii Mutinae Modena 1708 3 Bande Digitalisat Oswald Holder Egger Hrsg Agnelli qui et Andreas Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis Monumenta Germaniae Historica Scriptores rerum Langobardorum Hahn Hannover 1878 S 265 391 Digitalisat Deborah Mauskopf Deliyannis The Liber Pontificalis Ecclesiae Ravennatis Critical edition and commentary Dissertation University of Pennsylvania 1994 Claudia Nauerth Hrsg und Ubersetzer Liber Pontificalis Bischofsbuch in Latein und Deutsch Fontes Christiani Bd 21 1 2 Herder Freiburg 1996 Agnellus of Ravenna The Book of Pontiffs of the Church of Ravenna translated with an introduction and notes by Deborah Mauskopf Deliyannis Medieval Texts in Translation The Catholic University of America Press Washington 2004 Deborah Mauskopf Deliyannis Hrsg Agnelli Ravennatis Liber pontificalis Ecclesiae Ravennatis Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis 199 Brepols Turnhout 2006 ISBN 978 2 503 04991 5Literatur BearbeitenMario Pierpaoli Il Libro di Agnello istorico Le vicende di Ravenna antica fra storia e realta Ravenna 1988 Deborah Deliyannis Agnellus of Ravenna in Graeme Dunphy Cristian Bratu Hrsg Encyclopedia of the Medieval Chronicle Brill Leiden 2010 S 20 Ravenna Agnellus von in Claudia Nauerth Hrsg Liber Pontificalis Bischofsbuch in Latein und Deutsch Fontes Christiani 21 1 und 21 2 Herder 1996 Joaquin Martinez Pizarro Writing Ravenna Ann Arbor 1995 uber den Verfasser Santi Muratori Agnello o Andrea detto Ravennate in Enciclopedia Italiana 1929 Paolo Lamma Agnello detto Agnello Ravennate in Dizionario Biografico degli Italiani 1 1960 429 f Henri Louis Gonin Excerpta Agnelliana The Ravennate Liber pontificalis as a source for the history of art Diss Utrecht 1933 Ovidio Capitani Agnello ravennate nella recente storia della storiografia medievale in Felix Ravenna 105 106 1973 S 183 198 Weblinks BearbeitenText von Bill Thayer Universitat Chicago nach der Edition von Holder Egger Veroffentlichungen zum Liber pontificalis des Agnellus im Opac der Regesta Imperii Vat lat 5834 Vatikanische BibliothekSiehe auch BearbeitenListe der Erzbischofe von Ravenna Adbreviatio de gestis LangobardorumAnmerkungen Bearbeiten Deborah Mauskopf Deliyannis Hrsg Agnellus Ravennas Liber pontificalis Ecclesiae Ravennatis 2006 Gina Fasoli Rileggendo il Liber pontificalis di Agnello Ravennate in Settimane di Studio del Centro italiano di studi sull alto medio evo 17 1970 457 495 und 711 718 hier S 463 Deborah Mauskopf Deliyannis Ravenna in Late Antiquity Cambridge University Press Cambridge 2010 S 8 Deliyannis S 5 9 So Hieronymus Rossi Nicolai IV Pontificis Maximi vita cum observationibus et dissertationibus variis Antonii Matthaei Additur dissertatio Benedicti XIV cum notis pro vindicanda Nicolai Pontificis memoria contra Magdemburgenses Robertum Barns Jo Lidium Crantzium Goldastum Mornaeum Heydeggerum Bruysum Auctorem Gallicum Historiae Pontificum aliosque per plures Pizzorno Pisa 1766 S XXXI Alessandro Testi Rasponi Note marginali al Liber pontificalis di Agnello Ravennate in Atti e memorie della R Deputazione di Storia Patria per le province di Romagna Ser 3 Bd 28 1908 9 86 104 hier S 91 Normdaten Werk GND 4411830 2 lobid OGND AKS LCCN n95023171 VIAF 185582996 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis amp oldid 234360841